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Hinter den Spiegeln

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26.01.2011
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Hinter den Spiegeln

Anna lehnte sich zurück und schaute in die Sonne. Tief atmete sie die kalte Luft ein, konnte die frische Erde riechen und den Duft der Schneeglöckchen, die sich allmählich aus der Erde hervorwagten. Einen Moment lang gelang es Anna, nicht zu blinzeln.
„Nicht“, sagte Sam und legte ihr eine Hand auf die Schulter, „Das ist nicht gut für deine Augen. Das weißt du doch.“
Anna wandte den Blick vom Himmel ab und betrachtete ihren inzwischen erwachsenen Sohn, ohne dass das Lächeln von ihrem Gesicht wich. Und Sam erwiderte es. Wie er es immer tat.
Inzwischen konnte sie eigentlich kaum noch anders, als zu lächeln. vielleicht brauchte sie es, um den Menschen um sich herum zu zeigen, wie dankbar sie doch war für alles, was sie taten. Und vielleicht, um dahinter den Kummer zu verbergen, den niemand außer sie selbst kannte. Und wahrscheinlich brauchte es auch Sam, damit er es erwidern konnte, damit er so tun konnte, als wäre alles in Ordnung.
„Magst du was trinken?“, fragte Sam. „Wie wär’s mit Orangensaft?“
Sie nickte.
„Bin gleich wieder da.“
Außer ihr und Sam war keiner im Garten als der alte Mann, der wie immer auf der Bank am Teich saß. Die Tüte mit altem Brot hielt er eisern umklammert, als würde jemand sie ihm wegnehmen wollen. Misstrauisch beäugte er Anna, dann wandte er den Blick ab. Sie interessierte ihn nicht, niemand interessierte ihn. Er verbrachte nur jeden einzelnen Tag allein auf seiner Bank, auch im Winter, wenn es minus zehn Grad hatte und schneite. Er würde es so lange tun, bis er das Brot an die Enten verfüttert hatte. Doch hier gab es keine Enten, hier würde es nie welche geben, da der Teich zu klein war. Zu gern wäre Anna zu ihm gegangen und hätte es ihm gesagt.
„Hier.“ Sam hielt ihr das Glas hin.
Anna nickte und nahm einen Schluck, ohne ihn aus den Augen zu lassen. Neunzehn Jahre alt war er. Und er sah gut aus. Er würde bald heiraten, Elena hieß sie. Ein nettes Mädchen, er hatte sie schon mal mitgebracht.
Aber würde er sie selbst dann vergessen?
„Ich vergesse Dich nicht, Mama.“, flüsterte er und legte ihr beruhigend eine Hand auf den Schoß, als wäre sie eine alte, verwirrte Frau. Und auch wenn Anna noch nicht einmal fünfzig war, begann sie immer mehr, sich so zu fühlen.
Sie glaubte nicht an sein Versprechen. Vielleicht, weil sie ihm nicht glauben wollte, weil sie das alles hier insgeheim nicht wollte. Er würde nicht ewig da bleiben, nur um mit ihr auf der Terrasse des Heims zu sitzen, Orangensaft zu trinken und sie durch den kleinen Park spazieren zu fahren. Er würde gehen, und das war gut so. Er würde seine Vergangenheit zurücklassen, und damit auch sie. Er würde das schaffen, was sie niemals mehr schaffen würde - den Schmerz zurücklassen, die Sorgen, die schlaflosen Nächte.
„Ich muss gehen“, meinte Sam und stand langsam auf. Er hatte keine Ahnung, was diese Worte für Anna bedeuteten. Dass sie diese Worte herbeisehnte und zugleich mehr als alles andere fürchtete. „Soll ich dich reinbringen?“
Sie schüttelte den Kopf. Nein, nicht ins Zimmer. Noch nicht. Noch wollte sie hier bleiben.
„Ich gehe jetzt“, wiederholte er, als wäre sie nicht ganz richtig im Kopf.
Ja, geh., hätte Anna am liebsten gesagt. Geh und komm nicht zurück.
Doch sie nickte nur. Und lächelte.

