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Hundeliebe

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12.11.2008
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Hundeliebe

»Nein, Mami, nein. Ihr dürft mir Benny nicht wegnehmen!«
Das kleine Mädchen hielt den Hund fest umklammert und sah mit tränenverschleierten Augen zu seiner Mutter auf.
»Bitte Mami, du darfst das nicht zulassen.«
Die Mutter drehte sich mit Tränen in den Augen zu dem Mann im weißen Overall um, der in der Tür stand.
»Bitte«, flüsterte sie, »bitte lassen Sie uns den Hund. Er bedeutet ihr alles, seit ihr Vater tot ist.«
Für einen Moment sah sie der Mann unentschlossen an. Dann straffte sich seine Gestalt.
»Es tut mir leid«, sagte er mit ausdrucksloser Stimme, »aber es gibt keine Ausnahmen.«
Das Weinen des Mädchens folgte ihm die Treppe hinab und bis in seine Träume.

Mein Name ist Reinhard Becker. Ich weiß nicht, ob und wie viele von uns diesen Alptraum überleben werden. Deshalb spreche ich diesen Bericht auf Band. Ich habe die Hoffnung, dass genügend von uns überleben, um der Menschheit einen neuen Anfang zu ermöglichen.
So viel ist geschehen in den letzten zwölf Monaten.
Ich werde versuchen, eine kurze Zusammenfassung dessen zu geben, was unser Pater als >den Amoklauf Gottes< bezeichnet hat. Zumindest die Teile, die wir uns im Laufe der Zeit zusammenreimen konnten. Zuerst begann es mit einigen Toten irgendwo in Osteuropa. Landbewohner, auch ein paar Städter. Die dortige Regierung sperrte die Kranken ein, riegelte die betroffenen Gebiete ab und hielt alles geheim. Ein paar Monate später starben ein paar Menschen in Österreich. Die Regierung spielte das Ganze herunter und stellte es als >isolierte Fälle einer schwer verlaufenden Lungenentzündung< dar.
Dann starben etwa fünfzig Menschen in Bayern und Norditalien. Die deutsche und die italienische Regierung beauftragten die jeweiligen Seucheninstitute mit der Aufklärung, hielten sich im übrigen aber zurück. So kam ich ins Spiel.

»Keine Angst, Timmy, ich beschütze dich«, flüsterte der kleine Junge seinem Welpen ins Ohr. Timmy leckte ihm durch das Gesicht.
»Ich lasse nicht zu, dass sie dich holen.«
Ängstlich hatte der Junge die Tragödie in der Nachbarwohnung hinter verschlossener Tür miterlebt. Die gemeinen Erwachsenen! Morgen würde er zu dem Mädchen gehen und es trösten. Wenn es versprach nichts zu verraten, durfte es vielleicht Timmy streicheln.
Am Abend blieb ihm vor Schreck fast die Luft weg, als die Mama den Papa fragte, ob er den Hund schon angemeldet habe. Doch Papa sagte, dass wolle er morgen machen. >Morgen machen< war Papas Ausdruck für irgendwann. Der Junge war erleichtert.

Als ich von Berlin nach München flog, titelte eine Boulevardzeitung :>Todesseuche in Süddeutschland<.
Ich musste lachen. Journalisten und ihre Übertreibungen. Je harmloser die Krankheit, um so schlimmer die Meldungen. Diese Erfahrung hatten wir auch bei dem Vogelgrippefiasko gemacht. Obwohl niemand in Europa an der Grippe gestorben war, erinnerten die Meldungen in den Medien eher an Horrorromane als an seriöse Berichterstattung. Bald nach der Landung jedoch, noch bevor ich die ersten Untersuchungsergebnisse gesehen hatte, verging mir das Lachen. Eine Meldung aus Berlin erreichte mich auf Weg zum Klinikum Rechts der Isar, in dem die Toten untersucht wurden. Es hatte weitere Fälle gegeben, in Baden Württemberg und im Saarland. Das Robert-Koch-Institut erhöhte die Seuchenvorwarnstufe auf zwei, die zweithöchste Stufe. Die Untersuchungen den Leichen dauerte noch an, doch bereits jetzt stand fest, dass wir es mit einer äußerst aggressiven Form von Pneumokokken zu tun hatten. Als ich die Resistenzwerte und Vermehrungsraten der Erreger sah, gab ich sofort Generalalarm für das Krankenhaus und die Umgebung. Das RKI erhöhte die Warnstufe auf eins.

