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Hens Jörenström jagt auf Dr.Dr.Dipl.Ing. Brüssel
Im österreichischen Kolosseum, Auftritt der Gladiatoren, 10:44 Uhr
Er stand vor dem schmutzigen Spiegel in dem dunklem Raum und hielt sich die linke Hand vor den Mund, so als hielte er ein Mikrofon. Mit der rechten fuchtelte er rhythmisch im Takt. Er hüpfte von einen Fuß auf den anderen.
Dann wurde ihm plötzlich schlecht und er rannte auf`s Klo um zu kotzen. Es war sein großer Auftritt und in ein paar Minuten würde er vor der blutgierigen Menge stehen und sich beweisen müssen. Die Tür öffnete sich und der große Schwarze trat neben ihn.
„Hey Gefickter, was ist! Sei doch nicht nervös, du Arsch, du bist ein Genie, du gottverdammter Loser, du packst es! Ich glaub an dich, angeschissenes Arschloch, du hast die größten Eier, du schwule Tunte!“
Das machte ihm etwas Mut. Er ging auf die Bühne; der Weg kam ihm unglaublich lange vor, aber er schaffte es schließlich; und stellte sich vorsichtig zum Mikrofon. Er spürte wie sich sein Hals zuschnürte. Er starrte in die Menge. Er sah viele Schwarze, große Schwarze und sie standen alle hinter ihm. Das wusste er. Sein Hals wurde enger, er bekam wenig Luft.
Da waren noch die Roten, die ihn verhasst anschauten und von den Blauen gar nicht zu reden. Einmal war er ein Blauer gewesen, doch ausgestoßen, suchte er Hilfe bei den Schwarzen.
„Fick dich, du Arsch!“, schrie einer der Roten und die anderen stimmten ihm zu. Die Schwarzen klatschten mit dem Beat. „Komm schon!“
Er musste bald anfangen. Der Schweiß rann ihm von der Stirn und seine Kehle war eng wie der Sinn seines Textes, den er jetzt von sich geben musste. Er wusste das. Aber er fing an. Er musste der Menge ihre Beute vorwerfen.
„Die Pensionsreform 2003 ist fertig, liebe Österreicher und Österreicherinnen. Ich, euer Finanzminister, sage euch...“
Doch weiter kam er nicht. „Hör auf, du Schwuchtel!“, brüllte einer von den Roten und sprang auf. Ein paar seiner Genossen folgte seinem Beispiel.
„Du darfst jetzt nicht aufgeben!“, brüllte der große Schwarze. „Nicht jetzt! Egal, was du für einen Scheiß sagst!“
Er machte weiter: „... dass den Sozialpartnern nicht der große Fortschritt gelungen ist, den ich...“
Das „Hör auf, du Muttersöhnchen!“ der Roten vermischten sich mit dem „Mach weiter, ich glaub an dich, du Schwuchtel!“ der Schwarzen. Ihm wurde schwindelig.
Da wurde die Tür aufgerissen und einer der Roten kam mit einem Schwert herein. „Stirb, du Diktator!“, schrie er und stürzte sich mit einem Schlachtruf auf den Sessel aus Kärnten. Er hätte seinen Besitzer durchbohrt, wenn dieser da gewesen wäre.
