Was ist neu

Heimweg

Mitglied
Beitritt
30.12.2003
Beiträge
74
Zuletzt bearbeitet:

Heimweg

Elisabeth geht langsam nach Hause. Sie ist alt und senkt sich beim Gehen ein wenig zur linken Seite. Ihre Gelenke schmerzen: Eine alte Knieverletzung, die sie sich einst beim Segeln zugezogen hat.

Unvorstellbar, denkt sie und verzieht bei jedem Hindernis das Gesicht. Unvorstellbar, dass es für sie einmal Zeiten gab, in denen sie über das Meer gesegelt war - eine Zeit, in der die nächste Mahlzeit gar kein Problem und der nächste Urlaub höchstens die Qual der Wahl bedeutet hatte. Eine Zeit ohne Räuberbanden und ohne Piraten - nun, fast ohne Piraten, korrigiert sie sich, und die wenigen waren nur auf Beute aus, nicht auf Ketzer - ein Meer ohne schwimmende Minen, eine Zeit, in der man überall hingehen konnte. Fast überallhin.

Eine kleine, aufrechte Frau ist sie, zart und mager, beinahe zahnlos. Elegant gekleidet nach einer Mode, die schon ein halbes Jahrhundert vergangen ist. Solange sie stillsteht, sieht man ihr ihre Gebrechlichkeit kaum an.

Das Getrampel einer Gruppe von Männern, einige Straßen entfernt, hallt in der Gasse. Es ist nicht die Sorge um ihre eigene Sicherheit, die sie zwischen einige Häusertrümmer verschwinden lässt, so schnell es ihre Beine zulassen. Aber sie trägt einen Rucksack mit Nahrungsmitteln, und sie möchte von der Horde runzliger, bärtiger Kerle nicht ausgeplündert werden. Sie sind bewaffnet bis an die Zähne. Die Waffen scheinen der Welt nie auszugehen.

Der Rucksack ist schwer, obwohl es nicht viel auf dem Markt zu kaufen gibt.

Sie hat etwas Geld, und ein paar Taschenbücher zum Tauschen. Nun gibt sie sie nach und nach weg, eines nach dem anderen, aus den großen Kisten auf ihrem Dachboden. Sie bringen mehr ein, wenn sie verboten sind. Zum Beispiel die unzensierten, halbpornografischen Heftchen, mit denen sie sich früher manchmal eine entspannende Stunde in der Badewanne gegönnt hatte, mit einem Glas Wein. Deren Besitz heute auf einen Individualismus, auf eine Ich-Bezogenheit hindeutet, die keine der kriegführenden Mächte zu tolerieren bereit ist.

Dennoch sind sie begehrt: Ein papierenes Buch verrät schließlich nicht, wer es wann gelesen hat. Im E-Buch dagegen liest man besser nur Dinge, die einen bei der augenblicklichen Kommandatur nicht in Schwierigkeiten bringen.

Der Krieg. Kein Krieg wie der, über den sie im Geschichtsunterricht gehört hatte. Das war alles so lange her...

Etwa neunzig Jahre seit der ersten Mondlandung.

Etwa siebzig Jahre seit dem Fall der Mauer.

Den hatte sie selbst noch miterlebt. Nun ist sie selbst schon mehr als hundert Jahre alt. Wie sie sich gefreut hatte, als die Mauer fiel! Viele, nein, fast alle hatten sich gefreut. Jemandem, der als Kind noch die Ausläufer des Kalten Krieges miterlebt hatte, schien das Zusammenbrechen des Systems der Beginn einer besseren Welt gewesen zu sein.

Wie gut sie sich an das alles noch erinnert - besser als an das, was gestern geschehen ist. Dabei kann sie eigentlich nicht klagen, ihr Gedächtnis ist noch recht gut.

Es war der Beginn einer schlimmeren Welt gewesen, keiner besseren. Zwei Jahrzehnte trügerischer Ruhe, wie das Auge des Hurrikans. Die Augen, das weiß sie heute, hatte sie fest geschlossen, um die Anzeichen nicht sehen zu müssen. Die vielen Moscheen, die Neuen Kreuzritter, und all den übrigen Wahnsinn. Dann, ein irrationaler Sturm, der große Teile der westlichen Welt verwüstete. Sie fühlt mit der freien Hand unbewusst nach den beiden Symbolen ihrer Überzeugung unter ihrem Cape: Ein simples Atomsymbol, der Kern durch ein A ersetzt. Ein Fisch, aus einer einzigen, hin- und zurückschwingenden Linie gebildet, aber mit Füßchen und dem Schriftzug "Darwin" versehen.

