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Hollywood

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20.02.2002
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Hollywood

1. Die Geldmaschine kommt zu Wort:
„Bevor wir nun mit den Dreharbeiten beginnen, wollte ich euch allen noch einige Worte auf den Weg geben.“ Jerry stand ganz alleine auf der riesigen, grauen Plattform, die je nach Belieben eine üppig bewachsene Wiese oder eine düstere, einsame Steinlandschaft sein konnte. Der Produzent schaute sich verwirrt um, als ob ihm etwas fehlte. „Hey, Clean-Manager, beweg dich mal ins Freie und hiev die Flagge!“
So geschah es und durch ein hochgelegenes Fenster sah man die Streifen und die Sterne hell glänzend im rötlichen Sonnenaufgang Kaliforniens. „So gefällt’s mir. Es ist immer ein gutes Indiz für den Erfolg eines Filmes, wenn man noch vor Beginn der Dreharbeiten über ihn redet. Unser statistisches Büro hat in den letzten zwei Monaten etwa 739000 Berichte gezählt, weltweit. Damit liegen wir noch vor Episode One, da sieht man mal wieder, welche Möglichkeiten Amerika kleinen, unbedeutenden Menschen wie uns gibt. Amerikas schlauste Köpfe, all diese Menschen mit den chinesischen, russischen, französischen, deutschen und jüdischen Künstlernamen, haben mit aller Hingabe daran gearbeitet, extra für diesen Film eine Zeitmaschine zu erfinden. Unser Dank sollte diesen Volkshelden gewidmet werden, die ihr Leben für die Erfüllung dieses Traumes riskiert haben. Im Verlauf der nächsten Wochen und Monate wünsche ich euch viel Glück und Erfolg. Gott segne euch, Gott segne Amerika.“

2. Der harte Alltag
„Oh Mann, so geht es nicht, so geht es wirklich nicht. Was soll das heißen, Ben ist nicht da? Er war doch immer da, ich will Ben sofort hier haben.“
Der kleinwüchsige Assistent legte den Stapel mit Drehbüchern und Skizzen auf den trockenen Boden und schaute ängstlich in die Augen des Regisseurs. „Ehrlich gesagt, er hat nicht mal unterschrieben. Er dreht wieder einen Film mit Matt, unter der Regie von Kevin Smith. Womöglich sitzt er aber auch irgendwo in Vegas und betrinkt sich sinnlos, vielleicht aber auch nicht. Wahrscheinlich ist er nur zuhause und wartet auf die nächsten Anrufe seines Agenten – und betrinkt sich währenddessen sinnlos.“
„Wieso hat mir das niemand gesagt? Hol mir sofort ein Telefon.“
„Aber Michael, ich meine, Mister Bay, das geht nicht. Wir befinden uns während dem Unabhängigkeitskrieg gegen England, es gibt hier keine Telefone.“
Drohend hob Michael den Finger. „Das nächste Mal sagst du mir das früher, verstanden? Soll ich denn an alles denken oder wie? Lies mir mal vor, was als nächstes im Drehbuch steht. Ach ja, wenn du schon dabei bist, wen haben wir so in unserem Team?“
„Welches Drehbuch? Sie konnten sich nicht entscheiden und jetzt haben wir fünf verschiedene. Sie hielten es für sinnvoll, die herrschende Situation zu analysieren und die Geschichte und Charaktere spontan zu gestalten. Aber, ähm, Leonardo steht uns zur Verfügung.“
„Hol ihn zu mir, sofort.“

„Was soll das heißen, ob ich wie Ben sein könnte?“ fragte Leonardo in einer hohen Stimme, da er seine Energie konzentrieren mußte, um den Bauch einzuziehen.
„Na ja, du bist doch ein Schauspieler, kannst du nicht so tun, als seiest du Ben?“
„Oh Mann, das ist aber kompliziert, er hat eine fabelhafte Mimik drauf, zudem müßte ich mehr über seinen Charakter, seine Motive wissen, bevor ich überhaupt anfangen könnte, mich auf eine Rolle so vorzubereiten, wie er es tut, um diese dann auch noch so zu spielen. Aber ich versuch es mal.“ Er atmete tief ein und aus, kämmte sich mit der offenen Hand die Haare nach hinten und schaute mit einem steifen Blick nach vorne.
„Wunderbar! Wieviel zahlen wir dir, 20 Millionen? Du bist jeden amerikanischen Cent wert! Doch was ist, wenn es jemand merkt, daß du nicht Ben bist?“
Leo kicherte und tätschelte Michaels Hand. „Quatsch. Als Kate wieder mal Durchfall hatte, nahmen wir ein Nilpferd als Körperdouble und schminkten es noch etwas im Gesicht. Das war verdammt gut, weil es war die einzige Szene, in der ich bei ihrem Anblick sogar erregt war. Du weißt schon, wo ich sie am Bug von hinten nehme und schreie, ich bin der König der Welt. Das war gerade das Körperdouble!“
„Unglaublich“, schwärmte der Regisseur. „Aber jetzt wo du’s sagst, na egal. Gehen wir mal gemeinsam die Liste durch. Cage, wo war er noch mal, hab ihn doch irgendwo gesehen. Shit, er ist gar nicht auf der Liste.“
„Kein Wunder, Robert Altmann dreht ein Porno mit ihm und Lisa Marie Presley. Oh, und bevor du nach Bruce suchst, vergiß es. Er hat keinen Bock mehr auf Action-Filme. Stirb Langsam4 wird jetzt von Woody Allen gedreht. Bruce sitzt auf der Couch mit zwei Terroristen und seiner Frau und sie diskutieren alle Probleme aus. Der Titel bezieht sich nun weniger auf den Film, als auf die Kinobesucher, wie auch immer man das verstehen soll, du weißt ja, wie Woody drauf ist.“
„Halt du bloß die Klappe“, meinte Michael und suchte vergeblich nach seinen Wunschkandidaten. „Immerhin hab ich noch nie Kommandos von ihm entgegengenommen.“
„Das ist jetzt nicht fair! Das war nur eine kurze Rolle, zudem in Schwarzweiß!“
„Jaja, schon gut. Das deprimiert mich nun wirklich, was ist das für eine Besetzung hier. Ich brauche eine Pause, gehen wir raus?“
„Gerne doch.“ Leonardo rannte hinaus und rief Bay hinterher, er solle ihn doch fangen.

3. Inhaltliche Schwächen
Es regnete und die Landschaft hatte nichts von einem idyllischen Grün. Michael trat zu seinem Assistenten vor und verzerrte das Gesicht. Leonardo rannte und hüpfte fröhlich irgendwo hinter dem Zelt.
„Dieser Krach ist ja furchtbar. Wer schießt da denn dauernd?“
Sein Assistent guckte entsetzt hoch und suchte nach den passenden Antworten. „Wissen Sie, es schießen eine ganze Menge Menschen. Wir befinden uns im Unabhängigkeitskrieg. Wenn mich nicht alles täuscht, habe ich sogar George Washington hier irgendwo gesehen.“
„Aha, das ist aber sehr schlecht, völlig unrealistisch. Schau mal, sie schießen ununterbrochen und es ist so laut, dann der ganze Rauch überhaupt, so kann ich doch kein scharfes Bild einstellen. Wenn sie auf die Leinwand möchten, müssen die Statisten da vorne aber eine ganz andere Einstellung zu ihrem Beruf haben. Egal, darüber kann ich ja noch hinwegsehen. Aber siehst du die eine Flagge dort auf dem Boden, sie ist verstaubt und dreckig und die Sonne scheint nicht drauf, was sollen wir damit anfangen, wer soll uns das glauben? Eine Fahne, die nicht geschwenkt wird und zudem noch Flecken aufweist? In Wirklichkeit kann es so was nicht geben.“
„Wie Sie meinen, Sir.“
„Ganz genau. Mach weiter so und aus dir wird was. Dann sind da noch voll viele Dinge. Die stellen sich alle gegenüber und knallen sich ab, wieso rennt niemand vor, um für sein Vaterland zu kämpfen? Da muß doch jemand der Held sein, nicht wahr? Dann die Engländer, sie sehen alle so, ach, keine Ahnung, sie sehen nicht aus wie Tyrannen. Sie wirken wie Menschen. Aber das geht doch nicht an, wir können die englischen Krieger nicht mit Amerikanern besetzen, auch wenn sie dann hübscher aussehen, es müssen Tiere sein, barbarische Tyrannen, sonst glaubt uns das niemand! Leo, kannst du nicht dazugehen und für ein wenig Spannung sorgen?“
Der Schauspielerbewegte sich zum Regisseur, musterte die Situation ganz genau und sprach, ohne den Blick abzuwenden: „Muß ich mich denn nicht optisch und von meinem Ausdruck anpassen? Das wird sehr kompliziert, aber ich versuch’s!“ Er atmete tief ein und aus. Mit der offenen Hand kämmte er seine Haare zurück und schaute mit einem starren Blick nach vorne.
„Bravissimo. Du bist super, einfach einmalig! Aber Moment mal, da brauchen wir etwas mehr. Wenn schon dieser Depp von Emmerich mehr Action hat als ich, kommt es mir wirklich peinlich. He Kleiner Kaffeebringer, hol mir mal diesen Washington her, oder wie auch immer er heißt. Ich müßte mal mit ihm reden.“
„Aber, bei allem Respekt, er befindet sich mitten in einer kriegerischen Auseinandersetzung. Außerdem ist es nicht irgend jemand, er wird mal der erste Präsident der Vereinigten Staaten sein! Den können wir nicht so einfach kidnappen“, erwiderte der junge Assistent.
„Ach quatsch, so viele Präsidenten wie wir hatten, wer wird sich schon an den hier erinnern? Außerdem ist es ein Politiker. Diese Typen mögen Kameras.“
„Das wage ich zu bezweifeln. Sie kannten damals keine Videokameras.“
„Verschwinde, du Nichtsnutz!“

