Herr Urfreak
Herr Urfreak
Es war ein trüber Morgen, an welchem Herr Urfreak wie gewöhnlich um Punkt 7:61 Uhr aufstand. Das ist eine Zeit, die außerhalb der Zeit existiert, so wie Herr Urfreak außerhalb seiner Existenz eine weitere führt………
Herr Urfreak - das ist der wandelnde Brösel, die unvollkommene Perfektion, der Besitz der Freiheit und die erwachte Geistesabwesenheit. Herr Urfreak und sein Hund.
Herr Urfreak – er lebt in einem kleinen Häuschen an einem Bahndamm nahe einer Brücke, die in Beziehung zu einem gewissen Walter steht. Mehr möchte ich darüber nicht verraten, denn was ist schon noch reizvoll, wenn es einst völlig bloßgestellt ist?
Zurück zu dem besagten Morgen: Es war also 7:61 Uhr, als Herr Urfreak die Augen schloss, um endlich aufzustehen. Er schloss sie und schon war er wieder da: der Alltag mit all seinen alltäglichen Besonderheiten. Also kippte Herr Urfreak vorerst blaues Pulver in eine Pappschachtel, um diese dann an einen Freund zu verschicken. Er räusperte sich und schwafelte irgendetwas, das niemand verstehen konnte, da es niemanden gab, der sich in unmittelbarer Nähe befand.
Dann drückte er auf einen runden, quadratisch-dreieckigen Knopf, um die Symbiose, die zwischen ihm und seinem Hund bestand, wiederherzustellen. Dazu mussten sich beide zunächst gegenseitig auffressen, um dann von einem Huhn in einem Ei wiedergeboren zu werden. Es geschah.
Später ging Herr Urfreak auf und ab und überlegte, wie es wohl wäre, wenn man… Er sah auf die Uhr und stellte fest, dass es Zeit zum Schlafen war. Er legte sich in sein Bett und öffnete die Augen, um kurz darauf einzuschlafen.
Zur selben Zeit erwachte Herr Urfreak um 7:16 Uhr, rieb seine Augen und verschwand kurz darauf in einem Loch. Er fiel die Miniaturtreppe hinunter und landete mit dem Gesicht im Napf seines Hundes. Dieser saß daneben und beobachtete diese nicht sehr gängige Situation sehr aufmerksam. Fluchend erledigte Herr Urfreak seine Morgentoilette um dann Kaffee in der Küche zu kochen und den angehenden Tag zu hassen.
Nach zwei Stunden öffnete er das Tor. Dies tut er jeden Morgen. Hinter dem Tor befindet sich nämlich seine externe Gebärmutter, in welcher seine Kinder wachsen, kurz: sein Garten voller Graspflanzen. Anfangs ist er immer ständig im Garten umhergestreift, um nach Schnecken zu suchen, die seine Pflanzen angreifen würden: Schwarze schleimige Nacktschnecken, die von der regierung ausgesetzt worden waren, um sämtliche Graspflanzen in ganz Deutschland gnadenlos zu vernichten.
Doch diese ständigen Schnecken-Streifzüge empfand Herr Urfreak bald als zu auffällig. Also beobachtet er den Garten neuerdings mit dem Fernglas, um bei Entdecken einer Schnecke blitzartig in den Garten zu
Stürzen und um diese dann gnadenlos seinen Verbündeten auszuliefern.
Seine Verbündeten sind seine Nachbarn – ein Dutzend Hühner.
Aber diesmal sollte alles anders kommen, denn als Herr Urfreak gerade das Tor geöffnet hatte, gab es einen lauten Knall und alles war weg.
Außer er.
Und sein Hund.
„Ich bin Gott.“
Sprach die Stimme in seiner Nase. Herr Urfreak war sich nicht sicher, ob er jetzt daran glauben sollte. Nach komplizierten Auseinandersetzungen zwischen Gewissen und Verstand glaubte er jedoch letztlich daran, mit dem Vorbehalt, man müsse offen für alles sein:
„Guten Morgen. RAUS!“
Völlig perplex fragte Gott:
„Ja – wie jetzt?!“
„Raus aus meiner Nase, Du Penner!“
„Ok. OK! Ist ja gut..“
Für kurze Zeit wurde Herr Urfreak bewusstlos. Als er wieder aufwachte, stand Gott vor ihm:
„Die Idee, in deiner Nase zu erscheinen, war doch mal originell, was?“
„Meinetwegen. Willste ’n Kaffee?“ entgegnete Herr Urfreak völlig teilnahmslos, so, als käme Gott jeden Morgen aus seiner Nase gekrochen und so, als wäre es das Normalste von der Welt.
„Sowieso, mann. Also, weshalb ich Dich besuche, hat folgenden Grund - “
„Mach mal langsam! Erstmal Mucke auflegen, Tüte rollen und dann ganz, GANZ gemütlich fortfahren – oder eben Du haust ab.“
Gott räusperte sich, gab jedoch keine Antwort. Als Musik lief, die Tüte angezündet und der Kaffee kalt war, fuhr Gott fort:
„Also, bin gekommen, um Dich zu fragen, ob Du mir einen gefallen tun kannst.“
Völlig entsetzt starrte Herr Urfreak sein gegenüber an, sagte:
„Nein.“
Und reichte ihm den Joint. Er duftete herrlich.
„Okay……“
seufzte Gott, nahm die Tüte, saugte daran und vergaß die Welt…
Nach drei Flaschen Rotwein und ewigen Joints kann man leises Kichern aus dem Küchenschrank vernehmen. Herr Urfreaks Hund öffnet genervt die Schranktür, um Dir folgende Situation darzubieten: Herr Urfreak, völlig bekifft mit einer Tüte Kekse und dicht neben ihn gedrängt Gott, mit einem Strohhalm in der Nase und Kekskrümeln im Auge.
Beide glotzen Dich an, halten kurz inne und verfallen dann spastischen Lachanfällen.
So, und nun erkläre mir mal, was DU tun würdest, wenn Du das jeden Tag mit ansehen müsstest? Jeden verdammten Tag! Es ist zum Verrücktwerden, das kann ich Dir sagen. Aber ich möchte dieses Leben keine Sekunde missen, so, und jetzt hole ich erstmal mein Herrchen aus dem Küchenschrank. Wie oft muss ich ihm noch sagen, er soll die Finger vom LSD lassen?!
Mit freundlichen Grüßen,
der Hund von Herrn Urfreak