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Herbstlaubliebe
Was zur Hölle machte er nur da draußen? Er war nun schon den gesamten Vormittag im Garten, wuselte von hier nach da, kramte in Körben, nestelte an verschiedenen Dingen herum, um dann wieder zurück zu rennen und von neuem mit dem Kramen zu beginnen.
Das war normalerweise so gar nicht seine Art. Normalerweise sah ein Samstag bei ihm so aus, dass sie ihn bis mindestens drei Uhr nicht aus dem Bett bekam. Falls sie dieses Kunststück doch einmal zu Stande brachte, dann ließ sich sein Zustand nicht gerade als arbeitswütig bezeichnen.
Doch was zerbrach sie sich ihren Kopf darüber – sie sollte froh sein – egal was er auch da draußen anstellte, er war immerhin draußen und das an einem wunderschönen Samstagvormittag.
Sie ließ den Blick vom Fenster hinunter auf die Zwiebel sinken und machte sich daran, sie in winzige Stücke zu zerteilen. Dann hackte sie die Kräuter, schälte die Kartoffeln, legte die Filets in die große Pfanne und ließ sie neben den Zwiebelstückchen vor sich hin brutzeln.
Es duftete herrlich, als sie alles auf dem Tisch anrichtete. Die Filets schwammen in einem blubbernden Sud aus Sahne, Wein und Bratensaft, die Kartoffeln glänzten in ihrem Mantel aus Butter und Rosmarinnadeln und der Rotwein schimmerte im weichen Mittagslicht.
„Schatz, kommst du zum Mittagessen, ich hab Schweinefilets gemacht.“, rief sie aus der Terrassentüre hinaus in der Garten. Er war klein, aber wunderschön. Überall standen alte Bäume, die jetzt fast kahl in den herbstlichen Himmel ragten, die roten, braunen und gelben Blätter, die den gesamten Rasen bedeckt hatten, waren in der Mitte des Gartens zu einem Haufen geharkt worden und die kleine Laube schien sich der noch wärmenden Sonnen entgegen zu strecken.
Aber wo in diesem überschaubaren Paradies steckte er nur? Einzige das Singen der noch verbliebenen Vögel war zu hören und das gelegentliche Rascheln der zu Boden gleitenden Blätter
„Schatz?“, rief sie noch einmal.
Plötzlich explodierte der Laubhaufen und ein gellendes „HEUREKAAAA!“ zerriss die Luft. Vor Schreck entfuhr ihr ein spitzer Schrei und sie schlug die Hände vor den Mund.
„HEUREKAA!“, noch einmal schrie es in dem Blätterregen, aus dem sich langsam ihr geliebter Ehegatte herausschälte und mit erhobenem Arm auf sie zu gerannt kam.
„HEUREKA!“, schrie er wieder, strahlte sie an und erwartete eine wohl ebenso euphorische Reaktion von seiner erstarrten Gattin. Als sie keinerlei Reaktion zeigte, sondern noch immer mit weit aufgerissenen und ungläubigen Augen auf ihren wohl geisteskrank gewordenen Gatten starrte, packte er sie mit einer Hand an der Schulter, schüttelte sie und fuchtelte mit der anderen Hand wild vor ihrem Gesicht herum.
„Schatz, schau doch, Schatz, schau … ich hab sie endlich gefunden!!!“
Durchgeschüttelt und noch immer überfordert brachte sie ein krächzendes „Was?“ heraus.
„Die Brosche, Schatz, die Brosche!“
Er hörte auf sie zu schütteln, beugte sich vor und gab ihr einen liebevollen Kuss auf die Stirn
„Alles Gute zu Hochzeitstag, Schatz!“, sagte er feierlich und steckte ihr die Brosche an die Bluse. Er schaute seine noch immer verdatterte Frau kurz an, lief dann an ihr vorbei, setzte sich an den gedeckten Tisch und sagte
„Das duftet ja herrlich, können wir essen, Schatz?“