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Hi. Mum's Dead
Mark
06:45
Dreckswecker. Fuck. Oh man. Erstmal klarkommen. Fuck it.
07:15
„Fängt Dad heut später an?“ fragte Mark seine Mutter, darauf bedacht dabei keine Milch zurück in die Schüssel mit Cornflakes zu sabbern.
„Gute Frage. Eigentlich hat er nichts gesagt. Vielleicht hat der Wecker nicht geklingelt?“
„Vielleicht.“
„Naja ich werd ihn in fünf Minuten mal wecken. Es wär ja peinlich wenn er zu spät kommt. In der Schule mag das noch gehen.“ Sagte Marks Mutter mit einem Grinsen beim letzten Satz.
„Ja klar, in der Schule is das Leben noch einfach.“ Mark bemühte sich darum, die Bemerkung so abfällig klingen zu lassen, dass sogar seine Mutter die Ironie verstand.
„Ja, ist es auch. Das merkst du noch früh genug.“ Sie hatte immer noch ein Lächeln auf den Lippen.
Na bitte. Die typische Eltern-Weisheit. Ja klar, euer Leben ist so schlecht: Haus, eigenes Auto, Geld…
08:00
„Los gehts. Alle aufwachen. Wir schließen an die letzte Stunde an. Mitschreiben ist erwünscht. So erspart ihr euch Wikipedia vor der nächsten Klausur… Bitte nicht so viel Begeisterung.“
„Stell doch mal die schlechten Sprüche ab man.“ Flüsterte Mark.
Sein Banknachbar lachte leise. Dann sagte er zustimmend: „Als würd ich mir die Mühe machen für ne Ethik Klausur überhaupt zu lernen.“
„Echt man. Der denkt auch er weiß was los is, nur weil er Wikipedia kennt.“
„Mark! Hast du etwas zum Thema beizutragen?“ Fragte der Lehrer mit den obligatorisch gehobenen Brauen.
„Ähm…nicht direkt.“ Einige Schüler stießen kräftig Luft durch die Nase, was als halbherziges Lachen zu werten war.
„Aha. Dann bitte ich um Ruhe. Vielen Dank.“
Jack
09:00
„Also hast du ohne Grund freigenommen?“
„Ja.“
„Wenn du meinst, dass du dir das leisten kannst.“
Sie fing schon wieder an zu nerven. Neun Uhr früh und seine Frau nervte ihn schon wieder. Sie war wirklich gut darin. Gab sich redlich Mühe. Schon am frühen Morgen, als er noch im Tiefschlaf war hatte sie angefangen. Richtig, der frühe Vogel fängt den Wurm, und sie wusste es. Oh Gott ja sie wusste es. Seine Frau das fleißige Bienchen. Seit drei Monaten arbeitslos, aber noch immer fleißig bei der Arbeit. Fleißig dabei den Jungen zu verhätscheln. Und ganz nebenbei fleißig dabei sein eigenes Leben zur Hölle zu machen. Was war nur aus den Zeiten geworden, in denen ein Mann nach getaner Arbeit nach Hause kam und alles was auf ihn wartete, war ein ordentliches Abendessen mit einem ordentlichen Bier. Und danach der Fernseher mit dem nächsten Bier. Und dem nächsten. Und vielleicht sogar dem vierten. Nicht immer, aber wenn es Donnerstagabend war und man vier Tage lang in diesem verdammten Büro gesessen hatte, dann war es manchmal Zeit für das gottverdammte vierte Bier.
„Jack? Redest du überhaupt noch mit mir? Es muss doch einen Grund dafür geben, dass du so kurzfristig einen Tag frei nimmst.“
„Die Arbeit ist einfach stressig.“
„Aber ohne dein Einkommen kriegen wir echte Probleme. Das ist jetzt nun mal so. Ich weiß nicht wann ich wieder Arbeit finde.“
„Ich weiß Jane. Die werden mich schon nich gleich raushauen.“
„Hoffentlich. Einen guten Eindruck macht es trotzdem nicht.“
Ach ja? Wirklich? Wir können halt nicht alle so fleißige Bienchen sein wie du Janie-Babe. Was denkst du was es für einen Eindruck macht, jedes Jahr zu Weihnachten drei Kilo zuzunehmen und sich zu Neujahr nicht einmal vorzunehmen, die drei Kilo wieder zu verlieren. Oder wenigstens eins. Aber das durfte ein Mann natürlich nicht sagen. Nicht einmal zu seiner eigenen Frau. In den eigenen vier Wänden.
