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Heute hätte es soweit sein müssen

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07.04.2020
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Heute hätte es soweit sein müssen

Heute ist es soweit.
Immer wieder sagt er sich diesen Satz, zuerst nur in seinem Kopf, dann leise vor sich hin, am Ende als ein Kampfschrei, der Passanten aufschreckt. Eine Frau mit Kinderwagen wechselt sogar die Straßenseite, als dieser Mann schreiend auf sie zu rennt. Denn ähnlich wie das Mantra, das durch seinen Körper schalt, hat sich seine Geschwindigkeit immer weiter gesteigert. Was als ein aufwärmendes Joggen begann, steigert sich schnell zu einem Vollsprint, so intensiv, dass er der Frau nicht mal etwas zurufen kann, um ihr zu erklären wie sehr sie übertreibt. Er versteht nicht wie er gefährlich sein könnte. Doch er hat keine Zeit, keine Lust, keine Kapazitäten sich über die Befindlichkeiten dieser übervorsichtigen Frau Gedanken zu machen. Seine gesamte Konzentration richtet sich auf ihn selbst, seinen Körper, den Wettkampf.
Als er die Sporthalle, die der Austragungsort seiner persönlichen olympischen Spiele ist, erreicht, pumpt sein Herz das Mantra in hoher Frequenz durch seine Venen. Man könnte meinen das Blut schieße ihm gleich aus den Ohren, um Platz für dieses Mantra zu machen. Er ist auf dem Höhepunkt jeglicher körperlichen Fitness. Die Muskeln zeichnen sich am engen Tanktop und der kurzen Hose ab. Die Adern und Venen ragen aus der Haut, durch sie läuft nur das Mantra. Er ist kein Mann mehr, kein Sportler, er ist ein Gott. Sein Herz, das Herz eines Stieres, ach was das Herz eines Blauwales! - Obwohl ja ein Blauwal als Hyperbel besser passt, da größer, werde ich mich an das empfohlene Stier halten; mir sind da die Hände gebunden. Er bleibt stehen und stößt einen Schrei aus, gleichzeitig klopfen, nein, stoßen seine zwei Hände auf seine Brust. Die Frau mit dem Kinderwagen, mittlerweile weit ihm Hintergrund, scheint ihren Schritt zu beschleunigen, aber das merkt der Mann mit dem Herz eines Blau- Stieres – Verzeihung - nicht.

Da sieht er seinen Kontrahenten bequem aus dem Auto steigen, und es ärgert ihn, treibt ihn noch mehr an, dass er, der gerade beschriebene Herkules, so viel Aufwand betreiben muss, um - diesen Wicht, diese Made, diese traurige Parodie eines Mannes - seinen Cousin im Squash zu schlagen. Nur der Anblick seines schütteren Haars, seiner dürren Gliedmaßen, wie er sich seine Zigarette anzündet, während er aus dem Auto steigt – nicht mal zu Fuß konnte er kommen – lassen dieses Bild eines Mannes erbeben und an die ganzen vergangenen Partien denken. Schlimmer noch als die Niederlagen, als die Tatsache, dass er oftmals trotz seiner athletischen Überlegenheit chancenlos war, war das Gehabe der Made. Wie er ihn lobte, wenn ein Schlag gut war, wie er die Dreistigkeit besaß ihm nach deutlichen Siegen die Hand zu reichen und von einem guten Spiel zu sprechen, wie er immer anbot zu zahlen, als wäre er jemand besseres, wie er - bei Gott - es allen Ernstes wagte Tipps zu geben. Also wer da nicht wütend gegen eine Wand schlagen möchte, bei der Vorstellung ihm würde so eine Untat wiederfahren, dem kann ich auch nicht helfen, aber ich bin hier unwichtig. Aber Hilfestellungen! Doch heute ist ein besonderer Tag, denn heute ist es soweit. Heute muss es soweit sein. Sie hatten länger nicht mehr gespielt; Zeit, die für Squashstunden genutzt wurde. Heute ist der Tag, an dem nicht nur Paroli geboten wird, sondern die Made zertreten wird, ihr dann die Hand gereicht und ein gutes Spiel zugesprochen wird. Es wird eine glorreiche Angelegenheit!

„Maxi! Wie immer pünktlich und sogar schon warm gelaufen; entschuldige, ich muss mich noch umziehen; hatte ein bisschen Stress auf dem Weg“, wird der Gott jeglichen Wettkampfes begrüßt.
„Mein Name ist Maximus.“
Maximus will zu der klassischen Begrüßung des festen Händedrucks übergehen, aber wird in eine Umarmung rein gezogen; zudem zu lang.
„Es ist schön dich zu sehen, Maxi- Maximus, tut mir leid.“
Sein Cousin löst sich aus der Umarmung, lächelnd und hebt die Hände, in einer die Zigarette, Unschuld beteuernd in die Höhe.
„Wärm schon mal den Ball auf, während ich mich noch umziehe“, während er das sagt, will er das Auto abschließen und lässt seine Zigarette nach einem abschließenden Zug fast noch ungeraucht auf den Boden fallen.
„Warte kurz. Miguel! Ich will mein Handy und Geldbeutel in deinem Auto lassen.“
„Du sollst mich doch Mickey nennen, Miguel war mein Vater.“ Wieder lächelt er dabei. Wie die Maus!

Nach Verstauen seiner Wertgegenstände, steht Maximus auf dem Court und wärmt den Ball auf, während er die Intensität seines Körpers aufrechterhält. Der Stier darf nicht ruhen! Mit der ganzen Kraft, die in seinem Arm steckt, schleudert er den kleinen Gummiball gegen die Wand, immer wieder, kein Weg ist ihm zu lang, jedes Mal sprintet er hin und drescht den Ball wieder an die Wand. Man könnte meinen die Wand wäre eine Exfreundin, mit so viel Kraft und Hass drescht er den Ball gegen sie. Bei jedem Schlag, heute ist es soweit. Wand, Boden, Schläger, heute ist es soweit, Wand, Boden, Schläger, heute ist es soweit…
„Buena! Hast dich seit letztem Mal echt stark verbessert, aber vergiss nicht; hier oben muss der Schläger sein.“
Er zeigt es mit seinem Schläger an, während er auf das Court steigt. Gleich werden dir deine dummen Kommentare im Hals stecken bleiben, Maximus lacht in sich hinein.
„Bevor ich es vergesse, wegen deinem Jahrestag, ich kann die Kleine gerne nehmen.“
Unfassbar, da versucht er tatsächlich Maximus abzulenken; doch heute nicht, mein Freundchen, denn heute ist es soweit.

