HeuteIstGesternMorgen.
HeuteIstGesternMorgen.
Im Chefbüro des Fernsehsenders "EWG 3" meldet sich die Sprechanlage:
Chef, Herr Schmidt ist hier und möchte Sie sprechen.
Chef: Soll reinkommen.
Schmidt: Hallo Chef, darf ich kurz stören? Ich arbeite an ein paar neuen
Ideen und hätte gern ein kurzes Feedback von Ihnen.
Chef: Klar, Schmidt, für meinen besten Produzenten hab ich doch immer ein
offenes Ohr!
Schmidt: Bester Produzent, naja, stimmt, aber hören Sie sich erstmal mein
neuestes Konzept an.
Chef: Okay, ich höre.
Schmidt: Ich verfolge ja immer aufmerksam die Einschaltquoten der Konkurrenz
und diese ganzen Ostalgie-Shows haben ja doch eine ganze Menge Zuschauer vor
den Bildschirm gelockt und ...
Chef: Sagen Sie jetzt nicht, sie wollen einen müden Aufguss davon machen,
also da kann ich Ihnen gleich ...
Schmidt: Nein, nein, lassen Sie mich bitte ausreden.
Da hab ich so zu mir gesagt, Schmidt, hab ich gesagt, du bist ja auch nicht
von "gestern". Schade eigentlich, wo sich ein "Gestern" doch gerade so gut
verkauft. Also, was wollen die Leute? Das Ohr am Puls der Zeit, nun scheinbar
ja nicht. Also dachte ich mir, und Chef, jetzt halten Sie sich fest. Wie wäre
es mit einer Drittes-Reich-Nostalgie-Show?
Chef: Schmidt, drehen Sie jetzt völlig ... obwohl, erzählen Sie mal weiter.
Schmidt: Danke. Leider gibt es ja nicht mehr so viele Zeitzeugen, aber so
ein paar Nachrufe usw. werden ja wohl hinzubekommen sein. Die Riefenstahl ist
ja auch noch nicht lange kalt, da ließe sich doch bestimmt etwas machen.
Natürlich wird alles Schlechte im Vorfeld ausgeklammert, sowas wollen die
Leute ja nicht, kennt man ja. Laden wir einfach ein paar Nachfahren von
wichtigen Persönlichkeiten des Regimes ein. Goebbels hat doch bestimmt
irgendwo einen Enkel, der ähnlich tickt, oder meinen Sie nicht?
Chef: Bestimmt, aber ist das abendfüllend?
Schmidt: Sicher, ein paar Statistiken, schön bunt und nicht zu trocken
aufbereitet, ein paar Firmenbosse, die auch heute noch davon profitieren,
Stichwort Holcaustdenkmal.
... und Hand aufs Herz, irgendeinen Verückten, der vorgibt, Hitlers unehelicher
Sohn zu sein, wird sich doch auch auftreiben lassen, wir haben bestimmt was
Passendes in der Kartei. Das Studio schön in Braun gehalten, echte Nostalgie
halt. Ach, ich hab so viele Ideen, aber bevor ich diese jetzt vertiefe, hätte
ich gern mal Ihre Meinung gehört.
Chef: Schmidt, Sie haben mich überzeugt - und an wen haben Sie als Moderator
gedacht?
Schmidt: Da bin ich offen, vielleicht den Spengemann.
Chef: Ach was, Spengemann!
(Betätigt die Gegensprechtaste der Sprechanlange)
Jutta? Holen Sie mir mal den Hohmann ans Telefon ...