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Hobins Abenteuer - 1. Hobin und der Histoman (eine Chemiemanausschlachtung)
Hobin und der Histoman
Das Fichtegymnasium. Nach außen hin eine ganz normale Schule: Gelangweilte Schüler, desinteressierte Lehrer, ein mürrischer Hausmeister, überteuertes Pausenessen, eine ganz normale Schule eben.
Ganz normal? Wohl kaum, wenn man bedenkt, dass eben dieses Fichtegymnasium das geheime Hauptquartier des größten aller Superhelden ist: Die Rede ist vom CHEMIEMAN!
Aber um ihn geht es nicht. Nein, denn auch sein Gehilfe, HOBIN, hat von sich Reden gemacht.
(Musik von Indiana Jones ertönt, man sieht Hobin auf seinem roten Motorrad durchs Bild fahren)
Helfer des Meisters der Moleküle, Helfer des Beherrschers der Ionen, Helfer des Bezwingers der Van – der – Waals – Kräfte, Helfer des Zerstörers der Wasserstoffbrücken und ganz nebenbei auch Chemiereferendar, was ihm eine nützliche Tarnung ist. Wer würde schon einen Chemiereferendar hinter dem Helfer des Chemiemans vermuten? Die perfekte Tarnung eben.
Tagsüber ist Herr Hofbaum ein Chemiereferendar wie du und ich. Aber nachts wird er zu Hobin, dem Helfer des Chemiemans.
Als Hauptwaffe dient ihm sein treuer Wassereimer, denn für einen Feuerlöscher hat er noch keine Lizenz.
Abgerundet wird seine Erscheinung durch seine Edgar-Davids-Brille. Außerdem hatte er in seiner Jugend die Möglichkeit, Hanf zu rauchen, da es in seiner Nähe angepflanzt wurde, aber er hat es nie getan.
Es ist nachts. Hobin fährt auf seinem roten Motorrad im Schulhof herum und freut sich darüber, denn niemand kann es ihm verbieten. Und natürlich ist er auch schadenfroh, denn Schülern ist es nicht gestattet mit Fahr- oder Motorrädern im Hof herumzufahren.
Doch da passiert es: Ihm geht das Benzin aus! De-de-deee! (<-dramatische Musik)
Wutentbrannt rennt er hoch in den dritten Stock des Hintergebäudes, präziser ins Chemiepraktikum.
„Da habt ihr euch mit dem Falschen angelegt!“, murmelt er vor sich hin, die Tatsache übersehend, dass sich ein Ausrufezeichen schlecht murmeln lässt.
Und so wird denn auch jemand auf ihn aufmerksam: Kein Geringerer als der neueste Superschurke, den der Markt zu bieten hat.
„Was, ich dachte, der Chemieman wäre durch das Selbstmordattentat des Germanen ausgelöscht worden?“, fragt sich besagter Bösewicht. „Moment!“, hält er sich selbst an, genauer hinzuhören. „Aha. Das ist nicht der Chemieman! Bestenfalls eine drittklassige Imitation! Nun, dieser Sache muss ich auf den Grund gehen. Nicht auszudenken, wenn ich etwas in meinen Büchern falsch vermerkt hätte.“
Und so löst sich ein Schatten aus der Wand des Vordergebäudes und bewegt sich langsam auf das Hintergebäude zu. Langsam. Sehr langsam. Aber nicht zu langsam. Gerade langsam genug.
Hobin indessen stellt lustig sein Benzin her, im Chemiepraktikum.
Und jetzt rächt es sich, dass er Young Jay nie zugehört hat; nur diesem Umstand ist es zuzusprechen, dass sich der Schurke so nahe an ihn ranschleichen kann, bevor Hobin ihn bemerkt. Und wie er ihn bemerkt.
„Halt, wer da?“, fragt er in bester Chemiemanmanier und einer zusätzlichen schnellen 180-Grad-Drehung seinerseits.
Ein schauriges Lachen ertönt.
„Denkst du wirklich, ich werde mich jetzt mit der Frage aufhalten, warum die Helden immer fragen, wer da sei?“ Ein erneutes Lachen ertönt. „Falsch gedacht, du Möchtegernchemieman, du!“
Hobins Augen verengen sich, ja, man merkt deutlich, dass ihn diese Reden aufregen.
„Gedacht?“, presst er hervor, „Was unterstellst du mir da?“
Statt einer sachbezogenen Antwort, vernimmt Hobin Folgendes:
„Wilhelm der Eroberer – 1066; Club of Rome – 1968*; FDJ – 1946*!“
„Hä, was?“, fragt Hobin laut.
Aber davon lässt sich die Stimme keineswegs abhalten:
„Junge Pioniere – 1948*; Indikationslösung – 1975*; MfS –1950*; Bill of Rights – 1689*; Habeas-Corpus-Akte – 1679*!“
„Was zur Hölle ...?“, versucht Hobin wieder, den Chemieman zu imitieren (falls es Sie interessiert: Er macht es nur drittklassig)
Hobin will gerade zu einem Gegenschlag ansetzen, als –
„Aaaah!“ er Kopfschmerzen bekommt, aber was für welche! Nicht diese hundsgewöhnlichen Kopfschmerzen, die man vielleicht nach einem Schlag auf den Kopf mit einer Eisenstange bekommt. Nein, nein, das hier sind echte Kopfschmerzen, von denen Hobin noch seinen Enkeln erzählen wird (falls er diese Folge überlebt, da bin ich mir noch nicht so sicher (weil ich keine Ahnung hab, wie Hobin sich aus dieser Scheiße rauswinden soll); und falls er einmal eine Frau findet, die bereit ist, mit ihm Kinder zu zeugen, und dass diese überleben, und selbst jemanden finden, der wiederum bereit zum Zeugen ist und dass die Enkel solange überleben (natürlich immer vorausgesetzt, Hobin überlebt bis hierher), dass Hobin es ihnen erzählen kann).
So, wenn Sie den vorhergehenden Klammerausdruck verarbeitet haben, kann ich ja weitererzählen.
Hobin hat das Gefühl, sein Kopf würde wachsen, so stark sind die Schmerzen (und sie sind stark!).
Wieder ertönt das Lachen.
„Sieh dich mit der mächtigsten Macht konfrontiert! Ich werde deinen Kopf wachsen lassen, indem ich dein Gehirn mit Wissen fülle, solange, bis es keins mehr aufnehmen kann, und dann ... BUMM! Muahahahahaha!“
Hobin windet sich am Boden und hält sich die Ohren zu.
„Das bringt dir nichts! Nicht umsonst habe ich jahrelang alle Scheibenweltbücher auswendig gelernt!“ –
RHEINBUND – 1806 BIS 1813*; PAUPERISMUS – 1800 BIS 1850*; SEZESSIONSKRIEG – 1861 BIS 1865*!
Der Schuft hat sich die Eigenschaft von Tods Stimme zunutze gemacht: Sie spart sich den Umweg durch die Ohren und geht direkt ins Gehirn.
Hobin windet sich inzwischen nicht mehr nur, er ... krümmt sich am Boden!
Da durchzuckt ihn, zeitgleich mit dem Autor, ein Geistesblitz:
Siegesgewiss steht er auf, das Siegerlächeln auf den Lippen, wo denn auch sonst?
„Welcher Rheinbund?“, fragt Hobin.
„Wie bitte?“
„Du hast mich schon verstanden!“
„Ja und nein. Also, ich habe gehört, was du gesagt hast, aber ich habe es nicht verstanden.“
„Aha. Nun, damit meinte ich, welcher Rheinbund.“
Kurze Zeit ist es still.
„Vielen Dank, dass du es mir mit genau den gleichen Worten erklärst. Wirklich, sehr hilfreich!“
„Ich meinte damit, welcher Rheinbund 1806 bis 1813 war!“
„Hä? Der Rheinbund halt. Es gibt nur einen.“
„Oh-ho-ho! Oh-ho-ho!“, kann Hobin da nur lachen. „Wenn ich mal kurz das Geschichtsbuch der zwölften Klasse zitieren dürfte“, er räuspert sich:
„
Bla, bla, bla, und so weiter. Du siehst, ich habe dich mit deinen eigenen Waffen geschlagen!“Rheinbund
Gemeint ist der zweite Rheinbund von 1806-1813 ...
„Ich kann es nicht fassen ... es gibt etwas, was ich nicht wusste ... und dabei wurde ich in dieser Geschichte nicht mal namentlich erwähnt ...“
Und mit diesen Worten implodiert der Kopf des Bösewichts.
„Ah, verstehe“, fängt Hobin einen wissenschaftlichen Vortrag darüber an, warum die Köpfe seiner Gegner explodieren, sein eigener jedoch implodiert, den keiner hören will.
Lassen wir ihn nun mit seinem ersten alleine erkämpften Triumph allein und wenden uns wichtigeren Dingen zu.
Zum Beispiel, wer bezahlt mich eigentlich dafür, dass ich Ihnen diese Geschichte überhaupt erzähle? Wissen Sie, ein Erzähler ist schwerer zu finden, als man denkt. Und wenn ich mal ein paar Anmerkungen zu der Geschichte machen dürfte:
Unlogisch bis zum geht-nicht-mehr! Wieso sollte Hobin dieses enorm wichtige Detail wissen? Nun gut, er zitiert das Geschichtsbuch, aber woher hat er das so schnell? Bedenken Sie, er hält sich im Hintergebäude auf, präziser gesagt im Chemiepraktikum. Und da fliegt wahrlich kein Geschichtsbuch rum. Aber auf so was achtet natürlich keiner, naaaaain, da heißt es immer „schnell, schnell, weiter, erzähl“ und auf Logik wird überhaupt keinen Wert gelegt. Dabei habe ich das Skript eingehend studiert und ... na gut, ich habe es heute morgen im Bus überflogen, aber das ist ja auch nicht so wichtig jetzt ... Jedenfalls ist diese „Geschichte“ die reinste Ausschlachtung einer eher mehr als weniger guten Humorserie. Der arme Hobin. Er musste all diese Schmerzen ertragen, und wozu? Damit Sie Ihren Spaß haben. Auch, wenn Sie nicht lachen konnten. Das macht das Ganze ja noch schlimmer. Und wer darf sich Hobins Gejammer jetzt anhören? Sie ganz bestimmt nicht. Sie lesen diese Geschichte und lassen sich vielleicht sogar dazu herab, einen Kommentar zu hinterlassen, aber die wahren Hintergründe interessieren Sie gar nicht, Sie freuen sich nur darauf, jemanden zu verreißen!
Wie bitte?
Oh, ich höre gerade aus der Regie, dass ich aufhören soll, potentielle Fans zu vergraulen. Merkwürdigerweise scheint sie was gegen vergraulte Fans zu haben. Vielleicht liegt das daran, dass solche Fans keine oder wenn, dann nur schlechte Kritik hinterlassen und aus irgendeinem mir nicht nachzuvollziehenden Grund will die Regie das nicht.
Aber heutzutage ist ja sowieso nur noch alles darauf angelegt, den Leser zu verwöhnen, mit leicht verständlichen Sätzen, über die man im besten Falle auch mal lachen kann. Aber achtet jemand auf Logik? Natürlich nicht.
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*Der Autor musste diese Daten nachschlagen (nette Formulierung von: Er ist ein Vollidiot)