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Herrscher der Finsternis

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11.08.2011
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Herrscher der Finsternis

Als ich Whyatt Earp zum ersten Mal sah, wusste ich, der Bursche ist hart wie Stahl. Es war 1871 im schönen Bundesstaat Missouri. Er hatte seinen Stiefel auf dem Kopf eines Farmers und drückte ihn zu Boden. In der Hand hielt er einen Revolver und zielte damit auf den Kopf des Farmers. Ich sah, wie sich der Farmer, mit Händen und Füßen zappelnd, zu befreien versuchte, hatte jedoch gegen das Gewicht von Whyatt keine Chance. Es folgte ein weiteres Zeichen dafür, dass der Mann was auf dem Kasten hatte und sich durch nichts aus der Ruhe bringen lassen würde. Er blieb ruhig, obwohl ich wie ein Geist plötzlich hinter ihm auftauchte. Ohne sich umzudrehen, bemerkte er mich. Ich war mir sicher dass ich völlig geräuschlos gekommen war, doch er schien meine Anwesenheit gefühlt zu haben. Er hob die freie Hand und gebot mir, kurz zu warten, nicht ohne jedoch mit dem Revolver weiterhin auf den Kopf des Farmers zu zielen.

„Zu dir komm ich gleich, Dämon!“, sagte er zu mir. Ein lauter Knall brachte den Farmer zur Beruhigung. Eine Tatsache, die mich nicht weiter verwunderte, hatte der Farmer doch soeben seinen Kopf verloren. Das Blut, das den Körper verließ, war schwarz wie die Nacht und der Körper begann sich zu zersetzen. Es stank fürchterlich nach Schwefel, und der Sand, der unter dem fließenden Blut war, verwandelte sich aufgrund der Hitze in Glas.

Blitzschnell drehte sich Whyatt Earp zu mir um, ich konnte in den Lauf seines Revolvers sehen. Es war, wenn ich das sagen darf, der größte Revolver den ich jemals gesehen hatte. Der Lauf bestand aus reinem Silber und ein Kreuz baumelte an einer kurzen Kette in der Luft. Ich hob die Hände.

„Mach`s kurz, Dämon. Sprich deine letzten Worte!“ Seine Stimme klang wie Donner.

„Mister Earp, ich bin mit durchaus bewusst, dass mein Erscheinen für sie, mit ihrer Erfahrung, dämonisch wirken muss, doch seien sie sicher, ich bin kein Dämon. Ich bin, um es genau zu nehmen, hier, weil ich ihre Hilfe brauche. Wenn sie erlauben, würde ich jetzt mit meiner linken Hand in meine Weste greifen und ihnen etwas zeigen.“

Trotz der Aufregung konnte ich meine Stimme deutlich und angstfrei halten. Ich hatte nichts zu verlieren.

Earp nickte, ließ den Revolver kreisen und signalisierte mir somit, dass ich mit meiner Bewegung anfangen durfte. Ich nahm die linke Hand runter, wollte in meine Weste greifen, als ich von Whyatt gestoppt wurde.

„Ganz langsam, Freundchen!“

Ich war mir sicher, dass er mich binnen Sekunden umbringen würde, wenn ich auch nur eine falsche Bewegung machte.

Vorsichtig zog ich meine linke Hand heraus und präsentierte ihm das Buch.
„Rüber werfen!“, befahl er, und ich tat ihm den Gefallen. Er bückte sich und hob das Buch auf, stets darauf achtend, dass ich mich nicht bewegte und mich weiterhin direkt vor seinem Lauf befand.

Neugierig schlug er es auf; da er nur eine Hand frei hatte, wirkte es etwas unbeholfen. Er blätterte in dem Buch herum, ohne darauf zu achten, die Seiten nicht zu knicken oder gar einzureißen. Zufrieden steckte er den Revolver in das Holster, das an einem Patronengurt locker über dem rechten Oberschenkel baumelte.

„Dann los!“, forderte er mich auf.

Ich nahm jetzt auch die rechte Hand herunter, ging drei Schritte auf Whyatt zu und gab ihm die Hand. Wir schlossen beide die Augen, und einen Wimpernschlag später waren wir fort.