Wie immer spielen sie drei Matches. Das Erste verläuft ähnlich wie alle bisherigen Matches, Miguel - ich sage nicht Mickey, um Maximus nicht zu verärgern - gewinnt es souverän und begleitet seinen Sieg mit aufmunternden Schulterklopfern und positiven Zurufen bei guten Schlägen seines Kontrahenten. Die Technik in Miguels Schlägen ist einfach eine Augenweide, wie er Maximus über den Court jagt; jeder Ball da wo er ihn möchte. Doch ich will jetzt nicht-squashaffine Leser nicht abschrecken. Denn nicht nur den Ball schlagen sie sich gegenseitig zu, sondern auch Ausrufe, Miguel die eben erwähnten lobenden Worte und Maximus Flüche.
Doch Maximus kann mehr Punkte erzielen als üblich. Dies und der Anblick Miguels kann die Motivation, trotz Niederlage, aufrechterhalten. Der Schweiß perlt auf seinem ganzen Körper und nach Luft ringen muss er auch; das passiert sonst nie. Heute ist es soweit. Jetzt wird er sehen was das Herz eines Stieres ausrichten kann.
Während des zweiten Spieles werden die Ausrufe und Glückwünsche Miguels leiser und seltener, während die Ausrufe Maximus nicht nur lauter und häufiger werden, sondern auch positiver. Mit jedem Ballwechsel scheint Energie aus Miguel zu weichen. Bälle, die sonst mit Leichtigkeit beantwortet wurden, kann er nicht erreichen, bei manchen versucht er es nicht mal; vielmehr scheint er schon Probleme mit dem Atmen zu haben. Fällt heute der, eher an David erinnernde, Goliath zu Boden?
Maximus bemerkt den Abfall des Könnens Miguels bei Vergleich der beiden Spiele nicht, sondern interpretiert den Vorsprung als einen Anstieg seines Könnens. Beim Sieg, Maximus ersten überhaupt, stößt er einen Schrei aus, vielleicht hätte das Herz eines Brüllaffen besser gepasst – kichern, ich entschuldige mich erneut. Beide Kellnerinnen, die in der Mitte der Halle Getränke anbieten, zucken zusammen und schauen sich kurz lächelnd an, sonst scheint den Schrei niemand gehört zu haben.
Mühsam presst Miguel einige Worte raus: „Gutes Spiel,- - pausa?“
Der Siegesrausch verbietet es dem Sportgott mit dem Herz eines Stieres auf diese Pause einzugehen; viel mehr, sieht er diese Bitte als letzter Versuch eine Niederlage abzuwenden.
Letztes Spiel. Miguel hat Aufschlag. Beim letzten und entscheidenden Spiel ist Miguel still geblieben, wirkt unsicher auf den Beinen. Doch niemand scheint es wahrzunehmen, Maximus hat nur Augen für den Ball und die wenigen, anderen Leute scheinen sich nur für die Kraft Maximus´ zu interessieren. Bei jedem Punkt scheinen mehr Leute auf das Spiel aufmerksam zu werden, gegen Ende fiebern alle mit ihm mit, jeder Punkt Maximus´ wird bejubelt, jeder Miguels mit Schimpfworten quittiert, bis die Halle, das Kolosseum in eine Welle er Euphorie ausbricht, als der letzte Ball tief in einer der hinteren Ecken aufkommt; von Miguel nur von der anderen Seite angestarrt wird - oder es hätte werden müssen - und dann das zweite Mal den Boden berührt. Ende. Sieg. Maximus reißt sich das Tanktop runter, stellt sich breitbeinig hin, ballt die Fäuste vor seinen Unterbauch und stößt aus seinem angespannten Körper den Schrei eines Triumphators aus. Alle jubeln ihm zu - natürlich geschieht dies alles nur in ihren Köpfen, keiner würde auf die Idee kommen solche Emotionen in der Öffentlichkeit zu zeigen.

Der Geschlagene versucht Glückwünsche in Richtung des Gewinners zu schicken, doch reicht es nur für einen kurzen Daumen nach oben. Er sieht aus als wäre er gerade aus einer Dusche gekommen so nass war er vom Schweiß, angelehnt an eine Wand. Der Handschlag und das höhnende Lob Maximus folgen zugleich, aber sie erzielen die gewünschte Wirkung nicht. Maximus´ Körper und Geist kommen wieder zur Ruhe; die Ordnung, so wie sie gehört, ist eingekehrt. „Hab‘ dich ganz schön müde gespielt, siehst richtig fertig aus.“
Nicken.
„Nun, ich geh dann mal, die Frau wartet, diesmal darfst du gerne zahlen.“
Maximus will schon gehen, seine Pflicht ist getan, aber Miguel hebt die Hand.
„Warte,- wir sollten ein Bier trinken,- dein erster Sieg- aber lass mich noch kurz- in der Saune entspannen.“
Der Sieger erklärt, dass die Zeit zu knapp sei, und verabschiedet sich; lässt den Geschlagenen allein zurück. Nachdem er den Schläger zurückgegeben, die Toilette besucht und einige Meter in Richtung seiner Wohnung gegangen ist, währenddessen die Szenen seines glorreichen Sieges in seinem Kopf abspielend, fallen ihm seine Wertsachen wieder ein. Er dreht um, läuft an dem Wagen vorbei in die Halle. Wann wird sich Miguel endlich einen mit automatischer Schaltung zulegen wie jeder andere auch?

Mit der Hoffnung nicht in die Sauna zu müssen, schaut sich Maximus in den Umkleiden um, mittlerweile mit Ruhepuls, aber immer nur an den Sieg denkend. In einer Ecke sitzt dieser traurige Haufen. Der Schweiß scheint nicht weniger, sondern mehr geworden zu sein. Mit den Ellenbogen auf den Oberschenkeln gelehnt, versucht der Haufen immer noch zu Luft zu kommen. Miguel nimmt den näherkommenden Cousin nicht wahr. Erst als dieser nach dem Autoschlüssel fragt, schaut er auf.
„Puta, que calor que hace!“
Normalerweise macht Maximus es rasend, wenn Miguel etwas auf Spanisch sagt. Musste er ihm reindrücken, dass er es nicht kann? Doch im Licht des Sieges, bitter er lediglich um Übersetzung.
„Perdón, heiß hier drin, als wäre ich schon in der Sauna.“
Wieder dieses süffisant, freundliche Miguellächeln. Doch was redet er da? Es ist gar nicht heiß in dieser Umkleide, man könnte sogar von leichter Kühle sprechen, und das sage ich, nicht nur Maximus. Dennoch sieht Miguel tatsächlich aus als wäre er schon in der Sauna.
„Sicher, dass du nicht noch ein Bier willst; ein anderes Getränk?“
„Hab‘ wirklich keine Zeit. Brauch‘ nur deine Schlüssel kurz.“
„Vamos, amigo, una cerveza!“
Die Diskussion geht noch ein wenig weiter und Maximus versteht nicht warum Miguel so versteift darauf ist, dass er noch bleibt. Nach einiger Zeit nimmt er sich den Schlüssel selbst - Miguel reagiert auf diese Handlung kaum - und nähert sich der Tür. Als er gerade die Klinke der Tür berührt, hört er den Satz, der in verschreckt.
„Lass mich nicht alleine, por favor.“

