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Herr Torino

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06.03.2013
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Herr Torino

Herr Torino

"Am Samstag wird es etwas milder. Die Temperaturen ziehen auf Höchstwerte von 4 bis 12 Grad an. Vielerorts ist es zwar noch stark bewölkt, stellenweise fällt im Norden noch etwas Schnee oder Nieselregen, aber hier ostwestfälischem Raum bleibt es heute größtenteils wolkenfrei und die Sonne..." - Mir fällt vor Schreck die Fernsteuerung aus der Hand. Was ist verdammt nochmal für ein lautes Krachen gewesen ?! Hörte sich an als wäre es von draußen gekommen... Ich will noch fix den Fernseher ausschalten, aber die Batterien sind aus der Fernbedienung herausgefallen - egal. Ich eile zum Fenster, späh durch die Gardinen und siehe nach, ob ich etwas erkennen kann. Ich sehe wie Frau Bertens von gegenüber aufgebracht über die Straße eilt. In dem Moment in dem sie auf meiner Straßenseite angelangt verschwindet sie auch wieder aus meinem Blickwinkel. Ach verdammt - ich will wissen, was da los ist. Ich werde mir wohl etwas anziehen und vor die Tür gehen müssen. Bah - wie es hier wieder aussieht. Leicht entnervt werfe ich eine verkrümelte Decke über den noch laufenden Fernseher, schnappe mir die Klamotten von der Couch und verlasse das Haus. Dabei vergesse ich fast die Wohnungsschlüssel und dass ich nicht einmal vorher in den Spiegel gesehen habe ignoriere ich jetzt einfach mal. So gut es geht zumindest...
Ach Herrje, wie es scheint sind dem alten Hern von neben an wohl die Lichter ausgegangen. Eine der anderen Nachbarinnen plappert ohne das ich überhaupt frage direkt drauf los was wohl passiert ist - sie hat es ja schließlich "mit eigenen Augen gesehen was passiert ist". Als er das Garagentor öffnen oder schließen wollte - eines von den ganz alten Toren, die man noch von Hand kurbeln muss - Ist er wohl einfach zusammengebrochen und das Tor auf sein Bein herunter geknallt "Man hat richtig die Knochen knacken hören..." brabbelt die Alte entsetzt weiter bis ich ohne eine Mine zu verziehen weitergehe und mir das schicke Auto des werten Hern Nachbar ansehe. Es steht auf der Einfahrt. Der Motor knistert und knackt noch... Ich frage mich gerade was von den 3 Dingen wohl am Ältesten ist - der werte Herr, sein Torino oder dieses ausgediente Garagentor. Dieser Oldtimer ist sein ganzer Stolz wohlgemerkt. Er redet mit nichts und niemanden. man sieht ihn nie aus dem Haus gehen, außer er bastelt an dem Auto herum, wäscht es oder fährt damit eine Runde auf der Landstraße. Ich bin jedes mal total genervt, wenn ich höre wie er die alte Karre anspringen lässt. Zum einen springt das Ding nie sofort an, es dauert meist 2-3 mal, und zum Anderen ist es so laut, dass ich jedes Mal den Fernseher höher drehen muss. Einmal habe ich ihn sogar auf dieser Landstraße an mir vorbeirauschen sehen - und vor allem hören! - während ich auf meinem Fahrrad unterwegs war um Milch vom abgelegenen Bauern zu holen... Ich hätte nicht gedacht, dass ein so altes Auto so schnell fahren kann - mindestens 250 Sachen muss er drauf gehabt haben, als ich mir den Staub aus dem Gesicht wischen durfte. Naja, nun scheint das ja wohl endlich vorbei zu sein. Oder ? Ich überwinde mich einfach mal, versuche gefasst, und ja nicht zu neugierig, zu wirken. Achja, da liegt er - aber ich habe mich wohl zu früh über die lärmfreie Zukunft gefreut. Er zuckt noch während Herr Bertens auf ihn einredet und parallel telefoniert - vermutlich mit dem Notruf... Ja, ich glaube da nähert sich auch schon ein Martinshorn und Blaulicht. Hier wird es bestimmt gleich noch voller - Ich will nicht wie einer dieser typischen Schaulustigen wirken; Also wende ich mich wieder dem Ford Torino zu.
Ich muss schon zugeben - man sieht dem Auto von außen nicht an, dass es auch nur älter als 2 Wochen ist... Kein Kratzer, keine Beule..nicht einmal Staub oder Fingerabdrücke...absolut auf Hochglanz poliert. Ich bin aber jetzt mal so dreist und riskiere ein Paar Nasen- und Fingerabdrücke auf der Seitenscheibe - ich hatte bisher nie eine Chance die Innenausstattung zu sehen und werde vermutlich so schnell nicht wieder die Chance dazu bekommen. Doch was ist das ? Das passt so gar nicht. Absolut nicht... Die Ledersitze..aufgerissen, Schimmel im Schaumstoff - das Armaturenbrett - kaum noch lesbar. Da ist sogar ein Spinnennetz, nein noch eins.... von dem Müll im Fußraum mal ganz zu schweigen. Ich will gar nicht wissen, wie es da drin wohl riechen mag. Nein, eigentlich will ich es doch wissen. Das ist so widersprüchlich... wie kann man nur ein so schickes Auto von innen so vergammeln lassen, aber zeitgleich von außen so übertrieben pflegen ? Das ist doch bescheuert !
