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Herr Monkli
Das ist Herr Monkli. Der Mann, der da steht und den Kindern Blumen aus seinem Garten schenkt. Der mit dem großen, lachenden Mund und den kleinen Augen. Und der viel zu großen Brille, die er sich immer mit beiden Händen zurechtrücken muss, wenn sie runterrutscht. Er ist schon ganz alt und klein und schrumpelig und seine Augen sind sehr schlecht. Wenn er morgens aufsteht, dann setzt er sich zu seiner Frau an den Tisch. Er frühstückt nie, aber er sieht ihr so gern zu, wenn die Sonne durch die milchigen alten Fenster scheint, in die braune Küche mit den kleinen Holzschränken, und wenn seine Frau dann ganz langsam ihr Brot isst und ihn fragt, ob er gut geschlafen habe, dann fühlt er sich gut. Er fühlt sich zu Hause.
Ein ganz warmes Gefühl. Und abends, wenn er sich zu seiner Frau in das knarrende Bett legt, auf die 20 Jahre alte Matratze, dann schaut er an die graue Decke und lächelt, weil sein Leben so schön ist. Und er wartet, bis der Atem seiner Frau ganz langsam und ruhig wird. Erst dann schläft er ein. Mit einem Lächeln.
Er lächelt immer. Und er grüßt jeden. Er kennt alle Leute in der Stadt und alle Leute kennen ihn. Wenn man mal Hilfe braucht, dann kann man sich auf ihn verlassen, denn er verschenkt seine Zeit an Menschen, die sie brauchen. Weil er Menschen liebt.
Und wenn die Kinder Reime mit seinem Namen machen, dann wird er nicht böse und scheucht sie nicht weg, sondern er lacht ganz laut und warm, und dann tanzt und klatscht er zusammen mit den Kindern, sodass es jeder hört, und jeder weiß, Herr Monkli ist wieder da.
Er hat kein Auto, er geht immer zu Fuß, und wenn auf seinem Weg eine Schnecke liegt, dann tritt er nicht auf sie, sondern er hebt sie hoch und setzt sie in eine Hecke. Und er weiß, dass die Schnecke es ihm dankt, denn seine Blumen sind nie zerfressen, sondern immer groß und schön und leuchten in allen Farben.
Das ist Herr Monkli. Der Mann, der dem ganz kleinen Mädchen ein Pflaster aus dem Haus holt, weil es hingefallen ist. Der Mann, der dem Mädchen die größte Sonnenblume mitgibt und das Kind wieder zum Lachen bringt. Und dann lacht er mit, ganz laut mit seinem großen Mund und seinen kleinen feuchten Augen. Jeder lacht mit, sein Lachen ist nämlich ansteckend, und man wird glücklich, wenn er glücklich ist. Jeder liebt es, wenn Herr Monkli lacht.
Nachts ist es schwarz und der Boden ist grau. Sein Garten besteht nur aus Erde, er hat alle Blumen verschenkt und die Büsche ausgerissen und das Gras zertreten. Er ist jetzt ganz allein. Herr Monkli schläft nicht mehr, weil er seine Frau nicht mehr atmen hört. Wir haben sie alle lange nicht mehr gesehen und wir wissen nicht, wo sie ist, das weiß nur Herr Monkli. Nur er weiß, dass sie noch im Bett liegt. Aber wenn es morgens wird, dann sitzt sie nicht am Tisch und isst ganz langsam ihr Brot. Dann fragt niemand mehr und dann lächelt auch niemand mehr. Sie liegt nur noch im Bett und atmet nicht. Herr Monkli sitzt dann neben ihr, und schaut ihr in das weiße Gesicht und wartet. Die große alte Standuhr im Zimmer tickt dann viel lauter als früher. So schrecklich laut. Und es ist so schrecklich still in dem großen Haus.
Herr Monkli hat eine ganz großen dünnen Mund und ganz kleine traurige Augen. Und seine Brille ist zersprungen und viel zu groß. Sie ist ihm von der Nase gefallen, als sich die Schlinge zusammen gezogen hat.
Wie ein Klatschen.