Mit einem Mal, fast wie von Zauberhand, sind die Gedanken an den Sieg verschwunden. Vielleicht haben sie sich nur für einen Moment gesetzt, um anderen Gedanken kurzzeitig das Steuer zu überlassen. Zumindest für eine Weile sind sie aber weg. Traumhaft! Die neuen Gedanken sind noch etwas durcheinander; sie sind noch nie in dieser Position gewesen. Allein müssen sie dennoch nicht lange bleiben. Ohne viel Verzögerung, kommen Worte zur Unterstützung hinzu. „Steh auf! Los, Miguel, ich bringe dich ins Krankenhaus.“
„Was redest du denn? Ich brauche nur kurz Erholung, einmal durchatmen.“
Bevor Miguels Worte nun durch die Kavallerie der Taten, in Form von Gestiken, die diesen scheinbar wirren Vorschlag wegwischen wollen, unterstützt werden können, drängen sich Maximus Taten in den Vordergrund und verbieten jegliche Widerrede. Zu dritt können sie Miguel dann überzeugen, dessen Kräfte, wie fairerweise anzumerken ist, sich noch anderen Sachen widmen müssen. Maximus stützt seinen Cousin auf.
„Keine Widerrede mehr. Das Bier können wir noch danach trinken.“
Als sie die Treppe, die in die Umkleiden führt, mit subtiler Unterstützung für den Schwächeren besteigen, zeigt Miguel auf die Hintertür.
„Por atrás.“
Aus irgendeinem, seinen Geist benebelnden Grund, denkt Miguel wohl, dass der Schweiß und seine Atemnot nicht schon jedem, der sich dafür interessiert, seine missliche Lage klar gemacht hätten, dass er immer noch versucht sie zu vertuschen. Nun wirklich interessieren tut sich auch keiner; denn beide Kellnerinnen sind beschäftigt. Um weitere Diskussionen zu vermeiden, akzeptieren die neuen, herrschenden Gedanken den Weg durch die Hintertür ins Auto.

Schnell soll es gehen, Zustand wartet nicht, einsteigen, anschnallen, losfahren, Krankenhaus.
Diese kurzen, zielgerichteten Gedanken, die sich nicht einmal wirklich formen, da sie vor Zielgerichtetheit direkt zu Taten werden wollen, werden, in Anbetracht von Miguels Symptomen, zu welchem sich bald Schmerzen in der Brust gesellen werden - entschuldigen sie den Vorgriff – leider, in einer, aus Maximus‘ Sicht, die wohl aus vielerlei Gründen benebelt ist, aber in diesem Fall aufgrund der Stresssituation, unerwarteten und aufrührerischen Weise von eben diesem Gefährt, welches eigentlich an dem Wohlergehen seines Besitzers interessiert, ja sogar darin investiert sein sollte, unterbrochen beziehungsweise gänzlich zum Stillstand und zu einer Evaluation der Lage gezwungen.
Was ich im Grunde sagen will ist, dass dieser alte Wagen, aus unerklärlichen Gründen, vielleicht durch Gottes oder sogar meiner Hand herbeigeführt, bei Start, besser bei versuchten Start durch den Fahrer, statt seinen Dienst zu tun und sich in Richtung Krankenhaus lenken zu lassen, lieber beide Insassen unter Motorgeräuschen durchschüttelt. Dieser Vorgang wiederholt sich noch einmal, also bitte ich Sie nochmal eben gelesene Sätze zu lesen, um ein Gefühl für die Zeitverschwendung zu bekommen. Als der Fahrer ein drittes Mal durchgeschüttelt werden will, man könnte meinen er wäre mittlerweile bereits wach geschüttelt worden, unterbricht ihn Miguel, und damit erlöst er auch mich von dieser lächerlichen Vertuschung von Schwächen.
„Vergiss nicht, dass das kein Automatischer ist; die Pedale.“
Er sagt dies leise und lächelnd, obwohl er es laut oder zumindest verärgert hätte sagen müssen. Beschämt sagt der Fahrer nichts und hofft, dass seine Fehler vielleicht nicht bemerkt werden. Das Auto fährt endlich an, wobei die Fahrt sehr unsanft verläuft, da der Fahrer mehrmals vergisst zu schalten und generell, dass er nicht in einem „Automatischen“ sitzt. Dies verzögert einiges, da das Auto sich, natürlich komplett willkürlich und aufgrund niemandes Schuld, ausschaltet oder nicht richtig beschleunigen möchte. Da sind ja Pferde weniger bockig!
Wie schon angedeutet, informiert Miguel, der immer bleicher wird, seinen Cousin in zurückhaltender Weise, als wolle er ihn nicht beim Fahren stören, über Brustschmerzen. Die Probleme des Autos finden, auf der Mitte der Strecke zum Krankenhaus, einen Höhepunkt, als es auf einer Anhöhe stehen bleibt, sich die Scheinwerfer schüttelnd weigert weiterzufahren und dann sogar langsam wieder runterrollt. Zusammen mit dem Anblick seines Cousins - Hand auf der Brust, schweres Atmen, kalter Schweiß, immer leererer Blick – scheint die Anhöhe der letzte Tropfen für diesen Ozean zu sein, dass Maximus endlich um Hilfe fragt, fast flüstert er:„Ich- bin nicht so versiert mit einer Kupplung, kannst du mir vielleicht beim Fahren Tipps geben.“
Und siehe da, die restliche Fahrt verläuft schneller.

Abseits vom Trubel der Stadt liegt, überraschend ruhig, fast schon surreal, das Krankenhaus in mitten von Grünanlagen in seiner klinischen Weisheit, verziert mit Glas, das uns erlaubt auch weiterhin dem Geschehen zu folgen. Ruhiges Geplapper neuerer, in schweren Zeiten entstandener Freundschaften aus den verschiedenen Gärten wird begleitet vom Gesang, vielleicht auch nur Geplapper, der Vögel und dem Rauschen leichten Windes. Man könnte vergessen wo man sich befindet, wenn nicht in einer scheinbaren Ferne ein durchdringender Ton zu vernehmen wäre, der möglicherweise von einem Herzmonitor stammt, aber ignorieren wir das jetzt einfach für einen Moment.
Lange wehrt dieser Moment nicht, denn am Horizont, von der Zufahrtsstraße zur Klinik kommend, ist schon der Klang eines Motors, der nicht mehr unterbrochen wird und sich entfalten darf, zuhören. Schnell wird der Klang zu einem Geräusch und das Auto fährt, unter vereinzelten Blicken der Gärten, vor den Haupteingang des Krankenhauses, viel weiter als Autos normalerweise fahren. Quer und schief hält das Auto an und von der Fahrerseite steigt Maximus aus, der sofort das Gefährt umrundet, um Miguel hinaus zu helfen, dessen Schmerzen heftiger, aber Präsenz vager geworden ist. Beobachtet wird dies nur von einem rauchenden Mann im Kittel, der nebenbei telefoniert.
„Ich verstehe nicht, wie sie die Stelle bekommen konnte! Sie war wie für mich gemacht!“
Erleichtert erblickt Maximus den Mann, ruft ihn um Hilfe an und geht, mit dem auf sich gestützten Miguel in seine Richtung.
„Ich habe gerade Pause und rauche, folgen sie dem Strich!“
Wer in diesem Moment verdatterter war, ist wohl schwer zu sagen, ob Maximus oder der Raucher. Konnte er denn nicht sehen, dass er telefonierte?

Innerhalb des Gebäudes finden sie sich in einem Labyrinth wieder, ohne dem roten Strich auf dem Boden, der zur Notaufnahme führt, wären sie wohl verloren gewesen. Nicht nur die vielen Schilder und Beschriftungen der Gänge und Türen mit Zahlen, Buchstaben und kryptischen Zeichen sorgen für Verwirrung, sondern auch eine unglaubliche Leere. Gibt es denn weder Kranke noch Ärzte an diesem Ort, geschweige denn Krankenpfleger oder Reinigungspersonal? Die einzige Hoffnung bleibt dieser rote Strich auf dem Boden, dem wohl viele andere, in ähnlichen Situationen schon blind gefolgt sind; aus Mangel an anderer Hilfe. Mit jedem weiteren Gang, jeder weiteren Kurve wird der Körper, den Maximus mit sich zerrt schwächer, die Verzweiflung größer, mitten in dieser Wirrnis aus mittlerweile komplett unverständlichen Schildern. Allein steht Maximus in einem dieser vielen Gänge, Miguel gehört eigentlich gar nicht hierher, hätte es wohl allein weiter geschafft.
„Pausa?“
Bevor Maximus die Frage beantworten, bevor er sie verarbeiten kann, setzt sich, fällt Miguel auf den Boden. Schweres Atmen, eine Hand permanent an der Brust.
„Gracias, por todo, Maxi.“
Auch Maximus kommt nun schwerer zu Luft. Er beugt sich zu seinem Cousin runter.
„Ich komme sofort mit Hilfe.“
Ein Lächeln, ein Nicken.
„Halte durch, Mickey, un poquito mas.“

Der rote Strich führt einen endlosen Korridor entlang, nach ein paar Metern, Mickey ist noch in Sichtweite, sind Geräusche von vielen Menschen aus einem Quergang zu hören. Maximus fasst einen schnellen Entschluss und verlässt den roten Strich, dem Lärm folgend, in der Hoffnung er käme von jemandem, der helfen kann. Aus einer bestimmten Tür scheinen die Geräusche zu kommen.
Auf einmal befindet er sich in einem Saal, der stark an einen Wartesaal erinnert. Mehrere Reihen an Bänken, an einer Wand einige Kaffee- und Snackautomaten, eine kleine Ecke mit Spielzeug, Leute, die mehr oder weniger krank oder verletzt aussehen, da neben andere Leute, die besorgt auf die ersten schauen und mittendrin sitzt ein Mann hinter einem tresenartigen Schreibtisch, über ihn das leuchtende Schild, das das Wort Notaufnahme zeigt.
Sofort geht, läuft Maximus auf diesen Empfangsmann zu und fängt an schnell und möglicherweise schwer verständlich von seinem Cousin, vom Squash und den Symptomen zu sprechen. Träge schaut der Mann von seiner Arbeit auf und zeigt nur kurz in eine Richtung. Bei Folgen des Fingerzeigs sieht man einen Bildschirm, der verschiedene Zahlen anzeigt, darunter eine Anlage mit einem Knopf.
Maximus versteht nicht; verlangt dieser Mann wirklich, dass er eine Nummer ziehe? Intensiver versucht er dem Mann seine Situation klarzumachen, während dieser sich wieder in seine Arbeit vertiefen will.
Lethargisch schaut der Mann auf und sagt: „Nehmen sie eine Nummer und warten sie bis sie dran sind!“
Doch Maximus lässt nicht locker, redet weiter auf den Sekretär ein. Wie kann ihm nicht klar sein wie ernst die Lage ist? Hatte er gar kein medizinisches Gefühl? Aus dem nichts erwacht der Mann aus seiner Lethargie und haut fest auf den Tisch.
„Verdammt noch mal! Ich habe gesagt sie sollen gefälligst eine Nummer ziehen und warten. Spielen sie sich nicht auf! Das ist mein Wartezimmer und ich habe hier die Autorität. Die lasse ich mir auch nicht von irgendeinem dahergelaufenen Trottel, der denkt er wüsste was irgendwelche Symptome bedeuten, untergraben. Hören sie auf sich wie eine hysterische Frau zu verhalten und ziehen sie eine Nummer!“
Alle Wartenden schauen neugierig zu den Diskutierenden, einer nickt sogar zustimmend. Ha! Der lässt sich nicht herumkommandieren und steht seinen Mann! Als aus einer der Türen, die in die Behandlungszimmer führen, eine Ärztin kommt, um einen neuen Patienten zu rufen, wird auch Maximus laut; weil ihm sonst nichts anderes mehr einfällt.
„Mein Cousin sitzt da draußen im Korridor mit Schmerzen in der Brust, kaltem Schweiß…“

Herzinfarkt! Trotz der schon lauten, streitenden Männer durchbricht dieser laute Ausruf der Ärztin die Stille des Raumes, der Rest ist unwichtig. Einige Wartende schrecken auf, Maximus zuckt bei diesem Wort zusammen, in einer Ambivalenz zwischen Erleichterung und Angst, der Sekretär verstummt in seiner gerade anschwellenden, erneuten Widerrede und schaut beschämt in seine Arbeit zurück. Vielleicht hat ja niemand etwas gemerkt. Was darauffolgt geschieht für Maximus in einer Art Trance. Er führt die Ärztin und zwei Pfleger zu seinem Cousin, dieser wird schnell auf eine Bahre gehievt, verschwindet hinter einer Tür, die mit einem rot blinkenden Licht versehen ist, durch die Maximus nicht durchdarf, keine weitere Interaktion mit Mickey.

Achtlos wird eine Tür aufgestoßen, sie schlägt gegen die Wand und schwingt mehrmals hin und her bevor sie wieder stillsteht. Durch sie schlurft dieser eingefallene, apathische Mann, in losem Tanktop und Shorts gekleidet. Sein Schatten scheint zu fehlen, stattdessen zeichnet ihn eine Unruhe aus. Wahrscheinlich ist er krank, sonst wäre er ja nicht hier. Er setzt sich auf eine leere Bank und lehnt seinen Rücken an die Wand. Nach einer Weile, in der er gleichzeitig an die Decke und nicht an die Decke gestarrt hat, lehnt er sich nach vorne; Ellenbogen auf die Schenkel. Er scheint sich die Ohren zuzuhalten. Die Unruhe scheint stärker zu werden, er zittert. Vielleicht sollte ihm jemand sagen, dass er eine Nummer ziehen muss, sonst kommt er nicht dran.

Der Sportgott läuft mit pochendem Herz auf die Squashhalle zu, regelmäßiges Atmen, Miguel steigt aus seinem Wagen, Schaltgetriebe, durchgeschüttelt, heute ist es soweit, der Ball fliegt durch den Court, regelmäßiges Atmen, schweres Atmen, Schweiß, ganz natürlich, da das Spiel intensiv ist, leise aus der Ferne fragt jemand nach einer pausa, keiner antwortet, der Ball kommt zweimal auf, das Kolosseum jubelt auf, immer weiter, der Ball fliegt schneller, noch ein Punkt, die Frau wechselt die Straßenseite, wieder jubelt das Kolosseum, der steht seinen Mann, zustimmendes Nicken im Wartesaal, das hier ist sein Squashcourt, mehr Schweiß, stoßweises Atmen, amigo, una pausa, einzige Antwort: ein geschmetterter Ball, das Adrenalin schießt beim kommenden Sieg durch seine Venen, durchgeschüttelt, wieso startet das Auto nicht, Schaltgetriebe, endlich gewonnen, heute war es soweit, die Menge jubelt, wo ist der Lorbeerkranz, will jemand ein Foto, Schweiß, kalter Schweiß, schweres Atmen, sonnen im Ruhm, durchgeschüttelt, lass mich nicht allein, ist gut, bin gleich nach der Operation bei dir, folgen sie einfach dem Strich auf dem Boden, Gänge, Abbiegungen, kryptische Zeichen, Schweiß, Atmen, Schmerzen in der Brust, eine unbezwingbare Anhöhe, Schalten, heute ist es soweit, eine Stimme, neben ihm sitzend fragt nach einer pausa, nein, etwas stürzt, es ist nur der Ball, Punkt, es ist ein Weltbild, doch nur Miguel, durchgeschüttelt, Herzinfarkt, kein dahergelaufener Trottel, der Sekretär, mindestens zwei Meter hoch, er spielt auch Squash, schleudert die Bälle an die Wand, kein Lob bei einem guten Schlag, musst schon selbst wissen wie es geht, Schmerzen in der Brust, ein Schrei nach pausa, keine Antwort, wieder die Gänge, wo ist Miguel, wie ist Miguel, umdrehen, hinter ihm sind nur Squashfelder, vielleicht gewinnt er ja heute, er hat ja trainiert, die Frau mit dem Kinderwagen sollte gleich in eine andere Stadt ziehen, durchgeschüttelt, durchgeschüttelt, Herzinfarkt, Herzinfarkt, Miguel schüttelt ihn heftig durch, er schreit ihm pausa ins Gesicht, es ist doch nicht Miguel, es ist der rauchende Kittelträger, der Sekretär, es ist sein Vater, er hört nur noch pausa, sonst nichts pausa, pausa, wieso hat er sie nicht gewehrt, lass mich nicht allein, ich komme nach der Operation, pausa…

Ein kleiner Junge wartet mit seiner Mutter auf den Vater, denn dieser hat sich mit einem Messer verletzt. Der Junge findet das komisch, weil die Mutter immer kocht. Leider hat seine Spielekonsole keinen Akku mehr. Gezwungenermaßen schaut er auf und sieht einen Mann in losem Tanktop. Interessiert beobachtet er ihn. Plötzlich springt dieser auf und schreit nach einer Pause. Er wartet doch auch, wie viel mehr Pause kann es denn geben? Der Mann fängt an gegen die Wand hinter ihm zu schlagen, immer fester, weiter Pause rufend. Viele Wartende schauen peinlich berührt weg, nur der Junge ist wie gebannt. Ob der Mann es schafft ein Loch in die Wand zu schlagen? Eine Krankenpflegerin kommt in den Raum und sieht die arme Wand.
„Was zur Hölle machen sie da?“
Der Mann dreht sich um, mit erhobener Faust in Richtung Krankenpflegerin; sie zuckt leicht.
„Ich weiß es auch nicht.“
Leise sagt er das, fast hätte man es nicht gehört, zum Glück war es so leise. Langsam sinkt der Mann in die Knie, seine Arme schlaf an der Seite. Zuerst wenige zögerlich, dann viele selbstbewusst fließen die Tränen aus diesem Mann. Bis auf das Geräusch der Tränen, die auf dem Boden aufkommen, ist der Raum und der Mann komplett still.

Ich muss mich entschuldigen, da ich abgeschwiffen bin, wobei viel mehr, weil ich mich nicht an die Vorgaben gehalten habe. Die Realität verzerrt und entstellt habe! Man kann sich auch zusammennehmen, meinen Sie nicht? Entstellt, pff! Zusammenhänge, die es nicht gegeben haben, soll! Zu dramatisch, zu unrealistisch soll meine Ausarbeitung gewesen sein. Dann gib mir doch verdammt noch mal kein dramatisches Thema. Ein fröhlicher, kleiner Wettbewerb, mehr war nicht verlangt. Wehren sollte ich mich, den Auftraggeber aus meiner Schreibstube werfen und seine lächerlichen Ideen gleich mit. Aber was will man machen, it is what it is, der Strom für den Laptop, das Papier zum Schreiben, ach, der Kopf zum Denken über was geschrieben werden soll muss ja auch bezahlt oder in standgehalten werden. Also muss ich mich an die Vorgaben, nein, pardon, die „objektive Realität“, die nicht änderbare Realität, die naturgegebene Realität – was ein Trottel – halten. Also entschuldige ich mich, aber nicht, weil ich abgeschwiffen bin, sondern, weil sie jetzt dieses Ende lesen müssen.

„Lass mich nicht alleine, por favor!“
Der Satz, der etwas in Bewegung setzen sollte, weht durch die Umkleidekabine, gefiltert durch andere Gespräche über Squash und abflachendem Testosteron nach dem Sport, und kommt bei Maximus als ein weiterer Versuch ihn zu einem gemeinsamen Bier zu bewegen an. Angespornt durch die gute Laune seines, ach Gott, glorreichen Sieges, antwortet er mit einem Lachen und zumindest einem Entgegenkommen.
„Komm du erstmal zur Ruhe in der Sauna. Ich warte oben mit zwei, kalten Bierchen auf dich. Lass mich nicht allein. Du bist echt ein Vogel, aber ein Cleverer.“ Der letzte Satz wird von einem Fingerzeig, der verdeutlichen soll, was für ein Schelm dieser Miguel doch ist, begleitet, während Maximus die Umkleide verlässt. Miguel ist bestimmt froh, dass er sein Bier nicht allein trinken muss, eine andere Reaktion sehen wir nicht mehr.
Ausgelassen setzt sich Maximus an den Tresen, der gleichzeitig als Bar fungiert, in seinem Kopf nur sein Sieg und der lustige Miguel. Vor ihm befindet sich ein Fernseher, auf dem irgendein Fußballspiel läuft, neben ihm ein auf das Spiel konzentrierter Mann. Per Fingerzeig holt Maximus die Kellnerin zu sich und macht deutlich, dass er zwei Bier möchte. Wenig später werden diese auch serviert.
„Na, was ist denn mit ihrem Spielpartner, der sah nicht gut aus nach dem Spiel.“
„Ach, das ist nur der Anblick der Niederlage; habe ihn heute geschlagen; sitzt bestimmt gerade in der Sauna und geht die unnötigen Punktverluste durch!“ Lachend und seinem Nebenmann zuprostend wird dieser Satz gesprochen.
„Wenn sie meinen.“
Sie muss weiterarbeiten.
Die Zeit vergeht, ein Bier wird leerer, das Andere schaler und der Wartende langweilt sich. Der genießt seinen Saunabesuch, aber ganz schön! Aus Zeitvertreib schaut nun auch Maximus das Spiel. Ein Team kämpft, um den Abstieg zu verhindern. Schnell ist klar, dass der Nebenmann mit diesem Team mitfiebert. Als die Niederlage nicht mehr abwendbar scheint, schlägt dieser fluchend mit der Faust auf den Tresen. Maximus sieht zu ihm rüber und erkennt, dass die Augen des Fans leicht feucht sind.
„Nehmen sie sich doch zusammen!“
„Kümmern sie sich um ihre eigenen Angelegenheiten!“
Der Streit, Kampf, was auch immer, wird von den Sirenen eines Krankenwagens unterbrochen, alle in der Halle halten inne, als diese immer lauter wird. Plötzlich - entschuldigen sie die Wortwahl - stürmen die zwei Insassen des Krankenwagens mit einer Bahre durch die Tür runter zu den Umkleidekabinen. Da der Streit vergessen scheint, setzen sich beide wieder.
„Irgendein Schwächling hat sich sicher bei den Gewichten überschätzt.“
„Ja.“
Beide schauen wieder auf den Fernseher, vielleicht besteht ja noch Hoffnung.
Heute hätte es soweit sein müssen.

 
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Hallo Foxxy,

da hast du ja eine lange Geschichte geschrieben. Das führt zu zwei Problemen. Erstens, weniger Menschen werden deine Geschichte lesen. Ich hoffe noch jemand ist dazu bereit und kommentiert. Ich bin zunächst davor auch zurück geschreckt. Wenn ich eine so lange Geschichte sehe, dann denke ich, oh sehr viel Lesezeit und dann nochmal entsprechend viel zeit um alles zu kommentieren. In der Zeit hätte ich wahrscheinlich auch drei andere Geschichten gelesen und kommentiert.

Zweitens, deine Geschichte, verliert aufgrund der Länge den inhaltlichen Fokus. Viele Kurzgeschichten spielen aus gutem Grund nur an einem Ort, haben nur eine Szene. Diese werden dann aber intensiv bearbeitet. Die letzten Geschichten, die ich gelesen habe, spielten wärend einer Autofahrt, eine andere im Wohnzimmer, eine weitere in einem Hotelzimmer. Nur an einem einzigen Ort. Ist keine Pflicht, aber zu Beginn, so denke ich, sinnvoll.

Bei dir gibt es zahlreiche Orte und Szenen: Vor dem Court, auf dem Court, auf dem Weg zum Krankenhaus, im Krankenhaus und an der Bar. Ich denke, zu viel für eine Kurzgeschichte. Nicht jeder Ort muss immer eine ganze Szene werden.

Dein erster Absatz enthält humorige Formulierungen und Übertreibungen. Bin mir nicht sicher, ob dass dem Tenor der Geschichte gut tut. Der Humor wird im Folgenden der Geschichte auch nicht wieder aufgenommen. Und gegen Ende wird es ja richtig ernst.

Nach dem (zu) großen Absatz (doppelt) folgt eine innerer Monolog. Irgendwie finde ich den künstlich und unnötig - tut der Geschichte nicht gut. Auch ist mir, ich glaube zu Beginn, der Monolog zu prominent.

Ich finde etwas schwierig, dass zwei Hauptersonen einen Namen mit "M" haben und auch noch jeweils zwei Spitznamen besitzen, die mit "M" beginnen. Führt zu Verwechslungen.

Manchmal macht du unechte Zeilenumbrüche. Die gibt es eigentlich nur wenn wörtliche Rede folgt. In anderen Fällen, mach doch lieber eine ganze Leerzeile oder eben keine.

Da ich mich jetzt schon inhaltlich umfassend geäußert habe, sage ich mal nichts zur Rechtschreibung und Zeichensetzung. Das ist selbst auczh nicht meine Stärke.