1888, East End London. Whyatt öffnete die Augen, sondierte die Gegend. Wir befanden uns in einem heruntergekommenen Teil von London. Er zog sofort seinen Revolver, wollte auf alle Eventualitäten vorbereitet sein, doch ich konnte ihn beruhigen. Ein Blick auf meine Uhr zeigte mir, dass es gleich so weit sein musste. Mit meiner Hand bedeutete ich Whyatt, dass er nach rechts schauen, und die kleine Gasse beobachten sollte.

Da kam sie auch schon angeflogen und landete unsanft auf dem Boden. Sie war schnell, wir konnten sie fast nicht im Auge behalten. Blitzschnell stand sie auf, krabbelte an der Hauswand hoch und sprang zurück in die Gasse, außerhalb unseres Sichtfeldes, nur um gleich darauf wieder angeflogen zu kommen. Whyatt zog seinen Revolver, ich legte ihm meine Hand auf den Schussarm und drückte ihn herunter, während ich den Kopf schüttelte.
Die Frau erhob sich vom Boden, spuckte Blut und schrie in einer fremden Sprache in die Gasse. Gleich darauf trat er hervor. Sein schwarzer Frack war an den Ärmeln zerrissen, auf dem weißen Hemd befanden sich Blutflecken. In der linken Hand hielt er einen Wacholderzweig, in der rechten einen silbernen Dolch.

Die Linke weit nach vorne gestreckt, bewegte er sich grazil auf die Frau zu, die, sich duckend, vor ihm zurückwich. Sie kreischte und versuchte, mit ihren Händen nach ihm zu schlagen, doch er wich ihr gekonnt aus. Schritt für Schritt näherte er sich der Frau, die jetzt nicht mehr weiter zurück konnte. Wie ein in Bedrängnis geratenes Tier fauchte und kreischte sie, bereit, ihren letzten Angriff zu starten.

Sie sprang aus der Hocke hoch, wollte ihrem Angreifer die Kehle zerbeißen, doch der duckte sich geübt weg, stach mit dem Messer nach oben und schlitzte ihr den Bauch auf. Ihre Gedärme fielen mit dem Geräusch eines nassen Handtuches zu Boden. Schnell erhob sich der Mann und steckte seinen Wacholderzweig in die klaffende Wunde. Rauchend löste sich der Körper der Frau auf.

Whyatt klatschte; erst jetzt bemerkte uns der Mann.

„Bemerkenswerte Technik, nur wird man dabei sehr schmutzig.“ Whyatt zeigte auf seinen Revolver, „Damit ist es sauberer!“

Er zog den Revolver aus dem Holster und richtete ihn auf den Fremden.

„Darf man erfahren, wer ihr seid, werte Herren?“

Der Mann ging auf uns zu, wischte sich dabei Blut von Händen und seiner Kleidung.

„Mein Name ist Whyatt Earp! Genannt >>Der Dämonenschlächter<<. Und ihr seid?“

Ein kurzer Blick zu mir, ich nickte, und Whyatt streckte seine Hand dem Anderen entgegen.

„Man nennt mich Jack – The Ripper, ich bin der größte Hexenjäger Londons.“ Jack warf einen fragenden Blick in meine Richtung. Doch anstatt mich vorzustellen, zeigte ich ihm das Buch. Er warf einen Blick hinein, schaute kurz zwischen Whyatt und mir hin und her, nickte dann jedoch. Er war bereit.

Ich nahm beide an die Hand und wir machten uns auf, zum nächsten Namen auf meiner Liste.

1908, Peking. Wir öffneten die Augen und befanden uns auf einem größeren Platz in Zentralpeking. Der Marmorboden fühlte sich ungewohnt an, eine so saubere und gute Arbeit hatte ich hier nicht erwartet.

Jack und Whyatt, die immer auf der Hut waren, sondierten das Gelände. „Wenig Deckung!“, sagte Whyatt und Jack fügte hinzu, „Dafür freie Sicht, jede Gefahr können wir sofort erkennen.“

Ich hielt mich mit Kommentaren zurück, blickte auf meine Uhr und erklärte beiden, dass es jeden Moment passieren müsste. Kaum hatte ich ihnen gesagt, was passieren würde, geschah es auch schon.

