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How to Do Things With Words

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09.11.2015
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How to Do Things With Words

Sprachphilosophie. Vorlesung über John L. Austins „How to Do Things With Words“. Der Professor betritt den Hörsaal und schaltet die Technik ein. Ein Computer unter seinem Pult beginnt zu summen und nach kurzer Zeit wirft der Beamer eine große Projektion der ersten PowerPoint-Folie an die Wand. Als der schlanke Hüne im schwarzen Sakko sich nun von der Funktionstüchtigkeit seines Mikrofons überzeugen will, indem er mit seinem Zeigefinger darauf herumtippt, scheinen allerdings die Lautsprecherboxen unterhalb der Decke sich einer einfachen Wiedergabe des erwarteten Geräusches zu verwehren.

Verunsichert spricht der Professor mit seiner leisen Stimme „Test … Test, Test“ in das Gerät hinein und ist bemüht von den müden Gesichtern der morgendlich anwesenden Studentenschaft eine Reaktion abzulesen, die ihm den Gang zum technischen Dienst der Universität ersparen würde. Seine Hoffnung wird allerdings durch das erste Gelächter aus einer hinteren Reihe des Auditoriums durchkreuzt. Er verschwindet für kurze Zeit aus dem Raum und kehrt mit einem kräftigen, blonden Mann Mitte Dreißig in seiner Gefolgschaft zurück. Dieser schaltet zunächst das Mikrofon aus und wieder ein, betätigt ein paar Knöpfe an der Schaltkonsole des Pults und gibt schließlich, in einer vor Lautstärke protzenden Stimme, seinen Missmut über die Situation mit einem einfachen „Scheiße!“ kund.

Der Professor lächelt unschlüssig und ringt sich kurzerhand dazu durch, mit der Vorlesung zu beginnen um nicht weitere Zeit zu verlieren. Die Zuhörer in der unmittelbaren Nähe des Professors können den Ausführungen über Austins Theorie der Sprechakte noch mit viel Mühe folgen, während sein schwaches Organ kaum in die letzten Reihen hineinreicht und dort zusätzlich mit Getuschel der frustrierten Studenten konkurrieren muss. Unterdessen hat der Techniker mit seinem Schraubenzieher eine Klappe an der rechten Seite des Pults geöffnet und ist in hockender Position vor dem scheinbar okkulten Inhalt erstarrt.

Der Professor hält trotzig an seiner Lesung fest: „Obwohl Austin Wittgensteins Grundannahme, dass Sprechen in erster Linie Handeln ist, teilt, hat er eine vollkommen andere …„
„Hilft alles nichts, ich muss das System neustarten!“, unterbricht plötzlich der Techniker, in abgeklärter Manier, den Professor.
„Bleibt der Computer dabei eingeschaltet?“
„Selbstverständlich“

Der Professor nimmt den Vortrag wieder auf, als sich der Techniker an die Konsole drängt. Er legt einen Schalter um und: Der Computer bleibt tatsächlich im Betrieb, nur hat der Beamer plötzlich seine Arbeit aufgegeben und damit ein allgemeines Gelächter unter den Studenten ausgelöst, das den verdutzen Professor mit einem Mal zum Schweigen bringt. Der Techniker wendet sich mit einem Schulterzucken an den nun ebenfalls lachenden Professor, worauf dieser ihm erwidert:
„Ich wollte natürlich wissen, ob die Lesung unterbrochen werden muss. Wie lange wird das dauern?“
„Woher soll ich das wissen? Ich kann keine Gedanken von Maschinen lesen!“, schleißt der Techniker schlecht gelaunt und beschäftigt sich weiter mit den Schaltern der Konsole.

 

Hallo Cosmo,
Du bist ja schon einige Tage bei den Wortkriegern und so frage ich Dich einfach einmal: Was macht Deine Anekdote zur Kurzgeschichte? Insbesondere unter dem Aspekt des Philosophie-Tags?

Ich meine, Wittgenstein wird kurz erwähnt, aber so richtig philosophisch wird die abgewürgte Aussage wohl nicht - oder ich hab's nicht kapiert.

Die Frage, warum Prof überhaupt am Pult steht, wenn Student doch alles ablesen kann, wird hier recht überraschend beantwortet: Legt man den Schalter um, so verstummt der Professor (mit einem Mal) - zum Glück ist nur sein Sprechorgan mit der Technik per WLAN(?) verbunden.

Ich musste an eine alte Geschichte aus der Universität Perugia denken. Ein Professor hatte keine Lust, im Sommer Vorlesungen persönlich zu halten, stellte ein Tonbandgerät mit dem Vorlesungsstofff auf sein Pult und fuhr ins Schwimmbad. Am nächsten Vorlesungstermin war das Tonbandgerät des Professors umringt von den Tonbandgeräten der Studenten, die sich ebenfalls ins Schwimmbad begeben hatten. Eigenartigerweise funktionierte dieses Tohuwabohu - ist aber auch schon fünfzig Jahre her.