Ich blicke mich vorsichtig um - die Meute klebt beim Garagentor – niemand schenkt mir Beachtung - udn die Schlüssel stecken noch... Mir schießt gerade eine total verrückte Idee durch den Kopf. Ach was solls - wenn jemand fragen sollte - Hey, ich bin der direkte Nachbar und ich fahre nur das Auto weg damit der Krankenwagen mehr Platz hat. Ja, verrückt, aber gut ! Ich öffne die Tür und mir kommt ein etwas staubig, moderiger Geruch entgegen, aber dann rieche ich noch so etwas wie geröstete Mandeln und... kann das sein ? Rosenöl heraus ? Tatsächlich - im Handschuhfach liegt eine Tüte mit gerösteten Mandeln. Und im Fußraum vom Beifahrersitz liegt ein riesiges Bündel von zartrosaroten Rosen... Ich habe ihn nie zusammen mit einer Frau gesehen - für wen wohl die Rosen sind ? Wohl kaum für die netten Straßenmädchen im Nachbarort... er fuhr immer raus aufs Land, also die entgegengesetzte Richtung.
Mich hat immer noch niemand bemerkt. Ich trete die Kupplung und drehe den Schlüssel herum - Wow ! Was für ein Sound - Wenn man drinnen sitzt hört es sich ganz anders an wie aus meiner Wohnung durchs offene Fenster ! Und es vibriert überall - es fühlt sich toll an... ich habe komplett vergessen, dass ich zwischen Müll, Schimmel und Spinnweben sitze. Okay, nicht träumen... ich muss den Wagen wegfahren bevor die Leute anfangen misstrauisch zu werden. Auf zur Landstraße !
An der Kreuzung angekommen biege ich links auf die Landstraße ein - "Kaufen wir Milch heute mal anders !" sage ich laut zu mir selbst. Ich drücke das Gaspedal durch - freie Bahn mit Marzipan, nein Mandeln...ach egal - Auf gehts! Verdammt fühlt sich das gut an... ich will hier nie wieder raus... Warum kann der Bauer nicht 20km weiter raus wohnen ?! Ach was rede ich da... 200km weiter raus ! Aber da käme nach 40km nur noch so ein abgelegener Blumenladen, der wie durch ein Wunder noch nichts bankrott ist - so abgelegen wie der liegt. Verdammt nochmal - ich hatte nie in meinem Leben soviel Spaß wie in diesem Augenblick. Naja, ich versuch mal irgendwie abzubremsen... es gibt ja noch die Rückfahrt.
Ich grüße den Bauern mit einem kräftigem Handschlag...
"Was soll dieses bescheuerte Grinsen ? Hör mal damit auf, du machst mir Angst, du alter Knochen ! Du nimmst doch nix oder ? Haben sie dir jetzt Morphium verschrieben ? Ich hoffe doch nicht..."
"Nein, nein... keine Sorge. Mein mürrischer Nachbar wurde nur gerade von seinem Garagentor erschlagen..."
"Und das zaubert dir ein solches Lächeln ins Gesicht, wo du doch selbst so ein Griesgram bist, wenn man dich sonst so erlebt ?! Ganz sicher, dass du nichts nimmst ? Du weißt, wir gehn beide zum selben Arzt im Dorf...sowas bleibt nicht lange geheim vor mir !"
" Scheiße nein - siehst du den Ford Torino da ? - Das Teil ist mr Jahre lang auf die Nüsse gegangen und jetzt habe ich mich verliebt..."
"Ähm...der gehört doch dem diesem Dingens. Herr...." -"ja, genau dem ! Ich hab sein Auto weggefahren für den Krankenwagen..."
"Achja,. 15km die aus dem Ort raus ? Hör zu... ich mag dich, und ich kenn dich nun seit über 10 Jahren. Aber Diebstahl ist etwas, was ich nicht einfach ignorieren kann."
"Hey, komm runter - ich wollt nur mal mit Ding zu dir fahren, etwas Milch holen und wieder zurück."
"Du bist bescheuert!"
"Ja, wahrscheinlich - aber der Alte hat dieses Auto so sehr vernachlässigt, und mich hat einfach die Neugierde gepackt..."
"Vernachlässigt ? Ich kann den Wagen kaum vernünftig sehen, so wie der in der Sonne glänzt und spiegelt."
"Jaha... der äußere Schein trügt - du solltest die Laube mal von innen sehen - da fällst du vom Glauben ab."
"Und wenn schon, wie es drinnen aussieht geht weder dich noch mich etwas an. Tu nichts dummes und fahr den Wagen so schnell es geht zurück. Sonst wars das mit der Milch zum Freundschaftspreis..."
"Klar, und das 'schnell', darauf kannst du Gift nehmen. Auf wiedersehen !"
"Auf Wiedersehen... und stell verdammt nochmal dieses bescheuerte Grinsen ab - vermutlich hat schon wer die Polizei gerufen!"