Aus dem schwarzen Himmel fiel, wie ein Meteorit, ein Mann zu Boden. Der Körper schlug auf dem harten Boden auf, prallte etwa zwanzig Zentimeter ab, fiel noch einmal zu Boden und blieb reglos liegen.

Whyatt hatte seinen Revolver schon in der Hand, bevor der Mann zum zweiten Mal den Boden berührte. Jack zog sein Messer und beide gingen in Kampfstellung, während ich nur zusah. Jeden Moment musste er kommen. Kaum hatte ich daran gedacht, sah ich ihn auch schon auf den Platz eilen.
Er trug seine schwarze Kutte, die am Hals durch den typischen weißen Kragen zusammengehalten wurde und machte sich, bewaffnet mit einem Kruzifix und mehreren kleinen Glaskugeln, die mit Sicherheit Weihwasser enthielten, auf den Weg zu dem am Boden liegenden Mann.

Vorsichtig pirschte er sich mit erhobenem Kreuz heran; und aus seinem Mund sprudelten Gebete.

Whyatt, der es nicht mehr erwarten konnte, ging auf den vermeintlich Toten zu, stellte sich über ihn und schoss seinen Revolver ab.

„Verschwinde, Narr!“, rief der Prediger.

„So geht das schneller, Prediger!“

Während Whyatt sprach drehte er sich zum Prediger um. Zufrieden steckte er seinen Revolver zurück in das Holster, als er hinter sich ein Grunzen hörte.

Der Mann, der eben noch am Boden lag, stand jetzt hinter Whyatt und schnaubte ihm in den Nacken. Whyatt drehte sich um, doch er war zu langsam. Der Mann packte seinen Hals und wollte seine, auf zauberhafte Weise lang gewordenen, Eckzähne tief in sein Fleisch graben, als er von einer Weihwasserkugel getroffen wurde.

Die Kugel barst in unzählige Splitter und der Inhalt ergoss sich über das Gesicht von Whyatt und seinem Angreifer. Die kurze Ablenkung nutzte Whyatt sofort und stieß den Vampir von sich.

Der Vampir taumelte und schrie, doch für ihn war es zu spät. Rauchend löste sich die Haut von den mit Weihwasser besprenkelten Stellen, das Fleisch kam grünlich zum Vorschein, danach die Knochen. Sein halbes Gesicht hatte sich bereits aufgelöst, als er endlich zu Boden fiel.

Sofort rannte der Prediger auf den Vampir zu, hielt das untere Ende seines Kreuzes fest und zog am oberen Ende, so dass sich beide Teile voneinander lösten. Das Kreuz entpuppte sich als angespitzter heiliger Pflock, der dem Vampir sofort unsanft in die Brust geschlagen wurde.

„So tötet man sie!“, sagte der Prediger. Er bekreuzte sich und schob ein „Amen!“ hinterher, bevor er aufstand.

„Die Kugeln waren aus reinem Silber! Wie kann das sein?“, fragte Whyatt, der ungläubig seine Waffe betrachtete.

„Das war ein Vampir. Da hilft nur Knoblauch und ein gutes Kreuz. Ach, ein wenig Glaube an den Herrn kann auch von Nutzen sein.“, antwortete der Prediger. „Wenn ihr mir die Frage erlaubt, wer beim, verzeih mir lieber Vater, Gehörnten seid ihr?“

Whyatt und Jack stellten sich vor und baten den Prediger, ein Blick in mein Buch zu werfen, das ich schon in der Hand hatte. Der Prediger willigte ein, und als er das Buch wenige Sekunden später wieder aus der Hand legte, war er bereit, uns zu folgen. So wie ich es geplant hatte.

Unsere Gruppe war vollständig. Vier Jäger, vier Himmelsrichtungen, vier Buchstaben. Der vierte hebräische Buchstabe >>Daleth<<, Tür!

