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Hey man, nice shot

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25.08.2003
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Hey man, nice shot

"Hey man, nice shot!"

Ich drehte mich um und blickte in die zusammengekniffenen Augen eines fetten Mit-Vierzigers. Er hatte lediglich den kleinen Hügel erklommen, auf dem ich mich befand, doch Schweiß troff ihm von der Stirn, als schleppe er das Gewicht von zehn Männern. Unzählige kleine Sturzbäche folgten den fleischigen Tälern in seinem Gesicht und flossen über seinen nicht vorhandenen Hals, ehe sie im Kragen seines Hemdes versickerten, wie Wasser in der Wüste. Sein Atem kam stoßweise zwischen den dicken rosa Würsten hervor, die er Lippen nannte.

"Hab sie von unten gesehen. Sind wohl auch zum Jagen hier."

Nach Luft japsend und die Hände in die Hüften gestemmt sah er aus, wie das baldige Anschauungsobjekt eines Pathologen. Über seiner Schulter hing ein Jagdgewehr, dessen Riemen fast in den Falten seines Hemdes verschwand.

"Ist das eine Walther PPK?"

Ich starrte auf die Pistole in meiner Hand, als würde ich ihr zum ersten Mal gewahr. Ich drehte sie, um sie genauer zu betrachten, der kalte Stahl wog schwer in meiner Hand. Ein kleiner Straßengangster hatte sie mir aus dem Kofferraum seines Camaro verscherbelt, irgendwo in einer Seitenstraße. Sie hatte mich angeglänzt, fast als hätte sie auf mich gewartet. Ich fragte mich, wie viele Leben diese Waffe schon genommen hatte. Auf wie vielen Kugeln war Gevatter Tod persönlich geritten um eine Sanduhr anzuhalten?

"Hatte auch mal so eine. War mir aber etwas zu klein. Ich mag diese Dinger hier lieber."

Der Dicke versuchte, mit seinen ungelenken Fingern sein Gewehr zu erreichen, scheiterte aber bereits im Ansatz. Die unmittelbare Gefahr eines Herzinfarkts schien gebannt, denn sein Atem ging nun etwas ruhiger. Er stemmte die Hände allerdings immer noch in die Hüften, wahrscheinlich war er es nicht gewohnt, so lange aufrecht zu stehen. In dieser Haltung waren die dunklen Flecken in seinen Achseln nicht zu übersehen. Wie Gebirgsseen lagen sie zwischen den Ausläufern seines Schultermassivs.

"Das Vieh haben sie ja sauber erwischt."

Ich drehte mich wieder um und schaute auf den Baum, dessen Rinde mit Blut und Fleischfetzen besprenkelt war. Die restlichen Teile des Eichhörnchens, lagen um den Stamm des Baumes verteilt. Ich hatte es erschossen um zu sehen, ob die Waffe funktionierte. Ich konnte nicht sagen, daß ich meine Tat bereute, ich genoß sie aber auch nicht. Ich wollte die Waffe ausprobieren, das Eichhörnchen war ein Mittel zum Zweck. In gewisser Weise hatte ich seinem einfältigen Leben sogar einen Sinn gegeben. Der alte Sensenmann hatte sich also zumindest auf den Sattel einer Kugel geschwungen. Er hatte mich zu seinem Komplizen gemacht, ohne daß ich es merkte. Der Dicke gluckste, und ich drehte mich erneut, um in sein fleischiges Gesicht zu sehen.

"He, soll ich Ihnen was sagen?"

Nein.

"Hab hier neulich einen echten Elch erwischt. Hab das Vieh aber leider nur angeschossen. Hat drei Stunden vor sich hin geblutet, ehe es hinüber war. Hab's aber leider liegenlassen müssen. Die verdammten Biester stehen nämlich unter Naturschutz. 'Ne echte Schande ist das."

Ich blickte in die Augen des Mannes, doch ich sah nur Leere. Offensichtlich legte Gevatter Tod keine großen Maßstäbe an seine Helfer. Hier war eine aus dem Sumpf der Mittelständigkeit geborene Kreatur, von Burgern, billigem Bier und Fernsehshows genährt, mit einem 7mm Schwanzersatz über der Schulter. Ich fragte mich, wieviel Kraft sein Bauch aus einer Kugel nahm. Würde sie durchschlagen oder steckenbleiben, wie ein Löffel, den man in die Schüssel mit Wackelpudding fallen lassen hat. Unwillkürlich krümmten sich meine Finger fester um den Griff.

"Sie reden wohl nicht viel, was?"

