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Heizen mit Radar

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25.12.2013
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Heizen mit Radar

Nach einer Idee von Rolf Wilhelm Brednich

„Ey, Scheißkerl!“ Die Frau bremste mit einem Ruck. Sie hupten den alten Opa vor ihr wütend an. „Es ist grün, Alter“, brüllte sie aus dem Fenster. Kalter Wind blies ihr um die Ohren. Der alte Mann drehte sich um und seine komische Klapperkiste geriet ins Schwanken. Sie hupte wieder. So ein Mann sollte doch nicht Autofahren, der gehört doch ins Altersheim, dachte sie. Endlich bog der Alte in eine Einfahrt ein und sie konnte wieder Gas geben. Im Verkehrsfunk hatten sie nichts von Radargeräten hier in der Umgebung gesagt und Polizisten hatten um diese Zeit doch längst Feierabend.
Sie bog scharf nach links ab und fuhr schweigend die Birkenallee entlang. Als sie etwas aus den Augenwinkeln am Straßenrand stehen sah fuhr sie langsamer, um zu sehen was es war. Ein altes, halb vergammeltes Sofa fiel ihr in den Blick. Bestimmt mit Maden drin und so richtig schön muffelig.
Ihr fiel wieder ein, dass morgen der Sperrmüll kam. Vielleicht finde ich hier etwas, das ich mit nach Hause nehmen kann. Ich erzähle Ole einfach, ich wäre auf dem Flohmarkt gewesen, dachte sie. Sie fand es Schade, dass sie ihren Mann immer anlügen musste, aber er würde sie nicht mehr lieben, wenn Sie ihm die Wahrheit sagte. Banken ausrauben oder reichen alten Damen die Handtaschen aufschlitzen, während diese im Theater das Geschehen auf der Bühne verfolgten, war nicht so sehr seine Art und er würde es auch nicht verstehen, wenn sie ihm erklärte wieso sie es tat. Die reichen Leute hatten doch genug von allem, denen macht es doch nichts aus wenn sie ein Portemonnaie weniger hatten.
Wieder betrachtete sie die Sachen, die auf dem Bürgersteig lagen. Das Sofa war nicht wirklich das wahre, das brauchten sie nicht. Auch nicht den blauen Stuhl, dem ein Bein fehlte, oder den vermoderte Geigenkasten. Nein, etwas wirklich Brauchbares hatte sie bisher nicht gesehen, nur Müll halt. Allmählich kam sie sich ein bisschen dumm vor, wie sie da langsam durch die schwach beleuchtete Straße fuhr und den aufgehäuften Schrott betrachtete.
Da fiel ihr etwas ins Auge. Es war ein großer beiger Kasten, etwas altmodisch aber eigentlich noch Heil. Unsere Heizung ist doch gerade kaputt gegangen, dachte sie froh, das wäre genau das richtige! Sie parkte den Wagen und schaute sich um. Bankeinbrüche waren schlimme Verbrechen, aber damit hatte sie kein Problem – hier hatte sie fast ein bisschen Schiss, gesehen zu werden.
Vorsichtig und um sich schauend stieg sie aus und hob den schweren Kasten hoch. Ächzend unter der schweren Last trug sie den Kasten ins Auto. Im Inneren rasselte etwas.
Mit gutem Gewissen fuhr sie weiter, summte einen alten Schlager und überschritt nur knapp die Geschwindigkeitsgrenze. Das Auto hinter ihr bemerkte sie erst, als der Fahrer sie anhupte. Genervt drehte sie sich um. „Was soll denn das, häh?“, rief sie wütend nach hinten. Dann bemerkte sie, dass es ein Polizeiauto war.
Sie hatte gerade einen Polizisten angeschrien.
Nein, dachte sie, nein, das kann doch nicht sein. Sie war doch noch nie entdeckt worden und außerdem hatte sie heute doch gar nichts Schlimmes verbrochen. Die paar Handtaschen und das iPhone waren doch nichts. Dafür kam man doch nicht ins Gefängnis?
„Halten sie an!“ Der Polizist sprach durch ein Megafon, sodass seine Stimme seltsam verzerrt klang. Sie fuhr gehorsam an den Straßenrand. Ihre Hände zitterten und sie hielt das Lenkrad so fest umklammert, dass ihre Fingerknöchel ganz weiß wurden. Nein, sie würde alles zugeben. Dann war die Strafe geringer. Abhauen würde nichts bringen, leugnen ebenso wenig.
Mit zitternden Händen öffnet sie die Autotür und steigt aus. „Würden Sie bitte ihren Kofferraum öffnen“, sagt der Polizist, ein junger, ziemlich gut aussehender Mann, „Straßenkontrolle.“ Widerwillig öffnet die Frau den Kofferraum. Ein paar geübte Handgriffe und schon wäre ihr Geheimfach mit dem Diebesgut darin kein Geheimfach mehr. „Was ist das, bitte?“, fragt der Bulle und zeigt auf die Heizung. „Ach so, das.“ Die Frau ist erleichtert. Vielleicht ist es nur deswegen? Vielleicht weiß der Polizist gar nichts von ihr.
„Das ist eine Heizung die ich auf dem Weg gefunden habe“, erklärte sie, „sie wissen schon, morgen kommt der Sperrmüll und da dachte ich... da dachte ich, es käme ja sonst auf den Müll und also... das ist ja dann kein Diebstahl...“ Der Polizist lachte. War ihre Geschichte so unglaubwürdig gewesen? Es war doch wahr. Oder wusste er doch etwas? Vielleicht sollte ich es einfach zugeben, dachte sie. Sie holte tief Luft, aber der Polizist sagte: „Ich glaube das ist ein Missverständnis, Frau ...“
„Mauser.“ Etwas Besseres fiel ihr gerade nicht ein.
„Also ich glaube, das ist ein Missverständnis, Frau Mauser. Das ist keine Heizung, Sie haben ein Radargerät mitgenommen.“ Wieder lachte er, aber es war ein freundliches Lachen. Die Frau seufzte erleichtert. Der Bursche wusste nichts, es war nur wegen der Heizung. Nicht Heizung, Radargerät.
„Soll ich es zurückfahren?“, bot sie übertrieben höflich an.
„Nicht nötig.“ Der Polizist schenkte ihr ein strahlendes Lächeln, „aber wenn sie so nett wären mit anzufassen.“ Gemeinsam hievten sie das schwere Ding in das andere Auto. Dann fuhr der Polizeiwagen weiter und verschwand in der Ferne.
Glück gehabt.