Ist mir egal was die Leute denken. Ich hatte meinen Spaß. Und nun geht es auf zu Runde 2 !
Wieder fahre ich bis zum Anschlag - 'Oh mein Gott, ist das geil' ! Ich kann kaum noch den Steuerknüppel halten, weil ich soviel schwitze vor Aufregung. Huch - jetzt habe ich die Abfahrt verpasst. Naja egal, in 10km kann ich auch wieder wenden, und ich hab noch etwas mehr Zeit mit meinem geliehenen Schätzchen. Moment - habe ich "mein Schätzchen" gesagt ? Okay, ich fürchte, es ist um mich geschehen. Wird Zeit, dass ich wieder zur Vernunft komme. Ch glaube, ich muss jetzt dringend was für mein Gewissen tun, für den Fall, dass der werte Herr Nachbar noch etwas länger mein Nachbar sein wird. Hm... Ich habs... Ich habe zwar keine Ahnung von Autos, aber eines steht fest - der ganze Müll hier muss raus ! Weg damit. Einmal komplett ausmisten und ...naja ok, die Ledersitze, das geht man ein anderes mal an - ich kann ja erst einmal Decken drüber legen... ja, so mache ich es. So hats auch was gutes, dass ich zu weit gefahren bin. Der Großmarkt hier draußen hat bestimmt Müllsäcke und was ordentliches für verschimmelte Autositze.
Zum Glück ist um die Uhrzeit hier auch nix los - das Zeug hat jetzt nicht einmal 5 € gekostet - vermutlich hat der Sprit, den ich verblasen habe, beim dem Was die Karre hier schluckt, das doppelte gekostet...
Ich fahre wieder zurück, und biege von der Landstraße ab. Ich biege gerade in meine Straße ein, da fängt der Motor an gluckernde Geräusche von sich zu geben. Oh oh...bitte nicht. Nicht jetzt. Ganz schlechter Zeitpunkt für eine Motorpanne.
Ei... Glück gehabt...er hat sich wieder gefangen. Wenn auch nicht ganz sauber...aber er fährt. Hauptsache er hält bis zur Einfahrt durch.
Ich sehe, die Einfahrt ist nun eh noch vom Krankenwagen blockiert - ich bin so frei, und parke einfach daneben auf den Pflastersteinen...ist ja kein Blumenbeet und in Anbetracht der Situation auch nicht unangebracht.
Ich habe gerade den Motor ausgestellt, da kommt ein Polizist auf mich zu. - Okay, ganz cool bleiben...
"Führerschein und Fahrzeugpapiere bitte"
"Äh, ja Moment.." Weiterhin versuche ich mir nichts anmerken zu lassen, während ich verzweifelt zwischen all dem Müll die Papiere suche.
"Warum dauert das denn so lange?"
"Tut mir leid... hier herrscht ein gewisses Chaos im Wagen... ich"
"Steigen sie mal bitte aus"
"Klar...sicher.Moment.." Ich balle hinterm Rücken die Fäuste um mich vor meiner Befürchtung abzulenken..."Also Herr..."
"Bitte lassen sie es mich erklären ! Ich wollte nur den Wagen meines Nachbarn für den Krankenwagen wegfahren und..."
"Neun beruhigen sie sich - ok ? Ich will ihnen nichts anheften, aber sie behindern hier unsere Arbeit, wenn sie hier direkt neben einem Unfallort einfach mitten auf einem Grundstück parken, dass ihnen gar nicht gehört. - Und der Wagen gehört ihnen auch nicht, wenn ich sie richtig verstanden habe, sondern dem Herrn da drüben der gerade ärztlich versorgt wird ?"
"Ja..."
"Gut, ich werde jetzt ihre Personalien aufnehmen, das ganze mit in meinem Bericht aufnehmen, und sie fahren den Wagen jetzt auf die Straße an den Rand hier auf den Bürgersteig, damit der Krankenwagen vernünftig herauskommt."
"Ja, in Ordnung."
Hektisch spring ich zurück ins Auto, dreh den Zündschlüssel herum, doch außer Rütteln und Gluckern passiert nicht viel. Verdammt ! Ich versuche es wieder und wieder bis der Polizist wieder auf mich zu kommt.
