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Himmelblau im Streik

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17.10.2002
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Himmelblau im Streik

An einem Sommermorgen, mitten in den Ferien, wachte Bille auf. Sie merkte sofort, dass etwas anders war als sonst. Sie rieb sich kräftig die Augen und blinzelte in ihrem Zimmer umher. Was war denn das? Alles um sie herum sah grau aus. Alle Farben waren verschwunden. Ihre Bettwäsche mit den vielen, bunten Farbklecksen war nur noch grau. Der rote Ball, oder ist er orange gewesen? Jetzt war auch er grau! Egal wo Bille hinsah, es gab nur noch eine Farbe. Grau. Mal ein bißchen heller oder auch dunkler, aber eben grau. Bille sprang erschrocken aus ihrem Bett und lief zum Fenster. Sie rieb sich noch einmal die Augen, vielleicht hatte sie noch Schlaf darin von letzter Nacht. Aber als sie nach draußen schaute, sah dort auch alles nur grau aus. Die Wiese war nicht mehr grün, der Baum vor ihrem Fenster nicht mehr braun, seine Blüten nicht gelb. Ihr schönes Fahrrad, das am Schuppen lehnte, war doch vorher gelb und blau gewesen, oder nicht? Und da, gerade flatterte ein Schmetterling an ihrem Fenster vorbei, mit grauen Flügeln. Das gibt es doch nicht! Oh je, was ist passiert?
Bille wollte völlig verwirrt zu ihrer Mutter laufen, als plötzlich jemand sagte: „ He, du!“ Das Mädchen erschrak heftig und starrte in die Richtung, aus der die Stimme kam. „Entschuldige, falls ich dich erschreckt habe, aber ich muss dir Wichtiges mitteilen.“ Mitten auf dem Teppich, der vorher so bunt gewesen war, stand ein kleines Männchen in einem grauen Anzug, mit hellem Hemd und dunkler Krawatte. Bille schaute die kleine Gestalt mit großen Augen ängstlich an. Bevor sie etwas sagen konnte, begann das Männlein energisch auf und ab zu gehen, setzte eine wichtige Miene auf und sagte: „Mein Name ist Markus Malkasten und ich bin der Farbensprecher. Mein Auftrag ist es, heute zu verkünden, dass die Farben in einen Streik getreten sind. Ab sofort und auf unbestimmte Zeit sind alle Farben erst einmal weg. Wir haben das Grau als Notfarbe hier gelassen.“. „Was, wie bitte?“, rief Bille und traute ihren Augen und Ohren nicht. „Was soll das heißen, die Farben streiken? Das geht doch gar nicht. Farben können nicht einfach weg sein. Sie sind immer da. Und überhaupt, warum streiken die Farben denn eigentlich?“ Bille wurde auf einmal ziemlich wütend, denn ihr schöner, brauner Teddy war auch grau. Was bildete sich dieses Männlein da ein? So ein Unsinn. Bille stemmte beide Hände in die Seiten und schimpfte: „ Kannst du grauer Zwerg mir bitte mal erklären, wo die Farben hin sind und wann sie wieder kommen?“ „Tja, gnädiges Fräulein,“ sagte der Kleine und setzte ein ernstes Gesicht auf, „ das ist so: Die Farben sind schon lange der Meinung, sie erhielten nicht genug Beachtung. Sie haben es satt, dass man sie „rot“, „blau“, „grün“ oder „gelb“ nennt. Ich habe hier Hunderte von Beschwerdebriefen von zum Beispiel „zitronengelb“, von „kirschrot“ oder „eierschalenweiss“. Sieh‘ nur!“ Der kleine Mann klappte seine Aktentasche auf und es purzelten lauter kleine Farbschnipsel wie Konfetti heraus. Bille staunte. So viele verschiedene Farben, bunter als jeder Regenbogen. Das Männlein erklärte wichtig weiter: „ Die Bedingung, dass alle Farben wiederkommen, ist folgende: Die Farben wollen gesehen werden. Sie wollen, dass man sie erkennt und unterscheidet. Weißt du, sie geben sich ständig solche Mühe, alle da zu sein. Aber die Menschen nennen das Himmelblau einfach blau, das Wasserblau auch nur blau, und das Nachtblau ist zur Zeit völlig beleidigt!“
Bille ließ die Arme aus den Seiten fallen und dachte darüber nach, welche Farbe ihr Ball tatsächlich gehabt hatte: rot oder orange. Sie schaute den kleinen Mann nachdenklich an und fragte: „ Warum kommst du zu mir? Was kann ich tun?“ Das Männchen sah Bille fest in die Augen und sagte fast beschwörend: „ Du bist ein Kind. Du hast deine Augen noch völlig offen. Sieh‘ genau hin. WIE blau ist der Himmel, WIE gelb sind Sonnenblumen und WIE rot ist dein Ball? Und dann erzähle es deinen Freunden und allen anderen so, wie du es siehst. Die Farben sind bereit zurückzukehren, wenn,“ und der kleine Mann im Anzug nahm seine Sache gerade enorm ernst, „ wenn ihr Menschen versichert, keine Farbe mehr zu übersehen. Schließlich sind sie, jede einzelne Farbe, dazu da, eure Welt so herrlich bunt zu machen.“ „Na gut,“ gestand Bille ein, „du hast Recht. Aber kannst du mir auch versprechen, dass dieselbe Farbe zu meinem geliebten Teddy zurückkommt, wie vorher?“ Das Männchen schaute fast verächtlich und sagte: „Das wirst du ja wohl selbst sofort erkennen können. Du kannst dich sonst gerne bei mir beschweren. Das ist mein Job.“
Bille war nun fest entschlossen, alle Farben zurückzuholen und wollte ganz schnell nach draußen zu ihren Freunden, um damit zu beginnen. Ihr Blick fiel beim Anziehen auf ihr so graues Lieblingsbilderbuch. Sie hatte es jetzt sehr eilig.
„Eins noch,“ rief das Männlein und wandte sich zur Türe, „ die Töne und Geräusche denken gerade über ihren Streik nach.“