Wir stellten uns im Kreis auf, ich achtete darauf, dass jeder meiner Begleiter genau parallel zu einer Windrichtung stand. Wir nahmen uns bei der Hand und schlossen die Augen, nur um sie gleich wieder in einer anderen Zeit, in einem anderen hier zu öffnen.

2010, Paris, Louvre. Wir öffneten die Augen und befanden uns am Zielort. Der Louvre in meinem geliebten Paris. Seit Jahren bereiste ich die Stadt und immer wieder war ich fasziniert von ihr. Die schönste Stadt der Welt, aber dreckig. Oft war ich nur zufällig in Paris, doch in letzter Zeit hatten sich die Beweise dafür gehäuft, dass ich es hier finden würde. Letztendlich habe ich es dann auch gefunden und zu nutzen verstanden. Nur hinter das letzte Geheimnis war ich noch nicht gekommen. Dazu brauchte ich die Hilfe der drei.

„Wo ist es? Autor!“, fragte Whyatt sofort als er die Augen öffnete. Jack und der Prediger, der sich als Karl Großmann vorstellte, blickten angespannt in alle Richtungen.

„Moment, Whyatt!“ Ich konnte es kaum erwarten, endlich würde ich das Rätsel lösen. Ich merkte, wie die Stimmung angespannter wurde. Es lag etwas in der Luft. „Es ist gleich hier unten.“ Ich zeigte auf eine Bodenplatte unter meinen Füßen.

„Hol es!“, forderte Jack, „Bei Gott, Autor beeil dich!“

Ich kniete mich auf den Boden und versuchte, die Bodenplatte anzuheben. Als ich es nicht sofort schaffte, eilte mir Jack zu Hilfe und hebelte die Platte mit seinem Messer raus. Gemeinsam schoben wir sie zur Seite. Die anderen beiden standen neben uns und blickten gespannt in das Loch.

Dort lag es, so verpackt, wie ich es versteckt hatte. Eingewickelt in ein rotes Seidentuch. Ich hob es heraus, als die Hölle losbrach. Unzählige Fenster barsten und die kleine Halle füllte sich mit Dämonen.

Zum Glück für uns waren es keine der Mächtigen, es war nur die Vorhut. Whyatt schoss wild um sich und erledigte mit jeder seiner abgefeuerten Patronen ein Ungeheuer. Er schrie dabei wie im Wahn.

Jack sprintete hinter den Dämonen her, mit seinem Messer suchte er den direkten Zweikampf. Er war erstaunlich begabt, und obwohl die Dämonen wohl stärker als die üblichen Hexen waren, hatte er keine große Mühe am Leben zu bleiben.

Karl der Prediger schützte sich mit seinem Kruzifix, dass er, sobald die Dämonen vor dem Kreuzsymbol zurückwichen, sofort aus der Scheide zog und damit zustach. War der Dämon tot steckte er es zurück, und das Kreuz entfaltete seine schützende Wirkung von neuem. Unterstützend warf er seine kleinen Weihwasserbomben.

Ich, für meinen Teil, schrieb. Als Autor hatte ich uneingeschränkte Macht. Ich nahm meinen Block und meine Feder zur Hand und schrieb. Ich schützte uns, sorgte dafür, dass niemand meiner Freunde starb. Hier und da ließ ich einen Dämon sterben, nur durch meine Worte.

Der Boden der Halle füllte sich mich Blut, Gliedmaßen und Gedärmen. Die Dämonen zogen sich zurück.

„Öffne das Buch, Autor!“ Whyatt wollte die Sache endlich beenden.
Die beiden anderen gesellten sich wieder zu uns. Gespannt sahen sie mir zu, wie ich das rote Seidentuch entfernte und seinen Inhalt herausholte. Das Buch der Toten. In Menschenhaut gebunden, mit menschlichem Blut geschrieben. Die Bibel der Dämonen, der Schlüssel zur Tür.

