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Herbstdepression

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30.01.2006
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Herbstdepression

Ich habe den November noch nie gemocht. Schon als Kind war der Herbst die Jahreszeit, die ich am meisten hasste. Der Nebel kriecht in alle Ecken, manchmal scheint es so, als mache er auch nicht vor den Fenstern meiner Wohnung halt. Schummrig und grau beginnt jeder Tag, der Hals ist rauh von der trockenen Heizungsluft und beim Freikratzen der Autoscheiben verliere ich das Gefühl in meinen Fingerspitzen.

Früher hat mich Sybille im Herbst immer verwöhnt und darauf geachtet, etwas Fröhlichkeit in den Novemberalltag zu bringen. Aber dieses Jahr nicht mehr. Jetzt macht sie es sich mit meinem Geld in meinem Elternhaus vor dem Kamin gemütlich, während ich dank ihres Anwalts in meiner Zweizimmerwohnung trüben Gedanken nachhänge.

"Herbstdepressionen" nennt das mein Therapeut, bei dem ich auch heute wieder einen Termin habe. Er hat mir empfohlen, mehr Farbe in mein Leben zu bringen. Besonders gut seien Rottöne. Und während er seine Therapiemethoden weiter erläutert, bin ich in Gedanken bei Sybille:

Sie liegt auf der weißen Couch, diesem furchtbar unpraktischen Designerstück, das ich damals für sie kaufen musste und liest. Natürlich etwas Anspruchsloses. Ich betrachte ihr Gesicht, das natürlich wie immer perfekt geschminkt ist. Diese Frau ist schon mit Make-Up auf die Welt gekommen. Sie zieht die Auenbrauen hoch und öffnet leicht ihre knalloten Lippen. Das macht sie immer, wenn es spannend wird in ihren Groschenromanen.

Dank mir wird sie diesmal nicht erfahren, wie die Geschichte endet. Mit dem Messer in der Hand trete ich von hinten an sie heran. Als ich ihr mit einer einzigen, schnellen Bewegung die Kehle aufschlitze, spritzt ihr Blut nicht nur auf die Couch, sondern verteilt sich wundervoll über Möbelstücke, Teppich und Wand. Ich lasse Sybille liegen, das Papier des Romans saugt sich voll mit ihrem Lebenssaft. Einige Tropfen beginnen damit, die Wand hinabzulaufen. Ihre Bahnen erinnern mich an den Regen, der noch vor wenigen Tagen mein Wohnzimmerfenster entlangperlte und mir eine willkommene Abwechslung war zum Grau des Nebels. Nur sind diese Tropfen rot. Ob das ein guter Therapieansatz wäre?

Das Räuspern meines Therapeuten lässt mich in die Wirklichkeit zurückkehren. Fragend sieht er mich an. In meinem Gedächtnis versuche ich zu ergründen, was er wohl zuletzt gesagt haben mag. Schließlich gebe ich es auf.

"Ich könnte mir ja ein paar rote Sofakissen kaufen."

"Herr Weiler, haben Sie mir in der letzten Viertelstunde überhaupt zugehört?"

Am liebsten würde ich ihm sein selbstgefälliges Grinsen aus dem Gesicht schlagen. Stattdessen schüttle ich nur betreten den Kopf.

"Herr Weiler, so geht das nicht weiter. Einen derartig schweren Fall hatte ich schon lange nicht mehr. Ihren Angaben nach leiden Sie ja schon seit Ihrer Kindheit an diesen jahreszeitbedingten Stimmungsschwankungen. Wollen wir es nicht doch mit einer Hypnosetherapie versuchen? Ich bin mir sicher, dass eine Erfahrung aus ihrer Kindheit oder sogar aus einem früheren Leben für ihre Depressionen verantwortlich ist."

Ich verkrampfe mich leicht, ziehe mich weiter in den weichen Sessel zurück, in dem ich Woche für Woche Platz nehme. Darauf also will er hinaus. Der Gedanke daran, jemandem unter Hypnose hilflos ausgeliefert zu sein schafft es tatsächlich, meine Stimmung noch weiter zu verschlechtern. Eine Stimme, die unmöglich meine eigene sein kann, murmelt: "Na gut. Wenn Sie meinen, dass es hilft."

Eine halbe Stunde später löst sich die Welt, wie ich sie kannte, auf.