„Cuuuuuuuuuuuuuuuuuut!!!!!!“, schrie der Regisseur zornig. „So kann ich nicht arbeiten, was soll das?“ Er sprang von seinen Stuhl auf und lief zu dem durchbohrten Sessel. „Wo ist er? Wo ist unser Schauspieler? Wie soll ich die Regierung inszenieren, wenn die wichtigste Figur fehlt?“ Er blickte zu dem Mann mit der Brille und der Fönfrisur. „Das mit der Pensionsreform muss übrigens noch viel härter rüberkommen. Wir sind hier nicht bei „Einem Käfig voller Narren“, du Kissensitzer!“ Er steigerte sich noch weiter hinein, bis sein Kopf schließlich purpurn anlief. „Die Nachrichten sind bereits um halb acht! Das Volk braucht neue Folgen aus dem Parlament. Arrrrrrrrrrg! Ruft das Geheimministerium an!“
Irgendwo an einem geheimen Ort in Wien, Darwinstraße 8/32/5 1010 Wien, 11:39 Uhr
„Oh mein Gott, Hens!“ blubberte Kack Jackson, Chef des Österreichischen Geheimministeriums, blass, „Sie haben den Kärntner Landeshauptmann entführt!“
Als Hens das hörte, spuckte er den Kaffe, den er gerade in diesem Moment getrunken hatte, über seinen Schreibtisch. „Das kann doch nicht sein!“
„Doch, Hens! Sie haben es geschafft. Und noch schlimmer als das. Es war in Wirklichkeit nur der Schauspieler, der ihn spielte!“
Hens verschluckte sich an dem Bissen seines Kipferls, das er gerade in diesem Moment in den Mund gesteckt hatte. Er spuckte es über seinen Schreibtisch und vermischte mit dem Kaffee. „Der Kärntner Landeshauptmann ist gar nicht echt?“
„Hens, hören Sie schon auf! Sie brauchen mich nicht mehr täuschen“, sagte Mr. Kackson, „Ich weiß, dass sie es schon längst wussten. Sie haben es geahnt, dass Österreich zu klein und unbedeutend ist, als dass es echte Politiker bräuchte. Echte Politiker, wie sie das in Deutschland haben, diese arroganten, großärschigen Nordösterreicher! Ja, sie denken noch, dass sie welche bräuchten, aber ich sage Ihnen etwas Hens, Politiker sind teuer und unnötig. So haben wir Schauspieler engagiert, ihnen jeden Tag ein Drehbuch verfasst und den Kurzfilm dann in den Nachrichten gezeigt.“ Kack lächelte zufrieden, „So war alles perfekt. Die Bevölkerung glaubte, es wird um ihre Themen diskutiert und wir schrieben unsere Drehbücher. Alle waren glücklich. Bis zu dem heutigen Tag, verdammte Scheiße.“ Er stützte sich mit den Händen auf Hens’ Schreibtisch und beugte sich tief zu ihm hinunter, „Hens, Sie müssen ihn auftreiben, noch vor den Nachrichten um 19:30 Uhr. Machen Sie sich auf den Weg und vergessen Sie nur für einen Tag, dass Ihre Freundin jeden dahergelaufenen Mistkerl zwischen ihre weichen, zarten, nach Honig riechenden und nach Lebkuchen schmeckenden Beine greifen lässt.“
„Sie tut was?!?“, schrie Hens und verschüttete die Gefäße mit höchst explosiven Chemikalien, mit denen er gerade in diesen Moment jongliert hatte, über seinen Schreibtisch.
Das Labor von Dr.Dr.Dipl.Ing Brüssel, 15:55 Uhr
„Bruhahahaha! Und jetzt wirst du sterben, Kärntner Landeshauptmann!“, brüllte Dr.Dr.Dipl.Ing Brüssel und ging auf den, auf einen Stuhl gefesselten Kärntner Landeshauptmann zu.
Dieser war aber die Tapferkeit in Person. Aus seinen Augen glänzte das Stahl des Mutes und der Hoffnung. Sein metallener Mund zitterte nicht und seine Augen strotzten der finsteren Kälte des Dr.Dr.Dipl.Ing. Brüssel. Selbstlos sagte er: „Ich hab ja gar nichts gemacht. Lassen Sie mich doch in Ruhe und ich verspreche, wenn sie mich loslassen, bring ich Ihnen zwei Politiker frei Haus! Warum denn gerade ich?“
„Warum gerade Sie?“, amüsierte Dr.Dr.Dipl.Ing. Brüssel, „Brauche ich etwa einen Grund? Ich bin Brüssel!“
„Okay, dann verrate ich Ihnen nun ein Geheimnis“, strotzte der Kärntner Landeshauptmann mit Tränen in den Augen, schüttelte den Kopf und die Maske fiel von seinen Gesicht, „Ich bin nur ein Schauspieler!“
Als Dr.Dr.Dipl.Ing. Brüssel erfuhr, wer den Kärntner Landeshauptmann darstellte, fiel er zu Boden. Sein Körper zuckte hilflos. Vor Lachen.
Vor dem Labor von Dr.Dr.Dipl.Ing. Brüssel 15:59 Uhr
Nachdem Hens Jörenström dem Wachtmeister der Polizei erklärt hatte, wie das Büro des Geheimministeriums in die Luft fliegen konnte und europaweiter Terroralarm gegeben wurde, machte sich der erste und einzige österreichische Geheimagent auf den Weg, den Schauspieler des Kärntner Landeshauptmanns zu suchen. Er folgte einer heißen Spur, als er plötzlich sah, wie der bekannte Politikerentführer Dr.Dr.Dipl.Ing. Brüssel eine kleine Gestallt in seinen Wagen schleppte und mit rasender Geschwindigkeit davon fuhr.
