Was ist neu

Hilfelauf

Mitglied
Beitritt
23.09.2011
Beiträge
4

Hilfelauf

Ihre Knie zitterten. Sie konnte es nicht glauben. Der Anblick spielte sich immer wieder in ihrem Kopf ab. Immer wieder schnappte sie nach Luft und hatte mühe das Gleichgewicht zu halten. Sie rannte los. Sie musste einfach weg von diesem Mädchen:
Davorne ist schon die Straße. Nur noch ein kleines Stück, dann habe ich es geschafft. Ich muss Hilfe holen. Ich kann sie nicht alleine im Wald liegen lassen. Nur noch ein kleines Stück.
Jetzt stand sie auf der Straße. Tränen kullerten ihre Wangen hinunter.
Hilflos stand sie da. Wusste nicht, wo sie hin sollte. Sie musste nur Hilfe holen. Hilfe. Hilfe für das Kind. Sie musste doch helfen.- Der Notruf. Schnell griff sie in ihre Tasche, doch die Tasche war leer. Ihr Handy war weg. Sie musste es auf dem Weg verloren haben. Verzweifelt blickte sie um sich. Dann fiel ihr ein Bauernhof ein, der ganz in der Nähe war. Früher, als sie noch klein war, war ihr Großvater immer mit ihr dorthin gefahren, um die Tiere zu füttern. Da musste jemand sein, dachte sie und rannte sofort los. Obwohl sie den genauen Weg zum Bauernhof nicht mehr genau kannte, fand sie ihn nach wenigen Minuten. Er war direkt hinter einer Kurve und eigentlich konnte man ihn gar nicht verfehlen.
Erleichtert atmete sie auf und die letzten Meter zum Hofeingang rannte sie so schnell, dass sie völlig außer Atem ankam. Entsetzt stellte sie fest, dass der Hof völlig marode und verlassen schien und die Stelle, in denen sie früher mit ihrem Großvater die Tiere gestreichelt hatte, leer waren.
"Hallo? Hilfe. Ist da Jemand?", rief sie.
"Hilfe. Ist da wer?" Sie klopfte an ein Fenster, dass mit Brettern zugenagelt war.
Sie lief um das Haus herum und hämmerte mit beiden Fäusten gegen die Eingangstür. Mit einem Quietschen öffnete sich die Tür langsam und gab den Blick auf einen langen, dunklen Flur frei.
Voller Angst trat sie ein.
Ich muss Hilfe holen. Das Mädchen braucht doch Hilfe. Nur nicht über meine Angst nachdenken.
Alte Möbel standen im Raum. Spinnenweben hingen von der Decke.
"Hallo?", sagte sie vorsichtig. Hier ist wohl keiner, dachte sie und wollte gerade wieder hinaus gehen, als sie eine dunkle Gestalt in der Tür stehen sah. Erschrocken wich sie zurück.
"Hilfe. Ich brauche Hilfe. Im Wald liegt ein Mädchen. Helfen sie mir."
"Ich weiß. Ich habe sie schon gefunden.", sagte der Mann und ging auf sie zu.

 
Zuletzt bearbeitet:

Es ist eine wirklich kurze Kurzgeschichte, aber ich hoffe sie gefällt euch trotzdem.. Ich bin erst 15 und hoffe ihr seht mögliche Fehler oder Gedankengänge nicht ganz so kritisch :)

 

Moin WishYouWereHere,

Es ist eine wirklich kurze Kurzgeschichte,
nicht ganz. Sie ist lediglich zu kurz. Die wirklich kurzen Kurzgeschichten findest Du in der Kreativwerkstatt bei den Acht-Wort-Geschichten. ;)

Die Panik bei der Hilfesuche hast Du recht gut eingefangen. Aber ohne eine Beschreibung des drumherum, bleibt es für mich nur eine Momentaufnahme.
Wer ist das Mädchen, was da Hilfe holt?
Welchen Charakter hat sie?
Wer ist die Verletzte?
Wie ist es zu der Verletzung gekommen?
Wer ist der Mann auf dem Bauernhof?
(Wie kann er die Verletzte zwischenzeitlich gefunden haben, wenn die Hilfesuchende den Weg zum Bauernhof gelaufen ist und schnell gefunden hat? Ok, er lügt offensichtlich.)

