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Hotel Du Nord

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16.08.2012
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Hotel Du Nord

Das verwaschene Gelb einer einsamen Straßenlaterne beleuchtet das Kopfsteinpflaster. Eine noch einsamere Dame der Nacht wartet in ihrer Nähe auf Kundschaft. Sie steht im Halbschatten der Lampe. Gut genug beleuchtet, dass die Freier sehen können, wieso sie da steht. Allerdings auch nicht zu nah am Licht, denn das ist kein Freund von billiger Schminke, schlechten Toupets und wässrigen Augen. Mein Blick schweift ab von Rosie. Rosie, die wie immer an der Laterne steht, die wie immer einen Rock trägt, der kürzer ist als erlaubt, und die wie immer eine Zigarette nach der anderen raucht. Der Mond spiegelt sich im Kanal, der unter dem Fenster vorbeifließt, eigentlich aber steht. Er steht und modert bis zu dem Fenster rauf, aus dem ich mich rauchend lehne. Nur selten kommt um diese Uhrzeit ein Auto vorbei. Die Bewohner in den einstmals schönen, aber heruntergekommenen Häusern schlafen bereits fest. Schön ist in dieser Gegend höchstens in einem relativen Sinn. Nicht schön wie die Architektur auf den großen Boulevards, nahe der Oper, im 16. Oder in St. Germain. Es ist eher der kleinbürgerliche Frieden, der von den weiß gespachtelten Fassaden ausgeht. Frieden, der sich für ein paar ruhige Nachtstunden über das Viertel legt. Keine Marktweiber, die sich anschreien, der fettige Schnellimbiss geschlossen und die Autos am Straßenrand geparkt. Die Kleinhändler, Arbeiter, Putzfrauen, Müllmänner und Friseusen schlafen. Auf den Straßen treiben sich nur noch wenige Gestalten herum, die entweder nach Hause wollen oder deren Treiben die Kirche nicht toleriert. Die Besoffenen, die Geilen, die Ganoven. Alle, denen nie ein Platz zugeordnet wurde und die sich ihre Nischen gesucht haben.
Obwohl ich erst seit ein paar Wochen in der Stadt bin, weiß ich, dass der Kanal im Sommer mehr stinkt als im Winter.
Ein Fahrradfahrer kommt angefahren. Er wird langsamer, als er auf die Laterne zufährt. Im Schritttempo fährt er an Rosie vorbei, mustert sie und beschleunigt. Rosie hat heute kein Glück.
Eine Wolke hat den Mond verschluckt. Sie ist zu groß, um ihn bald wieder auszuspeien. Ich ziehe ein letztes Mal an meiner Zigarette, werfe sie aus dem ersten Stock auf die Straße und wende mich meinem Hotelzimmer zu. Am Holzstuhl vor dem kleinen Schreibtisch hängt mein Sakko, in dem ich noch weitere Zigaretten finde. Mit einem frischen Glimmstängel im Mund werfe ich mich auf die löchrige Tagesdecke.
Es ist nicht so, dass ich körperlich erschöpft wäre. Ich habe den ganzen Tag nur rumgelegen, geraucht, Bier getrunken und ab und zu für ein paar Minuten auf das leere Blatt in der Schreibmaschine gestarrt. Ich komme mir langsam lächerlich vor. Wie das billige Klischee einer Karikatur eines Klischees. Ich hole das Feuerzeug aus meiner Khakihose, gebe mir Feuer und inhaliere tief. Vor zwei Jahren hatte ich versucht, das Rauchen aufzugeben. Mein erster Schritt in die richtige Richtung war gewesen, auf Light-Zigaretten umzusteigen. Mit dem Ergebnis, dass ich zog wie ein Ertrinkender und dadurch vermutlich noch mehr Teer in meine Lungen beförderte. Irgendwann war ich wieder auf normale Zigaretten umgestiegen. Den starken Zug hatte ich beibehalten.
Da auch zwei weitere Zigaretten nicht die Erleuchtung gebracht haben, das Bier auf dem Nachttisch leer ist und meine Schreibblockade sich auch in den nächsten Stunden nicht auflösen wird, gehe ich runter in die Hotelbar, um mir noch einen Drink zu genehmigen.