„Kann ich Ihnen noch etwas bringen?“
Anna schüttelte den Kopf.
„Zur Not einfach klingeln.“
Anna nickte.
„Bis morgen.“ Damit schloss Frau Seifert die Tür.
Es war das gleiche wie jeden Abend. Das gleiche Frage-und-Antwort-Spielchen, das gleiche „Bis morgen!“. Fast hätte Anna in der Pflegerin eine Freundin gesehen, doch eine Freundin wäre für die Nacht dageblieben und nicht um Punkt acht Uhr gegangen.
Sie fuhr ihren Rollstuhl zum Spiegel, der vom Boden bis zur Decke ging. Sein Rahmen war rot mit silbernen Rosenblüten – wunderschön, wie sie fand.
Sam hatte ihn ihr zum Geburtstag geschenkt, kurz nachdem sie ins Heim gekommen war. Noch immer sah der Spiegel sehr neu aus und unagetastet, doch irgendetwas hatte sich verändert, das spürte Anna. Denn seit einiger Zeit ging von ihm etwas Magisches aus, eine gewisse Lebendigkeit, die sie anzog wie ein Magnet und sie nicht mehr losließ.
Seitdem sie diese Kraft spüren konnte, stellte sie sich immer wieder Fragen, die sie Nachts nicht mehr schlafen ließen. Was waren Spiegel? Waren es bloß Dinge, die sich eitle Frauen ins Zimmer hängten, um sich selbst zu bewundern? Zeigten sie einem wirklich nur die äußere Hülle, an die man gebunden war, oder waren sie mehr?
Konnten sie vielleicht ganz Neues zeigen, außerhalb von allem, was sie kannte?
Vor einer Woche hatte Anna den Spiegel extra von Sam abnehmen lassen, um einen Blick hinter dahinter zu werfen. Aber dort war nur eine strahlend weiße Wand gewesen, und fast hätte sie bei dem Anblick geweint. Sie wusste selbst nicht, was sie genau hatte vorfinden wollen, etwa ein großes Tor in eine andere Welt, das nur auf sie gewartet hatte.
Doch sie hatte sie gesehen, die andere Welt. Daran glaubte sie fest, oder besser: Sie versuchte, daran zu Glauben.
Anna streckte langsam den Arm aus, bis ihre Finger den Spiegel berührten und über die glatte Oberfläche strichen. Er war kalt. Leblos. Warum?
Ihr Blick wanderte durch den Raum und fiel auf die Fotos, die auf der schmalen, hölzernen Kommode aufgestellt waren – eines der wenigen persönliche Dinge, die sie offen für ihre Besucher preisgab. Sie nahm eines davon auf den Schoß und legte die Hände darum, um es zu betrachten.
James.
In England hatten sie sich kennengelernt, sie eine junge Touristin, er Kellner in einem Restaurant. Sein Lächeln und sein Akzent hatten sie fasziniert, und noch heute sah sie ihn klar vor sich, so, als wäre er hier. Die Hochzeit war in London gewesen, nach einiger Zeit waren sie dann nach Deutschland gegangen. Anna hatte zwei Kinder bekommen, und sie und James waren so glücklich gewesen wie nie zuvor.
Dann der Unfall.
Er war Schuld, das konnte sie nicht vergessen.
Er allein. Das Lenkrad verrissen.
Er hatte getrunken, das wusste sie.
Marisol.
Genauso wie du, Anna., hatten sie immer gesagt.
Und erst jetzt war ihr klar, wie Recht sie immer gehabt hatten.
Denn Marisol hatte nie gelogen.
Jedes Wort war die Wahrheit gewesen, jede Geschichte, jeder Name, jede Träne.
Und sie hatte ihr nicht glauben wollen, hatte es auf ihre Fantasie geschoben.
Hatte nicht verstanden, was Spiegel sein konnten.
Es tat ihr so Leid.
Sam.
Der letzte, der ihr geblieben war.
Es war unmöglich für ihn, sie zu ersetzen.
Doch er würde als einziger von ihnen allen weitergehen.
Und das war es, was ihr einen gewissen inneren Frieden schenkte.