Wieso hatte er überhaupt frei genommen? Er wusste doch, dass Jane zu Hause sein würde. Und die Arbeit war nicht wirklich schlimmer als ein Tag mit seiner Frau. Es war alles eine einzige Qual. Sein ganzes Leben war voll Scheiße. Und das einzig Gute waren die Dinge, die ihn diese Scheiße vergessen ließen. Wenn auch nur für ein paar Stunden. Zum Beispiel Bier. Oder der Fernseher. Kein LCD oder Plasma Fernseher. Nein, nicht in Zeiten in denen die gute alte Jane arbeitslos war und er der einzige war, der Geld nach Hause brachte. Geld nach Hause bringen. Das war seine Aufgabe. So wie früher. Wieso war der Rest nicht wie früher? Wieso hatte ein Mann nicht mehr das Sagen in den eigenen vier Wänden.
Jack legte die Zeitung auf den Küchentisch, ging zum Kühlschrank und nahm ein Sixpack heraus. Dann ging er ins Wohnzimmer und schaltete den Fernseher ein.
Mark
12:30
„Willst du mir erzählen, dass du sie nicht bumsen würdest?“ fragte Mark, ein Stück Fleisch zwischen den Zähnen balancierend.
„Doch, das schon. Aber das heißt nicht, dass ich sie hübsch finde.“
„Man hör dir mal selbst zu. Wie arm bist du eigentlich?“
„Es gibt einfach nen Unterschied zwischen hübsch und…und geil.“
„Ok, Ok, das bestreite ich nich. Aber was is dir nun lieber, ne hübsche oder ne geile Freundin?“
„Die Freundin muss natürlich hübsch sein. Für alles andre reicht geil.“
„Oh man. Was laberst du nur? Wenn dich Chloe fragen würde ob du ihr Freund sein willst, würdest du also nein sagen?“
„Ich würde sagen: Chloe Süße, es tut mir leid, aber du bist nicht hübsch genug. Aber sei nicht traurig, zum Ficken bist du mir gut genug.“
Das Grinsen auf Marks Gesicht explodierte kurz und heftig zu einem dreckigen Lachen. Ben, sein Banknachbar in Ethik lachte mit.
„Mit dir kann man echt keine ernste Unterhaltung führen.“ Sagte Mark, noch immer grinsend.
„Das ist meine ehrliche Meinung. Tut mir Leid wenn du noch nicht alt genug für die Wahrheit bist.“
Jack
12:00
„Ich bin wieder da.“
Keine Antwort.
„Jack?“ Jane schaute zögernd ins Wohnzimmer.
„Hi.“
„Hast du tatsächlich das ganze Sixpack getrunken?“
„Jap.“
„Bist du Ok Jack? Du hast doch nicht etwa deinen Job verloren. Bist du deshalb heute zu Hause?“
Die hektische Stimme machte ihn aggressiv. Nicht dass er seine Frau schlagen würde, nein. Aber er konnte das kraftvoll in ihm aufsteigende Gefühl nicht ignorieren. Seine Frau machte ihn aggressiv. Das war Fakt. War er betrunken? Nein, das Gefühl war ihm nicht neu, nur die Stärke nahm von Mal zu Mal zu.
„Ich hab meinen Job noch, Ok? Kein Grund hysterisch zu werden.“
„Ich bin nicht hysterisch. Aber normal ist es nicht vormittags einfach mal ein Sixpack zu saufen.“
„Schau dir mal die ganzen Arbeitslosen an, für die isses normal.“
„Jetzt fang nicht so an. Denkst du es ist meine Schuld, dass mein Chef pleite gemacht hat? Ist es das was du die ganze Zeit schon denkst Jack?“
Jetzt klang sie wirklich hysterisch. Sie hatte ihre Stimme gegen ihn erhoben. Er hatte in ruhigem Ton mit ihr gesprochen und sie hatte ihre Stimme erhoben. Das hätte es nicht gegeben in den alten Zeiten. Vor der Emanzipation von der alle redeten. Die ganzen Weiber und Schwuchteln. Das fleißige Emanzen-Bienchen wagte es also die Stimme gegen ihn zu erheben.
Jack musterte seine Frau mit unveränderter Miene. Die angespannte Körperhaltung. Die aufgerissenen Augen. Sie wartete auf eine Reaktion. Dann drehte sie sich schwungvoll um und verschwand in die Küche. Jack schaute auf den leeren Türrahmen durch den sie verschwunden war. Nach einiger Zeit hörte er das Geräusch eines Messers auf einem Brett.
„Gut, mach was zu Essen.“ Brummte er vor sich hin und fixierte wieder den Fernseher.
Mark und Jack
15:50
„Hey Dad, schon zu Hause?“ fragte Mark, als er ins Wohnzimmer ging.
„Jap. Hab nen Tag frei genommen. Mutti ist tot.“ Sagte Jack, so beiläufig wie andere vielleicht ankündigen, dass morgen der Elektriker kommt.
Mark blieb stehen und runzelte die Stirn.
„Was?“
„Ja…hab sie mit nem Hammer erschlagen.“ Jacks Blick war weiterhin auf den Fernseher gerichtet.