Das Mädchen strahlte über das ganze Gesicht, als der Junge es heimlich in sein Zimmer führte. Timmy stand, schwanzwedelnd und niedlich, in der Zimmermitte und schaute das Mädchen mit schräggehaltenem Kopf an.
»Ist der süß! Darf ich ihn streicheln?«
»Aber nur, wenn du versprichst, es niemanden zu erzählen. Schwör es!«
Das Mädchen hätte alles geschworen, wenn es nur den Hund streicheln durfte.
»Ist der weich. Und so lieb. Kuck mal, er mag mich.«
Plötzlich kamen dem Mädchen die Tränen.
»Warum darfst du deinen Hund behalten und meinen Benny haben sie mir weggenommen? Das ist unfair. Ich hasse dich.«
Der Junge erschrak. »Bitte, nicht so laut. Es tut mir ja auch leid um deinen Hund. Deshalb habe ich dich doch hier hin mit genommen. Du darfst jederzeit mit Timmy spielen, wenn du magst. Damit du deinen Benny nicht mehr so vermisst.«
Das Mädchen beruhigte sich nur langsam. Timmy kletterte auf ihren Schoß und leckte durch ihrr Gesicht.
»Das kitzelt. Du bist ein lieber Kerl.«

Die Epidemie griff immer weiter um sich. Wir hatten die Inkubationszeit mit vierundzwanzig Stunden als extrem kurz festgestellt. Von da an ging es sehr schnell. Innerhalb von zwei Tagen zerstörten die Erreger die Membrane der Lungenbläschen, die Lungen liefen voll Flüssigkeit und die Infizierten ertranken. Mit den üblichen Antibiotika war keine Heilung möglich. Genetiker auf der ganzen Welt arbeiteten mit Hochdruck an der Entschlüsselung der Genoms, um ein wirksames Heilmittel zu entwickeln. Inzwischen waren weltweit etwa eintausend Menschen gestorben. Durch Versammlungsverbote, Ausgangsperren und Zwangsmeldungen von Verdachtsfällen hatten sich die Ausbreitungsrate stark vermindert. Dennoch kamen jeden Tag neue Meldungen über Infizierte herein. Nur ein Prozent überlebten die Infektion.
Mein Team arbeitete rund um die Uhr, um den Übertragungsweg und die Rückzugswirte des Erregers zu finden. Wir hofften so, nach Eindämmung der Epidemie, einen erneuten Ausbruch zu verhindern. Zumindest bei dem Übertragungsweg wurden wir schnell fündig. Wir entdeckten im Laborversuch, dass die Kokken einige Stunden an der Luft überleben konnten. Die Infektion konnte so durch Inhalation oder Hautkontakt übertragen werden. Aber woher kam sie? Ohne Patient Null würde die Beantwortung dieser Frage, und damit die Einleitung wirksamer Gegenmaßnahmen gegen einen erneuten Ausbruch, schwierig bis unmöglich werden.