"Gibts ein Problem mit dem Wagen"
"Ja, ich glaube der Motor will grad nicht so richtig."
"Ok, lassen sies gut sein - wir kommen hier zur Not auch so raus. Trotzdem möchte ich sie bitten nicht den Unfallort zu verlassen, ich möchte ihnen gleich noch ein paar fragen stellen. Warten sie hier."
Nervös beobachte ich den Polizisten dabei wie er in der Menschenmenge verschwindet, die während meiner Abwesenheit wohl auf das ca. 10fache angewachsen ist. Ich knibbel mir vor Aufregung die Hornhaut von den Fingerkuppen. Endlich tut sich was. Die Rettungskräfte tragen meinen Nachbarn fixiert Richtung Rettungswagen. Sie schaffen ihn nicht direkt hinein. Sie stellen ihn erst nochmal davor ab. Blöderweise so, dass er mich sehen kann. Verdammt - ich stehe neben seinem Wagen, und habe noch die Autoschlüssel in der Hand. Und ich habe gar kein Auto...
Er ist bei Bewusstsein. Ich bin mir nicht ganz sicher,aber ich glaube, er starrt mich mit leeren Augen an. Ein tief durchdringender Blick als würde er tief in mich hineinsehen. Als würde er mich auslesen. Jetzt wird es langsam gruselig. Ich muss was tun. Aber was ?!
Von einer Sekunde auf die nächste reiße ich die Wagentür los, schnappe mir die Rolle mit den Müllsäcken und fange an wie wild alles an Unrat in den Sack zu stopfen. Ich habe noch nie so schnell aufgeräumt wie in diesem Augenblick. "Fuck ! Verfluchter Mist !" brülle ich leise vor mich hin. Ich habe mich an einer Dose Ravioli geschnitten. Egal...weiter stopfe ich den Sack voll bis es plötzlich anfängt merkwürdig zu riechen, wie heißer Teer oder Gummi und ein zischendes Geräusch von der Motorhaube herrührt. Ich lass fast vor Schreck Müllsack fallen, da höre ich die Stimme meines Nachbarn zu mir herrufen und stoße mich mit dem Kopf am Türrahmen.
"HEY !"- "Was zur Hölle tust du da meinem Schätzchen an ?! Hau ab ! Finger weg oder ich..." Sein Cholerischer wird vom Aufsetzen der Sauerstoffmaske unterbrochen.
Ich packe mir meinen letzten Mut zusammen und marschiere, mit dem Müllsack in der einen und den Autoschlüsseln in der anderen Hand, auf ihn zu. Ich nähere mich ihm so, dass wir uns in die Augen sehen können während er liegt.!
"Lassen sie den Mann bitte in Ruhe - er ist nicht stabil. Sind sie überhaupt ein Angehöriger ?!" fährt mir einer der Rettungskräfte dazwischen, wird aber im gleichen Moment am Ärmel festgehalten. Kaum noch kraft zum Atmen, aber ein so fester Griff, dass es den Rettungshelfer zurückzieht.
"Schon ok - Ich will mit ihm reden !" mit leiser, aber bestimmter Stimme und einem wahrlich toternsten Blick. Der Rettungshelfer weicht von seiner Seite und geht einfach weg.
Ich versuche die gesamte Situation zu begreifen.
"Hey, Aufwachen !" reißt mich der Alte wieder heraus.
Ich sehe ihn an, und er nimmt sich mit seinen zittrigen Händen die Maske vom Mund. Ich wende mich ihm näher zu.
"Erklärst du mir jetzt verdammt nochmal, was du da tust ?!"
"Tut mir leid... ich... sah den Wagen und, er war im Weg, da.."
"Halts Maul, das weiß ich schon alles. - Ich meine, was du da JETZT tust, verdammt !"
"Ich räume ihren Wagen auf. Der ganze Müll und Dreck. Ich habe schon einen ganzen Sack.."
"Stopp ! Warum zum Geier wühlst du in fremder Leute Scheiße herum ?!"
"Aber dieses schöne Auto - ich habs früher immer gehasst. Wenn ich es auf der Straße gehört habe. Wenn ich es gesehen habe, wie es meine Augen blendet.."