Das sind alles Fragen, auf die ich als Leser gerne eine Antwort hätte. So habe ich nur einen kurzen Spannungsmoment, der nicht mehr ist, als ein Aufflackern. :(

Sie musste nur Hilfe holen. Hilfe. Hilfe für das Kind.
So viel Hilfe braucht sie nicht. Ich würde da nur einen Satz schreiben.

Da musste jemand sein, dachte sie
Da muss jemand sein, dachte sie

Ich bin erst 15 und hoffe ihr seht mögliche Fehler oder Gedankengänge nicht ganz so kritisch
Das wirkt auf mich wie ein Schutzschild. Brauchst Du den? Ergänze Deine Texte doch lieber um die fehlenden Teile. Das wirkt viel besser.
Ich bin auf die ersten längeren Geschichten von Dir gespannt. :thumbsup:

Gruß
Peter

 

Hallo WishYouWereHere,

und herzlich willkommen auf kg.de!

Okay, du willst also ein bisschen Schonfrist? Dann fasse ich mich kurz (keine Panik, so schlimm ist es gar nicht; für eine 15-Jährige und ein Erstlingswerk (?) ist der Text beachtlich). Mir geht es im Groben um zwei Punkte.

Wie Peter vermisse ich einige Infos und empfinde die Geschichte als zu kurz - nicht weil sie zu wenige Wörter oder Zeichen hätte, sondern weil diese Geschichte aus meiner Sicht etwas mehr Raum braucht, um für den Leser spannend erzählt zu werden. Und ich meine wirklich nur etwas mehr Raum. Ich vermisse allerdings andere Infos als Peter. Wie immer bei Kritiken hier gilt: Die Kommentatoren stellen lediglich ihre Ansicht dar, und die können sich auch schon mal widersprechen. DU allein entscheidest, ob du etwas ändern willst und wenn ja, was das sein soll und wie du es änderst. Es ist DEIN Text. Okay? Lass die Kritiken erst einmal sacken und entscheide in Ruhe darüber. Und wenn du in diesem Fall zum Beispiel lieber die Anregungen von Peter umsetzt und meine nicht, dann ist dann ganz in Ordnung. Ebenso wenn du dich entscheiden solltest, gar nichts zu ändern. Okay, das war die Vorrede. ;)

Es gibt durchaus Kurzgeschichten, in denen der Protagonist (die Hauptperson) nicht bis ins Detail dargestellt wird, in denen wir nicht sein genaues Alter, seine Augenfarbe, seine Schuhgröße und den gesamten Werdegang seit dem Kindergarten erfahren (du merkst, das ist eine Übertreibung ;)). Und auch solche Geschichten (können) funktionieren.
Leser lernen gern eine Figur kennen. Wenn sie sich mit ihr identifizieren können, leiden sie mit der Figur mit, teilen die Hoffnungen, die Angst, die Freude. Das versuchen Autoren in der Regel zu erreichen, weil solche Geschichten besser in den Köpfen der Leser bleiben. Sie klingen noch nach. In dem Fall deiner Geschichte ist das nicht so. Das muss dir einfach nur bewusst sein. Es ist okay, wenn man eine kurze Geschichte zur schnellen Unterhaltung erzählen will, die aber vielleicht eine Stunde später schon wieder vergessen sein wird. Ich will dir hier nur kurz darlegen, wie die Reaktionen auf die unterschiedlichen Macharten sind bzw. sein können. Hier haben wir eine Geschichte, die fast schon Anekdotencharakter hat. Es ist im Grunde eine Pointengeschichte (mit der Pointe, dass die Hilfesuchende ausgerechnet bei dem Mann um Hilfe bitten möchte, der für das Elend des Mädchens im Wald verantwortlich ist - und sie nun selbst in Gefahr ist).