»Sag mal, hast du Fieber, Liebes? Du bist ja ganz heiß.«
»Es ist nichts, Mami. Mir geht es gut. Darf ich nach nebenan?«
»Du darfst nach nebenan ins Bett, junge Dame. Du kannst dich ja kaum auf den Beinen halten. Leg dich schon mal hin, ich hole das Fieberthermometer.«
»Och Mami, mir fehlt nichts. Bitte, bitte. Nur fünf Minuten.«
»Der kleine Junge hat es dir ja richtig angetan. Junge Liebe, mhm?«
»Mami!«
»Trotzdem bleibst du hier. Hinterher steckst du ihn noch an.«

Nach Monaten immer hilfloserer Suche kam uns der Zufall zu Hilfe. Eines unserer Versuchstiere war ein Schäferhund. Bei einer Kontrolluntersuchung stellten wir fest, dass seine Lunge mit dem Erreger befallen war. Er musste sich bei dem Rhesusaffen angesteckt haben, der mit ihm im selben Raum untergebracht war. Allerdings zeigte dieser Hund keinerlei Krankheitssymptome. Er war immun.
Wir hatten den Rückzugswirt des Erregers gefunden.
Mittlerweile betrug die Zahl der Toten weltweit über eine Million. Als wir unsere Ergebnisse bekannt gaben, beschloss die Weltgemeinschaft eine Ungeheuerlichkeit. Man beschloss den Genozid an den Hunden. Uns war klar, dass man unmöglich alle Tiere erwischen konnte. Doch die verantwortlichen Planer gingen davon aus, dass eine genügend große Zahl an Hunden eliminiert werden würde, um die Ansteckungs- und Rückzugskette der Pneumokokken zu unterbrechen. Wie sehr wir uns doch geirrt hatten. All die Internierungen der Infizierten und ihrer Kontaktpersonen, all die Sperren und Verbote. Alles umsonst.

»Ich werde dich immer beschützen, Timmy.«
Der Junge schüttelte sich in einem Hustenanfall. Sein Atem ging rasselnd und schwer. Er hatte Fieber, ebenso wie seine Mutter und sein Vater. Gestern hatte die Nachbarin geklingelt, um sich nach ihm zu erkundigen. Ihre Tochter war ebenfalls krank. Sie hatte die gleichen Symptome. Und auch die Mutter fühlte sich elend und krank. Der kleine Hund saß neben dem Jungen auf dem Bett und leckte ihm die Hand. Langsam verstummten die Atemzüge des Jungen.

Seit gestern weiß ich, welchen grauenhaften Fehler wir begangen haben. Wir sind immer davon ausgegangen, dass die Hunde die Rückzugswirte des Erregers waren, so wie Vögel die Rückzugswirte der Grippeviren sind. Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Es ist uns in den letzten zwölf Monaten nie gelungen, das Genom des Erregers vollständig zu isolieren. Nun weiß ich warum. Seine Mutationsrate ist so hoch, dass sich der Erreger noch in der Probe verändert. Die Veränderung jedoch ist minimal, immer nur so viel, dass er sich an die neuen, veränderten Umweltbedingungen anpassen kann. Ich hätte dies viel früher erkennen müssen. Schon als ich die ersten Ergebnisse damals in München sah. Die Vermehrungsrate war viel zu hoch, als dass keine Mutationen auftauchen würden.
Als wir schon fast die Epidemie zum Erliegen gebracht hatten, tauchte eine neue Variante auf. Und diese Variante war noch aggressiver als der ursprüngliche Erreger. Sie tötete ausnahmslos innerhalb von achtzehn bis vierundzwanzig Stunden. Und um die Katastrophe perfekt zu machen, befiel dieser Erreger auch Vögel. Innerhalb von Tagen stieg die Infektionsrate exponentiell an.
Das alles ist jetzt sechs Wochen her. Wir haben keinen Kontakt mehr zu den anderen Seuchenzentren. Die letzte Meldung, die wir erhielten war, dass einige Neutronenbomben gezündet worden waren, um großflächig tote Zonen zu schaffen, in denen später die Überlebenden eine seuchenfreie Umgebung vorfinden sollten. Ich glaube nicht, dass es nützt. Außer vielleicht den Menschen unter den Bomben. Für sie war es schnell vorbei.
Ich werde diesen Bericht zusammen mit meinen Untersuchungsergebnissen in einer Stahlkiste deponieren. Eine wichtige Erkenntnis konnte ich noch gewinnen. Der Erreger mutiert mit einer ähnlichen Varianz wie der AIDS-Virus. Ich vermute daher eine Symbiose der beiden Erregertypen. Die Bakterie hat gewissermaßen AIDS. Wenn dies Gottes Amoklauf ist, dann hat er einen abgedrehten Sinn für Humor. Ich bekomme kaum noch Luft. Es rasselt immer lauter, wenn ich atme. Wer auch immer diesen Bericht lesen wird: Ich wünsche euch viel Glück. Ihr werdet es bitter nötig haben.

