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Hund gegen Ochse

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16.03.2013
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Hund gegen Ochse

Muff verzieht die Mundwinkel zu einem süffisanten Lächeln und steht mit verschränkten Armen da. Er nickt mit dem Kopf, als würd irgendein Superhit aus den Achtzigern laufen. Hat schon was weibliches an sich, der alte Muff, aber nur in seinen Bewegungen. Ansonsten leidet mein Sandkastenkumpel an einer Testosteronüberdosis, mit seiner abgewetzten Lederjacke und dem Rumgerülpse.
Der andere mustert Muff. Alles was sich bewegt ist sein Kiefer, als wäre er ein widerkauernder Ochse, kurz vorm explodieren. Einmal ausgeholt und ich kann die Überreste Muffs von der Mauer kratzen.

Es liegt Spannung in der Luft. Das ist so ein Moment, den du mit dem bescheuerten Kasten aus dem Physikunterricht messen könntest, wie hieß der nochmal? Geigerzähler glaub ich. Der wär jetzt sicherlich im roten Bereich. Da kannste ne Stricknadel fallen hören.

Es hatte ganz harmlos begonnen. Muff war schon ne ganze Weile im Halbdunkel der Kneipe gestanden und hatte das Spiel des Ochsen beobachtet. Er war merkwürdig still und in sich gekehrt an diesem Abend.
„Wie heißt eigentlich dein Hund?“, fragte er auf einmal.
„Welcher Hund, ich hab kein Hund“, erwiderte Ochse ohne aufzuschauen.
Darauf Muff: „Oh, das tut mir jetzt aber wirklich leid! So blind und kein Hund.“
Ochse blies sich zu seiner vollen Größe auf. „Chalt dein Klappe oder ich chelf dir dabei!“
„Schon mal‘ n Liter Blut aus der Nase gespendet?“
Ups, bei dem bis dato eher gemütlichen Abend schien sich eine jähe Wendung abzuzeichnen. Was um Himmels Willen war in Muff gefahren?
„Kommst du mit an frische Luft?“, brummte Ochse.
„Gute Idee, du verschönerst jeden Raum beim hinausgehen!“

Jetzt stehen wir hier in der Kälte. So kenn ich Muff gar nicht.
Ach ja, die Geschichte mit Birgitt. Das hatte ihm wohl keine Ruhe gelassen. Als Tiefenpsychologe hab ich schon immer getaugt. Jedenfalls war Birgitt heute gestorben, wie er mir am Telefon so ganz nebenbei und nach zwanzig Minuten mitgeteilt hatte. Birgitt war die Schäferhundmischlingsdame – wie nennt man das, Rüdin? – also die Schäferhundmischlingsrüdin seiner Ex. Die hieß übrigens Fabienne. Muff war nur so zwei Monate mit Fabienne zusammen gewesen, ist aber noch hinterher mit Birgitt Gassi gegangen. War wohl so ne Art Seelenverwandtschaft.

Muff hieß ja nicht immer Muff, muss man da wissen. Eigentlich heißt er Konstatin. Aber damals, als wir so achtjährige Rotzlöffel waren, da hatten seine Eltern so nen beknackten Mops. Immer wenn es an der Tür schellte, machte der „Muff!“. Naja, wir hatten unseren Spaß damit. Und wenn einer zu Konstatin gehen wollte, da sagte der dann bloß: „Kommt, lasst uns zu Muff gehen“. Den Rest kann man sich ja denken. Auf alle Fälle war Birgitt schwer zuckerkrank, weil Muff ihr immer heimlich Schokolade gab. Und daran ist sie dann auch höchstwahrscheinlich verreckt. Arme Birgitt.
Irgendwo musste sich Muffs angestaute Aggression und Trauer nun entladen. Und ich wollte ihm da beistehen, denn ich hab gelesen, dass man als Trauernder unbedingt Wut zulassen muss. Das wär ganz normal. Muff brauchte ein Ventil. Aber musste es unbedingt Ochse sein?

Muff nickt immer noch so bescheuert. „Wären deine Eltern die fünf Minuten lieber spazieren gegangen“, sagt er zum Ochsen. Einfach zu gut, um von Muff zu stammen. Er holt sich alle seine Sprüche aus‘ m Netz. Eigentlich gar nicht so verkehrt. Die besten Sprüche hat man doch immer irgendwo und bei irgendeiner Gelegenheit aufgeschnappt. Warum alles dem Zufall überlassen? Ich glaub, das versteht Muff unter Vorsorge.