Liebe Grüße

Jobär

 
Zuletzt bearbeitet:

Lieber Cosmo,
ja, jobär hat Recht: Das ist eine kleine Episode oder auch Anekdote, keine Kurzgeschichte. Dabei gibt es zwei Definitionen von ‚Anekdote’:
Die erste:

Eine Anekdote hat eine bemerkenswerte oder charakteristische Begebenheit, meist im Leben einer Person, zur Grundlage. Die drei wichtigsten Merkmale sind: die Pointe, die Reduktion auf das Wesentliche und die scharfe Charakterisierung einer oder auch mehrerer Personen.

Das trifft auf deine Geschichte nicht zu. Schon eher:

In der Alltagssprache bezeichnet Anekdote die (meist mündliche) Schilderung einer kuriosen, ungewöhnlichen oder komischen Begebenheit ...

https://de.wikipedia.org/wiki/Anekdote

Die Situation ist wohl jedem, der sich schon einmal vor einem oder in einem Auditorium befand, bekannt. ‚Scheiß Technik.’ Und auch die Reaktion der Anwesenden hast du gut beschrieben. Was mir fehlt, sind Witz und Pointe.

Du versuchst so etwas:

... scheinen sich allerdings die Lautsprecherbox unterhalb der Decke einer Wiedergabe des erwarten dumpfen Geräusches zu verwehren.

… und ist bemüht von den müden Gesichtern der morgendlich anwesenden Studentenschaft eine Reaktion abzulesen, die ihm den Gang zum technischen Dienst der Universität ersparen würde …

und in gewisser Weise gelingt dir das auch: Die Komik der Situation teilt sich dem Leser mit. Aber du bist mMn zu schnell, kostest die Situation nicht wirklich aus. Deine Beschreibung ist gut, aber du bleibst auf dieser Ebene, unterbrichst sie nur manchmal. Es kommt beim Lesen allenfalls zum Schmunzeln, aber mehr nicht. Vielleicht hättest du den Personen Gesichter verpassen sollen, die Verzweiflung des technikunbegabten Professors vertiefen und sie stärker der Lakonie des Technikers gegenüberstellen sollen? Wie schon gesagt, fehlt nach mE deinem Text Witz und Pointe – die Szene hätte es hergegeben. Sie funktioniert natürlich aus sich selbst heraus, aber das ist mir für eine Kurzgeschichte zu wenig.

Und noch etwas: Neben den Bedeutungen, die allem, was wir sagen und schreiben, innewohnt, gibt es in unserer Sprache auch noch die Grammatik, die Rechtschreibung und die Zeichensetzung Und da besteht, was die deutsche Sprache angeht, bei dir ein wenig Handlungsbedarf:

Als der Schlanke Hüne im schwarzen Sakko sich nun von der Funktionstüchtigkeit seines Mikrofons überzeugen will, indem er mit seinem Zeigefinger darauf herumtippt, scheinen sich allerdings die Lautsprecherbox unterhalb der Decke einer Wiedergabe des erwarten dumpfen Geräusches zu verwehren.

„Hilft alles nichts, ich muss das System neustarten!“K unterbricht plötzlich der Techniker, in seiner abgeklärter Manier, den Professor.

Der Professur hält nach wie vor trotzig an seiner Lesung fest: „Obwohl Austin Wittgensteins Grundannahme, dass Sprechen in erster Linie Handeln ist, teilt, hat er eine vollkommen andere–„
Hier wären drei Punkte sinnvoller.

Er legt einen Schalter um und: der Computer bleibt tatsächlich im Betrieb, nur hat der Beamer plötzlich seine Arbeit aufgegeben und den verdutzen Professor mit einem mal zum Schweigen gebracht.
„Selbstverständlich(.)

Der Techniker braucht einen Moment K um den Grund des tosenden Gelächters um sich herum zu verstehen K und wendet sich mit einem Schulterzucken an den nun ebenfalls lachenden Professor.

Und auch die Austin-Überschrift als Überschrift über deinem Text finde ich nicht so richtig passend. Es geht in deinem Text nicht darum, wie wir mit Worten und Sätzen (und der ihnen innewohnenden Bedeutung) eine Realität erschaffen, sondern darum, dass die Worte (später dann die Bilder) aus reinem technischen Versagen ihre Empfänger nicht erreichen. Und da sind wir in einem ganz anderen Bereich.
Den Tag 'Philosophisches' kann ich ebenso wie jobär nicht nachvollziehen. Allein der Name 'Wittgenstein' reicht nicht.

Liebe Grüße
barnhelm

An jobär: Die Perugia-Geschichtge gefällt mir sehr.