Religion, du bist wahrlich der Schänder des gesunden Menschenverstandes, denkt sie. Oder bist tatsächlich du die Wahrheit, weil es den "gesunden" Menschenverstand nicht gibt? Brecht und Macchiavelli, bittet für mich!

Ihren Darwin-Fisch hatte sie auch früher nie offen getragen. Es war nicht ihre Absicht gewesen, wirklich Gläubige zu kränken, der Darwin-Fisch ist nur ihr eigenes "E poi si muove - und sie bewegt sich doch!".

Sie stolpert über Schutt und Mauerfragmente auf der Suche nach einem Versteck. Heutzutage scheint für sie alles Religion zu sein; keine politische Auffassung, kein Aspekt des täglichen Lebens kommt ohne religiöse Bezugnahme aus. Religion ist eine Frage der Macht. Welchen Glauben hat man? Schlag dich auf die Seite des Stärkeren! Religion ist - Parteigängertum? Ist nur ein Vorwand, weil der Mensch nun mal nicht friedlich sein kann? Sie gibt ihren Anhängern ein Zeichen der Zugehörigkeit und einen Vorrat unwiderlegbarer paranoider Rechtfertigungen an die Hand. Aber glaubte jemand? Konnte der Glaube hundertfünfzig Jahre der Säkularisierung überstehen und mit voller Kraft zurückkehren, wie eine schwingende Abrissbirne? Hinter alledem muss irgendwo der wahre Nutzeffekt verborgen sein, Macht und Geld, aber niemand scheint davon zu profitieren. Es geht nur alles kaputt.

Früher, denkt sie und verstaut den Rucksack mühsam unter einigen Brettern, da schien die Wurzel der Religion die Angst vor Krankheit und Tod zu sein. Jesus' spektakulärste Wunder waren seine Heilungen. In ihrer eigenen Zeit hatte die Chinesen die Wahl zwischen der Falun-Gong-Sekte und einer Krankenversicherung gehabt. Die Krankenversicherung war den meisten zu teuer gewesen... Elisabeth hat auch keine mehr. Sie hat allerdings auch keinen Glauben, und daran hält sie fest. Ihr heimlicher, fast fanatischer Atheismus scheint in einer Welt der Religionskriege die einzige Verbindung zu ihrer Vergangenheit als erfolgreiche Wissenschaftlerin zu sein.

Vor etwa achzig Jahren hatte sie ein Studium begonnen. Sie war gut gewesen, begabter als die meisten. Mittlerweile, natürlich, war alles vergessen. Sie hatte bis zu ihrem dreiundsiebzigsten Lebensjahr gearbeitet - freiberuflich - aber dann ging es nicht mehr.

Die Datennetze waren ein Kriegsschauplatz geworden. Mit schlimmeren Auswirkungen als die schärfste Zensur sie hatte. Akkreditierungen wurden für alles benötigt. Glaubensprüfungen. Gewissensüberprüfungen. Heute diese, morgen jene, für schäbige Aufträge, die nicht einmal die Kosten der Nachweise wieder einbrachten. Sie begreift nicht, wie das alles funktionieren kann, es scheint wirtschaftlich nicht aufzugehen. Nun schlägt sie sich so durch, wie es geht, hauptsächlich mit Nähereien und ihrem Garten.

"Komm heraus da, Frau!"

Langsam wendet sich Elisabeth wieder zur Straße und kommt ohne ihren Rucksack hervor. Der Anführer der Soldaten fasst sein Gewehr fester, aber als er sieht, wie gebrechlich und unfassbar verwittert die winzige Person ist, die mühselig über die Trümmer steigt, lässt er es wieder sinken.

"Was hast du dort zu suchen?"

Elisabeth sieht ihm nicht ins Gesicht, denn sie weiß, dass er das sofort als Provokation auffassen würde. Die vernunftlose Wut, die enorme Zornmütigkeit der meisten Männer, die den versprengten Soldatenbanden angehören, und ihr Hochmut machen sie gefährlich, aber auch ein winziges bisschen berechenbar.

"Ich wollte nicht... " beginnt sie.
"Was wolltest du nicht?"
"Es ist nur so - der Heimweg ist so weit - ich schaffe es nicht..."
"Was hast du dort zu suchen gehabt, Alte?" brüllte der Mann mit sich überschlagender Stimme.
"Es war nur... meine Blase..."