Die Kälte kriecht langsam in meine Stiefel, während ich die Atemstöße meines Pferdes betrachte, die sich als weiße Wolken in der Novemberluft abzeichnen. Das Schwert an meiner Seite ist blutverkrustet, meine Knochen sind müde von der letzten Schlacht und der Flucht. Warum musste sich mir dieser Offizier auch in den Weg stellen?

Bis heute hatte es mir eigentlich ganz gut in gefallen in Gallien. Als Söldner im Dienste Roms konnte ich meinen Vorlieben nachgehen, ohne gleich schief angesehen oder gar als sadistischer Verbrecher beschimpft zu werden. Der Feldzug brachte zwar auch viele Entbehrungen mit sich, doch damit konnte ich leben, solange es für mich genug zu Töten gab.

Außerdem hatte ich Menschen kennengelernt, die mein Hobby zu teilen schienen: Gerne erinnere ich mich an den Tag, als ich das erste Mal die Schreie aus den Zelten der mitgereisten Priester des relativ neuen, christlichen Glaubens hörte. Die Bekehrung der Stammespriester zum "wahren Glauben" war genau nach meinem Geschmack und bald verband mich eine enge Freundschaft mit Bruder Titus, der mir die Verwendung der raffinierten Folterinstrumente näher brachte.

Alles war perfekt, bis vor drei Tagen. Der neue Kommandant war der Ansicht, dass einige Gefangene seinem Triumphzug in Rom interessanter gestalten würden. Aber ich mache keine Gefangenen. Und niemand sollte so dumm sein, sich zwischen mich und meine Beute zu stellen. Nun war der Offizier tot und ich auf der Flucht vor meinen ehemaligen Kampfgefährten, die meinen Kopf für eine Belohnung wollten.

Der Klang der Hufschläge meines Pferdes verändert sich. Langsam finde ich zurück in die Gegenwart und stelle fest, dass ich mich auf einer steinernen Brücke befinde. Nasses Laub bedeckt den Boden und vom Fluss her ziehen dichte Nebelschwaden herauf. Ich ziehe meinen roten Mantel etwas enger um meine Schultern. Ich hasse den November.

Am Ende der Brücke kann ich eine Gestalt entdecken. Auf einen Stab gestützt humpelt ein Bettler den Straßenrand entlang. Ich kann dieses Pack nicht ausstehen. Als ich auf gleicher Höhe mit ihm bin, wagt dieses Subjekt es tatsächlich, mich am Stiefel zu berühren und um Almosen zu bitten. Angewidert sehe ich auf seine dreckverkrusteten Hände hinab. An der rechten felt ihm ein Fingernagel, ich kann das rote Fleisch sehen, er muss ihn sich erst vor Kurzem ausgerissen haben. Ein Blick in sein Gesicht entlockt mir ein Lächeln. Seine Augen sind so trüb wie der Nebel, der Mistkerl kann nicht einmal sehen, wen er da angesprochen hat.

Ich beschließe, barmherzig zu sein und ihn von seinem Leiden zu erlösen. Während ich mein Schwert aus der Scheide ziehe, brammelt der Alte unverständlich vor sich hin. Mit einem gekonnten Schlag will ich ihm den Kopf abtrennen, da geht der Trottel plötzlich in die Knie, so dass ich ihm stattdessen die Schädeldecke wegsprenge und seine Hirnmasse sich mit dem Blättermatsch am Boden vermischt. Ich steige ab und schleppe den nun verstummten Bettler zurück zur Brücke, wo ich ihn absetze und mit dem Rücken an das steinerne Geländer lehne.

Wie er so vor mir sitzt mit offenem Schädel kommt mir eine Idee. Mit dem Schwert schneide ich ein Stück meines roten Mantels ab und stopfe es dahin, wo früher einmal das Hirn des Alten saß. Soll er doch wenigstens noch ein wenig als Lichtquelle dienen, dann hatte sein erbärmliches Dasein wenigstens einen Sinn. Das Feuer zu entfachen ist eine meiner leichtesten Übungen. Und schließlich beginnen auch die trüben Augen wieder zu leuchten.

Nur schwer kann ich mich abwenden von dieser heimeligen Szene, doch ich muss weiter. Vielleicht kann ich im nächsten Kloster einen Unterschlupf für die Nacht finden. Wenn ich ihnen erzähle, dass ich mit einem Bettler meinen Mantel geteilt habe und bei der Missionierung der Heiden behilflich war, werden mich die Mönche sicher freundlich aufnehmen. Und wer weiß, vielleicht ist die Kirche ja der richtige Platz für mich, den Söldner Martinus.