"Ja - ein schönes Auto nicht wahr..." Der Alte wird für einen Moment etwas ruhiger in Mimik und Tonfall. "!5 Jahre sind es nun schon, in denen ich sie hege und pflege.."
"Aber drinnen siehts aus wie auf einer Müllkippe! Da holt man sich doch was weg. Das kann doch nicht gesund sein ständig mit all dem Müll herumzufahren..:"
"Hörst du endlich verdammt nochmal damit auf mein gutes altes Schätzchen zu herunter zumachen !"
"Ich rede doch nur von dem ganzen Dreck innen drin..."
"Ja - der Dreck gehört dazu, du Idiot ! Akzeptiere das oder lass die Finger davon. Ich rate dir zu Zweitem. Ich sehe schon, du hast dich schon an ihr geschnitten"
"An dem Müll..."
"Unterbreche mich nicht *keuch* oder ich zieh dir hier und jetzt mit meiner Sauerstoffmaske eins über *hust,*und wenn es das letzte ist, was ich tue..."
"Ok Ok, ok... Ich schmeiße einfach den ganzen Müll wieder rein... ja, willst du das ? Wäre das zu ihrer Zufriedenheit ? Ja ?!"
"Ja" - "Und noch was..."
Ich bin schon fast genervt, und das obwohl ich mich möglicherweise in der ehrwürdigen Situation eines Sterbebettszenarios sehen darf.
"Ja, bitte... was denn noch ?"
"Als du mit ihr unterwegs warst - da habt ihrs bestimmt ordentlich krachen lassen - stimmts ?"
"Äh..."
"Tu nicht so bescheiden - ich kenne das gute Stück - Unwiderstehlich...fast animalisch. Nciht wahr ?"
"Ja, hat ordentlich was unter der Haube..."
"Willst du einen sterbenden Mann belügen ?"
"Nein - wieso...hä ?!"
"Dann hör auf mit diesem untertriebenem Geheuchel !"
"Ja, es stimmt - es ist der helle Wahnsinn. Ich habe schwitzige Finger bekommen - mein Puls raste richtig mit. Ich..."
"Na geht doch..." er nimmt sich eine kurze Atempause und versucht den Kopf anzuheben. vergeblich.. "Komm näher verdammt!"
Ich näher mich ihm so nah, dass ich seinen widerlichen Mundgeruch, eine Mischung aus Minze, Knoblauch und Alkoholfahne, deutlich vernehmen kann.
"Hast du ihr Rosen gekauft ?"
"Hä ? Wie ? Rosen ? Für wen ? Da liegen welche, schon etwas welk, auf dem Beifahrersitz... Soll ich sie irgendwem bringen ? Sag jetzt nicht du hast es auf die alte Bertens abgesehen, du alter.."
Da fängt Kerl plötzlich an zu heulen und brüllt mich an, "Nein, du Arschloch - für Sie. Die Rosen sind für sie !"
"Sie?... Wer ist 'SIE' ?!"
"Vergiss es - du willst es nicht verstehen... Ist auch egal. ich rieche ohnehin, dass es vorbei ist... Ich merke wie es zu Ende geht. Es ist bereits alles in Dunst und Nebel gehüllt... Mein Schätzchen...oh, mein heißes, allerliebstes Schätzchen..."
"Moment mal... Hör auf rumzuspinnen. Der Motor von deinem Torino ist wohl etwas zu heiß geworden und nun qualmts hier ein wenig - Als nächstes willst du mir noch was vom Licht am ende des Tunnels erzählen, weil der Krankenwagen die Scheinwerfer anwirft."
"Nein - schon gut. Du bist einfach noch zu unerfahren um so etwas zu verstehen... lass mich jetzt bitte in Ruhe. Ich will einschlafen."
Er zieht sich die Maske wieder über den Mund und schließt die Augen, und just in dem Moment fällt seine Hand vom Gesicht ab und hängt schlaff neben der Trage herunter.
"Hey ! Hilfe...Hallo !" Wo ist der Rettungshelfer hin ? Ich hechte zur Fahrerkabine. Eine Raviolidose fällt aus dem Müllsack und ich schaffe es irgendwie auf sie zu treten. Ich rutsche aus. Ich falle.

