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Hochzeit der Zikaden

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19.05.2015
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Anmerkungen zum Text

2024 schlüpften im Osten der Vereinigten Staaten die beiden Populationen gleichzeitig, was zuletzt unter Präsident Jefferson passiert ist.

Hochzeit der Zikaden

Die Sonne verteilt zaghaft späten Frühling über dem Park. Spaziergänger flanieren: eine Knochengestalt, die sich über den Rollator beugt, den Kopf schüttelt, ein Pärchen, das einander an den Händen hält, während die Hüften sich beim Wiegen ihrer Schritte berühren. Auf der Bank unter der Esche sitzt niemand. Das Laub des letzten Jahres bedeckt den Boden. Ich schaue zum Himmel, betrachte Wolkenformationen, die zu Dämonen und Fantasiegestalten werden, um dann zu vergehen, lasse Erinnerungen mit ihnen schweben, nahe und ferne, als ich ein Knistern wahrnehme.

Ich schaue genauer hin und sehe Blätter, die von einer unsichtbaren Kraft angehoben werden. Das Rascheln nimmt zu und ich versuche zu erkennen, welche Wesen aus der Erde hervorkriechen. Wenige Zentimeter neben meinen Beinen entdecke ich ein Insekt. Es hat leuchtend rote Knopfaugen, krabbelt vorwärts, ruckelt, wackelt, bewegt die orangenen Flügel, als wolle es probieren, ob es wirklich fliegen könnte, breitet sie schließlich aus und hebt senkrecht nach oben ab, bis ich es aus dem Blick verliere.

Andere klettern den Stamm des Baumes empor, eins balanciert auf den Holzverstrebungen der Bank und segelt davon. Ich spüre den Impuls aufzustehen, als eines auf meinem Knie landet und unentwegt weiter den Oberschenkel entlang liefe, würde ich es nicht mit der Hand wegwischen. Die Facettenaugen scheinen zu leuchten, die Maske zu grinsen. Ich bleibe sitzen, um das Schauspiel zu erleben. Hunderte, tausende Insekten kommen zum Vorschein, fliegen zum Himmel, erklettern Bäume. Ein ganz eigentümlicher Gesang setzt ein, ein Kreischen und Schreien, lauter und lauter dringt es in die Ohren, lässt keine weiteren Gedanken zu, füllt mich vollständig aus.

Erst als mich gleich mehrere Insekten mit einem Baum verwechseln, Gänsehaut auf den Armen einsetzt, das Zirpen mehr und mehr anschwillt, sich zu einem einzigen Schrei vereinigt und obendrein eins der sonderbaren Wesen den Weg unter mein Hemd schafft, schrecke ich auf, schüttle mich und eile weg von dem Ort des seltsamen Ereignisses. Nach und nach wird der Gesang leiser und verstummt schließlich ganz oder mischt sich mit dem Rauschen der Stadt. Erst als ich den Ausgang des Parks erreicht habe, bleibe ich kurz stehen, um zu überlegen, wo ich das Auto abgestellt habe. Der Himmel leuchtet in einem hellen Blau. Die Wolken sind ganz verschwunden.

Auf dem Heimweg geht mir das schöne Wesen nicht mehr aus dem Kopf. Wenngleich alle Lebewesen bei genauerer Betrachtung schön sind, selbst der Mensch.Wieder zu Hause suche ich nach dem Insekt, dem ich begegnet bin, sende Fragen in den Äther und werde schnell fündig: Singzikaden, über dem großen Meer beheimatet. Ihr Leben erwacht im Abstand der Zahlen, mit denen Menschen Nachrichten verschlüsseln, Primzahlen, 13 oder 17, je nach Population. Sie durchbrechen pünktlich nach all den Jahren die Erde und feiern ein kurzes Leben, im Grunde nur, um sich zu paaren, die Existenz der eigenen Art zu sichern, millionenfach an einem einzigen Tag. Sie haben keine Feinde.

Wer könnte sich darauf einstellen? Welche Kraft hat die Wesen mit den roten Stielaugen und den durchsichtigen orangenen Flügeln über den Ozean getragen? So rückt die Welt zusammen und Gewissheiten verschieben sich ins Nirgendwo. Wie weit wird sich der Gesang der Zikaden ausbreiten? Es gibt keine Zufälle, das Leben findet Wege. Zikaden schlüpfen nach einem festgelegten Zeitpunkt, sobald eine bestimmte Temperatur erreicht ist. Ein ewiger Zyklus, basierend auf der Klugheit der Natur, einer geheimen Macht, der wir Menschen nichts entgegenzusetzen vermögen. Sobald die Zeit gekommen ist, fliegen die Zikaden, feiern Hochzeit, paaren sich und sterben.

Zeit aus der Erstarrung zu erwachen, den Stillstand zu beenden, sage ich mir. Und dem Gesang der Zikaden folgen.

 
Zuletzt bearbeitet:

Unter Seltsam und Sonstiges darf man ja allerlei erwarten. Was zunächst recht eigenartig, beinahe schon etwas gruselig daherkommt, wandelt sich zu irdisch, bis sachlich, und endet mit einer Wendung, die sich bei genauem Hinschauen durchaus andeutet.

Hallo @Isegrims!

Gelungener Text, wie ich finde, der eine Menge mit wenigen Zeilen erzählt!

Anbei ein paar Anmerkungen:

Spaziergänger flanieren: eine Knochengestalt, die sich über den Rollator beugt, den Kopf schüttelt, ein Pärchen, das einander an den Händen hält, während die Hüften der beiden sich beim Wiegen ihrer Schritte berühren.
während die Hüften sich beim Wiegen ihrer Schritte berühren.
der beiden dürfte mMn weg, fände ich schöner.

Ich schaue zum Himmel, betrachte Wolkenformationen, die zu Dämonen und Fantasiegestalten werden, um dann zu vergehen, lasse Erinnerungen mit ihnen schweben, nahe und ferne, als ich ein Knistern wahrnehme.
Hier eine erste unaufdringliche Andeutung. Nicht der Holzhammer, gefällt mir!

Ich schaue genauer hin und sehe Blätter, die von irgendeiner Kraft angehoben werden. Das Rascheln nimmt zu und ich versuche zu erkennen, welche Wesen aus der Erde hervorkriechen.
Zunächst ist von irgendeiner Kraft dei Rede und dann gleich die Wesen. Das ging mir zu schnell, da hörte ich den Autor durch, der ja weiß, was kommt.

Wenige Zentimeter neben den Beinen entdecke ich ein Insekt.
Stimme zu, wann immer möglich, gilt es, meinen usw. zu vermeiden. Hier fände ich meinen Beinen dennoch stimmiger, da ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht ganz bei deinem Prota war.

Ich spüre den Impuls aufzustehen, als eines auf meinem Knie landet und unentwegt weiter die Oberschenkel entlang liefe, würde ich es nicht mit der Hand wegwischen.
Nicht eher den Oberschenkel? Beide zugleich wäre zwar möglich (im Zickzackkurs oder dazwischen), steht das da jedoch nicht, klingt es in meinen Ohren seltsam. (Passt zwar zur Zuordnung:D, jedoch nicht zum Text)

Hunderte, tausende Insekten kommen zum Vorschein, fliegen zum Himmel, erklettern Bäume.
Hier würde ich die Reihenfolge ändern: Hunderte, tausende Insekten kommen zum Vorschein, erklettern Bäume, fliegen zum Himmel.
Scheint mir in der Abfolge stimmiger.

Ein ganz eigentümlicher Gesang setzt ein, ein Kreischen und Schreien, lauter und lauter dringt es in die Ohren, läßt keine weiteren Gedanken zu, füllt mich vollständig aus.
Höre den Friedel schon rufen: Rettet das Ausrufezeichen! Fände ich hier ebenfalls gerechtfertigt.

Erst als mich gleich mehrere Insekten mit einem Baum verwechseln, Gänsehaut auf den Armen einsetzt, das Zirpen mehr und mehr anschwillt, sich zu einem einzigen Schrei vereinigt, stehe ich auf und entferne mich von dem Ort des seltsamen Ereignisses.
So, wie sich der Satz zu einem Schrei auftürmt und steigert, finde ich das schlichte Aufstehen und sich entfernen etwas dünn. Es muss nicht gleich aufgesprungen und davongestürmt werden, aber ein wenig mehr dürfte es mEn doch sein.

Lange gehe ich die Wege entlang, bis der Gesang leiser wird und schließlich verstummt. .
Punk Punkt am Ende

Wieder zu Hause suche ich nach dem Insekt, dem ich begegnet bin, durchforsche Webseiten und werde schnell fündig: Singzikaden, die üblicherweise in Nordamerika vorkommen, je nach Verbreitung im Süden oder Norden 13 oder 17 Jahre brauchen, bis sie den Boden durchbrechen und ihr kurzes Leben feiern.
Dürfte jedem klar sein, dass jetzt nicht plötzlich ein anderes gemeint ist.

Ein perfekter Plan, in den Genen angelegt, die Klugheit der Natur.
Auch hier wäre ein ! nicht unangebracht.

Wie es die Tiere mit den durchsichtigen orangenen Flügel, den roten Stielaugen nach Europa geschafft haben, kann ich nicht klären, wahrscheinlich Begleiterscheinung einer Welt, die zusammenrückt, in der Gewissheiten sich ins Nirgendwo verschieben.
Hier fehlt ein Wort. Vielleicht: sich ins Nirgendwo zu verschieben.

Aber das spielt keine Rolle, denn ich hatte sie mit allen Sinnen wahrgenommen. Ich finde Dokus, erkenne den Gesang.
Wozu dient der zweite Satz? Ich meine: Der erste ist ein kleiner Gipfel, eine Erkenntnis! Und dann kommen die Dokus daher, auf die im Verlauf nicht weiter eingegangen wird. Könnte/sollte mMn weg.

Ich lese weiter. Zikaden schlüpfen im Frühjahr bei mindestens 18 Grad, nachdem sie mehr als eine Dekade in der Erde versteckt, Larvenstadien durchlaufen haben. Dann fliegen sie, feiern Hochzeit, paaren sich und sterben.
Das ist mir dann doch zu nahe am Sachbuch. Vielleicht gelingt es dir, das anders zu verpacken, das Ende anders einzuleiten. Falls es die Information fürs Finale überhaupt braucht.

Zeit aus der Erstarrung zu erwachen, den Stillstand zu beenden, sage ich mir. Und dem Gesang der Zikaden folgen.
Sehr gelungenes Ende! Hier schließt sich der Kreis zum Titel, dachte ich: Der Ruf der Zikaden. Nur steht das da gar nicht. Wäre vielleicht eine Überlegung wert ...

