Hallo SonnigeWolken,
herzlich willkommen bei uns Wortkriegern!
Dein Einständchen lässt mich etwas gespalten zurück. Ich habe den Eindruck, dass du dich sehr darum bemüht hast, sorgfältig die Worte zu wählen und ihr eine tiefe Bedeutung zu geben, aber an manchen Stellen gehen die Pferde mit dir durch.
Zunächst noch zu dem von dir gewählten tag "Philosophisches". Ich halte es für eine schlichte Alltageschichte, die weder ihren Schwerpunkt in der Philosophie hat, noch unter "Sonstiges" gepostet werden müsste. Aber dies sind nur Kleinigkeiten, die über die Qualität der Geschichte an sich ja nichts aussagen, sondern nur dem Leser eine kleine Hilfe geben sollen, was ihn erwartet.
Bei der Wahl deines Titels bin ich allerdings schon deutlich mehr der Ansicht, dass er unbedingt etwas mit der Geschichte selbst zu tun haben sollte und sehr sorgfältig gewählt sein sollte. Ein guter Titel soll dem Leser nicht nur eine kleine Info darüber geben, was ihn erwartet, sondern auch einen Sog haben, die Geschichte unbedingt lesen zu wollen.
Dein Titel ist eher abtörnend. Leider, denn welcher Leser möchte dringend etwas über Hoffnungslosigkeit lesen? Eigentlich niemand. Man möchte lesen, wie jemand aus einer solchen Situation herausfindet, sie meistert, sich und andere rettet, aber niemand ist daran interessiert, einfach nur darüber zu lesen, wie es jemandem schlecht geht. Ich will dich jetzt nicht demotivieren, sondern darauf verweisen, dass dein Titel eigentlich so klingt, dass ich ihn normalerweise nicht angeklickt hätte, wäre ich nicht hier bei den Wortkriegern und wüsste ich nicht, dass trotz eines lahmen Titels sich oft genug eine gute Geschichte dahinter verbergen kann.
Dein Schreibstil, so hatte ich es schon oben erwähnt, ist auf gutem Wege. An manchen Stellen könntest du konkreter werden. Hier z.B.:
Der Duft des Sommers liegt in der Luft
was für ein Duft ist das? Wonach riecht es?
Oder hier:
Die Worte "schön", "wunderschön", "gut", "hübsch" etc. sagen eigentlich nichts aus. Was macht einen Tag schön? Was ist wunderschön?
Ist es der strahlendblaue Himmel, diese schon am Vormittag trockene Wärme, die einen garantiert warmen Sonnentag verheißt, ist es diese Verlässlichkeit, ist es das sanfte Rauschen der Blätter, das an einem Sonnentag nur gerade so viel kühle Brise rüberweht, dass man nicht friert, aber trotzdem leicht abgekühlt wird, ist es also diese Harmonie zwischen Wärme und Wind? Ist es das feine diamantblitzige leicht gekräuselte Wasser eines See, der wenn der Wind nicht darüber streift, dunkel und einladend kühl daliegt? Du siehst, es gibt unendlich viele Beschreibungsmöglichkeiten für die recht allgemeine Aussage: Der Tag war wunderschön.
Dann beschreibst du diesen Schmerz, was dir ganz gut gelingt. Ich gehe konform mit meinen Vorkritikern, die genau wie ich, gerne über den Grund dieses Schmerzes wissen möchten. Was ist passiert, dass es deiner Figur in der Geschichte so peinvoll ergeht? Was ist es für eine Person. Ich erfahre noch nicht einmal ob männlich oder weiblich. Woher kommt dieser Schmerz?
So gut du den Schmerz an sich beschreibst, so sehr übertreibst du es aber in puncto Unlogik. Ich vermute, dass dir deine Aussagen zum Schmerz zu gering erschienen und du deswegen den "Schatten" hinzu genommen hast. Das führt dann aber zu merkwürdigen Bildern, die du sicherlich nicht so erzeugen wolltest.
Der Schmerz ist in dem Protagonisten drin, aber nun ...
Aber der Schmerz brodelt unaufhörlich; jetzt kann ich ihn schon als schwarzen Schatten am Rande meines Blickfelds vorbeihuschen sehen. [/ QUOTE]
wird er zum Schatten. Das wäre noch irgendwie akzeptabel, wenn man deinem Gedankengang folgt und akzeptiert, dass der Schmerz aus dem Körper des Protagonisten herausgeschlüpft ist und nun als Schatten fortbesteht. Aber offensichtlich ist das so nicht, denn du schreibst:
Ein bitterer Geschmack füllt meinen Mund und ich öffne die Augen. Kein schwarzer Schatten zu sehen.
Der bittere Geschmack ist der Schmerz, scheinbar ist er also noch im Körper dieser Figur. Und da der Schatten nicht zu sehen ist, hat sie sich geirrt. So interpretiere ich das.
Aber ich frage mich, was du damit aussagen willst. Auf mich wirkt das etwas konfus und nimmt damit dem Text die Bedeutung. Dabei geht es dir wohl um den Kontrast zwischen dem psychischen Zustand deines Protagonisten und dem unverschämt gesunden Gutwettertag, nicht wahr?
Die nachfolgende Szene, in welcher deine Figur meint zu fallen, hat mir dagegen wesentlich besser gefallen, weil sie einfach szenisch viel runder wirkt. Die Beschreibung der Grashalme, ihr Wogen und der vermeintliche Fall sind darstellerisch gelungen und zeigen auch keine Brüche.
Trotzdem gibt es einen Bruch zwischen dem ersten und diesem Teil. Die brodelnde Masse im Körper des Protagonisten im ersten Teil, scheint im zweiten Teil beim Fall ins Gras verschwunden zu sein. Das ist eine Entwicklung, die ich nicht recht nachvollziehbar finde, weil beide Zustände so wenig Zusammenhang haben. Das einzige, was sie verbindet, ist offensichtlich der Zustand des Ich-Erzählers.
Eine runde Geschichte hat einen Spannungsbogen, erzählt also eine Entwicklung vom Anfang bis zum Ende. Deine Geschichte enthält zwar eine gewisse Entwicklung, wirkt aber insgesamt noch recht schwach erzählerisch ausgeprägt. Ich bin mir sicher, dass du, wenn du mutiger erzählen magst, deutlich mehr mitzuteilen hättest. Vielleicht sogar schon in dieser Geschichte.
So wie sie jetzt dasteht, wirkt sie sehr nach einer Momentaufnahme.
Ich wünsche dir mehr Mut beim Schreiben.
Lieben Gruß
lakita