Mit seiner Hilfe ließ ich die Grenzen der Zeit des Raumes und des Todes zerbrechen. Ich entschlüsselte mehr als je ein Mensch zu hoffen gewagt hatte. Ich bediente mich seiner Macht. Doch um es zu zerstören, um dem Herrscher der Finsternis Einhalt zu gebieten, brauchte ich die Hilfe der drei.
Ich konnte das Buch bis zu einer verschlossenen Passage entschlüsseln. Die mir noch fehlende Passage war durch vier magische Flüche gesichert. Ich brauchte die Kraft der drei anderen, um die Passage zu entschlüsseln. Um die Tür zu erschaffen, um die Welt vom Bösen zu befreien.

Schnell blätterte ich auf die Seite mit den vier Flüchen. In den ersten Fluch stach ich meine Feder und sah, wie sich der Fluch Zeile für Zeile auflöste. Der zweite Fluch wurde, im wahrsten Sinne des Wortes, von Karls Weihwasser weggewaschen. Den dritten Fluch konnte Jack mit seinem Messer herausschneiden und für den vierten genügte ein Schuss aus Whyatt‘s Pistole.

Endlich war es so weit. Vor uns baute sich ein Tor aus Knochen und Blut auf. Als Material dienten die Überbleibsel der gefallenen Dämonen.
Als das Dimensionstor fertig war, öffnete es sich für uns und wir traten durch.

Wir fanden uns in einer Halle aus Blut wieder. Die Hitze war unerträglich. Jeder von uns war bis zum Unerträglichen angespannt.

Langsam schritten wir durch die Halle. Niemand erwartete uns, niemand fiel uns an. Keine Dämonen. Keine Untoten, Vampire, Hexen oder ähnliches. Wir durchschritten die Halle und öffneten das nächste Tor.

Wieder nichts, der Raum schien leer, bis auf einen Treppe aus Knochen, die in der Mitte des Raumes aufgebaut war. Am oberen Ende der Treppe konnten wir einen Thron erkennen.

Auf das Schlimmste gefasst, bestiegen wir die Treppe. An der Spitze lief ich, gefolgt von Whyatt Earp, Jack the Ripper und Karl Großmann der Prediger. Auf dem Weg nach oben herrschte zwischen uns angespannte Stille. Niemand sagte ein Wort.

Oben angekommen, blickten wir auf einen Thron, auf dem sich nichts weiter befand als ein Spiegel.

Whyatt Earp lachte hysterisch. Jack fiel auf die Knie, als die Anspannung ihn schlagartig verließ, und der Prediger lehnte sich an die Thronlehne.

„Ein verdammter Spiegel!“, rief Whyatt.

„Was hat das zu bedeuten?“, fragte Jack.

„Vater unser…“, betete Karl wie von Sinnen.

Ich betrachtete den Spiegel und erkannte, womöglich als einziger, die Wahrheit. Ich sah mich in dem Spiegel. Ich sah, wie ich auf dem Thron saß und mich selbst anblickte. Ich saß auf dem Thron des Herrschers der Finsternis.

Panisch, da ich nicht wusste wie meine Gefährten reagieren würden, wenn sie mich auf dem Thron sitzen sehen würden, packte ich meinen Block aus und fing an mit meiner Feder zu schreiben. Ich musste mich schützen. Die Macht des Autors ist ungebrochen.

Zuerst schickte ich Whyatt Earp drei Jahre nach seinem plötzlichen Verschwinden zurück in seine Zeit. Nicht nach Missouri, sondern nach Kansas.

Jack schickte ich zurück nach London, nicht ohne der Polizei einen anonymen Brief zuzuspielen.

Karl Großmann, der Prediger, er sollte zurück nach Peking, doch predigen sollte er nie wieder.

Jetzt sitze ich allein auf meinem Thron. Habe erkannt, dass das Böse in jedem von uns ist und nicht besiegt werden kann. Doch man kann zumindest eine Mythologie werden, so dass das Gute seine Berechtigung hat.

Falls Du Dich jetzt noch fragst, werter Leser, was in dem Buch stand, das ich meinen ehemaligen Gefährten zeigte, so will ich Dich aufklären.

Whyatt Earp nahm das Buch an sich und konnte Folgendes darin lesen :>>Whyatt Earp folgte dem Autor, auch wenn er sich hinterher nie erklären konnte, wieso er es tat.<< Hier siehst Du, welche Macht ich hatte.

Jack las in dem Buch Ähnliches. Auch seine Geschichte schrieb ich, er musste mir folgen. Sein Schicksal war vorherbestimmt.

Bei dem Prediger verhielt es sich nicht anders. Unfreiwillig, grundlos, nur allein, weil ich es so geschrieben hatte.

Und so sitze ich hier, auf meinem Thron, in meinen Hallen aus Blut.

Und über Dich habe ich auch schon geschrieben.

 

Die Idee kam mir beim Überarbeiten meiner anderen Geschichte und ließ mich nicht mehr los. Ich wollte es versuchen. Bin auch bei dieser Geschichte offen für jede Kritik und hoffe, zu lernen.

ChrisN

 

Hallo,

ich habe nur die ersten zwei Absätze gelesen, also kann ich zur Geschichte, bzw. zum Plot, zum Aufbau usw. nichts sagen. Ich beschränke mich auf stilistische Schwächen.

Es war 1871 im schönen Bundesstaat Missouri.

Die Formulierung „es war“ ist extrem ungenau. Was war? Der Grund, weshalb mich das stört ist der, dass es mich um keinen Deut voranbringt. Das Wort „es“ wirkt wie ein Füllwort, um sagen zu können wo und wann „es“ stattgefunden hat. Wenn das Subjekt ein reines Füllwort ist, nichtssagend und überflüssig, dann wirkt der gesamte Satz auf den Leser überflüssig.

Es folgte ein weiteres Zeichen dafür, dass der Mann was auf dem Kasten hatte und sich durch nichts aus der Ruhe bringen lassen würde. Er blieb ruhig, obwohl ich wie ein Geist plötzlich hinter ihm auftauchte.

Erstens verstehe ich nicht, weshalb Du ankündigst, dass nun ein Zeichen folgt und dem Leser erklärst, wie dieses Zeichen zu deuten ist. Zweitens ist diese Konstruktion hier ziemlich aufgeblasen. Das Zeichen dafür, dass der Mann ruhig bleibt, ist, dass er ruhig bleibt – das sagst Du hier und das macht ja wohl nicht viel Sinn bzw. es ist völlig überflüssig. Drittens die Fromulierung der Protagonist tauche auf wie ein Gespenst ... Du hast hier einen Ich-Erzähler. Ich-Erzähler schildern die Welt logischer Weise aus ihrer Perspektive. Indem der Protagonist hier allerdings über sich selbst sagt (!) er tauche auf wie ein Gespenst, schildert er sein Auftauchen in Wirklichkeit aus der Perspektive des anderen Mannes. Nur dieser kann das Auftauchen des Protagonisten als gespenstisch empfinden. Insofern ist das unzulässig.

„Zu dir komm ich gleich, Dämon!“, sagte er zu mir.

Es ist völlig klar, wer hier was zu wem sagt. Das „zu mir“ nervt nur, weil es überflüssig ist.

Ein lauter Knall brachte den Farmer zur Beruhigung. Eine Tatsache, die mich nicht weiter verwunderte, hatte der Farmer doch soeben seinen Kopf verloren.

Das ist ein ganz furchtbarer Missgriff. So ein lascher Witz wirkt hier völlig deplatziert, zumal es wirklich nicht sehr originell ist.

Das Blut, das den Körper verließ, war schwarz wie die Nacht und der Körper begann sich zu zersetzen.

Blut ist nicht „Schwarz wie die Nacht“ – auch kein schwarzes Blut. Das kann ich mir nicht vorstellen. Die Nacht kann sehr schwarz sein, ohne Frage, aber nicht so schwarz wie eine Flüssigkeit. Die Nacht ist nie durch und durch schwarz. Teer meinetwegen. Wenn man literarische Texte verfassen will, dann ist es nicht empfehlenswert sich wahllos an umgangssprachlichen Redewendungen zu bedienen, hier kommt es darauf an genau zu sein. Und Nacht passt da meiner Meinung nach überhaupt nicht.