Gruß,
Sammis

 

Hallo Isegrim,

mir gefallen die präzisen Schilderungen zu Beginn, der Twist am Ende ebenso. Aber die Passage mit der Recherche ist für mich ein Stilbruch, der wirklich Fahrt aus der Geschichte nimmt und wie ein unspirierter Blogeintrag oder ein Eintrag bei Wikipedia wirkt. Für mich ein klarer Fremdkörper. Es entschleunigt mMn sehr und zerstört die Atmosphäre. Das könnte man auch eleganter lösen. Wie gesagt, der Rest ist schlüssig und imponiert mir.

VG
Jizzle

 

Hallo @Isegrims

Was neues von Dir, da bin ich natürlich gespannt :-) Ich finde, deine Schreibe besitzt eine Menge Wiedererkennungswert, hier zum Beispiel der Einstiegssatz, das ist so ein Satz, der typisch für Dich ist, oder? Also will sagen, ich glaube, nicht viele andere Autorinnen oder Autoren würden den so schreiben. Gefällt mir, finde ich ausdrucksstark. Anonsten muss ich aber bei dem vorliegenden Text hier sagen, habe ich ihn eher wie die Beschreibung eines Naturschauspiels gelesen, weniger wie eine Kurzgeschichte. Hierbei handelt es sich meiner Meinung nach hauptsächlich um Beobachtungen des Protagonisten, es gibt wenig bis fast keine Handlung. Für mich sind eigentlich in dem Sinne auch die Zikaden die Protagonisten, der Erzähler rückt die Insekten in den Fokus, er selbst bleibt soweit im Hintergrund, es ist 'lediglich' die Sprache (die ich gelungen finde, schöne Formulierungen und Schilderungen, es fliesst gut) die mich ihn wahrnehmen lässt. Also ist das auch keine wirkliche Kritik am Text von mir, es ist einfach mein Leseeindruck. Etwas habe ich aber schon zu bemängeln, nämlich diese Abschnitte:

Wieder zu Hause suche ich nach dem Insekt, dem ich begegnet bin, durchforsche Webseiten und werde schnell fündig: Singzikaden, die üblicherweise in Nordamerika vorkommen, je nach Verbreitung im Süden oder Norden 13 oder 17 Jahre brauchen, bis sie den Boden durchbrechen und ihr kurzes Leben feiern. Ein perfekter Plan, in den Genen angelegt, die Klugheit der Natur. Zikaden schlüpfen im Abstand von Primzahlen-Jahren, schlüpfen millionenfach an einem einzigen Tag. Kein Fressfeind kann sich darauf einstellen.
Wie es die Tiere mit den durchsichtigen orangenen Flügel, den roten Stielaugen nach Europa geschafft haben, kann ich nicht klären, wahrscheinlich Begleiterscheinung einer Welt, die zusammenrückt, in der Gewissheiten sich ins Nirgendwo verschieben. Aber das spielt keine Rolle, denn ich hatte sie mit allen Sinnen wahrgenommen. Ich finde Dokus, erkenne den Gesang.
Es war kein Zufall, dass die Zikaden ausgerechnet in diesem Jahr geschlüpft waren, auch wenn sie vor vielen Jahren eingewandert, sich hier im Park eingegraben und verpuppt haben müssen. Ich lese weiter. Zikaden schlüpfen im Frühjahr bei mindestens 18 Grad, nachdem sie mehr als eine Dekade in der Erde versteckt, Larvenstadien durchlaufen haben. Dann fliegen sie, feiern Hochzeit, paaren sich und sterben.
Da schliesse ich mich @Jizzle an, auch ich nahm die Passagen als Fremdkörper wahr, 80 oder 90% davon sind reiner Infodump, oder? Es liest sich teilweise fast wie ein etwas aufgepeppter Wikipedia-Artikel. Ich finde die Infos durchaus interessant, wusste das alles nicht, aber ich denke, in einem literarischen Text, in einer Kurzgeschichte, hat das nicht unbedingt etwas verloren. Vielleicht kannst Du das eindampfen (und es wäre dann Flash Fiction?) oder die Infos irgendwie anders unterbringen (stelle ich mir aber schwer vor, daraus eine Handlung zu konstruieren).

Zeit aus der Erstarrung zu erwachen, den Stillstand zu beenden, sage ich mir. Und dem Gesang der Zikaden folgen.
Das Ende hingegen gefiel mir wiederum sehr gut. Die Beobachtung dieses Naturschauspiels hat etwas mit dem Erzähler/Protagonisten gemacht, die Zikaden sind erwacht, fliegen los, zu ihrem kurzen Leben, auf der Suche nach einem Partner, damit ihre Spezies weiterbesteht, und auch durch den Erzähler geht ein Ruck, er erwacht aus seiner Erstarrung, ja, beginnt vielleicht ein neues Leben, oder es ist zumindest der Anfang davon. Vielleicht kann man 'dem Gesang der Zikaden folgen' auch irgendwie metaphorisch ummünzen zu 'dem Ruf seines Herzens folgen', wer weiss :-)

Habe den Text insgesamt gerne gelesen.

Beste Grüsse,
d-m

 

Höre den Friedel schon rufen: Rettet das Ausrufezeichen! Fände ich hier ebenfalls gerechtfertigt.
@Sammis
& da isser schon, wenn auch nicht ganz so ... - denn kann es sein,

lieber @Isegrims ,

dass Du eine zumindest ähnliche Geschichte hier eingestellt hast?
Selber zu suchen bin ich bei der Temperatur hier zu träge ...

Aber schon

Die Sonne verteilt zaghaft späten Frühling über dem Park.
heißt mich zu stocken und Du wirst Dich zu Recht fragen, „warum“?