 

Zugegeben, die Geschichte wird keinen Innovationspreis gewinnen.
Aber die Schweinegrippehysterie in letzter Zeit schrie danach, aufgegriffen zu werden. Mal sehen, wer sich noch an diesme Thema vergreift ...

 

Hallo Dave,

als seltener Gast in SciFi kann ich nicht so fachmännisch über die Handlung urteilen, aber meinen Leseeindruck doch weitergeben.

Noch nicht so ganz im Klaren darüber bin ich mir, wie ich den Wechsel zwischen Kinder/Hunde und den Tonbandaufzeichnungen finden soll. Prinzipiell ist das in Ordnung, aber irgendwas hakt bei dieser Struktur, was ich noch nicht so recht in Worte fassen kann.

Abgenommen habe ich dir die wissenschaftlichen Erklärungen, die haben sich für mich als Laie plausibel angehört. Der Tonbandsprecher ging für meinen Geschmack aber zu einseitig nur auf dieses entstandene Krankheitsbild ein, das war mir zu gewollt klinisch. Immerhin ist er ja trotzdem ein Mensch mit Emotionen.

Er wollte wohl eine Botschaft für evt. überlebende Wissenschaftler hinterlassen? Wieso denn grade als Tonband, wenn er sowieso kaum noch Stimme hat, und nicht schriftlich?

Sagen wir mal so: Trotz der gewollt emotionsgeladenen Szenerie mit den Hunden fehlt mir ein wenig das Drumrum, die Geschichte wurde zu eindeutig dafür geschrieben, die Krankheit darzustellen, dabei sind die Opfer etwas zu kurz gekommen. Aber um die tut es mir leid als Leser und wenn ich mehr von denen erfahren würde, leide ich auch mehr und die Geschichte wirkt besser.

Liebe Grüße
bernadette

 
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Heut morgen warnen nun Experten -

nicht vor Deiner kleinen Geschichte,

lieber Dave,

sondern vor einem neuen Grippevirus, wenn Vogel- (H5N1-Virus) mit Schweinegrippe (H1N1-Erreger) sich verbinden, da ist es nur eine Frage der Zeit gewesen, dass des Menschen liebster/bester Freund auch Träger eines Virus wird, kann dem Hund (als domestiziertem Wolf) doch fast alles widerfahren, was seinem nackten Affen geschehen kann. Was mich aber zum Stolpern brachte, Dave, ist der >Genozid<, der sich ja von der altrömischen Sippe, der Gens/den Gentes ableitet (Caesar, nicht die Bulldogge von nebenan, stammte aus der Gens Iulia) und eindeutig "Völkermord" bezeichnet.

Provokation?

Wie dem auch sei: 's ist der falsche Begriff, denn bei all diesen Seuchen, bei denen die Gefahr zur Pandemie besteht, wird vorsorglich der gesamte Bestand der "verdächtigen" Tiere eines Halters getötet. Und käme es so weit, so müsste auch ich es bei Hunde- und Katzeartigen hinnehmen, bei allem Mitleid(en) zur und mit der Kreatur.

Sicherlich wirstu mit der Geschichte - wie von Dir selbst erwartest - keinen Preis gewinnen, doch immerhin hastu als erster das Thema aufgegriffen, was ja auch schon was ist.