 
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Hallo Chanaya

Erstmal ist es richtig, dass du deine Inspirationsquelle nennst, allerdings basiert deine Story konkret auf einer modernen Sage aus dem Buch "Die Spinne in der Yucca-Palme", wie sie unter anderem in Polizeikreisen zum besten gegeben wird.
Da der Ursprung im Buch mit "dem Volksmund" und in verschiedensten Erzählweisen ausgewiesen wird, schrammst du hier nur knapp am Plagiatsvorwurf vorbei.;)

Was mir beim Lesen auffiel:

Heizen mit Radar
Der Titel verrät schon zuviel. Leider.

Im Verkehrsfunk hatten sie nichts von Radargeräten hier in der Umgebung gesagt und Polizisten hatten um diese Zeit doch längst Feierabend.
Diesen Satz würde ich ersatzlos streichen, wirkt bemüht und nimmt - wie schon der Titel - zu viel vorneweg.

Mit zitternden Händen öffnet sie die Autotür und steigt aus. „Würden Sie bitte ihren Kofferraum öffnen“, sagt der Polizist, ein junger, ziemlich gut aussehender Mann, „Straßenkontrolle.“ Widerwillig öffnet die Frau den Kofferraum.
Das ist von der Abfolge eher unglücklich, besser so:
Mit zitternden Händen öffnete (Tempus, wie flammbert sagte) sie das Seitenfenster.
„Straßenkontrolle“, sagte der Polizist, ein junger, ziemlich gut aussehender Mann.
„Dürfen wir mal in ihren Kofferraum sehen?“ Widerwillig stieg die Frau aus und öffnete den Kofferraum.

Gemeinsam hievten sie das schwere Ding in das andere Auto.
Wie hatte sie das dann alleine in den Kofferraum bekommen?

Zur Geschichte:
Du machst aus der Sage eine Erzählung, und lässt uns den Diebstahl des angeblichen Heizgerätes durch die Augen deiner Protagonistin, einer ziemlich kapitalen Verbrecherin erleben.
Leider hast du sie in meinen Augen nicht ganz glaubwürdig dargestellt. Denn während sie Banken anscheinend ohne mit der Wimper zu zucken ausraubt, verhält sie sich bei der Verkehrskontrolle völlig geschockt, eher wie eine ertappte Ladendiebin.
Da würde ich sie bei ihrem abgebrühten Charakter belassen, das gäbe der ganzen Sache mehr Würze. Allerdings fehlt mir dazu auch die zu beiläufig erzählte Vorgeschichte.
Der Umstand, dass sie genau heute auf Beutezug war, und das "legal abgezügelte Heizgerät" eigentlich nur so als Mitbringsel für ihren ahnungslosen Ehemann gedacht ist, könntest du noch etwas besser ausbauen.
Lasse sie doch als Einstieg auf der Flucht nach ihrem Bankraub sein, und wenn sie sich sicher glaubt, dieses Heizgerät entdecken, wenn dann plötzlich die Polizei hinter ihr her ist, ist auch die Spannung entsprechend aufgebaut.

Hoffe, du kannst was damit anfangen.
Gruss dot

[EDIT: Warum hängst du der Geschichte den Tag "Jugend" an? Hat eigentlich nicht viel mit einer Jugendgeschichte zu tun, ausser dass du eine junge Autorin bist, aber das ist etwas anderes.]