Es ist die Illusion oder der Glaube, es stünde der Sonne eine Fähigkeit zu, ihr Tun und Lassen gleich einem Lebewesen (etwa namens Baal [dem ältesten Namen, den ich für den „Sonnengott“, also „die“ Sonne kenne] und aus dem ägyptischen Pendant, mit dem der Moses-Mythos eng verbunden ist) zu gestalten und nicht nach den Naturgesetzen verrichten zu müssen, wie ja auch die irrwitzigen Sterbenden, die sich einfrieren lassen, um in fortgeschrittener Zeit wieder „aufgetaut“ zu werden, und nicht mal mehr selbst ihren Tod feststellen können … -
Aber ich schwofe ab …)

Aber schon hier lauert das nächste Wort, dass in seiner unverschuldeten Unbestimmtheit vielfach missbraucht wird

Ich schaue genauer hin und sehe Blätter, die von irgendeiner Kraft angehoben werden.
also einer „nicht näher bestimmbarer“ Kraft
Es hat leuchtend rote Knopfaugen, ..., wackelt, bewegt die orangenen Flügel, als wolle es probieren, ob es wirklich fliegen könne, breitet sie schließlich aus und hebt senkrecht nach oben ab, bis ich es aus dem Blick verliere.
Dieses „als … ob“ schreit förmlich nach Konj. II „könnte“

Und dann ein kleiner, aber schmerzlicher Verstoß wider einer der wichtigsten, weil gelungenen Regeln der Rechtschreibreform

..., ein Kreischen und Schreien, lauter und lauter dringt es in die Ohren, läßt keine weiteren Gedanken zu, füllt mich vollständig aus.
lange, betonte Silbe „ß“ (zB. Fuß), kurze, unbetonte doppel-s (zb: Fluss).

Ohne Wort ... .

Lange gehe ich die Wege entlang, bis der Gesang leiser wird und schließlich verstummt. .

Wie es die Tiere mit den durchsichtigen orangenen Flügel, den roten Stielaugen nach Europa geschafft haben, kann ich nicht klären, wahrscheinlich Begleiterscheinung einer Welt, die zusammenrückt, in der Gewissheiten sich ins Nirgendwo verschieben.
Richtig –
Du weißt aber auch, wie der Biber die Meere überqueren konnte, ohne selbst zu schwimmen?

Durch Überseehandel und in der Globalisierung haben wir letztens noch einen kleinen, schmerzlichen Hauch der Vernetzung gespürt und die nächste Welle rollt bereits.
Ein Robinson würde bei seiner Rückkehr vorziehen, ob mit „Donnerstag“ oder „Freitag“ auf einer Insel zu bleiben ...

und damit schönen Gruß vonne Ruhr annen Main vom

Dante Friedchen

 

Dankeschön @sammi war sehr hilfreich, dein Kommentar.
Mittlerweile habe ich bisschen war geändert, besonders die Info-Passagen, was auch die anderen (denen ich etwas später am Tag, wollte eigentlich morgen schreiben :D) antworte.

Gelungener Text, wie ich finde, der eine Menge mit wenigen Zeilen erzählt!
Ich experimentiere gerade mit kleinen Texten, Passagen, die ich aus einem Romaprojekt extrahiere.
Zunächst ist von irgendeiner Kraft dei Rede und dann gleich die Wesen. Das ging mir zu schnell, da hörte ich den Autor durch, der ja weiß, was kommt.
mm, kann ich nicht ganz nachvollziehen: die Blätter bewegen sich und aus ihnen kriechen die Zikaden hervor und fangen an zu fliegen oder erklettern Bäume, um dann zu fliegen.

Hier würde ich die Reihenfolge ändern: Hunderte, tausende Insekten kommen zum Vorschein, erklettern Bäume, fliegen zum Himmel.
Scheint mir in der Abfolge stimmiger.
siehe oben: passiert ja gleichzeitig und nicht jede Zikade verhält sich gleich.
Höre den Friedel schon rufen: Rettet das Ausrufezeichen! Fände ich hier ebenfalls gerechtfertigt.
ach, der liebe Friedel!
So, wie sich der Satz zu einem Schrei auftürmt und steigert, finde ich das schlichte Aufstehen und sich entfernen etwas dünn. Es muss nicht gleich aufgesprungen und davongestürmt werden, aber ein wenig mehr dürfte es mEn doch sein.
ja, das ist berechtigt, da werde ich mir noch was einfallen lassen, um mehr Dynamik zu schildern.
Sehr gelungenes Ende! Hier schließt sich der Kreis zum Titel, dachte ich: Der Ruf der Zikaden. Nur steht das da gar nicht. Wäre vielleicht eine Überlegung wert ...
Es gibt ein Gedicht von Rilke: Archaischer Torso Apolls. Beschrieben wird im Grunde nur ein perfekter männlicher Oberkörper, die Kraft, die von ihm ausgeht. Der letzte Vers lautet dann: Du muss dein Leben ändern.

"Ruf" wäre sicher auch gut, aber da muss ich an "Ruf der Wildnis" denken und schrecke noch etwas zurück.

Freut mich, dass der Text was bewirkt, habe hier eine Weile nichts veröffentlicht

Viele Grüße und noch mal danke!
Isegrims

 

Hallo @Isegrims ,

ein interessanter, kurzer Text.