Die Kleinkrämerseele fand nichts, was ihr Freude bereitet hätte, denn dass ich der Auffassung bin, dass würde-Konstruktionen einem (deutschsprachigen) Text nicht unbedingt mehr Würde verleihen außer einer statistischen Größe ist ja auch kein Geheimnis.

Nix für ungut, alter Freund!

Gruß

Friedel
(stellvertretend für Bingos Geist, der sich Sorge macht, der Himmel könnte jetzt aber voll werden ...)

 
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Hallo bernadette,

und danke fürs Kommentieren, obwohl du seltener Gast in Sci-Fi bist.

Das die Struktur der Geschichte hakt, liegt möglicherweise daran, dass ich zwei Handlungstränge so miteinander verweben wollte, dass sie am Ende zusammenkommen und die These des Reinhard über die Rückzugswirte der Krankheit untermauert.

Das du mir die wissentschaftliche Schreibe abnimmst, freut mich sehr.

Du hast recht, dass der Fokus der Geschichte auf der Krankheit liegt. Sicherlich kann man die Leiden der Beteiligten detaillierter, ihre Geschichte ausführlicher beschreiben. Aber wie gesagt, der Fokus ag auf der Krankheit.

Das der Wissenschaftler eher diktiert als schreibt, ist ein guter Hinweis. Ich ändere das.

lg
Dave

Hallo Friedel,

weiser Mann.

Vielen Dank für deinen Kommentar.

Die provokante genozoide Ausrottung war tatsächlich ein bischen Provokation, billigen wir unseren vierbeinigen Mitlebewesen doch menschliche Eigenschaften zu und behandeln manchen Hund besser als unsere Mitmenschen.

Das die Kleinkrämerseele nichts fand, freut mich für mich, tut mir aber leid für die Seele. ;)

Und grüße bitte Bingo. Er kann beruhigt sein. :)

 

Muss Dir nicht leidtun, sagt die Kleinkrämerseele in mir (manchmal kann sie richtig großmütig sein),

lieber Dave,

aber wo ist hier ein "weiser Mann"?

Das mit der Anhänglichkeit/Sympathie zu den tierischen Hausfreunden hängt zum Teil mit der zunehmenden Deprivation zusammen. Manchem ist des Menschen liebster Freund nicht nur Freund, sondern ersetzt das Kind (was man mir mit Nachkommen und einem Rudel von Vierbeinern sicherlich nicht nachweisen kann - aber wer weiß?) bis hin zur Affenliebe.

Wüsste jetzt auch gar nicht, wie man die planmäßige Ausrottung wie im angedachten Fall nennt/nennen könnte.

Trotz des Themas wünsch ich ein schönes Restwochenende.

Friedel

PS: Bingos Geist grüßt zurück!

 

Hallo Dave,

Da geht's mir gleich wie Bernardette, dass ich eigentlich kein Science Fiction Fan bin, aber Dir trotzdem gern meine Eindrücke als "Nicht-Experte" übermitteln möchte.

Also ich fand die Struktur - Wechsel zwischen lebensnahem Beispiel und wissenschaftlicher Erzählung - recht gut ausgetüftelt. Wenn's nur der wissenschaftliche Erzähler wär, dann wäre es langweilig. Seinen Slang hast Du sehr gut drauf. Für mich nahmst Du der Erzählung allerdings die Spannung vorweg, indem im ersten Paragraphen schon ein Hund vernichtet wird. Da weiss man schon, worauf die Epidemie zurückzuführen ist.

Die Geschicht mit dem kleinen Mädchen ist sehr gut nachzuvollziehen und irgendwie niedlich. Allerdings ein Bisschen zu sentimental für meinen Geschmack. Hatte irgendwie den Eindruck, dass man die systematische Vernichtung des Begleiters der Menschen besser ausschlachten könnte. Da hätte ich lieber ein Bisschen Ironie gelesen, die Dir ja so gut liegt.