 

Hallo barnhelm,

Und auch die Austin-Überschrift als Überschrift über deinem Text finde ich nicht so richtig passend. Es geht in deinem Text nicht darum, wie wir mit Worten und Sätzen (und der ihnen innewohnenden Bedeutung) eine Realität erschaffen, sondern darum, dass die Worte (später dann die Bilder) aus reinem technischen Versagen ihre Empfänger nicht erreichen. Und da sind wir in einem ganz anderen Bereich.

Auf die Gefahr hin, dass ich hier überinterpretiere: Ich glaube schon, dass in Cosmos Text einiges mehr drinsteckt darüber, was wir mit Worten tun und was Worte mit uns tun:
  • Der Prof testet mit Worten die Technik.
  • Der Techniker bringt die Lage mit einem Wort ("Scheiße") auf den Punkt und setzt damit auch einen Kontrast zu der ausschweifenden Sprechweise des Profs.
  • Der Versuch des Profs, die Vorlesung ohne Mikro zu halten, bringt die Studierenden zur Verzweiflung.
  • Das Getuschel der Studenten stört im Gegenzug die Vorlesung weiter.
  • Der Techniker beantwortet die Frage des Profs ("Bleibt der Computer an?") formal korrekt, aber nicht gemäß ihrer Intention (denn der Beamer geht ja aus) und stiftet damit weitere Verwirrung.
Plus bestimmt noch ein paar weitere Punkte, die ich jetzt gerade nicht finde.

Ob das jetzt Philosophie ist, sei dahingestellt, und auch die Schwierigkeiten in der Umsetzung dieses Textes habe ich ganz bestimmt nicht übersehen, auch wenn ich sie jetzt nicht weiter zerpflücken werde. Aber ich glaube, Cosmos Absichten gingen schon ein bisschen weiter, als nur eine kurze Uni-Anekdote zu erzählen. Und dazu scheint mir der Titel durchaus passend.

Grüße vom Holg ...

 

Ich sehe das ähnlich wie Holg. Das ganze Geschehen ist doch eine praktische und absurd-lakonische Anwendung der Philosophievorlesung "How to do things with words". Von daher finde ich den Philosophie-Tag passend. Die Episode parodiert übertrieben gesagt und veranschaulicht das Thema der Vorlesung.
Aber man könnte das sicherlich viel prägnanter ausarbeiten, da haben die anderen Recht.
Viele Grüße
Novak

 

Hallo Holg, hallo Novak,

wenn ich mir eure Komms noch einmal durch den Kopf gehen lasse, so scheint mir, dass ihr Recht habt. Ich hatte ein bisschen zuviel Sprechakttheorie im Kopf und die wortwörtliche Aussage des Titels (vermutlich deshalb) nicht so richtig an mich rangelassen. Deshalb, lieber Cosmo, nehm ich das, was ich über den Titel gesagt habe, zurück. Hier war ich wohl ein bisschen zu schnell mit meiner Bewertung.

Liebe Grüße
barnhelm

 

Ihr Lieben alle,

ich habe diesen Text gelesen, ohne tiefer im Wissen herumzukramen. Ich war auch versucht, eine ähnliche Kette aufzubauen, wie es Holg gemacht hat. Aber ich habe dann mit Novak gedacht:

man könnte das sicherlich viel prägnanter ausarbeiten
. Nicht jeder Leser hat von Wittgenstein gehört und der Möglichkeit, seine Aussagen sehr verschieden zu deuten. Naja und dass ich den Google-Übersetzer herbeiziehen muss, um die Überschrift (präzise) zu verstehen, bestärkt mich in der Auffassung, dass fremdsprachliche Überschriften ebenso Interesse wecken wie abstoßend wirken können.

Liebe Grüße

Jobär

 

Hallo jobär,

Nicht jeder Leser hat von Wittgenstein gehört und der Möglichkeit, seine Aussagen sehr verschieden zu deuten. Naja und dass ich den Google-Übersetzer herbeiziehen muss, um die Überschrift (präzise) zu verstehen, bestärkt mich in der Auffassung, dass fremdsprachliche Überschriften ebenso Interesse wecken wie abstoßend wirken können.

Also, offen gesagt kenne ich Wittgenstein fast auch nur vom Namen her. Das scheint mir für diese Geschichte nicht schlimm zu sein, denn der Prof sagt ja alles, was man für diesen Kontext wissen muss:
... Wittgensteins Grundannahme, dass Sprechen in erster Linie Handeln ist ...

Auch den Austin habe ich zwar aus Neugier mal auf Wikipedia nachgeschlagen, aber für das Verständnis der Geschichte nicht gebraucht. (Es sei denn, es gibt da noch weitere Bedeutungsschichten, die mir nun entgehen.) Und dass sein Magnum Opus nun mal diesen englischen Titel trägt und dieses für die Geschichte so zentral ist - das ist wohl nicht zu ändern.

Grüße vom Holg ...

 

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