Als ich in den holzgetäfelten Raum komme, sitzt Rosie an der abgewetzten Theke. Eine Theke, in die mehr Bier, Wein und verschütteter Schnaps geflossen sind, als eine Gruppe Matrosen auf Landgang vertragen könnte. An den Wänden südfranzösische Landschaften und romantische Buchten, gemalt in Öl und auf billigen Leinwänden. Außer Rosie ist nur noch ein Gewohnheitstrinker in der Bar, den ich vom Sehen her kenne. Vor sich hinstarrend, bestellt er einen Pastis nach dem anderen. Kurz überlege ich, ob ich ihn ansprechen soll. Doch ich lasse es sein. Ich setze mich, ohne Rosie anzusprechen, und bestelle ein Bier. Eigentlich eine Todsünde in einer Stadt, in der jeder, wenn nicht Pastis, immer und überall Wein trinkt und das Bier sowieso schmeckt wie abgestandene Pisse.
„Scheißnacht, was?“
„Weiß nicht. Bin froh, dass ich meine Ruhe habe.“
Kann ich verstehen. Manchmal ist es vermutlich besser, kein Geld zu haben, als es sich verdienen zu müssen.
„Findest du auch, dass der Kanal immer mehr stinkt?“
Rosie reagiert nicht auf meine letzte Frage. Sie sitzt nur da und schaut auf ihren Pastis. Der zu kurze Rock bedeckt nur in Ansätzen ihr Hinterteil. Ihre Beine sind noch straff und jugendlich. In der rechten Hand hält sie eine blaue Gitanes, die sie in einer gleichmäßigen Bewegung zum Mund führt.
„Scheiße, kannst du blöde Fragen stellen“, antwortet sie dann doch.
Sie schaut mich kurz an und lächelt. Es klingt grob, doch ich weiß, es war nicht so gemeint. Seit zwei Wochen unterhalten wir uns beinahe jeden Abend kurz an der Bar. Wir treffen uns immer, wenn sie eine Pause braucht und ich mal wieder eine Schreibblockade oder einfach nur Durst habe.
„Ja, stinkt er nun mehr oder nicht?“
Wieder erscheint ein Lächeln auf ihrem zu früh gealterten Gesicht. Sie kann keine zweiundzwanzig sein, doch wie sie mir erzählt hat, macht sie den Job bereits, seit sie siebzehn ist. Das hinterlässt Spuren.
„Was ist so komisch?“, frage ich.
„Du fragst immer so einen Scheiß.“
Sie dreht sich wieder zu mir, greift zu mir rüber, nimmt meine Bierflasche und trinkt sie in einem Schluck aus. Sieht wohl nach einer wirklich schlechten Nacht aus. Ich bestelle uns beiden noch einen Pastis, und wir trinken gemeinsam weiter. Keiner redet. Nur trinken. Und wir sind doch beide froh, nicht alleine sein zu müssen. Später geht sie wieder zu ihrer verdammten Laterne und ich zu meiner Schreibmaschine.

 
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Hallo,

Sie steht im Halbschatten der Lampe. Gut genug beleuchtet, dass die Freier sehen können wer, was und wieso sie da steht.
Das „was“ ist unsinnig. Wer und wieso – reicht.

Allerdings auch nicht zu nah an dem Licht, denn es ist kein Freund von zu viel aufgetragener billiger Schminke, schlechten neonblonden Toupets und schönen aber wässrigen Augen.
Wer ist denn „es“?

