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I feel good

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16.11.2002
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I feel good

Eingehüllt in die wohlig warme Decke auf einer weichen Matratze und einem kuscheligen Polster liegend, versinke ich in einen angenehmen Traum. Die am Tag aufkommenden Reizüberflutungen und die damit verbundenen Gedanken und Vorstellungen verblassen und ich kann „loslassen“. Der Traum empfängt mich wohlwollend. Bunte, dennoch angenehme, teilweise abstrakte Mosaikbilder ummanteln meine Seele. Meeresrauschen von scheinbarer Nähe fließt in die unendlich wirkende Traumwelt ein.
Ich sehe Menschen auf mich zukommen, die mich freundlich empfangen, mit mir tanzen, unbeschwert der Schwerelosigkeit hingebend. Doch plötzlich, wie ein Sog, werde ich je aus dem Schutz der persönlichen Freiheit und des daraus ergebenden Denkens herausgerissen.

„Ist denn die Nacht schon vorüber?“, fragte ich mich. Der Alltag macht sich Platz und der weiter weg stehende Radio lässt laute Musik ertönen, aus welcher eine mitreißende Melodie erklingt und sich nur der Refrain im noch schlaftrunkenen Zustand erkennen lässt. „I feel good“, schallt es aus dem Lautsprecher. Von „Gut“ kann keine Rede sein. Mein Kopf ist schwer, ich möchte Stille genießen, der Lärmüberflutung ein Ende bereiten, auch wenn das Lied gut klingen mag. Es ist dunkel, ich kann keine Umrisse bzw. eine Silhouette erkennen. Vielleicht sollte ich Licht machen, setze mich auf und wage vorsichtige Schritte.
Der Standort der Lampe lässt sich nur erahnen. Ein klirrender Lärm, der auf den Bruch einer Glühbirne zu schließen lässt, beweist, dass meine Vermutung des Standortes richtig war; doch die Zielsicherheit, sie zu bedienen, war fehlgeschlagen.

Ich bleibe gebannt, und ein wenig schockiert über die langsam einkehrende Unsicherheit durch die eingeschränkte Sinneswahrnehmung verursacht, stehen; bewege mich nicht. Durch den Lärm offensichtlich geweckt, klopft meine Mutter an die Tür und fragt, was denn los wäre. Ich erschrecke durch den zusätzlich verursachten Lärm des vehementen Klopfens. Schweißperlen sammeln sich an meiner Stirn, ich beginne zu zittern. Meine nicht gebende Antwort an meine Mutter, lässt sie die Tür öffnen. Das Quietschen der Türscharniere beweist es. Ich höre die Stimme meiner Mutter erneut. Sie ruft meinen Namen. Ich höre das Klicken des Wandschalters an der hinteren Wandseite, aber für mich bleibt es dunkel. Die zweite Lichtquelle im Zimmer scheint nicht zu funktionieren und warum dringt keine Lichtquelle durch den Türspalt?

Meine Mutter nähert sich mir. Ihre Schritte verraten es und ihre Stimme ist deutlich lauter. Sie übertönt die Musik, die immer noch aus dem Radio schrillt. Sie macht sich offensichtlich am Gerät zu schaffen. Ich höre mehrere Tasten, die bedient werden, ehe die Musik verstummt. Meine Mutter tritt an mich heran, ich spüre ihre Nähe, ihren warmen Atem. Sie packt mich am Arm, fragt mich, was denn zum Himmel mit mir los sei. Zudem schaue ich sie nicht an, sondern mit abschweifendem, teils starrem Blick, so ihre Beschreibung. Durch diese Situation wird mir langsam bewusst, dass ich mich der Nutzung meines Augenlichts nicht mehr ermächtigen konnte. Es bleibt dunkel. Mein Körper bebt. Meine Wangen sind nass befleckt, da sie von meinen Tränen benetzt werden.

Ich bin durch die Situation in die Lage gebracht worden, mich hilflos zu fühlen. Meine Mutter, ebenso der Verzweiflung nahe und nach dem Grund fragend, begleitet mich zurück zum Bett. Ich setze mich vorsichtig. Die sonst so vertraute Umgebung erscheint mir fremd. Ich kann mir dies nicht erklären. War der zuvor gelebte Traum ein letztes Wiedersehen mit vertrauten Farben, Geräuschen, die durch das Sehen identifiziert wurden, Menschen, denen ich ins Gesicht sehen konnte, ihre Mimik wahrnehmen konnte?
Meine Welt ist nun die Dunkelheit, ohne Schleier, ohne Umrisse, ohne Silhouette. Einfach dunkel. Ich spüre die gefühlsmäßige Not und Hilflosigkeit meiner Mutter, die weinend aus dem Zimmer läuft und die übrigen Familienmitglieder zusammenruft.

Inzwischen versuche ich, nochmals aufzustehen. Ich stolpere über meine Schuhe, falle hin, verletze mich am Arm, denn er schmerzt nun auch. Mein hinzugeeilter Bruder und mein Vater, an den dunkeln Stimmen und am trampelnden Gang erkennend, packen mich ohne Vorwarnung am Arm und reißen mich hoch, denn ich liege seitlich verkrümmt am Boden. Ich stehe schwankend, mit den Armen rudernd, da meine Angehörigen kurz von mir loslassen, in fixierender Position. Viele Fragen prasseln auf mich ein. Wie ein Gewitter ertönen sie in meinem Kopf. Ich stoße einen Schrie aus, in der Hoffnung, dass er sich erlösend auswirkt. Jeder zeigt sich besorgt. Meine Familie will mir jeden Handgriff abnehmen. Sie wollen ärztlichen Rat einholen.