 

Hallo Wondering,
eine tolle Idee die Farben in den Streik treten zu lassen und ein kleines Mädchen zum "Retter" zu machen, genial!
Mit dem Schluss der Geschichte habe ich noch irgendwie ein Problem. Ich weiß nicht ob er mir zu schnell ist, zu offen vielleicht? Wie geht es weiter? Vielleicht gehe ich aber auch zu erwachsen ran.
...
Nach nochmaligem Lesen und Gedanken an "Pixibücher" :-)denke ich, dass er okay so ist, ich glaube das Mädchen hat begriffen was zu tun ist.

Eine schöne Geschichte zum Vorlesen.

Liebe Grüße,
mvalley

 

Hallo mvalley,
danke, dass du dir wieder die Zeit genommen hast, meine Geschichte zu lesen. Ich hatte selbst das gleiche Problem mit dem Schluss. Konnte mich lange nicht entscheiden, in welche Rubrik ich die Geschichte poste. Schleißlich habe ich mich für "Kinder" entschieden und die Länge und den Ausgang so gelassen.
Viele Grüße
wondering

 

Hi wondering,

Deine kleine Geschichte hat mir sehr gefallen. Der graue Mann hat ja wirklich recht, wie oft rasen wir durchs Leben und nehmen die vielen, herrlichen Nuancen gar nicht mehr wahr.

Die Idee, die Farben streiken zu lassen, ist genial!!!

Eine wunderschöne, kleine Kindergeschichte!

Zwei Kleinigkeiten sind mir aufgefallen:

"falls ich dich erschrocken habe" - ich glaube, es heißt: ich bin erschrocken und ich habe dich erschreckt, oder?

"Farben können nicht einfach weg sein. Sie sind einfach immer da."
Die Wiederholung des Wortes "einfach" stört mich, vielleicht kannst du das ändern?

Das Ende finde ich übrigens wunderbar. Kinder begreifen das sofort...

Liebe Grüße
Barbara

 

Hallo Barbara,
danke für die Hinweise. Ich habe im Duden geschaut und nichts Eindeutiges gefunden, aber es klingt tasächlich besser, wenn ich "habe ich dich erschreckt" einsetze. Das doppelte "einfach" werde ich auch streichen.
Zum Ende, die Erwachsenen sagen fast alles, das Ende käme zu plötzlich...ist denn die Fantasie so abhanden gekommen? Es ist eine Kindergeschichte und vielleicht helfen die Kleinen den Großen auf die Sprünge, drum lasse ich den Schluss zu stehen :)
Liebe Grüße
Astrid

 

Ich glabe ich beginne Deine Stories zu mögen, grade der etwas offene Schluss ist gut :)

Was mir nicht so gefällt st dieses "Wir haben das Grau als Notfarbe hiergelassen," grau ist weiss und schwarz vermischt und diese beiden gehören eigentlioch nicht zu den Farben - würde diese Satz komplett weglassen.

*heute mal wieder gar nicht kleinlich :D *

 

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