Hens Jörenström wusste sofort was zu tun war! Doch nachdem er seine Bier getrunken hatte, war er wieder ratlos.
Am österreichischen Gand Canyon , 15:66 Uhr
„Jetzt wirst du sterben, du Gestalt! Niemand wird den Kärntner Landeshauptmann je wieder so gut spielen können wie du!“
„Au, nein! Elbenfesseln tun Gollum weh!“, brüllte der Schauspieler des Kärntner Landeshauptmanns, „Kärnten, mein Schatz. Arrrrrrrg! Gollum jetzt wieder lieb sein, niemanden mehr schimpfen! Ganz artig, Gollum!“
„Das nützt dir jetzt auch nichts mehr!“, lachte Dr.Dr.Dipl.Ing. Brüssel und hielt das kleine Wesen kopfüber über den Abgrund. Drei Milliarden Kilometer ging es dort in die Tiefe. „Jetzt wirst du sterben, bruahahahahahaha!“
„Nein, nein! Gollum wieder lieb sein. Schick mich nach Kärnten, lieber Entführer! Nicht in den schwarzen Abgrund. Schwarz ist böse!“
Doch der Entführer ließ Gollum fallen und das kleine Männlein fiel. Doch überraschender Weise hing Hens Jörenström etwa zwanzig Meter weiter unten, heldenhaft an der Felswand und schrie: „Ich fang dich auf, Gollum! Mach dir keine Sorgen!“ Schließlich hatte er doch den richtigen Schluss gezogen, und war ihnen gefolgt. Der Retter in der Not, Held Österreichs!
Gollum schrie vor Freude auf. Er fiel Hens Jörenström genau an den aufgehaltenen Armen vorbei.
„Verdammte Scheiße“, murmelte Hens und sah zu, wie der verdutzt blickende Gollum, gegen die Felswand klatschte, gegen einen Baum, wieder gegen die Felswand, gegen einen Kaktus, abprallen und wieder gegen die Felswand, durch ein Dornengebüsch, in die Rotoren des Hubschrauber der Terrorabwehpolizei, die hier die Terroristen vermuteten, die das Geheimministerium in die Luft gesprengt haben, und gegen die Felswand und schließlich hörte Hens ein donnerndes Geräusch, als Gollum am Boden aufschlug und explodierte. „Scheiße!“
„Cuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuut!“, schrie der Regisseur zornig und ging auf Hens zu, „Sind Sie denn wahnsinnig, Hens?! Sie können Gollum doch nicht einfach fallen lassen, Sie Oberlusche. Wenn Sie sich schon bereit erklären, die Stunts selbst zu machen, dann machen Sie sie auch richtig.“ Er roch das Bier in Hens Atem, „Außerdem hätten Sie vorhin so tun sollen, als ob Sie die Spur aufnehmen und nicht Bier trinken.“ Er nahm seinen Hut ab und schrie zu dem Team, „Okay, 10 Minuten Pause und überlegt euch, wer den Gollum spielen möchte, wir brauchen Ersatz!“
Zwei Gestalten entfernten sich von dem Schauplatz.
„Und was halten Sie von der Geschichte, Herr Landeshauptmann?“, fragte der Bundeskanzler den zweiten Ehrengast, der zu der Produktion des neuesten Hens Jörenström Films eingeladen war.
„Naja, ich weiß nicht. Irgendwie ist das schon alles sehr weit her gegriffen, finden Sie nicht auch? Vor allem ist der Schauspieler des Hens Jörenströms ein richtiger Idiot!“
„Was?!?!?! Hens Jörenström gibt’s gar nicht in echt?“ schrie der Bundeskanzler und zerriss vor Schreck die einzigen Aufzeichnungen der einzigen gerechten Pensionsreform. Er sah den Papierschnipseln nach, wie sie über den Canyon flogen und sagte gleichgültig: „Egal, ich hab zu Hause noch eine, die hab ich sogar selber geschrieben.“
ENDE
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Siehe auch:
Hens Jörenström in "Der Spion der sich liebte"
Hens Jörenström in "Liebesgrüße aus Gossemsitty"