Ich schaute die Pistole an. Fast zärtlich streichelten meine Finger über den Lauf, als mir klar wurde, daß der listige Lumpensammler sich schon auf den nächsten Ritt freute.

 

Hi Magranam und herzlich willkommen hier. :-)

Zu Deiner Geschichte: Hmm. Der Stil gefällt mir, nicht zu viele Schnörkel, flüssig, gut lesbar. So mag ich's.
Der Inhalt? - Entweder habe ich da etwas übersehen oder die Story ist tatsächlich irgendwie unvollständig.

Was haben wir: Einen Ich-Erzähler und einen weiteren Mann, der als Unsympath schlechthin dargestellt wird. Beide tragen eine Waffe und der Erzähler hat soeben ein Eichhörnchen erlegt. Offenbar seine erste Erfahrung mit Schießwaffen, der andere dagegen ist es gewohnt zu jagen. Und während der Dicke noch redet geht irgendetwas mit dem Erzähler durch und er erschießt seinen Gegenüber.

Warum hat er das getan? Nur aus dem Moment heraus, weil er ihm so unsympathisch, so widerwärtig vorkam? :confused:
Die Pointe gefiele mir, wenn klarer zu ersehen wäre, warum der Mann so handelt.
So allerdings bleibt mir da zuviel offen - oder ich hab's nicht kapiert.

und mäandrierten über seinen nicht vorhandenen Hals
Ziemlich geschwollen formuliert.

Tja, vielleicht wird jemand anderes schlauer aus dem Text als ich. ;-)

Ginny

 

Hi!
Ich glaube, dass der Ich-erzähler diesen mann nicht mochte, weil er tiere jagt und ihm selber klar wird, wie wiederlich der dicke ist..?

 

Hi Magranam!

Verstanden habe ich die Geschichte zwar schon, aber sie ist mir doch ein wenig zu kurz. Ich könnte mir das als eine Szene einer längeren Geschichte vorstellen, aber als eigenständige Story ist es doch arg kurz.

Auch hätte ich mir gewünscht, daß du ein bisschen näher auf die Personen eingehst. Offensichtlich kennen die beiden sich ja, sonst würden sie kaum zusammen auf die Jagd gehen. Und warum sollte dein Prot. plötzlich so einen Hass bekommen, obwohl er doch selbst zur Jagd geht und gerade ein Eichhörnchen erschossen hat? Außerdem spricht er von einem "unglaublichen Glücksgefühl". Finde also, daß seine Reaktion ein bisschen übertrieben ist. Geht man eigentlich mit einer Walther PPK schiessen? Scheint mir eine unkonventionelle Jagdwaffe.

Aber gelesen hab ich die Story trotzdem gern, ging ja recht fix. Das hier scheint mir ein bisschen zu umgangssprachlich: " Hat drei Stunden gebraucht, ehe es verreckt ist."

Ich würde schreiben: "Hat drei Stunden gedauert ..."

Mehr fällt mir momentan auch nicht ein.

Gruß
Mike

P.S. BTW: gibt es echt so bescheuerte Typen, die zum Spaß Eichhörnchen erschiessen? Verabscheuungswürdig!

 

Hallo zusammen,

erst mal vielen Dank für die Willkommensgrüße und das Lob :D.

Hm, ich hatte gedacht, die Geschichte funktioniert so, schade. Ich wollte eigentlich noch einen oder zwei Absätze einbauen, aber die wollten mir nicht so richtig aus der Feder flutschen. Vielleicht überarbeite ich die Geschichte noch etwas, dann wird wahrscheinlich auch klarer, daß die beiden sich nicht kennen, sondern nur zufällig im Wald treffen. Der Erzähler ist kein Jäger, sondern probiert nur die Waffe aus, die er gekauft hat.

Naja, dafür ist es ja meine Jungferngeschichte ;) .

 

Der Erzähler ist kein Jäger, sondern probiert nur die Waffe aus, die er gekauft hat.

Aber ist er dann besser als der anderen Mann? Er hat ja eine Minute vorher selbst ein Eichhörnchen zu Matsch geschossen, also ist er doch genauso schlimm. Wo ist da die Moral?

Gruß
Mike

 

Ja, also so ist die Geschichte zu offen.
Mir geschieht das viel zu plötzlich und zu unmotiviert, dass der Erzähler den anderen erschießt - klar, er findet ihn widerlich, aber zum erschießen gehört dann doch noch eine Menge mehr dazu.

 

Hi Magranam,

im Grunde finde ich die Geschichte ganz okay, wenn auch nicht zu Horror gehörig. Das wäre eher was für Spannung.