Sie hatte begonnen zu weinen, aber sie wollte nicht weinen. Rasch stellte sie das Bild wieder an seinen alten Platz und wischte die Tränen ab, als würde jeden Moment eine Pflegerin hereinkommen. Aber es kam um diese Zeit keine Pflegerin.
Ein Klirren, und Anna zuckte erschrocken zusammen.
Als sie sich umdrehte, lag die Vase am Boden, zerbrochen. Die Sonnenblumen lagen am Boden, eine Pfütze auf den grauen Fliesen. So hatte alles angefangen, ganz genau so. Anna sah sich hektisch um. Jemand beobachtete sie, das spürte sie ganz deutlich. Aber da war niemand, der sie hätte beobachten können, zumindetst nicht sichtbar. Sie fuhr zum Spiegel und sah hinein. Da war etwas, jemand, der sie anstarrte. Doch Anna vermochte ihn nicht zu erkennen, sie sah nur sich selbst und das Zimmer um sie herum. Ihre Hände krallten sich zitternd am Rollstuhl fest, ihr Atem ging stoßweise und ihr Herz pochte so laut, dass sie den Wiederhall im ganzen Haus zu hören glaubte.
Da war sie - sie fühlte sie klar und deutlich, die Magie, die Anziehungskraft des Spiegels ihr gegenüber. Anna hörte eine Stimme vor sich, konnte aber nicht verstehen, was sie sagte.
"Wer ist da?", rief sie. "Wer ist da?!"
Sie wusste, wer da war. Sie wusste wieder, was Spiegel waren.
Und ganz plötzlich wurde es schwarz um sie herum.
Anna schrie, sie wollte kein Schwarz.
Irgendwann sah sie Licht.

„Warum konnte ich nicht zurück?“, fragte Anna leise. Ihre Stimme klang hell und schön wie der Wind an einem Frühlingstag, und sie genoss es, sich selbst hören zu dürfen.
„Du bist doch zurück“, erwiderte Myron. Nach einer Weile erklärte er: „Über manches entscheidet allein unser Herz. Und das hat es bei dir getan.“
Sie sagte nichts, ihr Alltagslächeln war verschwunden. Es war ersetzt worden durch etwas Lebendiges in ihr.
"Es war der Spiegel.", meinte sie überzeugt.
"Spiegel sind Wege, Anna, nichts weiter. Ob wir diese Wege betreten, entscheidet die Kraft, sie uns leitet und tief in uns verborgen liegt. Es war dein Herz, das sich für diesen Weg entschieden hat."
„Dann hat es sich für Marisol entschieden“, sagte Anna leise und erhob sich von dem Baumstamm, auf dem die beiden Rast gemacht hatten. „Bring mich zu meiner Tochter, bitte.“
Myron scharrte geduldig mit dem Vorderhuf im Sand. Er ließ sich Zeit mit der Antwort, aber das machte ihr nichts aus. Für nichts hätte sie mehr Zeit.
„Woher weißt du, dass sie hier war?“, wollte er schließlich wissen. Er stellte sich neben sie, gemeinsam blickten sie über das weite Land. Felder, Dörfer, Wälder.
„Sie hat es mir erzählt. Zum ersten Mal, da war sie sieben“, sagt Anna. In ihren Augen schimmerten Tränen und ihre Stimme wurde tonlos. „Ich habe ihr kein Wort geglaubt. Niemals. Ich habe sie nicht ein einziges Mal ernst genommen!“
Myrons Blick war beinahe spöttisch. „Du bist ein Mensch. Hättest du anders gehandelt, wärst du keiner.“
"Was soll das heißen?", fragte Anna energisch, aber Myron antwortete nicht, da er keinen Streit wollte. Sie verstand nun einmal nichts von der Unbedeutsamkeit von Zeit und Raum, von der Naivität der Menschen und dem, was Grenzenlosigkeit bedeutete. In ihrer Welt konnte das niemand verstehen, auch nicht die, die sich Gelehrte nannten. Sie war anders. Sie alle waren anders, die jenseits der Wege lebten, die die Spiegel preisgaben. Anders als er, anders als alles hier, und doch war gerade Anna dafür bestimmt, jetzt hier zu sein.
„Sie ist gegangen. Marisol hat uns verlassen, weil sie hier nicht bleiben wollte“, gab er schließlich zu und senkte den Kopf. „In die Welt der Toten kann ich Dich nicht bringen.“
Anna drehte sich zu ihm um. „Warum wollte sie nicht bleiben?“
„Weil sie hier nur eine unter vielen war. Weil sie hier nicht das Ende erreichen konnte. Weil sie sich selbst finden wollte, nicht ihre Träume. Sie wollte mehr.“
„Du hast Zugang zu dieser Welt, nicht wahr?“, fragte Anna.
Myron schüttelte den Kopf.
„Du hast sie hingebracht!“
Er sah sie an. Und von da an war es ein Gespräch ohne Worte.