 

Hi Chanya,

ich habe gerade gesehen, dass du erst zwölf bist. Und für zwölf Jahre schreibst du schon sehr gut, finde ich; vor allem fast ohne Rechtschreibfehler und so, ein paar Fehler hab ich dir unten rausgesucht. Ja, zum Sprachstil, wie gesagt: Ich kann mich jetzt nicht mehr so gut daran erinnern, wie es bei mir in meiner Klasse mit zwölf war, ob da Leute auch so schreibe konnten wie du, keine Ahnung, aber wie gesagt, ich finde, du kannst dich schon sehr gut ausdrücken und Szenen beschreiben, die dir vor Augen schweben. Vor allem finde ich es gut, dass du viele kleine Beobachtungen reinbaust, wie z.B. der Schrotthaufen genau aussieht oder dass die Fingerknöchel ganz weiß werden, als sie das Lenkrad so fest umklammert. Ich weiß nicht, ob du das mit Absicht machst, aber das ist gut, das zieht den Leser in die Geschichte, so Kleinigkeiten machen das lebendig.
Zur Geschichte an sich: Ich glaube für eine in deinem Alter ist es einfach ziemlich schwierig, eine Geschichte zu schreiben, in der bloß Erwachsene die Hauptrollen spielen. Das ist ganz normal; da sieht die Welt ganz anders aus, Autokontrollen, wie gehen Erwachsene miteinander um, das sind Dinge, die du zwar beobachtet hast, aber noch nicht selbst gelebt hast, und das macht es ziemlich schwierig, darüber zu schreiben. Also für dein Alter finde ich die Geschichte nicht schlecht, aber (für mich) wirkt sie an manchen Stellen nicht so, wie ich glaube, dass das passieren könnte; z.B. bin ich mir nicht sicher, ob eine Frau wirklich eine Heizung mit einem Radargerät verwechseln würde, und ob sie das dann mitnehmen würde, oder der Polizist, der sie dann nicht dafür belangt. Normal muss man bei einer Fahrzeugkontrolle seine Papiere zeigen, und ich glaube, ein Polizist wäre sehr sehr schlecht drauf, wenn man das Radargerät klauen würde.

Sachen, die ich beim Lesen mitgeschrieben habe:

Polizisten hatten um diese Zeit doch längst Feierabend.
Mh, also es gibt auch Nachtschichten bei der Polizei!

Als sie etwas aus den Augenwinkeln am Straßenrand stehen sah fuhr sie langsamer, um zu sehen was es war.
Du hast ab und zu Nebensätze, bei denen du dir überlegen könntest, ob du sie streichen möchtest - den hier zum Beispiel bräuchte es nicht; ein Tipp von mir wäre: überlege dir bei Nebensätzen, die du einschiebst, ob die wirklich noch etwas zusätzlich erklären, oder ob der Satz auch genauso funktionieren würde, wenn der Nebensatz nicht da wäre. Das ist nicht schlimm, wenn das so weiter da steht, aber vllt kann ich ja dein Auge dadurch schärfen

Nein, etwas wirklich Brauchbares hatte sie bisher nicht gesehen, nur Müll halt.
z.B. den Nebensatz, der unterstrichen ist, weiß ich auch nicht, ob man den auch rausschmeißen könnte!

Ihre Hände zitterten und sie hielt das Lenkrad so fest umklammert, dass ihre Fingerknöchel ganz weiß wurden.
Solche kleinen Beobachtungen hier, das ist sehr gut, mach das weiter, das macht die Geschichte anschaulich!

„Würden Sie bitte ihren Kofferraum öffnen“, sagt der Polizist, ein junger, ziemlich gut aussehender Mann, „Straßenkontrolle.“
Okay, Straßenkontrolle ist mir kein Begriff, das heißt eher Fahrzeugkontrolle, glaube ich; hier könntest du z.B. auch mit kleinen Beobachtungen beschreiben, was den Polizisten so gutaussehnd macht, das würde es anschaulicher machen für den Leser!


Rechtschreibung:

erklärte wieso
erklärte, wieso

aus wenn
aus, wenn

Das Sofa war nicht wirklich das wahre,
das Wahre

eigentlich noch Heil.
noch heil

das richtige!
das Richtige

„Halten sie an!“
Sie

Mit zitternden Händen öffnet sie die Autotür und steigt aus.
hier ist die falsche Zeit, davor war alles in der Vergangenheit geschrieben!

Wie gesagt, Chanya, für dein Alter kannst du schon gut schreiben, finde ich, mach weiter. Es ist schwierig, über Leute zu schreiben, die älter sind als du, glaube ich; das ist glaube ich einfach so, weil du diese Erwachsenenwelt bloß als Außenstehende durch Beobachtungen kennst; und wenn du das dann mit deinen Worten zu beschreiben versuchst, fallen älteren halt immer Kleinigkeiten auf, die bisschen unglaubwürdig sind, wie das mit dem Polizisten oder der Heizung. Tipp: Schreibe doch einfach über Leute in deinem Alter, in die du dich gut reinversetzen kannst, über deine Welt. Bleib am Ball.

Grüße

 

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