Und nun zum Teil, der mir fehlt: Ich vermisse ein Erleben dieser Gefahr. Ich persönlich denke, dass diese Geschichte nicht zwingend eine tiefe Charakterisierung der Protagonistin braucht. Aber sie braucht mehr Details zu dem Geschehen. Um die Sorge um das Mädchen im Wald, die eigene Angst der Protagonistin, ihre Verzweiflung, weil niemand, der helfen könnte, in der Nähe ist, plastischer und besser nachvollziehbar zu machen, braucht es etwas mehr "Futter". Was ist dem Mädchen im Wald geschehen? Warum braucht sie Hilfe? Kann sie nicht mehr laufen? Ist sie nicht mehr bei Bewusstsein?

Deine Protagonistin hat offenkundig ein traumatisches Erlebnis gehabt, als sie das Mädchen fand. Aber was fand sie dort vor? Bei Traumatisierten bleibt häufig ein bestimmtes Detail im Gedächtnis, sie sehen immer wieder dasselbe Bild vor Augen. Eine klaffende Wunde. Ein merkwürdig verdrehtes Bein. Zerrissene Kleidung. Solche Dinge. Such dir ein Detail und beschreibe es. Lass den Leser zumindest erahnen, worum es hier geht und was dem Mädchen angetan wurde. So machst du auch die Gefahr für die Protagonistin selbst später realistischer - und damit auch im Leseempfinden ungleich bedrohlicher. Dieses Detail würde ich hier und da aufblitzen lassen (nicht übertreiben!).

Mein Haupttipp: Werde konkreter und zeig anhand von ein, zwei Details, was vor sich geht und wie sich die Protagonistin fühlt. Vielleicht kannst du noch etwas für die Sinne beisteuern. Also das schreckliche Detail, das die Protagonistin sah und das ihr eindringlich klar machte, dass hier schnelle Hilfe vonöten ist - und das sie immer wieder vor ihrem inneren Auge sieht. Vielleicht fühlt sie Seitenstiche wegen ihres schnellen Laufs. Vielleicht erreicht sie die Straße, auf die sie so viele Hoffnungen setzte, nur um sie leer vorzufinden, und es ist kein Laut zu hören - kein Motorengeräusch, selbst die Vögel im Wald scheinen verstummt zu sein ... Solche Dinge (wie die Geräusche) tragen zur Atmosphäre deiner Geschichte bei und damit zum Erleben durch den Leser.

Okay, das war es fast. Ich vermisse also lediglich ein paar Details, die deiner Geschichte Lebendigkeit einhauchen.

Der zweite Punkt betrifft den Schreibstil. Nicht schlecht für einen Erstling, aber du neigst zu Füllwörtern. Manche Sätze würden deutlich stärker, wenn du ein, zwei Wörter streichen würdest. Beispiele (Füllwörter markiert, darunter mein Vorschlag):

Er war direkt hinter einer Kurve und eigentlich konnte man ihn gar nicht verfehlen.
Er lag hinter einer Kurve und war nicht zu verfehlen.

Entsetzt stellte sie fest, dass der Hof völlig marode und verlassen schien
Entsetzt stellte sie fest, dass der Hof marode und verlassen schien

Auch an Rechtschreibung (zum Beispiel schreibst du "Stelle" statt "Ställe") und Zeichensetzung solltest du arbeiten, wenn du das Schreiben ernst nimmst.

Hm. Schrieb ich oben, ich würde mich kurzfassen? Hat nicht ganz geklappt, sorry. :schiel:

Viel Spaß beim Feilen an deiner Geschichte und bei deinen Aktivitäten auf kg.de!
Kerstin

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom