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Herzschlag

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05.11.2005
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Herzschlag

„Wie schnell dein Herz klopft“ Lisa lacht leise in die Dunkelheit. „Bum-bum, bum-bum, bum-bum ...“ Paul schaut sie an. Ihr Gesicht ist so nah vor seinem, dass er zwei verklebte Wimpern über ihrem rechten Auge bemerkt. Er betrachtet sie genau, weiß dabei, dass sie auf keine Antwort oder Reaktion wartet, sie ist beschäftigt mit seinem Herzschlag. Er mag diese Zeitlosigkeit, in der er niemandem etwas beweisen muss oder sich damit auseinander zu setzen hat was werden soll, aus seinem Leben. Ihr Kopf liegt auf seiner Brust, sodass er von oben auf sie schauen kann. Ihr Kinn hebt sich aus der Dunkelheit hervor, ihre kleine Nase, die blauen Augen sind geschlossen. In ihrem Kopf wirbeln alle Gedanken durcheinander, wegen dem Wein und dem süßen Rauch der lauten Musik, die von unten zu hören ist. Ihr geht es gut. Gerade ist einfach alles gut. Der Abend ist hier, hier bei ihr. Mit ihm. Sie ist zufrieden mit sich, sie hat ihn bekommen. Wie sie immer bekommt, was sie will. Und wie immer, will sie mehr. Sie hebt ihren Körper behutsam aus dem Laken, stützt ihren Kopf auf die Hand. Sie hebt ihre Hand zu seinen Lippen, fährt vorsichtig darüber, erkundet sein Gesicht mit ihren Fingerspitzen. Ihre Augen sind fest und entschlossen auf seine gerichtet, er fühlt sich und seine Gedanken entblößt, als hätte jemand den Schlüssel in das Schloss seines Tagebuches gesteckt und könnte nun, ungehindert Seite um Seite, sein Leben in sich aufnehmen.
Er spürt, sie kennt ihn, ohne, dass er reden muss.
Sie spürt das Beben seiner Gedanken, das Auflodern seiner Lust, seiner Kraft und seines Körpers.
Er umschließt ihren Nacken und dreht sie auf der Matratze herum, so dass sein Bauch auf ihrem liegt. Seine Arme gleiten unter ihr Oberteil, necken ihre nackte Haut mit zitternden Händen.
Er zieht sie aus, schiebt ihren Pulli langsam über den Kopf, die Arme. Seine Lippen gleiten über ihre Brüste, ihren Bauch entlang bis zu dem Saum ihrer Jeans. Er öffnet den Knopf, hilft ihr heraus.
Hilft ihr, sich zu öffnen, zu befreien. Sie setzt sich auf seinen Schoß, legt ihre Lippen auf seine, gibt sich ihm hin. Sie gehen ineinander über, nahtlos.
Später liegen sie nebeneinander, eher ineinander verschlungen, so beieinander und eins wie es nur geht, wenn man sich gerade geliebt hat.
Er fährt mit seinen Händen sachte über ihren Arm und starrt an die Decke. Er weiß sie wird niemals nur ihm gehören, ein Mädchen wie Lisa kann man nicht an sich binden. Sie würde sich eingesperrt fühlen, es würde ihre Flügel brechen immer in dem gleichen Bett zu schlafen. Immer an der Hand desselben Jungen zu gehen.
Deshalb will er die wenigen Stunden die sie ihm schenkt genießen, er lebt von ihnen. Sie halten ihn Aufrecht. Verhindern, dass seine Beine einknicken, wie ein Blumenstängel den man mit der Hand zu sehr zur Erde biegt.
Sie ist sein Engel und sie soll immer fliegen dürfen.
Es ist gleich eins, sie müssen runter gehen. Zu den Anderen. Die Party läuft ohne sie, auch wenn die, die feiern nicht den Hauch einer Ahnung haben wieviel intensiver sie ihre Zeit verbracht haben, sie müssen zurück. Irgendwann müssen sie immer zurück.
Lars hat Angst vor den knarrenden Treppenstufen aus altem Eichenholz, er fürchtet das Zusammentreffen mit seinen Freunden, ihre schelmischen Blicke, die schmutzigen Witzchen.
Er fürchtet sich davor, Lisas Hand loslassen zu müssen. Wieder ganz alleine da zu stehen, während die Welt sich um ihn dreht.
Vor der Tür dreht Lisa sich um, ein entschuldigender Blick, ein weicher Kuss auf seine Wange.
Dann geht sie eilig durch die Tür, ihre Silhouette verliert sich im gleißenden Licht. Sie fliegt.
Und er ist allein.

 

Hallo Mücke,

und dem süßen Rauch der lauten Musik

schätze mal hier ist Rausch gemeint.

Die Geschichte hat mir gut gefallen, das stille Leiden des Jungen wird schön und gut nachvollziehbar beschrieben. Auch dein Schreibstil gefällt mir sehr gut.

Liebe Grüße
pina colada

 

Hej Mücke,

ich bin mir unsicher, ob das jetzt eine einmalige Sache war oder schon häufiger vorgekommen ist. Im ersten Fall verstehe ich Formulierungen wie

"Wie sie immer bekommt, was sie will. Und wie immer, will sie mehr."

nicht. Oder auch das:

"Irgendwann müssen sie immer zurück."

