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Hoelle (eine KG.de Insidergeschichte)
Liebe SF-KGler,
in den dunkelsten Archivspeichern von KG.de mögen sich ferne Spuren unseres Wirkens verborgen halten.
Wir alle, ehe wir noch zu Lebzeiten als die Komischen Sechs (oder Kosmischen?) in die Literaturgeschichte eingingen, taten unsere ersten, mehr oder weniger unbeholfenen Schritte auf dem Parkett der Wortdrechselei auf diesen Seiten.
Mein Name ist Proproxilator, sicher kennt ihr meine SF-Klassiker „Vom Sexus des Nexus“, „Quantenquinten“ und „Wenn Amöben singen könnten“.
Ich lokalisiere gegenwärtig und wohl auch letztendlich in der Hölle und sende Euch verdammte Grüße.
Es lässt sich hier leidlich aushalten, mit der Zeit wird man abgebrüht und stört sich nicht am Pestilenzhauch.
In meinen Kessel hat die Vorsehung mir die anderen Fünf beigegeben.
Habe ich schon erwähnt, dass die hier separate Abteile für SF-Schriftsteller eingerichtet haben? Nicht gerade luxuriös, aber sehr futuristisch. Unser Kessel beispielsweise wird mit einem Kernfusionsbrenner angeheizt, der so schlecht funktioniert, wie die Story, in der er zum ersten Mal aufgetaucht ist.
Es kann einen wahrhaft belustigen, für welche simplen Vergehen man in diese spezielle Hölle kommen kann.
Megabjörne sitzt für seine ellenlangen Fehlerlisten. Gott hatte wohl die Befürchtung, seine Bekanntmachungen korrigiert zu bekommen; zumal MB durchblicken ließ, dass auch Bibel, Koran und Thora vor Fehlern nur so wimmeln würden.
UPost wurde seine Vegetarierei zum Verhängnis. Irgendwie kam in der Beurteilung seines irdischen Wandelns die Ablehnung von Fleisch in die religiöse Rubrik. Fleisch vom Fleische – wenn er doch wenigstens unmäßiger Rotweintrinker gewesen wäre.
Naut büßt für die elendigen freundlichen Kritiken, obwohl er sich seiner Schönschreiberei bewusst war. Tja, „Du sollst nicht falsch Zeugnis reden“ hat Oben leider so eine Art Verfassungsrang.
LemsErbe wurde wegen Namensanmaßung hier herversetzt und als er, auf meinen Rat hin Widerspruch einlegte (die Rechtsbehelfsbelehrung war fehlerhaft), wurde ihm inoffiziell gesteckt, dass ALLE Österreicher in der Hölle landen. Aber als Konzessionsentscheidung musste er nicht in den Kessel mit den Schweizer SF-Schriftstellern.
Ich selbst habe mir meinen heißen Platz durch Ideenschluderei und Faulheit beim Korrigieren meiner Texte verdient, nicht zuletzt deshalb, weil ich aus niederem Gelüst Jungautoren in Grund und Boden kritisierte. Bei meinen Einwand, dass die auch grottenschlecht waren, wurde mir bedeutet, dass dies auch für mich gelte und man nicht ins eigene Nest stuhle. Ich habe diese Banausen umständehalber zum G[zensiert] gewünscht.
Dante ist ein Sonderfall und der Beweis für die schlampige Führung der Akten. Er ist hier aufgrund einer Namensverwechslung gelandet und sollte ursprünglich in die siebente Hölle. Dann in den Himmel (was einen von uns, trotz erloschenen Kernfusionsbrenners zur Weißglut brachte) aber irgendwie hatte er sich schon so an uns, in natura, gewöhnt, dass er erst einmal im Kessel blieb.
Das hier außerdem fast alle SF-Größen, wie Baxter, de Guin, Bradbury, Asimov, Clarke (den hat sein G[zensiert]anschleimen dann doch nichts geholfen) oder Heinlein vertreten sind, macht das hier sein für mich manchmal fast zur Hölle. Die nerven furchtbar, bleiben aber meist, G[zensiert] sei Dank, unter sich.
Lem ist/war/wird sein/wie auch immer im H[zensiert], Capek absolviert sein letztes Jahrtausend im Fegefeuer und Ph. K. Dick ist verschwunden. Gerüchteweise sucht ihn sogar G[zensiert]. Was nicht einer gewissen Ironie entbehren würde, denn sein halbes Leben lang hat Dick ja G[zensiert] gesucht.
Die Kesselhockerei ist ziemlich öde, bis auf die Spezialstrafe, die jeder von uns, außer Dante natürlich, eine Stunde am Tag erdulden muss.
MBs Los ist, mAn, das Härteste. Er hat sämtliche Werke der SF auf Kommafehler gegenzulesen und wäre sicher damit längst durch, wenn ich nicht zu Lebzeiten gut 80 Bücher und mehrere tausend Kurzgeschichten geschrieben hätte.
Allerdings ist unser alter Streit entschieden. Er war immer der Ansicht, mit meinen Kommafehlern könnte man eine Linie von der Erde bis zum Ende der Galaxis auslegen. Ich tippte eher bis zum Andromedanebel. Ein UnterGruppenTeufel war so freundlich und hat das für uns überprüft. Er war eine Ewigkeit fort und so weit reichten, wie er uns versicherte, auch die Kommata.