Der Abscheu dieser Männer vor dem, was die andeutet, scheint echt zu sein. Der Anführer verzieht das Gesicht und winkt seine Leute mit einer heftigen Armbewegung weiter. Elisabeth wartet, bis sie sich entfernt haben. Ein verächtliches kleines Lächeln liegt auf ihrem Gesicht. Sie ist stolz auf sich. Der Rucksack, den sie nun wieder hervorholt, scheint nicht mehr so viel zu wiegen, als sie sich auf den Heimweg macht. Die Anhöhe hinauf, wo das Haus steht. Wie jeden Tag, blickt sie in Richtung Süden auf die Alpen, die man an Föhntagen von hier oben sehen kann. Die Berge rücken alles in die richtige Perspektive.

Und wenn ich noch zehn Jahre lebe, denkt sie, dann werde ich mich wundern, dass ich heute zu klagen hatte - das Dach ist noch dicht, ich habe zu essen, ich bin nicht alleine - ich wünschte, ich hätte meine Zukunft gekannt, damals, als ich mit Körben voller Sachen vom Einkaufen zurückkam, Körben, die ich kaum heben konnte. Mann und drei Kinder hatte ich und meine Arbeit und vier laufende Meter gefüllten Kleiderschrankes und Sorgen, Sorgen, Sorgen - pah! Worüber denn? Meine Geldanlagen etwas gefallen? Die Versicherungen etwas teurer?

Bestimmt hatte sie damals nicht das erwartet, was dann geschehen war!

Und ihr Blick geht hinunter auf die kleine Stadt, deren Häuser zu drei Vierteln zerstört sind, deren wenige Bewohner kaum je zu sehen sind - sie huschen hinaus, wie Ratten, um etwas Futter zu beschaffen, und, husch, wieder zurück ins sichere Loch, und draußen hört man immer wieder diese dämonischen Geräusche, von denen man gar nicht so genau wissen will, was sie genau zu bedeuten haben.

Sie kann es wohl nicht lassen, sie macht sich immer noch Sorgen. Nun hauptsächlich wegen Adrian. Ihr Freund, seit sie vor vierzig Jahren Witwe geworden war. Sie machte sich Sorgen, dass er sterben und sie zurücklassen könnte. Er ist zwar jünger als sie, aber bei weitem nicht so vital. Sie machte sich Sorgen, dass sie sterben und ihn zurücklassen könnte. Dass etwas mit dem Haus passieren könnte. Und plötzlich beschließt sie, die ihr ganzes Leben lang keine Vorsätze gefasst hat, sich nicht mehr zu sorgen. Ein Anfall von Fatalismus, oder vielleicht von Gottvertrauen? Na, na, na, Elisabeth, du wirst doch wohl nicht etwa, ermahnt sie sich. Vielleicht wird sie doch. Wenn sie ihre eigene Macht immer mehr verliert, dann muss diese doch auf jemanden übergehen, oder nicht? Sie ist all dessen auf jeden Fall müde.

"Lisa?" ruft es aus der Küche, als sie das Haus betritt. Sie geht zu ihm und küsst ihn auf das weiße Haar. "Warst du erfolgreich?" fragt er.
"Wie man's nimmt", antwortet sie. Adrian beginnt, die Lebensmittel auszupacken.
"Danke, Schatz", sagt sie, "ich gehe und lege mich ein wenig hin. Ich hatte einen bösen Schreck auf dem Heimweg, und nun fühle ich mich wie gerädert."

Sie ist tatsächlich sehr müde, als sie sich auf das Bett legt.

So müde wie noch nie zuvor.

Sie schließt die Augen.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi Aleysha,