„He Alter, Muff hat recht und wenn dir‘ s nicht passt, dann renn doch nach Hause!“, sag ich.
Gut, das war weder originell noch geistreich. Keine Reaktion bei den beiden. Warum fällt mir auch nichts Besseres ein? Bei solchen Situationen wollen die Synapsen nicht so recht bei mir. Hab dann so ne Art Hirnkrampf. Scheiße, ich will doch nur helfen!

„Chast du keine Angst? Du bist so dünn, du kannst neues Maskottchen für Welthungerhilfe werden!“, protzt Ochse.
„Schaff erstmal die dritte Klasse, bevor du mit mir redest!“, meint Muff und nickt.
„Geh doch auf Autobahn, kannst du bisschen spielen.“
"Ah, du sprichst aus Erfahrung, aber wie hast du eigentlich vor dem Unfall ausgesehen?"
"Wahrscheinlich besser!", sag ich. Mist, das war jetzt wirklich schlecht. Dafür werden sich meine Enkel noch schämen.

Oh, Ochse hat aufgehört widerzukauen. „Du bist es niacht wert, du Schwuchtel!“, grunzt er aus zusammengepressten Gebiss. Dann rotzt er Muff vor die Füße, dreht sich in Zeitlupe um und geht.
„Siehst du!“, triumphiere ich, als er aus Hörweite ist, „ich hab ihm Schiss gemacht. Ochse geht wirklich nach Hause!“
Mann, fühl ich mich gut! Hat wohl doch einiges an Eindruck hinterlassen, mein platter Spruch. Wahrscheinlich habe ich die fehlende Tiefe durch Persönlichkeit wett gemacht. Oder er war auf Bewährung.
„Da hat er nochmal Glück gehabt“, murmelt Muff, immer noch nickend. Er sollte definitiv damit aufhören.

 
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Hallo Cybernator,

ich sag dir einfach gerade raus, was ich mir beim Lesen deiner Geschichte so gedacht habe: Also ganz ehrlich war ich nach ein paar Absätzen kurz davor, abzubrechen, weil ich mir einerseits überhaupt keinen Reim darauf machen konnte, worum es geht, warum da Muff und Ochse stehen und dann noch eine dritte Person und was die da machen und wer gerade was macht. Das ist alles ziemlich verwirrend. Und andererseits hatte ich mit der Sprache Schwierigkeiten, mit dem Verschlucken der Buchstaben und der bewusst falsch geschriebenen Wörter, wie beispielsweise im ersten Absatz:

Muff verzieht die Mundwinkel zu einem süffisanten Lächeln und steht mit verschränkten Armen da. Er nickt mit dem Kopf, als würd irgden‘ n Superhit aus den Achtzigern laufen. Hat schon irgendwas weiblich an sich, der alte Muff. Aber nur in seinen Bewegungen. Ansonsten hat mein Sandkastenkumpel eher eine Testosteronüberdosis einkassiert, mit seiner abgewetzten Lederjacke und dem Rumgerülpse.
Der andere klotzt Muff in die Visage und alles was sich regt, ist sein kaugummikauender Kiefer, als wäre er ein widerkauernder Ochse, kurz vor‘ m explodieren. Einmal ausgeholt und ich kann die Überreste Muffs von der Mauer kratzen.

Bei vorm braucht's übrigens keinen Apostroph.

Ich finde es okay, wenn Dialekt im Dialog vorkommt, aber für die Erzählstimme find ich es nicht so ideal, das stört schon den Lesefluss.

Ich habe aber weitergelesen und ab der Mitte klärst du den Leser auf, worum es denn überhaupt geht. Da lief es dann bei mir mit dem Lesen bedeutend besser, weil ich endlich folgen konnte und dann hab ich's auch gern zu Ende gelesen, denn die Idee, wie Muff aus seiner Stimmung heraus auf Konfrontation mit dem Ochsen geht, die ist doch gut. Aber ich würde dir raten, das anders aufzubauen. Du solltest den Leser nicht so lange im Dunkeln tappen lassen und gleich zu Beginn offenbaren, worum es geht. Und dann totaler Spannungsaufbau, wie Muff den Ochsen provoziert, wie sie nach vorne draußen gehen und dann erst zum Schluss preisgeben, wie es wirklich ausgeht. Da könntest du viel, viel mehr Spannung erzeugen.