Als ich wieder zu mir finde, stelle ich fest, dass ich nicht mehr im Sessel sitze. Um mich herum herrscht Chaos, Patientenakten liegen überall auf dem Boden und die Scherben einer Vase knirschen unter meinen Schuhen. Ich blicke auf das Feuerzeug in meiner Hand und gleichzeitig spüre ich die Wärme in meinem Rücken. Als ich mich umdrehe, erkenne ich meinen Therapeuten nur an seinen Schuhen wieder.

Der Rest von ihm brennt bereits lichterloh, das schmelzende Platik des Bürostuhls, auf dem er sitzt, stinkt erbärmlich. Aus seinem Hals ragt der Brieföffner, den er immer auf dem Schreibtisch liegen hatte. Ich stecke das Feuerzeug in meine Hosentasche und verlasse mit einem Lächeln auf dem Gesicht die Praxis. Auf der Straße empfängt mich die kalte Novemberluft wie einen alten Freund. Ob imir dieses Mal wohl die gleiche Anerkennung entgegengebracht wird wie 356 nach Christus in Gallien?

Ich schlendere die Straßen entlang und als ich auf eine Gruppe Kinder treffe, die in Gedenken an mich an diesem Novembertag durch die Straßen laufen, kann ich nicht anders, als in ihre fröhlichen Lieder einzustimmen: "Brenne auf mein Licht, brenne auf mein Licht, aber nur meine liebe Laterne nicht."

 

Hallo liebe Moderatoren,

ich weiß bis jetzt noch nicht, ob die Geschichte Horror oder Spannung/Krimi ist. Falls ihr die andere Sparte favorisieren solltet, bitte verschieben.

Danke,

Penny

 

Hallo penny_lane

Die Geschichte war mir leicht aber völlig anspruchslos zu lesen. Das Witzige, das mir bei anderen Geschichten von dir aufgefallen war, dümpelt hier flau dahin, etwas angereichert mit wenig überzeugenden Schreckensvisionen. Mir kommt beinah die Vermutung auf, eine novemberhaft neblige Verstimmung habe dich dabei angeleitet.

Während ich die Scheiben meines alten Golfs freikratze, schafft es der Nebel einmal mehr, sich in mein Inneres vorzuarbeiten.

Das Bild wäre realitätsnäher, wenn einzig die düstere Stimmung des Nebels sich auf das Gemüt niederschlägt.

den Motor mit gutem Zureden und einem kräftigen Tritt auf das Gaspedal zum Laufen zu bringen,

Mit Tritt erscheint es mir nur abstrus, da könnte kräftiges treten eher noch Abhilfe schaffen.

Die Diagnose inkl. der Bezeichnung und der Massnahmen entspricht etwa den Allgemeinplätzen, wie sie derzeit wohl in manchen Illustrierten, jahreszeitlich ausgerichtet, unterhaltsam feilgeboten werden. Zumindest müsste dies scharf zugespitzt sein, um wenigstens die Ironie herauszupressen.

Aber ich denke, heute werde ich den zweiten Ratschlag von Dr. Körner umsetzen. Ich mag Rot.

Damit war mir als Leser klar, welchen blutbesudelten Verlauf die Geschichte nehmen muss, es war nur noch die Frage des Wie.

Kurze Zeit später, nach dem Schreien und dem Stechen und Schlitzen, kann ich endlich beginnen. Der Rotton gefällt mir wirklich gut. Mit den Händen bestreiche ich die Sofakissen und die Tischdecke. Was hatte er mir noch geraten?

Das reicht mir zum Erschrecken. Die Vorstellung einer Szene im Schlachthof, ein Schwein in der Stromzange oder ein Rind vor dem Bolzenschussapparat, würde mir mehr Schaudern erzeugen. Im Text wäre da natürlich die Möglichkeit, sein farbtherapeutisches Verlangen subtil auszuschlachten, doch es kommt nicht zum Tragen.

Ich greife mir sein Klemmbrett und schlage es ihn mit voller Wucht über den Kopf. Als ich das Benzin über ihn geschüttet habe, hebe ich das heruntergefallene Telefon auf.

War mir nicht sehr ergreifend, da ich keinen hervorgehobenen Sinn in dieser weiteren Tat erkenne.

Guter Mann, dieser Dr. Körner. Hat meine Herbstdepressionen geheilt.

Es wäre allenfalls Satire, wenn eine entsprechende Stimmung aufkäme, die Empfindungen des Herrn Weiler vertiefter offengelegt und die Handlungen sich ironisch triefend ineinander verschlingen würden. So wie es steht, erkenne ich aber leider keinen Spannungsbogen zum Titel hin.

Nun, vielleicht findet es ja andere Leser, die dem Text mehr abzugewinnen vermögen. Oder, es regt dich an, den Text in anderem Licht zu betrachten und nochmals zu bearbeiten.

Schöne Grüsse

Anakreon

 
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Hi penny

Aber ich denke, heute werde ich den zweiten Ratschlag von Dr. Körner umsetzen. Ich mag Rot.

Ab da ist klar, worauf es hinausläuft ...

Mir ist die Geschichte zu glatt. Da ist jemand deprimiert, bringt daraufhin seine Exfrau und ihren Liebhaber (der noch zufälligerweise sein Arzt ist) um und ist (fühlt sich) geheilt. Da ist kein Konflikt, es gibt keine Hürden, die sich dem Prot. in den Weg stellen; das ist eine durch und durch vereinfachte Sichtweise, die der Realität nicht im Mindesten gerecht wird. Spannung kann so leider keine aufkommen, die Figuren bleiben (trotz der angesprochenen Farbe) blass und fern.

Auch zu schockieren vermag mich die Geschichte nicht, dazu sind die Gewaltszenen zu gewöhnlich. Heutzutage liest man in jedem Thriller Härteres. Wenn du keine Lust hast, tiefer in die Psychologie deiner Figuren einzusteigen, solltest du wenigstens hier versuchen, Neuland zu erobern. Dann kommst du von der Art her nahe an die Geschichte "John" von Paris R Vegas; aussergewöhnliche Ekel- oder Schockszenen allein würden mir zwar auch hier noch nicht reichen, die Geschichte aber näher an das Thema Horror heranbringen.

Ja, also alles in allem bleibt das einzig Positive für mich an der Geschichte der flüssig zu lesende Stil und die weitgehende Fehlerfreiheit.

Aufgefallen ist mir:

Herr Weiler, ihre Gemütsverfassung hat meiner Ansicht nach nur bedingt damit zu tun, dass ihre Frau Sie im Juni verlassen hat.

Ihre in der Anrede gross

Schon als Kind bin ich durch das Loch im Maschendrahtzaun im hinteren Teil des Grunstücks geschlüpft.

Grundstücks

Soviel von meiner Seite, viele Grüsse.

 
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Hallo Anakreon, hallo Schwups,

danke für die Rückmeldung, so in der Art hatte ich mir die Meinungen dazu auch schon vorgestellt.

Mir gehen jetzt schon seit mehreren Wochen verschiedene Ideen im Kopf herum, aber irgendwie bekomme ich sie nicht so recht zusammen. Das obrige Ergebnis ist noch das Beste, was dabei rausgekommen ist.

Vielleicht schlägt mir die Nebelsuppe hier in Oberfranken wirklich auch auf's Gemüt.

An alle, die diese Geschichte noch lesen: Nicht zu viele Gedanken dazu machen, ich denke, dass ich die bisherigen Kritiken zum Anlass nehme, diese Geschichte noch einmal komplett umzuschreiben - wer weiß, was dann dabei herauskommt.

Danke nochmal für das ehrliche Feedback, jetzt habe ich wieder Ideen, in was für eine Richtung das Ganze noch gehen könnte.

Grüße,

penny

# # #

So, einmal überarbeitet und dabei völlig neu interpretiert.

Wer die erste Version nicht kennt: Ihr habt nichts verpasst.

Ob das jetzt besser ist, wage ich nicht zu beurteilen, das überlasse ich dankend euch.

Tipps und vernichtende Kritiken werden dann ab jetzt wieder dankend entgegengenommen.

penny

 
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Hallo,

Dank mir wird sie diesmal nicht erfahren, wie die Geschichte endet. Mit dem Messer in der Hand trete ich von hinten an sie heran. Als ich ihr mit einer einzigen, schnellen Bewegung die Kehle aufschlitze, spritzt ihr Blut nicht nur auf die Couch, sondern verteilt sich wundervoll über Möbelstücke, Teppich und Wand. Ich lasse Sybille liegen, das Papier des Romans saugt sich voll mit ihrem Lebenssaft. Einige Tropfen beginnen damit, die Wand hinabzulaufen. Ihre Bahnen erinnern mich an den Regen, der noch vor wenigen Tagen mein Wohnzimmerfenster entlangperlte und mir eine willkommene Abwechslung war zum Grau des Nebels. Nur sind diese Tropfen rot. Ob das ein guter Therapieansatz wäre?
Man müsste sich mal mit der Psychologie von solchen Taten wirklich auseinandersetzen, ob das eine Gewaltphantasie wäre, die Leute in der Situation wirklich hätten. Ob es da nicht mehr um Machtausübung gehen müsste. Das hier ist ja ein sauberer, schneller Tod aus dem Hinterhalt. Wenn der Täter sich wie hier, so ausgenutzt und entmannt fühlt, denke ich, wäre es nicht schlecht, wenn sich das auch in der Gewaltphantasie widerspiegelt.
Ansonsten zum Text: Es ist so brav, oder? So der Punkt wird überdeutlich nach Hause gebracht immer. Es ist grau UND schummrig. Dann sie im Haus seiner Eltern, er in einer Zweizimmerwohnung – da denke ich als Leser nicht: Ach, der Arme, sondern ich denke immer: Wie konnte er sie denn heiraten, wenn sie ihn so furchtbar nervt.
Die Gefühle sind sehr klar hier, sehr eindimensional.
Es ist mir sowohl von der Situation, als auch von der Sprache und auch von der Psychologie dieser Figur hier,, bis hier hin, nicht eigen genug, nicht speziell.

oder sogar aus einem früheren Leben für ihre Depressionen verantwortlich ist
Echt? So was sagt ein Therapeut? Würde ich eher von der Wahrsagerin am Jahrmarkt erwarten.

ziehe mich weiter in den weichen Sessel zurück
Mal als Beispiel, woran es beim Stil ein bisschen hakt.
Dieses „weich“ hier, kann nach links ins Verb kriechen, dann wird aus „ziehe mich weiter zurück“ ein „Ducke mich in den Sessel“, „Krieche in den Sessel“, „Drücke mich in den Sessel als wäre er aus Federn, als wäre er eine Decke“ also das „weich“ kann dieses „ziehe zurück“ noch flaumiger und weicher machen, oder es kann in den Sessel reingehen, kann zu einer Metapher werden, kann zu einem persönlicheren Adjektiv werden … Höhle, Sicherheit, Wärme – das sind ja so die Ideen hinter diesem Bild. „Ziehe zurück“ – also da auch, Schreiben ist auch die Suche nach dem Besonderen, nach dem Prickeln. „Ziehe mich weiter in den weichen Sessel zurück“ – ja, prickelt’s da? Mal was riskieren, mal mit zwei Händen in so einen Text reinfassen.

Außerdem hatte ich Menschen kennengelernt, die mein Hobby zu teilen schienen:
Also „Hobby“ ist furchtbar hier. Das kann man gar nicht genug betonen, wie furchtbar das hier ist. Im alten Rom! Hobby! Wah!
Und mal von diesen verbrauchten Wendungen und Unsicherheitsfloskeln lösen, unbedingt. „Außerdem hatte ich Menschen kennengelernt“ – Menschen ja, wen sonst? Tiere, oder was? „Kennengelernt“ – ja … und dann diese Konjunktion „Außerdem“ wie aus dem Schulaufsatz. Handvoll Füllwörter, die man braucht, damit ein Text sich gut liest, Außerdem darüber hinaus, Zudem, - was man so in der Schule gelernt hat, damit der Aufsatz „flüssig“ wirkt, wah, ganz schnell vergessen. So was muss man sich austreiben, das hat im literarischen Schreiben nichts zu suchen, so Konjunktionen werden nur gezielt gesetzt, nicht weil man das in der Schule mal Usus war.
„die mein Hobby zu teilen schienen“ – das ist auch so ein Geleier mit dem Leser. „zu teilen schienen“, haha, ich sag dir nicht, was das für ein Hobby ist, ich sag dir nicht, was es für Leute sind, und ich sag dir auch nicht, ob es so ist, oder ob es nur so scheint.
Ja, was sagst du mir denn dann? So ein Genuschel in einer so kurzen Kurzgeschichte. Marquez hat das mal gesagt. Ein Autor muss die Geschichte bei den Hörnern packen. Wie im Stierkampf.