Sie saß auf seinem Rücken, die Haare wehten in ihrem Gesicht und seine Hufe donnern über den harten Steinboden. Ein Adler zog über sie hinweg und warf einen riesigen Schatten, so als wollte er Unheil verkünden.
„Wohin bringst du mich?“ rief Anna.
Aber er antwortete nicht.
Es gab keine Zeit. Folglich konnte Anna nicht sagen, wie lange der Ritt gedauert hatte, aber irgendwann standen sie in der Höhle. Es war dunkel, nur die Fackel in Myrons Hand spendete fahles Licht.
„Was ist das?“, fragte sie und sah sich um.
„Der Ausgang.“ Seine tiefe Stimme hallte zwischen den Felsen wieder und wirkt beinahe bedrohlich. „Es gibt für Dich nur einen Ausgang.“
„Wohin führt der?“
„Dein Herz wird es entscheiden, wie es immer entschieden hat. Dich an diesen Punkt zu bringen, ist das letzte, was ich tun kann.“ Er blickte sie ernst an.
Sie zögerte, wagte es kaum, etwas zu sagen. „Letztes Mal bin ich von allein zurückgekehrt. Du musstest mich nicht hierher bringern.“
Er ignorierte ihren Einwand. „Ich verspreche dir, dass du Marisol finden wirst. Doch du wirst nicht mehr hier her zurückkehren können, vergiss es nicht."
„Warum nicht?“
Ein Blick, mehr nicht.
Dann nichts als leere Dunkelheit.

Die Stimmen neben ihr ließen Anna aufschrecken, doch ein Mann legte ihr beruhigend die Hand auf die Schulter und drückte sie zurück ins Kissen.
„Es ist alles okay.“
Sie war an einen Tropf angeschlossen, ein EKG meldete ihre Herztöne.
Und plötzlich verstand Anna, was Myron gemeint hatte. Marisol war da.
Mit jedem einzelnen Piepen vernahm sie erneut ihren Namen.

 

Hallo MoonShine!

Ich schreib mit mit während ich lese. :)

Lächelnd lehnte Anna sich zurück und schaute direkt in die Sonne, die vom strahlend blauen Himmel schien.

Der Satz ist mir zu überladen und ich finde ihn unsortiert. Sie lächelte, lehnt sich zurück und schaut, dazu scheint die Sonne und der Himmel ist strahlend blau.
Wenn sie lächelt und in die Sonne schaut, denk ich automatisch an schönes Wetter, der blaue Himmel kann also raus. Und beim Rest überleg dir, was wichtig ist und lasse Anna nur diese eine Sache tun (lächeln oder sich zurücklehnen oder schauen). Wenn es wichtig ist, dass sie mehr tut - dann nimm wenigstens eine der drei Verben raus. Außerdem: Wenn man in die Sonne schaut, ist damit alles gesagt - sie muss nicht direkt in die Sonne schauen.