Lass mich mal pingelig sein:
"Der Erreger mutiert mit einer ähnlichen Varianz wie der AIDS-Virus. Ich vermute daher eine Symbiose der beiden Erregertypen. Die Bakterie hat gewissermaßen AIDS."
Ich hab von Mikrobiologie bestimmt nicht viel Ahnung, aber diese Schlussfolgerung ergibt für mich keinen Sinn.

Teils bin ich hier auch deswegen pingelig, weil ich es einfach nicht mag, wenn man AIDS in dramatischer Weise darstellt. (Muss das da rein?) Und wenn es dann irgendwie noch mit einer Art Gottesstrafe in Verbindung gebracht wird, dann schlägts bei mir Alarm, obwohl Du das sicher nicht so gemeint hast. Das ist zwar ein anderes Forum, aber da kann und will ich den Mund nicht halten.

Abgesehen davon, gern gelesen. Ein unterhaltsames, aktuelles Häppchen

Weiter so und liebe Grüsse

Elisabeth

 

Hallo Elisabeth,

Abgesehen davon, gern gelesen. Ein unterhaltsames, aktuelles Häppchen
vielen Dank. das freut mich.

Teils bin ich hier auch deswegen pingelig, weil ich es einfach nicht mag, wenn man AIDS in dramatischer Weise darstellt. (Muss das da rein?) Und wenn es dann irgendwie noch mit einer Art Gottesstrafe in Verbindung gebracht wird, dann schlägts bei mir Alarm, obwohl Du das sicher nicht so gemeint hast. Das ist zwar ein anderes Forum, aber da kann und will ich den Mund nicht halten.

Mir ging es nur darum darzustellen, dass jederzeit eine Mutation auftreten kann, die den AIDS-Virus mit einbezieht. Eine Genomverschmelzung zwischen Bazille (Pneumokokke) und Virus ist zumindest theoretisch möglich. Ausserdem brauchte ich diesen Kniff, um die rapide Ausbreitung der zweiten variante glaubhaft zu machen.
Und nein, AIDS ist sicher keine Strafe Gottes. Als Gottes Amoklauf habe ich ja auch die Lungenentzündung bezeichnet, aber nur der Dramatik wegen. AIDS ist eine schreckliche Krankheit, ihre Opfer haben mein tiefes Mitgefühl.

Ironie ist so eine Sache. In Fantasygeschichten gelingt es mir recht gut, in Science Fiction Geschichten will es gar nicht glücken. Glaub mir, die Ergebnisse sind fürchterlich. :)

lg
Dave

 

Hallo Dave,

diese Geschichte wirkt auf mich kompetent, teilweise plausibel und daher interessant. Das ist keine typische Science Fiction, aber gute Science Fiction.
Der schnelle Wechsel der Szenen am Anfang ist meiner Meinung nach nicht optimal. Du könntest mit den beiden Kind-Hund-Szenen beginnen, die sehr ähnlich sind und so den Leser neugierig machen, bevor der Experte Reinhard Becker loslegt. Am Ende wäre es besser, nicht nur zu berichten, sondern sinnliche Details zu beschreiben: Becker wie er schreibt, husten muss, vielleicht Tee trinkt. Die Lichtblitze der Neutronenbomben. Der rasselnde Husten der Vielen, die sterben müssen. Besonders aber Becker: Wie sieht das Zimmer aus, in dem er die letzten Sekunden verlebt? Hat er Schmerzen? Wann merkte er eigentlich, dass die Seuche auch ihn befallen hat?

Hast Du eigentlich recherchiert, für diesen Text oder beruflich mit Infektionskrankheiten zu tun?

Gern gelesen!