Und das hier:

„Chast du keine Angst? Du bist so dünn, du kannst neues Maskottchen für Welthungerhilfe werden!“
„Schaff erstmal die dritte Klasse, bevor du mit mir redest!“
„Geh doch auf Autobahn, kannst du bisschen spielen.“
„Oh ja - gute Idee und bitte sag noch deiner Mutter, dass sie wieder bei uns putzen kommen darf. Wir haben die zehn Euro gefunden.“
„Was? Chast Du noch Bruder? Einer allein kann gar nicht so blöd sein!“
„Ach ja? Wenn Dummheit Radfahren könnte, müsstest du bergauf bremsen!“
„Gleich klatscht es hier, aber kein Beifall.“

Das sind jetzt nicht gerade neue Sprüche, es wäre viel interessanter, wenn du dir da etwas eigenes, nicht ganz so Abgedroschenes einfallen lassen würdest. Nix mit Kamis Schimpfecke. ;)

Also, Idee gut, Spannungsaufbau vorhanden, aber eben verkehrt herum aufgesattelt.

Grüße,
rehla

 

Hi rehla!

Schönen Dank für deine Beschäftigung mit dem Text. Gut zu wissen, wie er gewirkt hat.
Ich muss das Ding anders strukturieren und die Auflösung muss auch viel früher kommen. Ist angekommen.
Das mit den Sprüchen geht mir mittlerweile auch auf die Nerven, die müssen raus und ein andres Ende her. Die Message, nämlich das Scheinargument, dass Sprüche immer noch besser sind wie Klopfen, was ja gar nicht stimmt, da Worte genauso verletzten können, find ich im humoristischem Sinne schon ganz gut. Aber selbst solche "Fertigmachsprüche" zu dichten, das ist nicht mein Ding, da hab ich mich frecherweise woanders bedient.
Das Gossige an der Sprache, hmm, da muss ich einen Weg finden, wie das lesbarer werden kann. Das ist mir ganz wichtig, wegen der Figur.

Seltsamerweise habe ich mich letztens mit einer Kollegin über die Schreibweise von "glotzen" beschäftigt und die hat felsenfest behauptet, die Lehrerin ihres Sohnes hätte gesagt, das schreibe man so: "klotzen". Und ich vermute, man kann da beides benutzen. Das Rechtschreibprogramm lässt den Rotstift stecken. Oder gibt es gar verschiedene "glotzen"?
Naja ich guck oder kuck, dass ich die ganzen Fehler noch rauskriege. ;)

Grüße,
Cybernator

 
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Hallo Cybernator,

ich noch einmal.

Die Message, nämlich das Scheinargument, dass Sprüche immer noch besser sind wie Klopfen, was ja gar nicht stimmt, da Worte genauso verletzten können, find ich im humoristischem Sinne schon ganz gut. Aber selbst solche "Fertigmachsprüche" zu dichten, das ist nicht mein Ding, da hab ich mich frecherweise woanders bedient.

Okay, die Message hätte ich aus dem Text, so wie er bisher dasteht, nicht herausgelesen. Dafür müsstest du dich echt von diesen abgedroschenen Sprüchen verabschieden und was Handfesteres, wohl richtig Beleidigendes vorlegen. Ansonsten stell ich mir das schwierig vor.

Das Gossige an der Sprache, hmm, da muss ich einen Weg finden, wie das lesbarer werden kann. Das ist mir ganz wichtig, wegen der Figur.

Das Gossige ist ja in Ordnung, aber eben nur im Dialog.

Ich wünsch dir viel Erfolg bei der Überarbeitung und freue mich auf die Neuversion.

Gruß,
rehla

PS: Also "klotzen" in derselben Bedeutung wie "glotzen" wäre mir jetzt neu. Aber vielleicht irre ich mich auch.

 

Hallo cybbernator,

nur mal kurz eine kleine Einmischung meinerseits: Ich muss Rehla Recht geben:

"klotzen" hat hierzulande (zumindest bei uns in Bayern) die Bedeutung reinhauen, anpacken, (körperlich) schwere Arbeit leisten, schuften, etc. Das Wort wird oft auch als "ranklotzen" genutzt:
"Lass uns jetzt mal ranklotzen, damit wir fertig werden!"

"glotzen" hingegen meint, etwas (langanhaltend) intensiv ansehen, konzentriert hinschauen, mustern, etc.: "Was glotzt du so blöd? Noch nie einen Pfarrer in Unterhose gesehen?"

Dass das Rechtschreibprogramm nicht anspringt liegt daran, dass es in diesem Sinne ja beide Begriffe gibt, es aber natürlich nicht weiß, in welchem Kontext du es nutzt.

Ich für meinen Teil bin sicher, dass es in deinem Text "glotzen" heißen muss!

Viele Grüße
oisisaus

 

Hallo oisisaus!

Ja, hab mittlerweile auch im Duden nachgeschaut. Ich nehm das jetzt raus, da es sowieso nicht passt.
Danke für deine lehrreichen Worte.

Grüße,
Cyber

oiswiadgud

 

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