Es stank fürchterlich nach Schwefel, und der Sand, der unter dem fließenden Blut war, verwandelte sich aufgrund der Hitze in Glas.

Das mit dem Glas finde ich im Prinzip gut, aber die Erklärung macht’s kaputt. Sag, dass es stinkt, sag, dass da Sand ist, sag, dass es heiß ist, sag, dass da feine Glaskörner schimmern oder was weiß ich, aber erklär nicht, dass das aufgrund der Hitze entsteht. Das wirkt ganz stark so, als stände das nur da, um dem Leser etwas zu erklären.

Gruß

Hal

 

Hallo ChrisN

Diese Geschichte nahm ich spannungs- und lieblos verfast wahr. Schon der Beginn, Westernromantik mit Horror kombiniert schien mir eigen, und bedingte eine gut überlegte Erarbeitung. Mit dem Einbezug von Jack the Ripper und dann noch einem Dämonenjäger, nimmt es die Form eines erzwungenen Sammelsuriums an.

Mit dem Buch der Toten steigerte sich die Banalität dann für mein Empfinden noch schmerzhaft. Totenbücher waren in allen Kulturen, wo solche bestanden, Wegweiser für die Gläubigen zur Vorbereitung für einen guten Übergang ins Jenseits und nicht dämonische Machwerke. Man könnte durchaus aufgrund eines solchen Buches einen Gruseltrip verfassen, aber es müsste dann glaubhaft abgestimmt sein. So wirkt es mir hier nur peinlich.

Die Erkenntnis, dass das Böse in jedem von uns steckt und nicht besiegt werden kann ist äusserst dürftig, und zudem in dieser Aussageform falsch. Destruktive Triebe sind nicht einfach auflösbar, häufig jedoch regulierbar.

Schade, dass du hier dein Pulver verschossen hast. Es hat von den Figuren her einzelne gute Merkmale, die allein gestellt sich stilvoll in einer Geschichte einbinden liessen.

So wirkte es mir nur wie ein Schnellschuss, der nach hinten losging. Vielleicht können ja andere aus ihren Perspektiven mehr wahrnehmen, als es mir gelungen ist. Aber ich denke, in jeder Fiktion sollte dir Durchmischung mit Realität derart sein, dass der Leser unsicher wird. Hier war mir nicht mal das auf den Boden platschende Gedärme gruselig.

Schöne Grüsse

Anakreon

 

Hallo ChrisN,

Er hatte seinen Stiefel auf dem Kopf eines Farmers und drückte ihn zu Boden. In der Hand hielt er einen Revolver und zielte damit auf den Kopf des Farmers. Ich sah, wie sich der Farmer, mit Händen und Füßen zappelnd, zu befreien versuchte
Zuviele Farmer

Ich war mir sicher dass ich völlig geräuschlos gekommen war
sicher, dass (ist so übrigens zweideutig ;) )

Ein lauter Knall brachte den Farmer zur Beruhigung.
zur Ruhe (?) (auch wenn er bis jetzt keinen Lärm gemacht hat..)

Eine Tatsache, die mich nicht weiter verwunderte, hatte der Farmer doch soeben seinen Kopf verloren.
Die Kommentare des Erzählers nerven mich. Das hier ist lahm und überzogen, denn der Kopf wird nicht ganz weg sein.

„Mister Earp, ich bin mit durchaus bewusst, dass

hier, weil ich ihre Hilfe brauche.
Auch für später: direkte Anrede groß

„Rüber werfen!“
zusammen

1888, East End London. Whyatt öffnete die Augen, sondierte die Gegend. Wir befanden uns in einem heruntergekommenen Teil von London.
ungeschickt

Gleich darauf trat er hervor.
Wer?