Rosie die wie immer an der Laterne steht, die wie immer einen Rock trägt der kürzer ist als erlaubt und die wie immer eine Zigarette nach der anderen raucht. Der Mond spiegelt sich im Kanal der unter dem Fenster, man würde gerne sagen vorbeifließt aber eigentlich steht er
Ja, ich weiß es nervt, und das ist der Teil des Deutschen, mit dem alle, die nicht professionell bzw. regelmäßig schreiben und lesen, Probleme haben, aber: Kommasetzung.
Das geht so nicht.
In jedem Satz ist da irgendwas nicht okay. Wenn du wirklich schreiben willst, musst du dich damit auseinandersetzen. Entweder indem du ganz stumpf die Regeln paukst und übst, bis sie sitzen, oder du musst mal gucken, ob es im Internet irgendwelche Arbeitsblätter für dich gibt.
Ich glaub nicht, dass das hier Leichtsinnsfehler sind, die man mit „Gib dir mehr Mühe“ wegkriegt, die Kommafehler sind systematisch, du setzt die nur nach Gefühl. Und dein Gefühl ist fehlerhaft und nuschelig.

Die Bewohner in den einstmals schönen aber heruntergekommenen Häusern schlafen bereits fest.
Das ist das dritte Mal schon diese Wendung mit „x aber y“, schön aber wässrig, einstmals schön aber heruntergekommen. Abgesehen davon dass da jedes Mal ein Komma fehlt, ist die Wendung nur am Anfang interessant, jetzt ist es schon eine Marotte. Zumal es hier überflüssig ist.
"Einsmals schön" heißt = jetzt nicht mehr.
Und z.B. bei schön aber wässrig, da hätte man auch stärker formulieren können, das sind ja gute Ideen, in diesem Gegensatz, aber das so mit einem „aber“ verkaufen ist stilistisch keine starke Lösung. Das ist 08/15.

Bitte unbedingt mit dem Kommaregeln beschäftigen, wenn du mit dem Schreiben nach „außen“ gehen möchtest. Das sind halt die Konventionen. Es zeigt auch Respekt für den Leser, ihm einen Text zu geben ohne 2 Kommafehler pro Satz.
Ich hab nur den ersten Absatz gelesen, es kam schon vor, dass Texte voller Fehler sind, aber so stark, dass ich sie trotzdem weiterlesen musste. Das Gefühl hatte ich bei deinem Text nicht, aber das ist auch ungerecht, nach einem halben Absatz so was zu sagen.
Kommaregeln! Du zeigst den Text fremden Leuten, die dich nicht kennen. Putz ihn heraus. Klopf ihn so ab, dass du ihn guten Gewissens aus den Händen geben kannst.
Wenn du deinen Text nicht genug wertschätzt, um ihm diese Aufmerksamkeit und Pflege zu gönnen, warum sollte ihn dann irgendwer lesen?


Gruß
Quinn

 

*aus Gesellschaft*

Hallo PaulLStein

herzlich willkommen im Forum.

Leider muss ich Quinn recht geben, denn die Kommafehler ziehen sich bis zum Ende durch.

Ist bestimmt die frische Luft[KOMMA] die sie die ganze Zeit bekommen. Die rechte Hand hält eine blaue Gitanes[KOMMA] die sie in gleichmäßigen vor und zurück Bewegungen zum Mund führt.
Hier auch gleich noch die Vor- und Zurückbewegungen, die sich in ihrer Mehrzahl mit der einzelnen zum-Mund-führ-Bewegung beissen.

Mir gefiel der zweite, weniger beschreibende Abschnitt wesentlich besser, weil da mit dem Dialog endlich etwas Fahrt rein kommt. Allerdings holst du aus dem Thema (Die Wege zweier unterschiedlicher Menschen kreuzen sich im anonymen Alkoholdunst einer Kneipe) viel zuwenig heraus. Wer sind die beiden? Woher kommen sie? Erzähle mir von ihnen, oder besser, lass sie von sich erzählen. Bis jetzt bleiben mir Rosie und dein Erzähler blass und die Geschichte eine Szenenbeschreibung ohne Unterhaltungswert.