Vielleicht: Anna lehnte sich zurück und lächelte in die Sonne.

Sie hatte bereits den letzten Schnee vertrieben und erlaubte nun den Schneeglöckchen, aus der Erde zu kommen.

Die Sonne erlaubt das nicht, das klingt außerdem sehr verspielt. Es ist ja eher der geschmolzene Schnee. Und man weiß am Satzanfang nicht, ob du mit "Sie" die Sonne meinst - oder Anna.

Vorschlag: Der letzte Schnee war geschmolzen und Schneeglöckchen trauten sich an die Oberfläche.

Einen Moment lang gelang es Anna, nicht zu blinzeln.

Das ist ein starker Satz, der drückt sehr viel über Anna aus. Ich denke, vielleicht ist ihr gerade langweilig, sie genießt die Sonne und die Wärme, ist selber froh, dass der Schnee endlich weg ist.

Inzwischen konnte sie eigentlich kaum noch anders, als zu lächeln – vielleicht brauchte sie es, um den Menschen um sich herum zu zeigen, wie dankbar sie doch war für alles, was sie taten.

Den Strich würde ich durch einen Punkt ersetzen.

damit er so tun konnte, als wäre alles in Ordnung.

Irrealis, weil: Es ist ja offensichtlich nicht alles in Ordnung. :)

Außer ihr und Sam war keiner im Garten außer der alte Mann, der auf der Bank am Teich saß und auf Enten wartete, um sie zu füttern.

Zweimal "außer". Und der Satz klingt zusammengestückelt.
Ein nettes Mädchen, er hatte sie schon mal mitgebracht. Aber würde er sie dann vergessen?

Der letzte Satz könnte klarer ausdrücken, dass Anna fürchtet, dass Sam sie vergessen könnte.
Vielleicht: Anna fürchtete, dass er dann nur noch selten kommen würde.

„Ich vergesse Dich nicht, Mama.“

Ich hab Anna automatisch jünger eingeschätzt. Okay.

Vielleicht, weil sie ihm nicht glauben wollte, weil sie das alles hier insgeheim nicht wollte.

Da wünsche ich mir was Konkretes - ein Bild.

Ja, geh., hätte Anna am liebsten gesagt.

Ohne Punkt und dafür evtl. kursiv.

Es war das Gleiche wie jeden Abend.

Sie fuhr ihren Rollstuhl zum Spiegel. Sam hatte ihn ihr geschenkt, zum zweiundvierzigsten Geburtstag.

Da ist der Bezug unklar.

Was war hinter Spiegeln? War es normal, was sie gesehen hatte?

Das geht mir zu schnell, erstens, und zweites bin ich kein Fan von zu vielen dieser Innenbetrachtungsfragereien. Was war los? War sie verrückt? Oder war alles normal? Das mein ich. Du muss dann schon auch Antworten auf die Fragen geben.
Zu schnell, weil: Bisher ist das eine Alltagsszene, und dann fragt sie sich, was hinter Spiegeln ist. Da möchte ich hingeführt werden, es ist ja ein sehr wichtiger Moment.

Aber es war nur eine strahlend weiße Wand gewesen, und fast hätte sie bei dem Anblick geweint.

Dein "es" da ist schwach. So etwas hast du oft, einen Verweis entweder auf den Satz vorher, oder ein "was", das ins Leere greift. War es normal, was sie gesehen hatte? (Was denn, verdammt!). Oder: Er hatte keine Ahnung, was diese Worte für sie bedeuteten. (Ja was denn, was denn?)

Vielleicht hältst du mich jetzt für bequem, und ich kann mir schon irgendwie was zusammenreimen, was diese Lücken füllt, aber dafür kenne ich die Personen noch nicht gut genug. So habe ich (noch) nicht das Gefühl, ich entdecke etwas in der Geschichte, sonder ich kleistere eine Lücke zu.

Gerne hätte sie es ihm erzählt, von ihren Erlebnissen, den Landschaften und ihren Freunden.