Positiv ist mir aufgefallen: Die Grundidee, der Kern der Geschichte. Ich finde auch die Charakterisierung der Figuren gut gelungen und nachvollziehbar. Ich glaube so einen Maximus kennt jeder. ;-) Auch die letzte Szene in der Bar gefällt mir gut.

Ich hoffe, du kannst mit meinen Anregungen was anfangen. Letztendlich ist es meine subjektive Meinung (im Gegensatz zur objektiven Rechtschreibung) und andere sehen das vielleicht anders. Ich hoffe du bekommst noch weitere Kritik und Anregungen. Falls nicht, dann weiß du, woran es liegt. Aber aus deinem Text kannst du auf jeden Fall was machen, der Grundstein ist gelegt. Braucht noch etwas Überarbeitung.

Liebe Grüße
Asha

 
Zuletzt bearbeitet:

Liebe Grüße,
zuerst mal danke, dass ihr euch den Text durchgelesen habt.
Ich habe mir schon gedacht, dass er für eine Kurzgeschichte als zu lang empfunden werden könnte. Da ich jede Szene wichtig finde, werde ich wohl nichts kürzen, aber manche überarbeiten, da ihr Sinn nicht ganz klar geworden zu sein scheint.
An zu ähnliche Namen habe ich tatsächlich gar nicht gedacht, danke für den Hinweis.
Während ich mit dem Erzähler selbst nicht ganz zufrieden bin, verstehe ich die Kritik an dem Tonwechsel von einem mit Humor angehauchten Anfang in ein etwas ernsteres Ende nicht ganz.
Dennoch auf jeden Fall vielen Dank für eure Eindrücke und Bitte, da ihr ja zumindest an einzelnen Szenen gefallen gefunden habt. ;)
Viele Grüße
Foxxy

 

Hallo @Foxxy

Die Länge einer Kurzgeschichte ist kein wichtiges Kriterium, solange die Leser sich unterhalten fühlen.
Ich hab nach einigen Absätzen aufgegeben. Unter anderem hat mich gestört, dass der Erzähler nicht weiß, was ein Mantra ist. Wikipedia sagt: "... eine heilige Silbe, ein heiliges Wort oder einen heiligen Vers."
Dann folgt das:

Obwohl ja ein Blauwal als Hyperbel besser passt, da größer, werde ich mich an das empfohlene Stier halten; mir sind da die Hände gebunden.
Das empfinde ich als unpassend, da es mich voll aus der Handlung haut.

Die Einführung in den Konflikt:

einen Cousin im Squash zu schlagen.
Da sank mein Interesse gegen Null.
Die Figuren erscheinen mir unglaubwürdig, die Dialoge sind nicht nachvollziehbar und ich schaffe es nicht, eine emotionale Verbindung aufzubauen. Es ist so, dass es mich überhaupt nicht reizt, zu erfahren, wer wen besiegt und warum der Ich-Erzähler so seltsame Sachen denkt.

Na, für mich war das nichts.

Schönen Gruß!
Kellerkind

 

Liebe Grüße,
natürlich ist es kein wörtliches Mantra, sondern ein Übertragenes. Ein Satz, den man immer wieder wiederholt, um ihn zu bekräftigen, an ihn zu glauben. Interessant, dass du dieser Nutzung nie begegnet bist.
Wenn du den vibe nicht fühlst, kann man wohl auch nichts machen und es wird schnell uninteressant.
Dennoch vielen Dank, dass du deine Gedanken und Eindrücke zum gelesenen Teil zu Papier gebracht hast.
Liebe Grüße
Foxxy

 
Zuletzt bearbeitet:

Doch heute ist ein besonderer Tag, denn heute ist es soweit. Heute muss es soweit sein.

Hm, unter anderen Bedingungen hätte ich jetzt lieber einen Beitrag unter „Historik“ kommentiert (keine Bange, lieber @Peeperkorn, ich hab Dich nicht übersehn – wie könnte man das? - und auch Beiträge im copywrite warten darauf, gelesen zu werden), schließlich ist das derzeit neben „Satire“ mein Revier, aber hier brennt‘s und zwar so offensichtlich, dass es mich schüttelt – als wäre die Rechtschreibform spurlos an uns allen vorbeigegangen, dabei ist das Ereignis, dass bis 1996 zusammengeschriebene „soweit“ nicht bewusst a) als Konjunktion in der alten Schreibwaise und b) in allen anderen, den zumeist verwendeten Funktionen – insbesondere als unbestimmte örtlich/zeitliche Angabe - auseinander zu schreiben, da, wo „Dauer“, „Weite“ und „Ferne“ durchscheinen. Nun,

liebe/r/s Foxxy,

nicht erschrecken, obwohl es für die rund 17 Normseiten (die Zeile zu 60 Zeichen unter Courier 12 – der guten alten Type der Schreibmaschine – und 30 Zeilen je Seite) ein nicht zu unterschätzender Aufwand ist – immerhin beherrscht die Falschschreibung Anfang und Ende, mindestens zwölfmal „soweit“ und i. d. R. in der Kombination „heute … soweit“.
Wie angedeutet, früher war alles – wenn schon nicht besser, so doch einfacher – und ebenso oft falsch, „soweit“ ich das sehe. Da wäre es klüger gewesen, einen kurzen Text als Debüt einzustellen, aber so ist das halt, dass man keine Geduld mehr hat und „großartig“ beginnen will und neben der entsprechenden Fehlerquote Langeweile verbreitet, denn rechne ich für jede Normseite nur drei bis vier Minuten, ergibt sich ein einstündiges Mantra und dennoch

herzlich willkommen hierorts!,

und gleich der Tipp von mir, falls Du die Konjunktion („soweit“ i. S. eines „… nachdem, was ...“, „in dem Maße wie …“, „insofern“/“insoweit“) nicht von der der adjektivistischen, unbestimmten Formel „so weit“ i. S. von „(start)bereit / (vor)bereiten / dahin / fertig / gerüstet“ etc. unterscheiden kannst, schreib auseinander – denn die Konjunktion kommt äußerst selten vor (darum verwend ich sie auch jetzt), soweit ich weiß.

Noch ein paar kleinere Anmerkungen seien mir erlaubt, wenn ich schon mal dabei bin:

Immer wieder sagt er sich diesen Satz, zuerst nur in seinem Kopf, dann leise vor sich hin, am Ende als ein Kampfschrei, der Passanten aufschreckt.
Warum diese Doppelung von Reflexivpronomen (sagt er sich) wenn es darauf erläutert („nur in seinem Kopf“) wird? Ich würde die längere Passage streichen ...