>>Der Dämonenschlächter<<
Was sind das für grausige Zeichen? Nimm kursiv oder Tüddelchen, oder die Französischen, wenn's sein muss, aber doch bitte in richtig (» «)

Man nennt mich Jack – The Ripper
Und hier lässt du's dann plötzlich (?)

und Jack fügte hinzu, „Dafür freie Sicht, jede Gefahr können
hinzu:

Kaum hatte ich ihnen gesagt, was passieren würde, geschah es auch schon.
Blabla, weg damit

Der Mann, der eben noch am Boden lag,
gelegen hatte

auch von Nutzen sein.“, antwortete
bei solchen Konstruktionen fällt der Punkt weg

ich achtete darauf, dass jeder meiner Begleiter genau parallel zu einer Windrichtung stand.
Was ist das für ein Quatsch? Das hieße, es müsste gleichzeitig Wind aus vier Richtungen kommen? Himmelsrichtung?!

mit seinem Kruzifix, dass er, sobald die Dämonen
das

sorgte dafür, dass niemand meiner Freunde starb.
keiner

So. Also der Plot ist, dass ein Autor den Schlüssel hat, ein Tor zur Hölle zu öffnen, aber dazu braucht er drei harte kerle, also schreibt er, dass die ihm helfen. Das passiert dann auch, der Autor erkennt, dass er der Böse ist, und schreibt seine Begleiter wieder weg. Seine Erkenntnis dabei ist, dass jeder Böses in sich hat. Er bleibt auf seinem Platz, sagt sich, dass durch ihn das Gute seine Berechtigung hat. Uff.

Also mir hat das nicht gefallen. Aus dem Plot könnte man evtl. was machen, aber so wie das aufgezogen ist, finde ich es nicht gut.
Man erfährt nichts über die Charaktere. Wer ist denn dieser Autor? Warum wird alles wahr, was er schreibt? Können das in dieser Welt etwa alle Autoren? Und, was ein wichtiger Punkt ist: Wie kommt der überhaupt an dieses Totenbuch ran??
Seine Begleiter sind austauschbar, außer "So geht's besser, hö", "Nee, so isses besser, höhö" ist da nix. Deswegen ging mir die Action auch ziemlich am Hinternvorbei, kam mir videospielmäßig vor. Und da liegt auch noch der Schwerpunkt drauf.
Die Story wird nicht geschickt entblättert, der Leser wird im Dunkeln gelassen, was überhaupt der Hintergrund ist.
Und das Ende enttäuscht dann. Er merkt, dass er der Teufel ist, und schließt daraus: oh, dann hat wohl jeder was Böses in sich. Hö?? Wow..
Nee, also sorry, nicht meins.

Viele Grüße,
Maeuser

 

Ohje,

also da bin ich wohl sang- und klanglos untergegangen. Trotzdem danke ich natürlich für die Kritik und nehme auch hier wieder etwas mit, vor allem storytechnische Feinheiten.
Ich hoffe, dass ihr mir nicht böse seid, wenn ich nicht auf alle Kritikpunkte eingehe, es sind ja doch einige.
Nur ein paar Punkte möchte ich noch erläutern, denn es scheint wohl nicht so rübergekommen zu sein, wie ich mir das beim Schreiben ausgedacht hatte.
Wen es nicht interessiert, einfach überlesen :p

Zum Spiegel: Er merkt nicht, dass er der Teufel ist, sondern er merkt, dass das Böse in jedem Menschen steckt. Es könnte jeder in den Spiegel sehen und würde sich selbst erkennen.
Anakreon schreibt, dass die Aussage falsch sei, dass das Böse sich nicht besiegen lässt, gibt aber nur eine mögliche Regulierung an (keine vollständige Auschlöschung des Bösen) daher finde ich meine Aussage insofern gerade doch richtig.

Zum Buch der Toten: Ich habe mich hier auf H.P. Lovecrafts Necronomicon ex mortis (Tanz der Teufel) bezogen, nicht auf ein Totenbuch. Daher "Buch der Toten" und das ganze mit den Dämonen.

Zum Autor: Gemeint ist jeder Autor. Womöglich erkläre ich es schlecht, aber jeder Autor hat die Macht über seine Figuren. Der Ich Erzähler, auch Autor, kann durch sein Schreiben das Leben der in der Geschichte vorkommenden Personen verändern.

Ich hoffe, durch die Erklärungen wurde es etwas verständlicher.

Schöne Grüße

ChrisN

 

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