...

Ich muss kurz weggewesen sein. Ich will mich umsehen und der Torino ist weg. Scheiße - jemand hat den Wagen geklaut - die Autoschlüssel sind auch weg. So ein verfluchter Mist.
Ich will mich gerade aufrichten, da kommt wieder dieser Rettungshelfer auf mich zu und packt mich.
"Ja, verdammt nochmal. Wo waren sie denn plötzlich hin verschwunden =? Der Mann da liegt im Sterben und ihr habt nix besseres zu tun..."
"Beruhigen sie sich bitte, udn bleiben sie vor allem sitzen. Ich muss ihre Kopfverletzung erstmal weiter versorgen. Alles wird gut. Verstanden ? Haben sie mich verstanden ? Sehen Sie doppelt ?"
"Was soll das - mir gehts gut. Ich habe nichts..."
"Nicht anfassen ! Sei sollen ruhig bleiben"
"Würden sie mir jetzt bitte verdammt nochmal erklären was hier eigentlich los ist ? Der Wagen meines Nachbarn wurde vermutlich gestohlen, er selbst leigt im Sterben und sie kümmern sich um mich, weil ich gestolpert bin ?! Was für ein komsicher Arzt sind sie eigentlich ? Ich werde das melden, und es gibt genügend Zeugen für ihr Fehlverhalten, wenn der Mann sterben sollte."
"Ok - ganz ruhig... Drehen sie ihren Kopf mal vorsichtig nach links... ja, gut so. Wie sie sehen ist hier niemand außer mir, meinen Kollegen und den Leuten vom Bestattungsinstitut..."
"Oh nein - wie lange war ich denn bewusstlos ?"
"Knappe 2 Stunden."
"Tja, ich würde sagen, ihren Job sind sie dann wohl los. Ich werde gleich die Polizei anrufen und denen mitteilen, was hier vorgefallen ist und sie wegen fahrlässiger Tötung drankriegen !"
"Hey - Hören sie mir jetzt gut zu - das fällt mir nicht leicht, und ich will es ihnen kein 3. Mal erklären. Sie sind offenbar stark verwirrt. Die Frau Bertens hat uns gerufen, weil sie mal wieder einen Nervenzusammenbruch hatten. Sie hat sie dabei beobachtet, wie sie den Müll herausgebracht haben und an den Mülltonnen dann einfach umgekippt sind. Sehen sie, sie halten den Müllsack immer noch fest umklammert in der Hand."
Ich sehe mich erneut genauer um... etwas Müll liegt auf dem Bürgersteig.. Eine Dose Ravioli rollt auf der Straßenrinne vom Wind hin und her.
"Und das Bestattungsinstitut ?"
"Mir tut es sehr leid ihnen das auch erneut erklären zu müssen - die sind wegen dem Sarg für ihre Frau hier, den sie für die Totenfeier bestellt hatten."
"Meine Frau...?"
"Ja - ihre Frau. Sie ist unglücklicherweise vor 2 Wochen von einem Auto angefahren worden und hat sich von den Verletzungen leider Gottes nicht erholen können. Ihr Herz war zu schwach und die Verletzungen zu groß. Sie hatten noch einige schlaflose Nächte an ihrem Bett verbracht. Sie wollten, dass es in ihrem Haus mit ihr zu Ende geht. Das alles und der Schlafmangel und der damit verbundene Stress war zu viel für sie. Das ist nun schon das 3. Mal, dass wir wegen ihnen hier sind. Tut mir unglaublich leid."
"..."
"Sind sie noch bei mir?"
"Ja... ich erinnere mich... Ich brachte den Müll raus - Meine Frau verursacht Berge von Müll...sie liebte diese ekligen, ungesunden Ravioli müssen sie wissen... Als ich bei den Mülltonnen war rief mir noch Frau Bertens von gegenüber, ich solle mich doch zu ihnen, also zu ihr, ihren Mann und meiner Frau setzen und mit ihnen im Vorgarten Kaffee trinken. Es war ein herrlich sonniger Tag. Der kleine Junge von den Bertens spielte im Vorgarten am Rosenbusch herum, obwohl er schon oft deswegen beschimpft wurde. Ich schüttelte jedenfalls nur mit dem Kopf - ich mag ohnehin keinen Kaffee und wollte wieder zurück ins Haus. Dann hörte ich plötzlich, wie Frau Bertens nach ihrem Sohn schrie. In dem Moment, in dem ich mich verdutzt umdrehte, sah ich nur noch, wie meine Frau aus dem Vorgarten auf die Straße zu rannte. Als ein Ford Torino über die Straße jagte, einen Schlenker um den Jungen machte, und... und meine Frau... Ich konnte nichts sehen, weil die Sonne auf dem Torino so stark reflektiert. Es war so grell. Ich habe nur das laute Motorgeräusch, die Schreie von Frau Bertens und einen dumpfen Knall gehört. Dann flog meine Frau in ihrem Kleid wohl gut drei Meter durch die Luft. Sie wurde mir quasi direkt vor die Füße geschleudert...Überall lag Müll und mit blutverschmierte Konservendosen aus den umgefallenen Mülltonnen... Ich war starr vor Schreck. Ging in die Hocke und nehme meine regungslose Frau in den Arm...ich hockte mitten in einem Müllberg. Ich hielt sie einfach nur fest in meinen armen und weinte laut.... "
"Vergessen sie nicht zu atmen - sie müssen das nicht alles neu für mich durchkauen. Ich glaube sie sollten sich hinlegen...ihr Blutdruck fällt wieder ab..."
Ich sacke zurück, und der Rettungshelfer stützt meinen Kopf auf die Bordsteinkante.
"...und wissen sie, was dann geschah, während ich im Müll saß udn mit blutigen Händen meine Frau umklammerte ?! ...Da kam der kleine Junge auf mich zu und gab mir ein kleines Bündel gepflückter Rosen und sagte mit unschuldigem Gesichtsausdruck 'Tut mir leid.' "
Der Rettungshelfer sagt nichts. Ich spüre nur das Pumpen der Manschette zum Blutdruckmessen. Es ist auf einmal so still um mich herum. Die Raviolidose hat endlich aufgehört hin und her zu rollen.