Denn ähnlich wie das Mantra, das durch seinen Körper schalt, hat sich seine Geschwindigkeit immer weiter gesteigert.
Hierzu zwo Anmerkungen, zunächst
a), ein Supergau der schreibenden Zunft, nicht so dramatisch wie die Verwechselung vom vielgestaltigen „das“ und der Konjunktion „dass“, aber „schallen“ ver“schalen“ zu lassen ist auch ganz schön daneben ... Und
b) nochmals das Reflexivpronomen, das in der Stellung behauptet, die Geschwindigkeit, also „sie“ habe „sich“ beschleunigt, wo doch „er“ bestimmt, wie schnell oder schneller es zugeht.

Wie schon zum „so/weit“ Problem wäre auch hier alles auf seine Reflexivität zu überprüfen. Am besten die Suchfunktion nutzen, „soweit“ eingeben und hernach „sich“ und jeden Satz überprüfen-

Nun, von Sätzen kleist‘schen Formates rat ich – wiewohl ich auch dazu neige – ab, weil Du selbst in gemäßigter Form den Überblick verlierst, wie bereits hier

Was als ein aufwärmendes Joggen begann, steigert sich schnell zu einem Vollsprint, so intensiv, dass er der Frau nicht mal etwas zurufen kann, um ihr zu erklären[,] wie sehr sie übertreibt.

Zunächst ist mal lobenswert, dass die Kommasetzung zu Infinitiven wie „zu erklären“ zu sitzen scheint, warum dann aber dem darauffolgenden Appendix, einem durchaus „vollständigen“ Satz, der halt von der vergleichenden Konjunktion „wie“ eingeleitet wird, das Komma verweigern?

Und gleich noch einmal

Er versteht nicht[,] wie er gefährlich sein könnte.
Und warum Konj. II bemühen, wenn „können“ eh nur zwo Werte kennt: Entweder man kann oder man kann‘s eben nicht.

Und dann gesschieht von mir nicht erwartetes, hier nämlich

Seine gesamte Konzentration richtet sich auf ihn selbst, seinen Körper, den Wettkampf.
wenn doch mal das Reflexivpronomen „sich“ statt des Akkusativs des „er“ (ihn) gewählt werden sollte.
Ich versuch mal umzuformulieren
"seine ... Konzentration richtet er auf sich selbst" (alternativ ginge statt des Refelxiv- auch das Possessivpronomen, 'richtet er auf sein selbst'), wobei der Körper ja wohl Teil seiner selbst ist. Ein Prothesengott wird unser Held ja nicht sein. Oder?


Als er die Sporthalle, die der Austragungsort seiner persönlichen olympischen Spiele ist, erreicht, pumpt sein Herz das Mantra in hoher Frequenz durch seine Venen.
Schwache Klammern sind allemal unschön, niemand wird den Relativsatz („…, die der …“) auf das Verb „erreichen“ beziehen. Also keine Hemmung vor „Als er die Sporthalle erreicht, die der ...

Und dann passiert, was gerade eben einigermaßen gelungen ist,

Man könnte meinen[,] das Blut schieße ihm gleich aus den Ohren, um Platz für dieses Mantra zu machen.
wenn zwar das Ende der Relativsatzes, nicht aber sein Anfang gekennzeichnet ist.
Und wieder – natürlich – der überflüssige Konjunktiv anfangs ...

Er ist auf dem Höhepunkt jeglicher körperlichen Fitness.
Warum das entbehrliche Infinitpronomen, das zugleich ein unbestimmtes Zahlwort ist und zum abhängigen Adjektiv des „körperlichen“ mutiert?, als reichte nicht der Hinweis auf die körperliche Fitness? (obwohl ich bis dato nicht den Eindruck habe, unser Held zeichne sich durch irgendeine "geistige" Fitnes aus)

Die Adern und Venen ragen aus der Haut, durch sie läuft nur das Mantra.
Nee – die liegen doch nicht frei, die Haut ist doch immer noch „darüber“ … sie, "die" Adern – das sind i. d. R. Venen und Arterien - treten vllt. aus den Gliedmaßen wie Arm und Bein hervor, die Haut hält aber alles zusammen … oder deutlicher: Venen sind (auch nur) Adern

Und wieder ist es ein schlichter Relativsatz, der nach einem Komma schreit

Sein Herz, das Herz eines Stieres, ach was[,] das Herz eines Blauwales!

Und jetzt führt die Geschwätzigkeit zur Katastrophe
- Obwohl ja ein Blauwal als Hyperbel besser passt, da größer, werde ich mich an das empfohlene Stier halten; mir sind da die Hände gebunden.
In der Neutralisierung des Stieres und einem vermeintlich humorvollen Schlenkers

Er bleibt stehen und stößt einen Schrei aus, gleichzeitig klopfen, nein, stoßen seine zwei Hände auf seine Brust. Die Frau mit dem Kinderwagen, mittlerweile weit ihm Hintergrund, scheint ihren Schritt zu beschleunigen, aber das merkt der Mann mit dem Herz eines Blau- Stieres – Verzeihung – nicht.
Wie viele Hände hat der Mann denn? Und auf wessen Brust kann er sonst noch klopfen? Immerhin beschleunigt die Frau und nicht mehr der Schritt …

Ich mach es jetzt kurz: Im Kreise von Familie, Freunden und/oder Bekannten mag die mündlich vorgetragene „Humoreske“ amüsieren.
Kaum der Zunge entkommen, durchwandert das geflügelte Wort den Schädel vom rechten zum linken (oder umgekehrt) Ohr und entschwindet. Schriftlich eingefangen offenbaren sich alle Schwächen.

Und die Aussage

Wenn du den vibe nicht fühlst, ...
an @Kellerkind kannstu getrost auf mich übertragen. Ich fühl lieber (m)ein reales Weib!

Genug geplaudert und ich schließe mit Wolfgang Neuss (nicht nur wegen seines Filmprojektes "Wir Kellerkinder") mit einem freundlichen

frohe Ostern und fröhliche Western!

Het windje

 

Grüße,
ich bedanke mich für die Arbeit und konkreten Hinweise auf Fehler. Zumindest "soweit" werde ich ab jetzt wohl immer getrennt schreiben. Ich hoffe es fällt mir nicht ein, es nur noch als Konjunktion zu benutzen.
Fairerweise muss man wohl sagen, dass der vibe vor lauter Fehlern schwer zu fühlen ist, obwohl er sich sicher irgendwo versteckt hält.
Viele Grüße

 

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