Ich habe mich gefragt, warum der Mann eine Waffe braucht?
Nur um einmal auszutesten, ob das Ballern auf Tiere - oder Menschen - das Gefühl hergibt, das ihm beschrieben wurde?
Erscheint mir etwas sehr dürftig... da hätte ich mir schon ein wenig mehr Infos gewünscht.

Ansonsten stilistisch gut geschrieben, auch wenn ich glaube, dass es "mäanderten" heisst, aber das weiss ich nicht sicher.

Guter Einstand, wenn auch mit etwas dürftiger Aussage:
Gewalt ist gut. Gewalt ist toll. Ich baller Dir die Hucke voll.
(Die drei Sätze nicht ernst nehmen. Bin grad in witziger Stimmung :D)

Henry Bienek

 

Also, "stundenlange Erklärungen" will ich hier ja auch nicht sehen. Ich habe nichts gegen kurze Geschichten, schreibe ja selbst meist welche. Ich finde nur, es kommt nicht gut genug heraus, dass der Typ der den anderen erschießt ein Psycho ist.

 

Galt das jetz mir? - Ja, ich erkenne dadurch, dass ihn der Schuss irgendwie angemacht hat, aber das reicht mir halt nicht um seine Tat realistisch zu gestalten. In meinen Augen ist der Typ bis dahin wo er schießt kein Psycho, sondern denkt und handelt ganz normal.

 

Zuerst geilt ihn die Schiesserei auf, trotzdem ist er einen Augenblick später von dem fetten Kerl angewidert. Passt für mich nicht ganz zusammen. Da hätte man m.M. nach schon noch ausführlicher schildern müssen, was im Kopf von dem Mörder abgeht. Ich erschiesse schließlich auch nicht jeden, der mich nervt (da gäb's viele Tote *g*).

Wie Ginny schon sagte, in der jetzigen Fassung ist der Mörder ein absoluter Normale. Wie Columbo sagen würden: es fehlt das Motiv.

Mike

 

Danke für die vielen Kommentare.

Es scheint, ich sollte die Geschichte wohl wirklich noch ein wenig ausführen. Daß der Schütze psychologisch nicht ganz dem Durchschnitt entspricht, soll nicht von Anfang an klar sein, aber wenn es euch dann so überrascht hat, dann sollte ich ihn wohl noch etwas ausführen. Die Tatsache, daß über den Hintergrund des Mannes nichts Genaueres bekannt wird, hängt mit der Ich-Erzähler Perspektive und dem verschlossenen Wesen des Schützen zusammen.

Ich habe leider keinen Duden bei mir, aber wenn man sich auf Word verlassen kann (also nicht), stimmt sowohl mäandrieren als auch mäandern. Auch wenn es offensichtlich hier etwas gekünstelt wirkt, wollte ich das Wort schon lange mal verwenden :)
Sobald ich einen Beitrag zur Wörterbörse geleistet habe, wißt ihr also, was euch erwartet ;)

Wenn ich heute noch dazu komme, überarbeite ich die Geschichte nochmal. Muß sich meine Diplomarbeit mal wieder hinten anstellen :)

Thomas

 

So, ich hab die ganze Sache nochmal überarbeitet und eine Menge eurer Kritikpunkte einfließen lassen. Mir gefällt sie so wesentlich besser (das war ein Lob an eure Kritikerfähigkeiten :D).

@Blackwood:
zu bedeuten? Eigentlich nicht. Magranam ist lediglich ein Selbstzweck-Anagramm (und als Name sehr sehr selten vergeben :) )

 

@Blackwood: ich finde schon, daß es in diesem Fall interessant wäre zu erfahren, warum genau der Mann so reagiert. Dein Vorschlag mit den verschieden Zielen (bei Flaschen anfangen und sich immer mehr steigern), wäre für mich eine sehr gute Idee.

Die Geschichte ist jetzt tatsächlich besser geworden, trotzdem stört mich die fehlende moralische Aussage ein bisschen. Denn offensichtlich soll ja eine vorhanden sein. Der Mann verabscheut doch den Fetten.

"7mm Schwanzersatz über der Schulter."

Aber ist der Prot. selbst etwas besseres? Nein! Er hat seine 3mm (oder was eine PPK halt hat) ebenfalls in der Hand. Anscheinend hat er selbst kein angenehmes Leben, sonst würde er nicht mit Waffen rumspielen. Einfach zu sagen "Ja, der ist halt irre" klingt für mich nicht überzeugend genug. Da hätte mir dein Vorschlag besser gefallen.

Hier noch ein kleiner Fehler: "das Gewicht von Zehn". Da solltest du schon noch "Männer" ergänzen.

Gruß
Mike

 

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