Ich schaue zum Himmel, betrachte Wolkenformationen, die zu Dämonen und Fantasiegestalten werden, um dann zu vergehen, lasse Erinnerungen mit ihnen schweben, nahe und ferne, als ich ein Knistern wahrnehme.
Hier schon die Ambivalenz, die sich durch deinen Text zieht: Wolken, die an Dämonen (gruselig-gefährlich, sich direkt aus dem Unbewussten hervorarbeitend) und an andere Fantasiegestalten (eher positiv, freie Gedanken) denken lassen. Dem Knistern würde ich einen eigenen Satz gönnen.
Blätter, die von irgendeiner Kraft angehoben werden.
Das erzeugt Spannung und ist geheimnisvoll. Doch das Wort 'irgendeiner' finde ich dafür zu belanglos. Unsichtbaren, unbekannten oder geheimnisvollen Kraft vielleicht?
ich versuche zu erkennen, welche Wesen aus der Erde hervorkriechen.
Mir fehlt eine Überleitung von Geheimnis zum Lebewesen. 'Ich versuche zu erkennen, was passiert' oder so. Und dann erst die erste Auflösung: Krabbelwesen.
Ein ganz eigentümlicher Gesang setzt ein, ein Kreischen und Schreien, lauter und lauter dringt es in die Ohren, läßt keine weiteren Gedanken zu, füllt mich vollständig aus.
Wieso klingt hier wieder so Negatives an? Zikaden - wenn sie auch enorm laut sein können - mit Kreischen und Schreien zu assoziieren, ich weiß nicht.
, das Zirpen mehr und mehr anschwillt, sich zu einem einzigen Schrei vereinigt,
Und dann, das Zirpen (verbindet man mit angenehmen Tönen) ist wieder ein Schrei (bei dem man an Gefahr, Leid, Konflikte denkt).
Zeit aus der Erstarrung zu erwachen, den Stillstand zu beenden, sage ich mir. Und dem Gesang der Zikaden folgen.
Das ganze Erlebnis ist ja eher negativ oder zumindest ambivalent beschrieben, die Zikanden schreien, werden vom Bein gewischt etc. Und nun ist es plötzlich ein Gesang, dem man folgen sollte? Um für mich ganz stimmig zu sein, müssten die Beschreibungen zuvor anders formuliert werden.
Trotz meiner Mäkeleien: Ich habe den Text sehr gerne gelesen und er hat mich zum Nachdenken darüber gebracht, was für kleine 'Nebenauswirkungen' die Globalisierung so mit sich bringt.

Viele Grüße Eva

 

Hej @Jizzle

danke für deine Anmerkungen, da merkt man mal, wie wertvoll der Blick von außen ist.

mir gefallen die präzisen Schilderungen zu Beginn, der Twist am Ende ebenso.
:Pfeif:
Aber die Passage mit der Recherche ist für mich ein Stilbruch, der wirklich Fahrt aus der Geschichte nimmt und wie ein unspirierter Blogeintrag oder ein Eintrag bei Wikipedia wirkt. Für mich ein klarer Fremdkörper.
Ich habe mittlerweile einiges verändert und versucht, den journalistischen Stil rauszunehmen und den Text insgesamt organischer zu gestalten. Nicht zuletzt dein Kommentar hat den Anstoss gegeben.

Viele Grüße sendet und einen guten Start Ins Wochenende wünscht
Isegrims

 

Hej @deserted-monkey

vielen Dank für deinen Besuch und den wohlmeinenden Kommentar :thumbsup:

Was neues von Dir, da bin ich natürlich gespannt :-) Ich finde, deine Schreibe besitzt eine Menge Wiedererkennungswert, hier zum Beispiel der Einstiegssatz, das ist so ein Satz, der typisch für Dich ist, oder? Also will sagen, ich glaube, nicht viele andere Autorinnen oder Autoren würden den so schreiben. Gefällt mir, finde ich ausdrucksstark.
Im Lauf der Zeit, trial and error, entwickelt man einen eigenen Stil, was vielleicht auch deshalb wichtig ist, damit man sich selbst wiedererkennt.

Hierbei handelt es sich meiner Meinung nach hauptsächlich um Beobachtungen des Protagonisten, es gibt wenig bis fast keine Handlung. Für mich sind eigentlich in dem Sinne auch die Zikaden die Protagonisten, der Erzähler rückt die Insekten in den Fokus, er selbst bleibt soweit im Hintergrund, es ist 'lediglich' die Sprache (die ich gelungen finde, schöne Formulierungen und Schilderungen, es fliesst gut) die mich ihn wahrnehmen lässt.
Die Idee dahinter war es, eine Geschichte allein aus der Beobachtung der Natur heraus zu schreiben und was bewusstes Erleben mit einem macht. Ich suche auch nach einem guten Weg die Natur in den Fokus zu nehmen, ohne blödsinnige Tierperspektiven beispielsweise zu verwenden.

Da schliesse ich mich @Jizzle an, auch ich nahm die Passagen als Fremdkörper wahr, 80 oder 90% davon sind reiner Infodump, oder? Es liest sich teilweise fast wie ein etwas aufgepeppter Wikipedia-Artikel.

An den Stellen habe ich einiges verändert. Die Informationen insgesamt finde ich nach wie vor wichtig für die Geschichte, gerade weil viele Leserinnen eben nichts oder wenig über die Zikaden wissen. Sollte mittlerweile etwas organischer klingen.

Das Ende hingegen gefiel mir wiederum sehr gut. Die Beobachtung dieses Naturschauspiels hat etwas mit dem Erzähler/Protagonisten gemacht, die Zikaden sind erwacht, fliegen los, zu ihrem kurzen Leben, auf der Suche nach einem Partner, damit ihre Spezies weiterbesteht, und auch durch den Erzähler geht ein Ruck, er erwacht aus seiner Erstarrung, ja, beginnt vielleicht ein neues Leben, oder es ist zumindest der Anfang davon.
siehe oben: auf diesen Effekt kam es mir an: der Erzähler geht verändert aus der Beobachtung hervor.

Viele Grüße und auf bald
Isegrims

 

Hallo @Isegrims

Deine Geschichte ist in einem angenehm zu lesenden Stil verfasst, wie ich finde, der gut zum Inhalt passt. Durch eine außergewöhnliche Naturbeobachtung, die lebendig beschrieben ist, wird der Erzähler aus seiner Erstarrung gerissen. Allerdings ist diese Wandlung für mich nicht ganz nachvollziehbar.
Zweifellos bietet das Ende eine schöne Wendung, aber ich sehe nicht so richtig, dass der Erzähler vorher erstarrt ist. Seine Situation vor der Naturbeobachtung müsste meiner Meinung nach mehr verdeutlicht werden. Dann würde die Veränderung auch eindrücklicher sein.

Wenngleich alle Lebewesen bei genauerer Betrachtung schön sind
außer Schnecken ;)
Sie haben keine Feinde.
Die Elfer Population ist bereits ausgestorben. Und wenn Sporen bestimmter Pilze in ihren Körper gelangen, wird’s richtig gruselig. Die Zikaden verwandeln sich in Zombies, die von den Pilzen gesteuert werden. Sie verlieren ihren Unterleib, der durch einen mit Sporen gefüllten Sack ersetzt wird, und entwickeln einen enormen Paarungstrieb. Sie gehen sowohl auf männliche als auch weibliche Zikaden los und verbreiten so die Sporen weiter.

Die Natur findet immer einen Weg, auch gegen scheinbar perfekt angepasste Lebewesen.

Grüße
Sturek

 

Lieber Friedel,

freut mich sehr von dir zu lesen! (So viel zu den Ausrufezeichen :D )

dass Du eine zumindest ähnliche Geschichte hier eingestellt hast?
Ja, stimmt schon, allerdings nicht hier, sondern als Teil des Romanprojekts, an dem ich nun wieder vermehrt arbeite.

Es ist die Illusion oder der Glaube, es stünde der Sonne eine Fähigkeit zu, ihr Tun und Lassen gleich einem Lebewesen (etwa namens Baal [dem ältesten Namen, den ich für den „Sonnengott“, also „die“ Sonne kenne] und aus dem ägyptischen Pendant, mit dem der Moses-Mythos eng verbunden ist) zu gestalten und nicht nach den Naturgesetzen verrichten zu müssen,
Tja, rein wissenschaftlich betrachtet mag es auf den ersten Blick stimmen, dass die Sonne keinen eigenen Willen hat, aber ist es nicht vielmehr die Vermessenheit des Menschen, der eigenen Gattung den göttlichen freien Willen als Privileg zuzusprechen?
Außerdem finde ich, dass Personifikationen geeignete Stilmittel sind.

also einer „nicht näher bestimmbarer“ Kraft
wer weiß schon, was aus der Erde kriecht?

Dieses „als … ob“ schreit förmlich nach Konj. II „könnte“
ähm, okay, ich falle immer wieder rein.

Du weißt aber auch, wie der Biber die Meere überqueren konnte, ohne selbst zu schwimmen? Durch Überseehandel und in der Globalisierung haben wir letztens noch einen kleinen, schmerzlichen Hauch der Vernetzung gespürt und die nächste Welle rollt bereits.
Bemerkenswerte Tiere, die ich kürzlich eigenäugig in natürlicher Umgebung beobachten konnte.
Schätze, dass sich in den verbliebenen hiesigen Sümpfen bald auch Alligatoren ansiedeln werden.

Vielen Dank, lieber @Friedrichard!
Herzlichste Grüße in die Rheinauen
Isegrims

 

Liebe @Eva Luise Groh
schön, dass du mir ein paar deiner Gedanken da lässt. Ich finde es interessant, wie unterschiedlich Texte gelesen werden können.

Hier schon die Ambivalenz, die sich durch deinen Text zieht: Wolken, die an Dämonen (gruselig-gefährlich, sich direkt aus dem Unbewussten hervorarbeitend) und an andere Fantasiegestalten (eher positiv, freie Gedanken) denken lassen. Dem Knistern würde ich einen eigenen Satz gönnen.
So finde ich beispielsweise Wolken überhaupt nicht sonderlich bedrohlich, wenngleich möglicherweiseDämonen sich darin verstecken.
Mm, bisher fließt der Satz für mein Empfinden, einschließlich des Knisterns. Aber sicher, wenn ich die Erscheinung betonen will, müsste ich einen neuen Satz verwenden, dadurch eine Pause zur Betonung erzeugen. Muss ich drüber nachdenken.

Wieso klingt hier wieder so Negatives an? Zikaden - wenn sie auch enorm laut sein können - mit Kreischen und Schreien zu assoziieren, ich weiß nicht.
Zikaden sind in der Masse ohrenbetäubend laut.

Das ganze Erlebnis ist ja eher negativ oder zumindest ambivalent beschrieben, die Zikanden schreien, werden vom Bein gewischt etc. Und nun ist es plötzlich ein Gesang, dem man folgen sollte? Um für mich ganz stimmig zu sein, müssten die Beschreibungen zuvor anders formuliert werden.
Die Kraft der Natur wird augenscheinlich, ob man das gleich als negativ auffassen darf?
Trotz meiner Mäkeleien: Ich habe den Text sehr gerne gelesen und er hat mich zum Nachdenken darüber gebracht, was für kleine 'Nebenauswirkungen' die Globalisierung so mit sich bringt.
Dankeschön :Pfeif:

Viele Grüße sendet und einen gekühlten Tropenabend wünscht
Isegrims

 

Hej @Sturek

danke dir für deine Zeit und die Gedanken zu dem Text!