Freundliche Grüße,

Berg

 

Hi Nocturn,

in der Story sind drei Themenkreise auszumachen:
- die Seuche und die rückschauende Beschreibung der versuchten Eindämmung;
- die titelgebende Zuneigung zweier Kinder zu Hunden und
- die angedeutete Widerstandshandlung des Vaters;

Der erste Themenbereich befriedigt nicht und dies aus folgenden Gründen:
- die Rückschau ist verworren und unverständlich. So funktionieren Institute einfach nicht. Bei Todesfällen, deren Ursache unklar ist, aber auf Infektionsursache hindeutet, wird die Weltseuchenzentrale informiert (auch in Osteuropa, was ja anscheinend immer noch im Dornröschenschlaf de Kommunismus liegt) und mit Hochdruck die Suche nach der Todesursache aufgenommen.
- Die zufällige Entdeckung des Zwischenwirtes „Hund“ (mutieren die Dingsda im „Hund“?) an den Haaren herbeigezogen. Da kommt natürlich wieder mal kein Wissenschaftler drauf.
- Bei einer dermaßen kurzen Inkubationszeit ist eine Quarantäne enorm erfolgversprechend und der Übertragungsweg über die Luft lässt die Menschen in den mit Luftfiltern versehenen Notunterkünften des Katastrophenschutzes (so was gibt es nämlich in Deutschland) aufatmen. Außerdem hilft der Tod innerhalb von 24 Stunden, so merkwürdig das klingt, ebenfalls bei einer Eindämmung. Ein so erfolgreicher Erreger ist wie ein Strohfeuer. Schnell, oberflächlich und nicht sonderlich gründlich.
- Sind „Kokken“ nicht Viren? Dann macht eine Aussage bezüglich „Resistenzwerten“ mWn. keinen Sinn, denn Antibiotika richten sich gegen Bakterien. Die angedeutete Verschmelzung von Virus und Bakterium ist, mit Verlaub, Humbug. Da kannst Du auch Katzen und Hunde zum „Katunden“ verschmelzen.
- Die Sache mit den „Neutronenbomben“ ist unverständlich, da eine radioaktive Verseuchung zwar höhere Klassen (Wirbeltiere) erfolgreich ausrottet, aber nicht zwangsläufig zu einer vollständigen „biologischen Sterilisation“ führt.
Die übersachliche Art der „Aufzeichnung“ würde mir grundsätzlich zusagen, wenn der Inhalt klarer und glaubwürdiger gestaltet wäre. Das Thema wurde z.B. von Stephen King in der Kurzgeschichte „Nächtliche Brandung“ und später in „Das letzte Gefecht“ schon bearbeitet und mAn. ist der dort verfolgte Ansatz mit einem „weniger ist mehr“ der brauchbare.

Auch der zweite, titelgebende Themenbereich muss bemängelt werden.
- So wird hier mit dem Mittel der emotionalen Erpressung gearbeitet (was ich persönlich als sehr unangenehm empfinde), denn kleinen Mädchen ihre Hunde wegzunehmen ist BÖSE. Das ist platter „Pilcherismus“. Das Hunde eben auch Säuger sind und wir so was mögen und schützenswert finden (doof wie unser archaisches Betriebssystem nun mal ist) taugt dann aber nicht, weil sich die Frage nach gut oder schlecht nicht stellt, wenn es um das Überleben des Menschen geht.
- Deshalb ist es im höchsten Maße unwahrscheinlich, dass irgendwer seinen Hund versteckt (zumal in D die meisten Hunde angemeldet sind, wg. der Hundesteuer) oder, wenn er es denn doch tut, nicht von Nachbarn oder Bekannten angezeigt wird. Davon abgesehen: nach dem beschriebenen Modell müsste jeder Hund das Dingsda auf den Menschen übertragen können. Dann wären aber weniger Hunde, als Menschen infiziert.

Der dritte Themenbereich scheint ein „unbedachtes“ Versehen zu sein, denn die Handlungsmotivation liegt im Dunkeln. Bei derart normwidrigem Verhalten ist dies aber unbedingt zu erklären, andernfalls wird die Handlung als sinnlos oder falsch empfunden.

Die Verknüpfung der drei Thematiken ist mAn. Nicht gelungen. Das läuft dreifach monokausal und auch noch auf verschiedenen Zeitebenen ab. Ein homogenes Ganzes ergibt sich nicht. Übergänge fehlen, statt dessen wirken die Wechsel gebrochen.