Der neue Kommandant war der Ansicht, dass einige Gefangene seinem Triumphzug in Rom interessanter gestalten würden.
Oh, oh, oh. Hast du das recherchiert? Gab es im Rom zur Christenzeit noch Triumphzüge? Wer durfte die ausüben? Böse, böse Falle. Rom zur Christenzeit ist ein ganz anderes Rom als das, was man so kennt und liebt. Das Rom Cäsars, zu Zeiten der Republik
Mal googeln oder so … böse, böse Falle.
Geschichte, Millieus, Berufssparten sind immer schwierig, so aus dem Handgelenk zu schreiben. Weil es da meistens Leser gibt, die dort arbeiten oder das ihr Steckenpferd ist.

Hmm, hmm, hmm. Nee. Da passt der Anfang nicht zum zweiten Teil, und das mit St. Martin, ja, man merkt, dass du die neu geschrieben hast mit heißer Nadel.
Die Idee, diesen St. Martins-Tag zu pervertieren ist eigentlich sehr schön. Allerdings wird die Idee ja überhaupt nicht vorbereitet, sondern alles, was zu der Idee gehört , taucht dann erst auf, als schon klar ist, dass es diese Idee ist.
Normal, bei einem guten Aufbau, wird einem später klar, was vorher schon für Indizien da waren. Also in einem guten Text wertet die Pointe, die Enthüllung, das auf, was der Leser vorher gelesen hat.
Hier ist es so, dass der Leser gesagt bekommt: Den Anfang kannst eigentlich vergessen. Hmpf.
An bestehenden Kurzgeschichten rumzudkotorn kann nur klappen, wenn man wieder die komplette Textmasse auf den Prüfstand stellt, so ein halbherziges „Ja, den Anfang kann man ja so nehmen“ ist ein Problem, weil man nicht zu jedem Anfang jedes Ende schreiben kann. Eine Geschichte sollte in sich stimmig aufgebaut sein, die Teile müssen zu einander passen.
Hier hast du in der ersten Hälfte diesen Mann, die Frau, das Zimmer, das Haus, das Messer – und nichts von de spielt im Lauf der Handlung eine Rolle. Das ist z.B. ein Verstoß gegen die Regel von Chekovs Gewehr. Ein literarischer Text muss kohärent sein ,alles, was erwähnt wird, muss eine Rolle spielen, lose Fäden müssen irgendwohin führen. Ich kann kein Gewehr an die Wand hängen, ohne es im Laufe der Handlung abzufeuern.
Und wenn ich dann ab Seite 5 alles rausreiße, dann muss ich auch die Gewehre rausreißen, die ich bis dahin an die Wand gehängt habe. Zum Beispiel muss der Psychologe hier raus, und das muss so in den Hinterhof gehen, so eine Amateurin. Im Kinofilm "Echoes" ist das wunderbar gelöst. Da hypnotisiert den Helden die lesbisch-esoterisch-flippige-"dagegen" Schwägerin, die das mal in einem Buch irgendwo gelesen hat und immer semi-stoned durchs Bild rennt. Wunderbare Szene, und auch sehr glaubwürdig.

Gruß

 

Ich habe den November noch nie gemocht. Schon als Kind war der Herbst die Jahreszeit, die ich am meisten hasste. Der Nebel kriecht in alle Ecken, manchmal scheint es so, als mache er auch nicht vor den Fenstern meiner Wohnung halt. Schummrig und grau beginnt jeder Tag, der Hals ist rauh von der trockenen Heizungsluft und beim Freikratzen der Autoscheiben verliere ich das Gefühl in meinen Fingerspitzen.
Den Absatz mag ich wirklich. der klingt so ehrlich.

Das mit den Farben ist auch eine gute Idee, finde ich. rot ....

Also insgesamt finde ich, dass viele gute Ideen hier drin stecken.Man könnte allerdings auch viel mehr daraus machen ...

Dieses Wiedererleben in Hypnose und das frühere grausame tun ist sehr interessant als Thema. Aber es ist keine Erklärung für den Grund dieser Taten. Mit emehr Mühe könnte das ein sehr spannendes Ding werden. Aber so ist es keine wirkliche befriedigende Geschichte ...


Lollek

 

hallo,
ich finde die geschichte an sich ganz gut...nur ein bisschen verwirrt hat sie mich auch...
ich versteh nicht ob er seine Frau jetzt wirklich umgebracht hat oder nicht und was hat es mit dem aus gallien zu tun....
wie gesagt ich hab mich erschrocken als das mit dem mord an seiner frau kam....ich finds im großen und ganz gut

lg Anna96

 

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