Deine Geschichte ist in einem angenehm zu lesenden Stil verfasst, wie ich finde, der gut zum Inhalt passt.
:Pfeif:
Zweifellos bietet das Ende eine schöne Wendung, aber ich sehe nicht so richtig, dass der Erzähler vorher erstarrt ist. Seine Situation vor der Naturbeobachtung müsste meiner Meinung nach mehr verdeutlicht werden. Dann würde die Veränderung auch eindrücklicher sein.
Das ist sicher ein Punkt, vielleicht würden Andeutungen helfen, die das Schicksal oder die Lebenssituation des Erzählers beleuchten, aber ist es nicht so, dass allein die Beobachtung eines ungewöhnlichen Naturphänomens etwas auslösen kann, unabhängig von allem anderen bedarf es nur eines offenen Geistes.

Die Elfer Population ist bereits ausgestorben. Und wenn Sporen bestimmter Pilze in ihren Körper gelangen, wird’s richtig gruselig. Die Zikaden verwandeln sich in Zombies, die von den Pilzen gesteuert werden. Sie verlieren ihren Unterleib, der durch einen mit Sporen gefüllten Sack ersetzt wird, und entwickeln einen enormen Paarungstrieb.
Interessant, da öffnen sich ja Möglichkeiten zu weiteren Geschichten! :D:thumbsup:
Die Natur findet immer einen Weg, auch gegen scheinbar perfekt angepasste Lebewesen.
selbst gegen den Menschen

Viele Grüße
Isegrims

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi @Isegrims,

nachdem ich die letzten Tage mal wieder ein paar Kommentare ins Leere hab schallen lassen, will ich mich hier sichtbar über deinen immer noch halbwegs neuen Text freuen. Ich hab den schon länger im Visier, mir aber noch ein bisschen aufgehoben.

Gefällt mir an sich ganz gut. Es ist in jedem Fall sofort einleuchtend, dass das Ereignis zu einer Darstellung taugt. Vermutlich hätte es mich noch mehr eingefangen, wenn ich nicht im Zuge dessen, dass aktuell ein Primzahlenkombijahr ist, schon anderweitig davon mitbekommen hätte. Umgekehrt hieße dass, die Geschichte würde in den nächsten Jahren an Überasschungsmoment zugewinnen, was ja prinzipiell eine vorteilhafte Prognose wäre :) Ich konnte aber die einmalige Atmosphäre trotzdem nacherleben.

Wie andere habe ich nun allerdings auch gewisse Schwierigkeiten, mit dem Text als einer eigenständigen Geschichte so richtig, richtig zufrieden zu sein. Eine Möglichkeit wäre sicher, wie du selbst sagst, die Erstarrung des Portagonisten deutlicher zu zeigen, was im Romanprojekt sicherlich von selbst mit dazugehört. Du sagst aber auch, die Geschichte müsste eigentlich ohne das funktionieren, und ich tendiere dazu, zuzustimmen. Dann bleibt aber - villeicht wichtiger -, dass mich die Zikaden als Symbol für Veränderung oder Aufbruch nicht richtig überzeugen. Das dürfte mit dem "festgelegten Zeitpunkt" des Schlüpfens zusammenhängen, der die Situation nicht wie einen echten Aufbruch in die Freiheit erscheinen lässt, und auch damit, dass sie außer sich zu paaren nicht mehr viel im Sinn haben, was auch das wenig frei erscheint. Der Gesang der Zikaden führt - anders als der Ruf des Adlers oder so - nirgendwo hin.

Demgenüber hatte ich den Eindruck, dass sich das hier:

Auf dem Heimweg geht mir das schöne Wesen nicht mehr aus dem Kopf. Wenngleich alle Lebewesen bei genauerer Betrachtung schön sind, selbst der Mensch.
-- als neuer Gedanke anbieten würde. Gewissermaßen ein Alternativangebot, was die zentrale Veränderung des Protagonisten ausmachen könnte. Also, hier klingt es natürlich nicht wie ein neuer Gedanke, aber du könntest es zu einem machen. Das wäre dann eine Botschaft, die ich näher am Ereignis sehe. Auf der anderen Seite taugt dieser Gedanke allein für sich noch wenig als Kernbotschaft, das wäre irgendwie kitschig, und es folgt auch wenig daraus, schon gar keine Handlungsanweisung. Es könnte aber natürlich wiederum so ausgestaltet werden, dass daraus etwas folgt, d.h. der Gedanke könnte aus irgendeinem Grund für den Protagonist wichtig sein (und so gezeigt werden).
Nun gut, dasist eine mehr oder weniger freie Assoziation, du wirst den Text in seiner Ausrichtung sicherlich nicht so weitgehend umbauen wollen, aber es ist halt ein Eindruck, den du vielleicht trotzdem irgendwo verarbeiten kannst.

Die Eingangsszene fand ich sehr anschaulich, da kann ich gut mitgehen.
Ein Detail find ich nicht ganz rund:

Ich schaue zum Himmel, betrachte Wolkenformationen, die zu Dämonen und Fantasiegestalten werden,
-- Die Formationen werden zu Dämonen - das ist asymmetrisch. Wolken werden zu Dämonen wäre symmetrisch (das Ding selbst wird zu einem anderen Ding, statt wie jetzt: die Form wird zu einem anderen Ding) und vor allem direkter. Fänd ich besser. Die Fantasiegestalten würden so einen Eingriff überleben, denke ich, denn "Gestalt" kann ja entweder die Form oder das Ding selbst bezeichnen.