Ich erhole mich nur langsam, fühle mich realitätsfremd. Plötzlich fällt mir ein, dass ich zur Arbeit muss. Was soll ich tun? Jeder Schritt muss bedacht werden. Meine Existenz scheint gefährdet. Es tun sich viele Fragen auf, die Beantwortung suchen. Vor allem diese, ob ich diesen Zustand der dunkeln, kalten, isolierten Welt ein Leben lang ertragen muss. Jeder Schritt, den ich tue, erscheint langsam. Die Welt ist nicht mehr dieselbe.
Die Hilflosigkeit meinerseits überträgt sich auf die meiner Mitmenschen. Jeder will für mich da sein, mich in meiner Not unterstützen. Vorher dominierte die Selbstverständlichkeit, nun der Helferwahn.
Mit jeder vergehenden Minute schärfen sich meine Sinne. Ich nehme neue, zuvor nie wahrgenommene Düfte war. Ich kann sogar zwischen den gesprochenen Zeilen hören. Das ist nun die Welt der Blinden. Aus hörenden, fühlenden, schmeckenden Aspekten reimt sich das Phantasiegebilde zusammen, wie im Traum.

Und plötzlich, wie der bekannte, wieder fühlende Sog, versinke ich in eine Art Trance.
Ich werde schläfrig. Die umliegenden Stimmen verhallen. Das Meeresrauschen löst die nun vage zu vernehmenden Laute ab. Ein bekanntes Gefühl. Im Traum sehe ich klar. Doch wieder ein jäher Lärm. Ich erwache und ich sehe.

Ich kann alles wahrnehmen. Feine Sonnenstrahlen dringen durch die schrägen Spalten der Jalousie. Ja, es ist alles in Ordnung. Plötzlich ertönt Musik aus dem Radio. „I feel good“. Jetzt hat der Titel einen Sinn. Ich fühle mich verschwitzt und erschöpft, mein Puls schnellt; Ich begreife nur langsam die Tatsache der sich mir nun tatsächlich stellenden Realität. Ein Déjà-vu. Ein Traum im Traum mit positivem Ausklang.

Für einen blinden Menschen gibt es nur die Tatsache, dass es womöglich immer dunkel bleibt und er/sie sich die bunte Farbenpracht, das Mimikspiel der Menschen und Tiere, nur im Traum bewusst machen kann.

 

hi Michelle und herzlich willkommen auf kg.de!

mir kam in deiner Geschichte alles höchst eigenartig vor und wollte schon schimpfen, bis ich zum Ende kam und sich alles in einen Traum auflöste. eine nette Idee ist das, allein der Stil kommt mir noch ein bißchen holprig vor.
zum einen wegen der teilweise verschachtelten Sätze und wegen einigen sehr gekünstel klingenden Ausdrücken, wie:

das "weiter weg stehende radio", oder

die "nicht gebende Antwort" und

......"Nutzung des Augenlichts nicht mehr ermächtigen konnte"

klingt komisch, oder?

liebe Grüße, alex.

 

:susp:
Hallo Alexandra!

Vielen Dank für Deine Kritik! Ich werde über Deine genannten Vorschläge oder Bemerkungen bei meiner nächsten Kurzgeschichte nachdenken...
Habe mir eigentlich die Art des "blumigen Schreibens" nie wirklich abgewöhnen können, das liegt mir einfach. Die Meinungen Aussenstehender über meinen Schreibstil sind eigentlich recht unterschiedlich, hat meistens positiven Anklang gefunden...naja
;)
Vielleicht schreibt man sich mal wieder?!
Ciao

 

hi michelle,
ich gebe alex recht, dein erzählstil ist an manchen stellen hinsichtlich der schockierenden thematik unangemessen.
aber .. die geschichte war verdammt fesselnd. ich habe als leser dieses seltene gefühl eines sich langsam auflösenden nebels gehabt. am anfang dachte ich, was soll das für eine geschichte sein?! ich vermutete sogar schon prosa :D!
schön beschrieben ist die stelle, wie die protagonistin oder protagonist ihre umgebung wahrnimmt.
ihr/ihm wurde plötzlich bewusst, dass sie/er nicht mehr sehen konnte. in dieser schockierenden erkenntnis gehen alle aktiven reize (stimme der mutter, radiomusik, das angefasst werden von bruder und vater) in den hintergrund. sehr schön auf details geachtet!
deja vu nennt man das phänomen, in dem man etwas träumt, wovon man glaubt, es bereits erlebt zu haben.
ich denke, es gehört nicht in diese geschichte.
gutes werk :)
bye
barde

 
Zuletzt bearbeitet:

:D
Hallo Barde!
Vielen Dank, dass Du Dir Zeit genommen hast, meine Geschichte zu lesen und zu beurteilen. Je mehr ich meine Geschichte lese, desto eher fallen mir kleine Hoppalas auf. Aber ich denke, dass gehört ja auch zum Schreibprozess, dass man seine Geschichte immer wieder neu überarbeitet, auch theoretisch gesehen.

Lg, Michelle :rolleyes:

 

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