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Herz vs. Verstand?
Die Sache machte sie fertig. Jeden Abend lag sie im Bett und kämpfte gegen das Bedürfnis an bei ihm zu sein. In seinen Armen zu liegen – auch wenn es nur kurz war.
Am nächsten Morgen lachte sie über diese Gefühle. Wenn die Sonne aufging und das helle Licht die Melancholie des Abends vertrieb, verfluchte sie ihr Herz und knipste, zusammen mit der Kaffeemaschine, auch ihren Verstand wieder ein.
Der Morgen hatte etwas Frisches. Die Luft roch anders, Koffeein wurde durch ihre Adern gepumpt und das Nutellabrot tat sein Bestes, um den letzten, bitteren Nachgeschmack des Abends zu vertreiben.
Sie WUSSTE, dass er ihr nicht gut tat. Dass er sich nicht binden wollte – oder „nicht konnte“, so wie er es ausdrückte. Selbstdiagnostizierte Beziehungsunfähigkeit. Das war der Grund weshalb sie jeden Abend gemeinsam einschliefen, aber sie jeden Morgen allein erwachte.
Seit zwei Jahren versuchte sie ihn von dieser Krankheit zu erlösen. Versuchte ihm die Angst zu nehmen. Versuchte sich selbst davon zu überzeugen, dass er eines Tages erkennen würde, dass SIE des Rätsels Lösung ist – würde er sich nur trauen…
Am Morgen arbeitete ihr Verstand auf Hochtouren – das Herz schlief noch ein bisschen und erholte sich von den Anstrengungen der Nacht. Von den Grübeleien, von den vielen kleinen Stichen, die er ihm zufügte. Treffen für Treffen. Nacht für Nacht.
Doch heute würde sich alles ändern. Heute würde sie nicht nachgeben. Heute würde sie eine neue Taktik wagen – sich distanzieren. „Männer wollen doch immer das, was sie nicht haben können“.
Dachte sie und grinste. Heute würde er erkennen, dass sie nicht schwach war. Dass sie ihn nicht brauchte.
Selbstsicher trank sie ein paar Schlucke ihres Kaffees. Heute war ihr Tag.
Während der Arbeit feilte sie an ihrer neuen Taktik und stellte Regeln für die Zukunft auf:
1. Nicht ständig auf SMS oder Anrufe hoffen
2. Nicht sofort auf SMS oder Anrufe reagieren
3. Ihm keine SMS senden oder anrufen
Easy, dachte sie und legte steckte ihr Handy in die Tasche. Selbstverständlich lautlos–der Vibrationsalarm war eingestellt. Nur für den Notfall.
Gegen Nachmittag wurde sie unruhig. Ihre Beine begannen ungeduldig zu wippen. „Überdosis Koffeein und der Wunsch nach Feierabend…“ dachte sie.
Das Handy war still. Zu still für ihren Geschmack. Wollte sie doch beweisen wie stark sie ist. Doch um ihm nicht antworten zu können, um ihre neue Regeln einzuhalten, musste er sich erst einmal melden! „Mach schon!“ dachte sie unruhig und blickte immer wieder auf das Display. Kein Brief.
Das Licht wurde sanfter, der Abend näherte sich und noch immer wartete sie. Stark und unabhängig natürlich. Sie wartete nicht auf Nachricht von ihm, sondern auf den Zeitpunkt an dem sie sich beweisen konnte, dass sie eine Löwin war. Kämpfen konnte.
Als die Sonne unterging stieg sie auf Tee um – Ein Kaffee zu später Stunde würde sie nicht schlafen lassen. Aber das fiel ihr sowieso nicht leicht. War es doch so schwer, die Gedanken, welche tagsüber auf ihrer Seite waren des Nachts abzustellen und sie davon abhalten, Partei für IHN zu ergreifen.
Die Stille wurde von einem schrillen Piepton unterbrochen und riss sie aus Ihren Gedanken.
„Sehn wir uns heute?“ und sie begann zu tippen…