Andererseits scheint die Geschichte stimmungstechnisch auf ein irgendwie einmaliges Erlebnis ausgerichtet zu sein.
So wie ich es jetzt (nicht) verstehe, frage ich mich, wo Paul und seine Bedürfnisse bleiben.

wegen dem Wein und dem süßen Rauch der lauten Musik
Ich dachte irgendwer kifft. Da fehlt ein Komma:
wegen dem Wein und dem süßen Rauch, der lauten Musik

Sie gehen ineinander über, nahtlos.
Wie unappetitlich! ;)
Im Ernst, ich nehme an, du meinst sie verschmelzen, einer verliert sich im anderen oder so ähnlich.
Nahtlos ineinander übergehen klingt in meinen Ohren nach kopulieren Gallertklumpen, man könnte das so sehen, aber das wolltest du bestimmt nicht betonen.

Sie halten ihn Aufrecht.
aufrecht klein

Verhindern, dass seine Beine einknicken, wie ein Blumenstängel den man mit der Hand zu sehr zur Erde biegt.
Hier musst Du aufpassen, dass einen wirklicher Bezug zur Handlung oder zum jeweiligen Gefühl besteht.
Sonst könnte man es wahlweise auch so formulieren: wie ein Pudding, den man aus einer Schüssel auf den Fußboden klatschen lässt.
Oder: Wie ein Hundehaufen, in den gerade jemand mit einer dicken Profilsohle tritt.

Ich meine, warum vergleichst du ihn / seine Beine mit einem Blumenstängel, wenn vorher und nachher nichts in Richtung Blume deutet (hab eben noch mal nachgesehen, ob du sie mit einem Schmetterling vergleichst, aber nichts gefunden, gut, weil das ein ziemlich ausgelutschtes Bild ist)?
Menschenbeine haben eher wenig mit Blumenstängeln gemeinsam.

LG
Ane

 

Hey,

@ pina colada, schön, dass dir die Geschichte gefallen hat.

@ Ane,
Erstmal Danke für dein Kommentar.
Die Sache zwischen den Beiden ist eigentlich nicht einmalig. Das erste, von dir aufgeführte Zitat soll nur betonen, dass für Lisa die Sache zwischen ihr und Paul nicht vertraut ist, dass sie vielleicht gar nicht bemerkt, dass sie und Paul sich öfter sehen. Paul hingegen existiert in den Zeiten ohne Lisa gar nicht richtig, während Lisa sich nicht einmal an ihn erinnert. Darum lässt er auch so auf sich herumtrampeln - besser elend existieren, als gar nicht.
Ich finde einen Pudding oder einen Hundehaufen genauso zusammenhangslos wie einen Blumenstängel, mir ging es hier eher um das Bild. Danke trotzdem ;).
Der Rest wird umgehend geändert.
Bis dann, Grüße.

 

Hi Mücke!
Ich mag Deine Geschichte sehr!

Beim 1. Lesen kam für mich der Sinn so rüber:
Lisa möchte sich nicht binden, verbringt die eine oder andere schöne, leichte Zeit mit Lars.
Er lebt nur für diese Zeiten, in denen er mit Lisa zusammen ist und nur dann kann er das Leben - sein Leben - ertragen.

In der übrigen Zeit nimmt sie - zumindest in seinen Augen - das Leben leicht, genießt ihre Freiheit und hinterlässt bei den Menschen, mit denen sie sich umgibt ein gutes Gefühl.
Er hingegen bleibt zurück und vermisst sie ab genau der Sekunde, in der sie ihn "verlässt" ... immer und immer wieder.

Entgegen meiner Vorgänger-Meinung bin ich nicht der Meinung, dass Lisa wie eine "Schlampe" rüberkommt. Ich denke, dass sie sich einfach bisher noch keine Gedanken über die aufkeimenden / vorhandenen Gefühle von Lars macht. Ich weiß nicht, ob Lisa Verhältnisse zu mehreren Männern gleichzeitig unterhält ... :-)

Also lange Rede, kurzer Sinn:
Ich mag Deine Geschichte, mag, dass sie ihre Freiheit hat und braucht und mag ebenfalls, dass Lars sich in sie bzw. ihre Leichtigkeit verliebt hat. UND, dass er ihr die "Flügel nicht stutzen möchte", weil er sie so liebt, wie sie ist!

Daumen hoch! :-)
LG
KM82

 

Hallo Mücke,

mir gefallen im Großen und Ganzen die Beschreibungen in deiner Geschichte, obwohl sich der Satzbau in einigen Sätzen noch holprig liest. Ich konnte mir Lisa und Paul beim Lesen zumindest gut vor Augen führen.

Meine inhaltliche Interpretation:
Paul leidet an zu wenig Selbstbewusstsein. Ich glaube nicht mal, dass Lisa ihm untreu wird, zumindest macht sie für mich in der Geschichte nicht unbedingt diesen Eindruck. Lediglich ihr entschuldigender Blick am Ende lässt m. E. darauf hindeuten. Paul befürchtet insofern aus meiner Sicht nur, dass sie noch andere Liebhaber neben ihm haben könnte. Es sei denn, Lisa wurde ihm bereits untreu, und er weiß es.

Dass Paul in Zeiten ohne Lisa nicht richtig existiert, konnte ich aus dem Text gut herauslesen. Nicht jedoch, dass, wie du schreibst, Lisa sich nicht einmal an Paul erinnert, wenn die beiden nicht zusammen sind. Auch hatte ich beim Lesen nicht den Eindruck, dass sie auf ihn herumtrampelt.

Wie gesagt: Nur der entschuldigende Blick am Ende ist für mich ein Hinweis, dass Lisa ihn evtl. ausnutzt. Oder ich hab über irgendetwas hinweg gelesen.

Viele Grüße
Michael

 

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