UPost hat ein tägliches Pensum an zu verzehrendem Fleisch aufgebrummt bekommen – da aber in der Küchenmeisterei überwiegend Angestellte aus der sozialistischen Hölle werkeln, beschränkt sich das Angebot auf Spinnen, Raupen und außerirdische Arachnoide. Den Geschmack hat er ja, wenn auch bisher eher theoretisch, durchgekaut.
LEs Strafe freut mich klammheimlich. Sämtliche Werke der SF hat er in alle Mundarten und Dialekte des deutschen Sprachraumes zu übersetzen. Ich habe mich, mit dem Hinweis auf eine starke Asimovallergie, geweigert, ihm bei der berlinerischen Version zu helfen.
Er arbeitet oft mit Naut zusammen, der ein wahrhaft satanisches Oozermodul eingesetzt bekommen hat. Infolge dessen ist es ihm eine Qual den ganzen SF-Müll zu lesen. Doch er muss nicht nur dies, sondern für jedes Werk eine hymnische Rezension (nicht unter 1.000 Seiten, times new roman, Schriftgröße 2) schreiben, während er mit jeder Faser seines Körpers unter dem schmierigen, dummen Geschreibsel leidet und sich nach Kafka seht.
Ich bin gut weggekommen. Ursprünglich war ich von allen von mir kritisierten Jungautoren auszupeitschen (und voller Sorge erinnerte ich mich daran, dass dies eine SEHR große Anzahl war), insbesondere von Jenen, die sich selbst des Lebens beraubt hatten.
Als erfahrener Verwaltungsfachmann gelang es mir rechtzeitig meinen Kessel- und Geißelsachbearbeiter davon zu überzeugen, dass ich kein Sadist war, wie es meine Kritiken nahe legten, sondern ein Masochist. Als Nachweis hier führ legte ich die Beurteilung meiner Storys durch UPost bei, ebenso die Löschungsverfügung eines harmlosen Geschichtchens über Forumsmitglieder. Fortan durfte ich peitschen.
Ansonsten ist die Langeweile unerträglich, vor allem seit der Brenner kaputt ist und uns keine Flammenqualen vom eintönigen Rumsitzen ablenken. Anfangs haben wir uns noch Ewigkeiten (hier quasi das Quant der Zeit) über SF unterhalten, aber auf die Dauer wurde auch das öde.
Durch Interventionen eines Rainer (müsste ich mich erinnern?) bekommen wir zwar ab und an die h[zensiert] Elysischen Beobachter (im Vergleich mit der hier erscheinenden, uns von Hagen (von Tronje?, mein Gedächtnis!) zugespielte Röstpost ziemlich linksgerichtet), aber da oben passiert ja auch nichts Aufregendes (wer interessiert sich hier schon für die nicht enden wollenden Lobpreisungskongresse zur h[zensiert] Frohlockungsflügelei des allmächtigen Herrn G[zensiert]es)?
Nur die letzte Nummer war witzig und ich konnte prahlen, denn ich hatte es ja prophezeit [zensieren? ./. Nein. Propheterie ist hier kontextual zu verstehendes Wort. Memo Topheles; teuflischer Oberzensor].
Stanislaw Lem war mit G[zensiert] aneinander geraten.
Erst warf er G[zensiert] vor, dass dieser ihm nicht die Existenz des H[zensiert] beweisen könne und schwor Stein und Bein, sich in einer phantomatischen (virtuellen) Simulation zu befinden.
Anschließend beleidigte er G[zensiert] aufs Schwerste mit der Behauptung, wer alles wisse, wäre unfähig frei zu handeln, wäre also Sklave [er hat gesagt: kastrierter Sack, was insofern lustig ist, als G[selbstzensiert] kein Geschlecht hat, Das Zensorium] seines Allwissens.
Ergo: Allwissenheit schaffe Allohnmacht, nicht wie postuliert Allmacht.
G[zensiert] machte wenigstens einen Punkt, als er die wahre Natur der Unschärfe preisgab, verlor allerdings den Punkt wieder, als Lem auf die Konsequenz für G[zensiert] als unikate Größe hinwies (auch das habe ich vorausgesehen und bereits in meiner, in Kürze vor Urzeiten hier zu lesenden Story „Auferstehung des Laplaschen Dämons“ aufgeschrieben).
Als Lem aber über die, seiner Meinung nach dürftige Antwort nach der Ursache G[zensiert]es lästerte (G[zensiert] hatte lapidar erklärt, sich selbst erschaffen zu haben und Lem nannte ihn eine virtuelle Bringschuld an das Nichts – vgl. Ijon Tichys „achtzehnte Reise“ aus seinen Sternentagebüchern) eskalierte die Situation und Lem wurde als „Gefallener E[zensiert] auf Bewährung“ auf eine noch paradiesische Welt verbannt.
Leider muss ich an dieser Stelle abbrechen, denn unser Oberboss hat sich angekündigt und will uns seine neueste Story vorlesen. Ich MUSS sagen, er hat Talent.
Sofern ich mich nicht mehr melden dürfen sollte, wünsche ich eine einfallsreiche Feder und einen stabilen Server.
In diesem Sinne auf Wiedersehen
Euer Proxi
Nachtrag:
Die Sondererlaubnis für die Ausfertigung und Einstellung dieses Briefes kommt vom Chef persönlich. Ohne zu viel zu verraten: Erwägt die Kritik aller mit Dei-Bel gekennzeichneten Storys sehr sorgfältig.
PS: Das Gelungenste an meinem Brief ist sicherlich, dass MB ihn nicht in die kommafleckigen Finger bekommt.