LG
Proxi

 
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Hallo Berg,

und danke fürs Lesen und Loben. Freut mich, dass sie dir gefällt. Insbesondere das Kompetenzlob freut mich, da ich auf reine Recherche und Spekulation angewiesen war. Das du sie für gute Science Fiction hälst, freut mich ebenfalls sehr.

Die Geschichte ist sicherlich renovierungsbedürftig, aber im Moment komme ich nicht dazu. :(

Deine, ebenso wie die Kommentare der anderen kritiker, sind sicherlich alle beachtenswert. Vielleicht schreibe ich die Geschichte mal komplett neu.
Mir ging es in erster Linie darum, eine Story zur Seuchenhysterie der Schweinegrippe zu schreiben.

Zur Recherche: ja. :D Siehe auch die Antwort zu Proxis Kommentar. Und nein, ich habe nichts mit Infektionskrankheiten zu tun. :)

lieben Gruß
Dave

Hallo Proxi,

danke fürs Lesen und den ausführlichen Kommentar, der in weiten Teilen sicherlich nicht unberechtigt ist. Dies habe ich ja in den anderen Kommentarantworten (auch bzgl. Innovationspreis ;) ) bereits gesagt.

-Eindämmung und Luftfilter: deine Ausführungen sind schon richtig, hier habe ich mir ein bischen Freiheit (okay, viel Freiheit) erlaubt. Allerdings stimmt der Teil mit der Ausbreitung über die Luft schon in großen Teilen, das Ebolavirus hat hier Pate gestanden. Seine Ausbreitungsraten sind extrem in der Luft.

Die angedeutete Verschmelzung von Virus und Bakterium ist, mit Verlaub, Humbug.
Die angedeutete Verschmelzung von Virus und Bakterium ist, mit Verlaub,
möglich. Kokken sind Bakterien, Kugelbakterien um genau zu sein. Es wäre durchaus (und wird von Genetikern weltweit befürchtet) das eine Bakteriophage (also eine Bakterien befallende Virenart) mit der Bakterie verschmilzt, statt sie nur zur Reproduktion zu nutzen. Daher ist die von mir beschriebene Mutation zwar nicht real, aber durchaus möglich. Antibiotika sind heutzutage eher die schlechtere Wahl zur Infektionsbekämpfung, da durch Resistenzen die Wirkung immer stärker nachläßt.
Den Hund habe ich gewählt, weil er auf Grund seines stark abweichenden Genoms als Rückzugswirts eben nicht offensichtlich ist. Es hat ja auch Jahrzehnte gedauert, bis man Vögel als Rückzugswirte für das klassische Grippevirus erkannt hat.

-Bei der Neutronenbombe bin ich mir nicht sicher, bin aber geneigt, dir Recht zu gaben. Aber als dramaturgisches Mittel fand ich es gut. :)

-Ja, die moralische Erpressung des Lesers ist böse, und sie funktioniert in den meisten Fällen. Es ist nicht elegant, und deine Kritik im Kern ist okay. Dennoch passt es zum nüchternen Stil des Wissenschaftlers, kontrakariert es ihn doch. Gerade Kinder sind extrem an Tiere gebunden, wenn sie diese erst einmal ins Herz geschlossen haben (ich mit Tieren Aufgewachsener weiß das).

die angedeutete Widerstandshandlung des Vaters;
ist gar keine. Es ist einfach nur ein stieseliger Mensch. Aber deine Idee der Widerstandshandlung finde ich gut. Wäre sicherlich eine Überlegung wert, dies in eine neue Version mit einzubauen.

Das die Übergänge gebrochen wirken, ist eigentlich gewollt. Das dies als störend emfunden wird, eher nicht. Auch hier ist sicherlich eine Nachbesserung wichtig. Danke für den Hinweis.

lg
Dave

 

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