Mark war sich nicht sicher wie er reagieren sollte. Sein Vater war manchmal etwas komisch, aber das übertraf alles. Vielleicht hatten die leeren Bierflaschen neben dem Sofa etwas damit zu tun. Er entschied sich das Spiel mitzuspielen.
„Okay…Einfach so?“ fragte er skeptisch.
„Hat wieder genervt.“ Keine Regung in seinem Gesicht.
„Achso, na dann ists ja ok.“ Mark lachte nervös. Er wusste nicht was er von der Situation halten sollte. War sein Vater etwa betrunken?
„Wenn sie das hört…ich glaub nich, dass sie das so lustig findet.“ Sagte Mark zögerlich.
„Glaub nich, dass sies hört.“ Jack schaute seinem Sohn nun zum ersten Mal in die Augen, dabei machte sich ein leichtes Lächeln auf seinen Lippen breit.
Als er seinen Vater anschaute, war Mark endgültig sicher, dass er mehr als nur die sechs Bier getrunken hatte. So hatte er ihn noch nie gesehen. Es war nur die Spur eines Lächelns, aber seine Augen blitzten so als würde er sich innerlich zerreißen vor Lachen.
„Ich bin dann in meinem Zimmer.“ Sagte Mark und war froh das Wohnzimmer verlassen zu können.
Jack beobachtete seinen Sohn beim herausgehen. Er ging wirklich auf sein Zimmer. Jack griff nach dem Hammer neben dem Sofa. Ein einfacher Hammer aus seiner Werkzeugkiste. Mit einem Eisenkopf mit dem man Nägel in die Wand schlagen konnte. Er hatte sich immer gefragt, wieso die eine Seite des Hammerkopfes zugespitzt war. Nun wusste er es.
Er hörte Schritte auf dem Flur und sah seinen Sohn über den Hausflur gehen. Richtung Küche. Es war Zeit für Rock’n’Roll. Wie in den alten Tagen.
Mark zuckte zurück als er die Küchentür öffnete. Ein hoher Schrei entglitt seiner Kehle.
Überraschung. Das fleißige Bienchen hat genug gearbeitet. Jetzt ist Schluss mit der Verhätschelung Junge. Aber keine Angst, es wird auch gar nicht weh tun.
Mark drehte sich um, eine Hand vor den Mund gepresst, die Augen in Panik aufgerissen. Sein Vater kam langsam durch den Flur auf ihn zu. In einer Hand hielt er einen blutigen Werkzeughammer. Langsam wich Mark zurück in die Küche, Richtung seiner Mutter. Sie saß am Tisch, so wie heute Morgen. So wie jeden Morgen. Nur dass sie diesmal mehr auf dem Tisch lag, als wirklich zu sitzen und dass eine schleimig-rote Masse aus ihrem Hinterkopf quoll.
Jack schaute seinen Sohn an und fühlte wieder dieses Gefühl in sich aufsteigen. Mark schrie ihn an. Es waren eher hohe, panische Laute als echte Wörter. Sein Sohn schrie ihn also an. In seinen eigenen vier Wänden. Er hatte in ruhigem Tonfall mit ihm gesprochen, hatte ihm sachlich die Situation dargelegt. Und doch wagte es dieser Bengel die Stimme gegen ihn zu erheben? Als wäre er nicht vorbereitet worden auf den Anblick.
„Kein Grund hysterisch zu werden.“ Brummte Jack und er fühlte dieselbe Energie durch seinen Körper strömen, die er drei Stunden vorher gespürt hatte, als er seine Frau beim Zwiebeln schneiden erschlagen hatte.
Mark brachte das große Fleischmesser hinter seinem Rücken mit einem Ruck nach vorne, als sein Vater mit dem Hammer auf ihn zustürmte. Er versenkte es im Bauch des Wahnsinnigen, mit dem er gestern Abend noch Football geschaut hatte. Jack stoppte mitten in der Bewegung, den Hammer hoch über den Kopf gehoben. Sein Blick wanderte ungläubig nach unten, während das Werkzeug aus seinen erschlaffenden Händen fiel und mit einem Knall auf dem Boden landete. Blut rann aus seinem Mund. Mark zog das Messer mit aller Kraft aus dem Bierbauch seines Vaters und stieß erneut zu. Und noch einmal. Und noch einmal. Erst als der Wahnsinnige Blut gurgelnd auf den weißen Bodenfliesen lag und sein Körper von Krämpfen geschüttelt wurde, ließ Mark das Messer sinken. Zitternd lief er zum Telefon um die Polizei zu rufen. Er bekam nicht mit was er sagte oder wie lange er nach dem Auflegen noch wie gelähmt ins Leere starrte. Als er wieder in der Lage war sich zu bewegen, ging er zurück in die Küche. Er nahm ein Bier aus dem Kühlschrank, lief mit starrem Blick ins Wohnzimmer und schaltete den Fernseher ein.