Wieder ein "es". Vorschlag: Gerne hätte sie ihm von ... erzählt, den Landschaften ...

Anna streckte langsam den Arm aus, bis ihre Finger den Spiegel berührten und über die glatte Oberfläche strichen. Es war kalt.

Sie war kalt. (Die Oberfläche.)

Es war in England gewesen, im Urlaub.

Wieder ein "Es". :) Aber was war da? Klar, es ist ihm etwas zugestoßen. Trotzdem, das "Es" hier stört mich schon alleine deshalb, weil es eines in einer Reihe von ganz vielen ist.

Das unsagbar Schöne

Naja, das lebt auch nicht wirklich. Ist es denn so unsagbar?

Er war schuld, das konnte sie nicht vergessen.

Genauso wie du, Anna., hatten sie immer gesagt.

Ohne Punkt.

Doch er würde als Einziger

So hatte es angefangen, genau so.

Was?

Sie verstand nichts von der Unbedeutsamkeit von Zeit und Raum, von der Naivität und dem, was Grenzenlosigkeit bedeutete. Sie war anders, anders als er, anders als alles hier, und doch war sie dafür bestimmt, jetzt hier zu sein.

Hm, hier erzählst du was über sie, aber es berührt mich nicht. Mir kommt es vor, als würdest du sie vor dir sehen können, aber ich tue das nicht. Mir hätte es besser gefallen, wenn du mir das alles nicht nur vorgesetzt hättest, sondern wenn ich es erleben hätte können.
Warum verstand sie nichts?

So, durch. Ich weiß nicht, das ist so eine verschwurbelte Liebesgeschichte, aber die Sehnsucht, das Leid, das du reinstecken wolltest, kam bei mir nicht an. Ich denk mir, dass du das beim Schreiben schon gefühlt hast, aber es hat den Weg nicht bis zu mir geschafft.

Damit bleibe ich ein Beobachter, finde aber keinen Zugang zu der Geschichte.

Mit dem Thema könnte man schon mehr anfangen, mit dieser Flucht hinter den Spiegel, in eine Welt, in der so viel mehr möglich ist, als in der Alltagswelt.

Naja. Hoffe, du konntest mit meinen Anmerkungen trotzdem etwas anfangen. :)

Bis bald,
yours

 

Hallo MoonShine

In dieser Geschichte fühlte ich mich wie durch mehr oder weniger starke Themenbrüche herausgefordert, die Übergänge erst am Schluss der Ahnung zugänglich. Anfangs dachte ich Anna sei ein Kind und Sam ihr kleiner Freund, dann kam Elena ins Spiel, die er heiraten wird und Anna nannte er Mama. Der alte Mann spielt eine Statistenrolle, wie ich nachträglich merkte.

Der Spiegel, an sich ein starkes Symbol, das sich verschieden einsetzen lässt, nahm aus meiner Sicht eine zu wenig transparente und dominante Rolle ein. Dies entgegen, dass du der Geschichte diesen ansprechenden Namen gabst. Der Symbolgehalt verdiente stärkere Gewichtung. Natürlich könnte ich aus dem Schluss der Geschichte logisch ableiten, es war das Herz, das aussetzte und einen Zustand quasi hinter den Spiegeln inszenierte. Doch wäre es dann bald mehr oder weniger eine Lesart, die ich selbst inszeniere, den Inhalt deiner Geschichte meiner Vorstellung anpassend, was mir schon missbräuchlich wäre. Der rote Faden muss erkennbar bleiben, Überraschungen können aufwarten, auch Lücken dürfen sein, die ich als Leser selbst füllen muss, aber die Schritte dazwischen müssen überbrückbar bleiben.

Vielleicht las ich es aber auch aus einer falschen Perspektive, mir selbst Hindernisse aufbauend? :confused: Wenn nicht, lassen sich diese Übergänge sicher mit wenigen Federstrichen ergänzen, sich zugänglicher erschliessen, ohne das Geheimnis vorab zu lüften. Der Schluss, dass ihr Herz ihr arg mitspielte, war mir wirklich überraschend.

Das Thema der Geschichte gefällt mir, der symbolische Titel ist gut gewählt, falls ich ihn richtig deutete, und die Sprache angenehm zu lesen. An einzelnen Stellen schien es mir etwas überladen, so etwa: „Lächelnd lehnte Anna sich zurück und schaute direkt in die Sonne, die vom strahlend blauen Himmel schien.“ Poetisches in Geschichten ist mir zwar meist gefällig, doch entweder zwingend durchgehend oder eher wie Farbtupfer aufscheinend.

Den vorgehenden Kommentar habe ich noch nicht gelesen, um meine Meinung unbeeinflusst abzugeben.

Ich hoffe, meine subjektive Lesermeinung wirkt nicht negativ und zu tief eingreifend. Das wäre nicht in meiner Absicht, sondern möchte eine aufbauende Anregung sein. :)

Liebe Grüsse

Anakreon

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Yours,
den Anfangssatz werde ich mal neu zusammenbasteln, da auch Anakreon den nicht so toll fand.

Ein paar Dinge, die du angemerkt hast, waren ein Versehen. zum beispiel wollte ich etwa 4 stellen im text kursiv schreiben, habs dann aber verpennt. kommt noch. genauso wie mit dem doppelten "außer" und "DIE Oberfläche".

Das ich dem Leser zu wenig roten Faden und zu viele Fragen gebe, stimmt wohl. Mein Problem ist nur: Ich hasse es, wenn ich selber eine Geschichet lese und mir wird ALLES auf die nase gebunden, ich persönlcih brauche da ein bisschen freiheit zum interpretieren. Dass diese Fraiheit hier ein Stück zu groß geraten ist, gebe ich zu. Ich werde versuchen, die großen Lücken zu schließen und alles ersichtlicher zu machen.

Es ist auch faszinierend, was man immer übersieht. Ich ahbe meine Schwäche für das "es" nei bemerkt ... zukünftig versuche ich, es zu umschreiben, im Text werde ich das wohl auch noch verändern.

Dankeschön für deinen Kommentar!

Liebe Grüße
MoonShine

Hallo Anakreon,

dass Anna am Anfang als jünger eingeschätzt wird, sollte ich versuchen vorzubeugen (ist offenbar ein Reflex des Lesers).Dein Kommentar ist auch sonst dem von Yours an manche Stellen ähnlich, besonders mit dem "Informationsmangel" hattet ihr beide Schwierigkeiten. Ich hoffe, es gelingt mir, die Geschichte nochmal zu überarbeiten, große Lücken zu überbrücken und den Text so zu verbessern.

Vielen Dank für deinen Kommentar!
Liebe Grüße
MoonShine

 

Hallo nochmal!

Wenn du die Lücken nicht schließen willst, dann mache sie so, dass ich sie selbst schließen möchte. Mach interessante, mach spannende Lücken. :)

yours

 

Hallo Yours,

okay, gute Idee. Ich werde es versuchen ... könntest du mir aber bitte eine kleine Hilfe geben, wie genau du das meinst? Wann ist eine Lücke für Dich spannend, wann ist sie nervig? :)

MoonShine

 

Das hier zum Beispiel ist nervig:

Sam hatte ihn ihr geschenkt, zum zweiundvierzigsten Geburtstag. Fünf Jahre war es her, und er sah noch immer aus wie neu, unangetastet.
Was war hinter Spiegeln? E war eine Frage, die sie Nachts nicht schlafen ließ, die sie an sich selbst verzweifeln ließ. Lag es an ihr? War das alles wirklich geschehen, das Unbeschreibliche?
Vor einer Woche hatte Anna den Spiegel extra von Sam abnehmen lassen, um einen Blick dahinter zu werfen. Aber dort war nur eine strahlend weiße Wand gewesen, und fast hätte sie bei dem Anblick geweint. War sie verrückt? War sie vielleicht deshalb hier im Heim, ohne dass man ihr den Grund gesagt hatte?

Sie stellt diese Frage: Was war hinter Spiegeln? Und dann erklärst du, dass das für sie eine ganz wichtige Frage ist, so entscheidend wichtig, dass sie nachts dewegen nicht schlafen kann.

Du beantwortest aber die Frage nicht. Außerdem bleibt mir die Figur in der Szene fremd.

Auf mich wirkt das wie:

Ich ging zum Postkasten, öffnete ihn, und darin lag dieser Brief. Dieser eine Brief, was stand wohl darin? Diese Frage war so wichtig für mich, dass ich nicht mehr schlafen konnte. Ob wirklich das in dem Brief stand, was ich dachte? Das Unbeschreibliche?
Vor ein paar Tagen schon hatte ich in den Postkasten geschaut, aber es war nichts drin gewesen, nur eine Spinne, fast hätte ich bei dem Anblick geweint. War ich verrückt? Wohnte ich deswegen hier, ohne dass man mir das gesagt hatte?

Vielleicht geht es dir anders, aber wenn ich so etwas lese, dann habe ich eher mäßiges Interesse an dem Brief und auch nicht an der Person, die in den Briefkasten schaut.

Warum? Weil es fad ist. Warum ist es fad? Weil ich keine Ahnung habe, warum dieser Brief wichtig ist. Und weil ichs auch nicht wissen will.

Und in deinem Text habe ich keine Ahnung, was an Spiegeln so toll sein soll. Also interessiert es mich auch nicht. Und zu sagen, dass sich deine Figur dafür interessiert, sorgt noch lange nicht dafür, dass ich mich auch dafür interessiere.

Der Trick ist es jetzt, mich als Leser so miteinzubeziehen, dass ICH auch wissen möchte, warum Spiegel so toll sind.

Zeig mir ihre Neugier. Ihr Erstaunen. Wie schaut sie den Spiegel an? Was fühlt sie dabei? Was sieht sie dort?

Bisschen anderer Stil, natürlich, aber mal ein Vorschlag für diese Spiegelszene:

Sam hatte ihn ihr geschenkt, zum zweiundvierzigsten Geburtstag. Fünf Jahre war es her, und er sah noch immer aus wie neu, unangetastet.
Immer wenn sie den Spiegel sah, fühlte sie sich beobachtet - auch dann, wenn sie sich selbst nicht darin sah. Es war, als würde sie eine Bewegung dahinter wahrnehmen, oft nur aus den Augenwinkeln, aber wenn sie hinsah, dann war da nur die glatte, kalte Oberfläche und das Abbild ihres Zimmers.
Trotzdem musste dort etwas sein, dort hinter dem Spiegel, auf der anderen Seite. Sie hatte sie gesehen, die fremde Welt, die es dort gab. Oder hatte sie alles nur geträumt?
Manchmal starrte sie den Spiegel stundenlang an, ohne dass sich etwas tat, und dachte nach. Vielleicht brauchte sie nur ein Zauberwort zu sagen, Spieglein, Spieglein an der Wand - aber nichts geschah, als sie es ausprobierte.
Einmal, nach einer durchwachten Nacht, hatte sie Sam gebeten, den Spiegel abzunehmen. Doch dahinter war nur eine weiße, kahle Wand. Vor Enttäuschung hätte sie am liebsten geweint. Als Sam sie fragte, warum sie hinter den Spiegel schauen wollte, winkte sie ab. Schon gut, sagte sie, und lächelte.

Das ist natürlich nur schnell runtergeschrieben, aber ich habe mal versucht, ihre Neugier und ihre Verzweiflung darzustellen. Man weiß ja noch immer nicht, was dahinter ist - aber ich finde, wenn man ihre Gefühle wahrnimmt, interessierts einen mehr. :)

Bis bald ...
yours

 

Aah okay ... danke; jetzt kann ich nachvollziehen was du gemeint hast.
Werde mich wohl nochmal hinsetzen :)

Liebe Grüße
moonshine

 

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