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How to Do Things With Words
Sprachphilosophie. Vorlesung über John L. Austins „How to Do Things With Words“. Der Professor betritt den Hörsaal und schaltet die Technik ein. Ein Computer unter seinem Pult beginnt zu summen und nach kurzer Zeit wirft der Beamer eine große Projektion der ersten PowerPoint-Folie an die Wand. Als der schlanke Hüne im schwarzen Sakko sich nun von der Funktionstüchtigkeit seines Mikrofons überzeugen will, indem er mit seinem Zeigefinger darauf herumtippt, scheinen allerdings die Lautsprecherboxen unterhalb der Decke sich einer einfachen Wiedergabe des erwarteten Geräusches zu verwehren.
Verunsichert spricht der Professor mit seiner leisen Stimme „Test … Test, Test“ in das Gerät hinein und ist bemüht von den müden Gesichtern der morgendlich anwesenden Studentenschaft eine Reaktion abzulesen, die ihm den Gang zum technischen Dienst der Universität ersparen würde. Seine Hoffnung wird allerdings durch das erste Gelächter aus einer hinteren Reihe des Auditoriums durchkreuzt. Er verschwindet für kurze Zeit aus dem Raum und kehrt mit einem kräftigen, blonden Mann Mitte Dreißig in seiner Gefolgschaft zurück. Dieser schaltet zunächst das Mikrofon aus und wieder ein, betätigt ein paar Knöpfe an der Schaltkonsole des Pults und gibt schließlich, in einer vor Lautstärke protzenden Stimme, seinen Missmut über die Situation mit einem einfachen „Scheiße!“ kund.
Der Professor lächelt unschlüssig und ringt sich kurzerhand dazu durch, mit der Vorlesung zu beginnen um nicht weitere Zeit zu verlieren. Die Zuhörer in der unmittelbaren Nähe des Professors können den Ausführungen über Austins Theorie der Sprechakte noch mit viel Mühe folgen, während sein schwaches Organ kaum in die letzten Reihen hineinreicht und dort zusätzlich mit Getuschel der frustrierten Studenten konkurrieren muss. Unterdessen hat der Techniker mit seinem Schraubenzieher eine Klappe an der rechten Seite des Pults geöffnet und ist in hockender Position vor dem scheinbar okkulten Inhalt erstarrt.
Der Professor hält trotzig an seiner Lesung fest: „Obwohl Austin Wittgensteins Grundannahme, dass Sprechen in erster Linie Handeln ist, teilt, hat er eine vollkommen andere …„
„Hilft alles nichts, ich muss das System neustarten!“, unterbricht plötzlich der Techniker, in abgeklärter Manier, den Professor.
„Bleibt der Computer dabei eingeschaltet?“
„Selbstverständlich“
Der Professor nimmt den Vortrag wieder auf, als sich der Techniker an die Konsole drängt. Er legt einen Schalter um und: Der Computer bleibt tatsächlich im Betrieb, nur hat der Beamer plötzlich seine Arbeit aufgegeben und damit ein allgemeines Gelächter unter den Studenten ausgelöst, das den verdutzen Professor mit einem Mal zum Schweigen bringt. Der Techniker wendet sich mit einem Schulterzucken an den nun ebenfalls lachenden Professor, worauf dieser ihm erwidert:
„Ich wollte natürlich wissen, ob die Lesung unterbrochen werden muss. Wie lange wird das dauern?“
„Woher soll ich das wissen? Ich kann keine Gedanken von Maschinen lesen!“, schleißt der Techniker schlecht gelaunt und beschäftigt sich weiter mit den Schaltern der Konsole.