Damit du die Zeichensetzung nachholen kannst, verschiebe ich dir den Text ins Korrekturcenter. Dort hast du vier Wochen Zeit für die Überarbeitung. Falls du Hilfe brauchst oder fertig bist, schreibe Makita oder Tserk eine PM. Sie schieben deine Geschichte dann gerne wieder zurück nach Gesellschaft.

Gruss dot

 

Hallo zusammen,

vielen Dank für die konstruktiven Verbesserungsvorschläge. Werde mich nochmals an die Geschichte setzen und die Kommasetzung überarbeiten.


Viele Grüße,

Paul

 

Hallo PaulLStein
schön, dass du deinen Text übearbeitet hast, dann will ich gerne nochmal ein paar Dinge ansprechen, die mir beim zweiten Lesen aufgefallen sind.

Der Mond spiegelt sich im Kanal, der unter dem Fenster vorbeifließt, eigentlich aber steht. Er steht und modert bis zu dem Fenster rauf, aus dem ich mich rauchend lehne.
Diese Wortwiederholungen wirken wie Gasgeben mit angezogener Handbremse. Vorschlag:
Ich lehne mich aus dem Fenster und rauche. Im Kanal unter mir spiegelt sich der Mond im still vor sich hinmodernden Wasser.

Die Bewohner in den einstmals schönen, aber heruntergekommenen Häusern schlafen bereits fest.
Das hat dir Quinn schon aufgezeigt.
Das "aber" markiert einen Gegensatz, "einstmals schöne" und "heruntergekommene" Häuser sind gleichbedeutend. Somit würde ich das "heruntergekommen" weglassen, da du im weiteren Verlauf das "Schön" sowieso relativierst.

Schön ist in dieser Gegend höchstens in einem relativen Sinn [zu verstehen].
Der Satz ist unvollständig. Einfacher: "Schön ist in dieser Gegend Ansichtssache."
Es ist eher der kleinbürgerliche Frieden, der von den weiß gespachtelten Fassaden ausgeht.
Ehemals schön beisst sich wiederum mit "weiss gespachtelt".
Vorschlag:"..., der von den schlichten Fassaden ausgeht."

nahe der Oper, im 16.[Arrondissement]
Obwohl du es nicht erwähnst, nehme ich mal an, das Hotel steht in Paris. ;)

Er wird langsamer, als er auf die Laterne zufährt.
Würde ich umdrehen: Kurz vor der Laterne verlangsamt er seine Fahrt.

..., gemalt in Öl und auf billigen Leinwänden.
'und' kann weg

Kurz überlege ich, ob ich ihn ansprechen soll. Doch ich lasse es sein. Ich setze mich, ohne Rosie anzusprechen, und bestelle ein Bier.
Unschöne Wortwiederholung, braucht's gar nicht.
Da du keinen Dialog anfängst, merkt der Leser auch so, dass er Rosie nicht anspricht. ;)

„Scheiße, kannst du blöde Fragen stellen“, antwortet sie dann doch.
Sie schaut mich kurz an und lächelt. Es klingt grob, doch ich weiß, es war nicht so gemeint.
Der Nachsatz ist überflüssig, stört sogar. Denn dieses kurz (=scheu, entschuldigend) drückt genau das aus, da brauche ich als Leser keine Erklärung.

nimmt meine Bierflasche und trinkt sie in einem Schluck aus.
Entweder war da nur noch ein kleiner Rest drin, ("leert sie mit einem Schluck")
ansonsten:
"leert sie in einem Zug"

Und eben, es wäre schön, wenn du die Geheimnisse des Hotels Du Nord noch etwas lüften würdest, aber vielleicht bleibt es vorerst nur ein billiges Hotel, dass du in einem anderen Text eine blühende Renaissance erleben lässt.
;)

Gruss dot

 

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