4. Masterplan
„Leo, was schlägst du vor, worüber könnte man einen Film drehen?“
„Vietnam?“ sagte Leonardo sanft.
„Nein, Copywright liegt bei Oliver Stone, das können wir vergessen. Golfkrieg ist zu langweilig, was gibt’s denn noch? Wurde die Reformation schon mal verfilmt?“
„Ja, jetzt im Moment. Spike Lee dreht eine Version der Geschichte nur mit Schwarzen. Wie stehst du zu Columbus?“
„Ridley Scott regt sich schon drüber auf, wenn ich bei der Oscarverleihung das gleiche Klopapier wie er benutze. Wenn ich nun auch noch seine erfundene Geschichte klaue, dreht er total durch.“
„He Michael, ich habe eine gute Idee. Wie wäre es mit dem zweiten Weltkrieg?“
„Cool, ja, kannst du einen deutschen Soldaten spielen?“
„Ich weiß nicht, das ist sehr schwer, aber ich kann’s versuchen.“ Er atmete tief ein und aus. Mit der offenen Hand kämmte er seine Haare zurück und schaute mit einem starren Blick nach vorne.
„Grandios. Ich habe schon eine wunderbare Idee. Du spielst einen deutschen Soldaten, der sich gegen Hitler stellt. Mit Hilfe der guten, amerikanischen Soldaten, gelingt es dir, das Böse auszuschalten. Doch am letzten Tag des Krieges, wo du in die USA gebracht werden sollst, trifft dich das Schwert eines japanischen Samuraikämpfers, der als Koch bei den Deutschen angestellt war. Mit deinem letzten Wunsch gibst du deinem besten Freund, entweder ein Nigger oder ein Jude, ein Telegramm weiter, indem du um die amerikanische Staatsbürgerschaft bittest. Sie wird dir während deiner Beerdigung zugesprochen und du wirst zum Helden einer ganzen Nation und zum Vorbild aller Deutschen. Na, wie klingt das?“
„Oh Michael“, schwärmte Leonardo. „Wie schaffst du es nur, immer wieder so unterschiedliche Geschichten zu erfinden, ich könnte das nie. Du bist ein Meister. Und dabei immer so nah an den wahren Begebenheiten zu bleiben, das würde nicht jeder schaffen, du bist einmalig.“
„Gut, dann sollten wir uns aber dringend beeilen. Ach übrigens, wo liegt Deutschland eigentlich?“ fragte Michael.
„Keine Ahnung, irgendwo bei Paris, oder?“

 

Es wir of nicht klar mit wem der R. spricht.
Solltest du dir vielleicht mal anschaun!

:cool:

 

Ganz gute Geschichte! Der Anfang kam mir ein bißchen holprig vor, aber dann flutscht's durch die kräftigen Dialoge ganz gut... Ein paar mal hab ich schmunzeln müssen und den Schluß finde ich auch ziemlich gut.
Sagte doch einst Markus Kafka auf MTV: "20% der Amerikaner wissen nicht, wo ihr eigenes Land liegt." - hehehe... :D

Also Daumen hoch! Die Story ist cool!

Grizze
stephy

 

Schmunzeln musste ich zwar nicht, aber die Geschichte ist dennoch gut. Irgendwie hat mich die Art wie Leo die verschiedenen Charaktere spielt an den Film Zoolander erinnert. Der greift auch ein bisschen in deine Thematik ein. Musst du umbedingt mal gucken.

Gruß, Drumsmasher

 

HAllo
Ich finde du hast eine recht nette Geschichte geschrieben und die Spannung war zum grösstenteil immer Präsens.

Systemtechniiker :D

 

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