 

Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich hiermit die richtige kategorie erwischt habe... zumindest gibt es Aspekte der Erkenntnis

mfg
Norman

 

Hej NormanBates,

ich hab die Geschichte nur überflogen und hatte den Eindruck, dass sie in dieser Rubrik nicht unbedingt gut platziert ist. Kann aber sein, dass ich die schweren philosophischen Geschütze verpasst habe.

Du schreibst in Deinem Profil, dass Du noch nicht viel gelesen hast.
Ich würd Dir raten damit anzufangen und Dir weniger Sorgen darüber zu machen, Du könntest ungewollt jemanden kopieren.
Stell Dir einen Gitarristen vor, der von sich sagt, er hört lieber keine Musik, weil er Angst davor hat, andere Gitarristen nachzumachen.
Wenn Du mehr liest, wirst Du bemerken, was Du spannend und gut geschrieben findest und Du kannst etwas ähnliches für Dich ausprobieren.

Eine Sache ist mir beim Drüberlesen doch aufgefallen:

"Unterbreche mich nicht *keuch* oder ich zieh dir hier und jetzt mit meiner Sauerstoffmaske eins über *hust,*
In einem Text (mit literarischem Anspruch) macht sich das nicht gut.

Ich wünsch Dir noch viel Spaß hier & beim Lesen und Schreiben,

LG
Ane

 

stimmt, da ist wohl der internet/comik slang mit mir durchgegangen - danke für den hinweis...wegen der Rubrik wie gesagt -bin mir nicht sicher wohin sonst damit.
LG
Norman

 

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