Im folgenden Absatz ist mir die Beobachtung der Beobachtung eher etwas zu viel:

Ich schaue genauer hin und sehe Blätter, die von einer unsichtbaren Kraft angehoben werden. Das Rascheln nimmt zu und ich versuche zu erkennen, welche Wesen aus der Erde hervorkriechen. Wenige Zentimeter neben meinen Beinen entdecke ich ein Insekt. Es hat leuchtend rote Knopfaugen, krabbelt vorwärts, ruckelt, wackelt, bewegt die orangenen Flügel, als wolle es probieren, ob es wirklich fliegen könnte, breitet sie schließlich aus und hebt senkrecht nach oben ab, bis ich es aus dem Blick verliere.
Natürlich hat das auch einen Effekt: Du zeigst jemanden, der nicht einfach beobachtet, sondern der sich selbst dabei beobachtet, wie er beobachtet. Kann schon auch was für sich haben ...

In demselben Abschnitt gefällt mir aber vor allem "welche Wesen" irgendwie nicht. Bis dahin ist unklar was passiert, ich weiß noch nicht, dass da überhaupt Wesen hinter der Kraft stecken. "Was das für Wesen sind, die jetzt aus der Erde hervorkriechen" käme mir schon entgegen. Aber auch "was da aus der Erde kriecht" oder etwas anderes Unbestimmtes könnte mir ganz gut gefallen. Oder auch einen Zwischenschritt würde ich nicht ungern mitmachen, nämlich wie sich zum ersten Mal zeigt, dass da etwas hervorkriecht, dann erst die Frage, was.

Gegen Ende kommt eine Frage --

Wer könnte sich darauf einstellen?
-- die mich nicht wirklich stört, die ich aber auch nicht ganz verstehe. Wieso darauf einstellen? Das klingt so, als müsste man sich wappnen. Aber muss man?
Entsprechend:
einer geheimen Macht, der wir Menschen nichts entgegenzusetzen vermögen.
-- ja, warum sollten wir denn auch? Wäre ja schade um das Spektakel.

In diesem Sinn finde ich die übergreifende Meditation am Ende als Idee schon nachvollziehbar und auch nicht schlecht, aber noch nicht voll ausgereift.

Besten Gruß
erdbeerschorsch

 

Leider habe ich gerade wenig Zeit, mich in der Tiefe mit dem Text zu beschäftigen... real life und eine Reise... deshalb nur kurz:

Тhis is great! Thank you!
Vielen Dank, liebe @Gulya
Ich weiß, dass du den Text genau gelesen hast, aber eben in einer englischen bzw russischen Übersetzung und da du sehr wenig deutsch sprichst, nicht genauere Anmerkungen machen kannst, umso mehr freue ich mich, dass du dir die Geschichte gefällt.

Hej @erdbeerschorsch
Danke für deine sehr willkommenen Anmerkungen. Motiviert mich auf jeden Fall, den Text noch mal zu überarbeiten, werde dazu aber erst nächste Woche kommen. Dann mehr!

Gefällt mir an sich ganz gut. Es ist in jedem Fall sofort einleuchtend, dass das Ereignis zu einer Darstellung taugt. Vermutlich hätte es mich noch mehr eingefangen, wenn ich nicht im Zuge dessen, dass aktuell ein Primzahlenkombijahr ist, schon anderweitig davon mitbekommen hätte. Umgekehrt hieße dass, die Geschichte würde in den nächsten Jahren an Überasschungsmoment zugewinnen, was ja prinzipiell eine vorteilhafte Prognose wäre :) Ich konnte aber die einmalige Atmosphäre trotzdem nacherleben.
darf gerne eine Weile liegen bleiben, gibt ja genug, was passiert und Gefahr läuft, in Vergessenheit zu geraten.

Dann bleibt aber - villeicht wichtiger -, dass mich die Zikaden als Symbol für Veränderung oder Aufbruch nicht richtig überzeugen. Das dürfte mit dem "festgelegten Zeitpunkt" des Schlüpfens zusammenhängen, der die Situation nicht wie einen echten Aufbruch in die Freiheit erscheinen lässt, und auch damit, dass sie außer sich zu paaren nicht mehr viel im Sinn haben, was auch das wenig frei erscheint. Der Gesang der Zikaden führt - anders als der Ruf des Adlers oder so - nirgendwo hin.
Es gibt ein Gedicht von Goethe, das die besondere Freiheit der Zikaden beschreib:

An die Zikade​

[349] Nach dem Anakreon

Selig bist du, liebe Kleine,
Die du auf der Bäume Zweigen,
Von geringem Trank begeistert,
Singend, wie ein König lebest!
Dir gehöret eigen alles,
Was du auf den Feldern siehest,
Alles, was die Stunden bringen;
Lebest unter Ackersleuten,
Ihre Freundin, unbeschädigt,
Du den Sterblichen Verehrte,
Süßen Frühlings süßer Bote!
Ja, dich lieben alle Musen,
Phöbus selber muß dich lieben,
Gaben dir die Silberstimme,
Dich ergreifet nie das Alter,
Weise, Zarte, Dichterfreundin,
Ohne Fleisch und Blut Geborne,
Leidenlose Erdentochter,
Fast den Göttern zu vergleichen

Viele Grüße sendet und sonnige Restsommertage wünscht
Isegrims

 

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