Du schreibst diese düstere Zukunftsvision recht eindringlich und sprachlich finde ich sie absolut in Ordnung. Die Wahl einer alten Frau als Hauptfigur ist auch eine gute Idee, selten traut sich jemand dazu.
Ich habe eigentlich nur einen größeren Kritikpunkt: Du erklärst zuviel. Du erläuterst die ganze Kriegsvergangenheit, lässt die Protagonistin länglich über Religion nachdenken. Eigentlich gehört das nicht zur Geschichte, sondern es ist ganz offensichtlich Deine eigene Message, die Du da lang und breit eingebaut hast. Und genau das finde ich anstrengend. Die Hauptfigur stellt sich Fragen, die sich der Leser von ganz alleine stellen sollte. Du musst nur anregen, brauchst nicht vorzukauen. Du solltest nicht ausführlich erläutern, dass Religionskriege stattfinden und was die Hintergründe sind. Es würde völlig genügen, die Hauptfigur durch eine Trümmerlandschaft laufen zu lassen und alltägliche religiöse Aspekte einzubauen, z.B. die einzigen wiederaufgebauten Gebäude sind prunkvolle Kirchen, Religionspolizei führt Razzien nach Leuten durch, die Gottesdienste schwänzen. Den Rest kann sich der Leser dann denken. Denk immer an das Motto "Show, don't tell". Zeig, wie es in der Welt aussieht, anstatt Deine Figur nur darüber nachdenken zu lassen und durch ihre Gedanken selbst zum Leser zu sprechen.
So nämlich empfinde ich das melancholisch-moralische Durchkauen der Warnung vor einem Religionskrieg als weitaus intensivsten Teil der Geschichte, und das finde ich anstrengend. Die eigentliche Handlung besteht ja nur daraus, dass diese Frau durch die Gegend läuft, eine kurze, furchtbar dramatisierte Begegnung mit ein paar Typen hat und dann nach Hause geht. Das ist wirklich ziemlich wenig Geschehen, finde ich. Der Rest findet in ihrem Kopf statt.

Fazit: sprachlich gut, inhaltlich gute Idee, aber viel mehr erklärt als erzählt. Show, don't tell!

Uwe
:cool:

PS: Was heißt "E poi si muove"?
PPS: Der Typ sollte nicht in Großbuchstaben schreien. Schreib einfach "...", schrie der Kerl.
PPPS: Da sind überflüssige Leerzeilen am Ende bei dem Dialog. Da gehören nur normale Zeilenvorschübe hin, keine Leerzeilen zwischen jeder wörtlichen Rede.

 

Hallo!

"E poi si muove!" sagte Galilei. Als er vor der Inquisition widerrufen hatte, dass die Erde sich um die Sonne bewegt, soll er, der Legende nach, als er das Gefängnis verließ, ganz leise zu sich selbst gesagt haben: "Und sie bewegt sich doch!"

Danke für die Tipps.

Gruß, Alli

 

Das Zitat steht also für eine Art Trotz, richtig?
Dann würde ich meinen Tipps noch anfügen, das Zitat auf Deutsch rein zu schreiben. Natürlich ist es mir (und sicher vielen Menschen) bekannt, aber auf Latein verursacht es doch eher zu Fragezeichen verzerrte Gesichter; und da es sich wie mir scheint um eine wichtige Stelle handelt, solltest Du nicht alle nicht-Lateiner davon ausschließen. Natürlich kann ich mich täuschen und ich bin der einzige, der das Zitat nicht auf Latein kennt ...

 

@Uwe:
Äh - Italienisch...

So, die Formsachen sind raus - und was die Erzählweise angeht, das ist ja dann ein ganz anderer Text. Das hat wohl keinen Sinn, den im Original-Posting zu redigieren.

Ich bin mir auch gar nicht ganz sicher. Wir hatten etliche Hundertjährige in der Familie, so vier oder fünf. Im Augenblick ist da meine Großtante mit 101. In dem Alter scheint sich nach dem, was ich so gesehen habe, das meiste nur noch innerlich abzuspielen. Obwohl sich die Tante noch selbst versorgt, und auch mit kleineren Schwierigkeiten fertig wird, nimmt sie ihre Umgebung nur noch sehr selektiv wahr, und ihre eigene Gedankenwelt scheint überhand zu nehmen. Deswegen ist es auch sehr schwer, sich mit ihr zu unterhalten.

Wenn ich nun die Geschichte über die Außenwelt darstelle, also über das, was die Sinne wahrnehmen, dann denke ich, müsste ich entweder den Protagonisten wechseln, etwa ein paar verlassene Kinder oder so jemanden dafür nehmen, oder die alte Frau strikt nur von außen betrachten, also keinen Zugang mehr zu ihren Gedanken haben. Was meist du, Uwe?

 

Geschrieben von Aleysha
@Uwe:
Äh - Italienisch...
:shy:
So, die Formsachen sind raus - und was die Erzählweise angeht, das ist ja dann ein ganz anderer Text. Das hat wohl keinen Sinn, den im Original-Posting zu redigieren.
Ja, das wäre eine andere Geschichte. Ich würde das für die nächste im Hinterkopf behalten und diese hier so lassen. Ist ja nicht so, dass sie schlecht wäre ;)
Ich bin mir auch gar nicht ganz sicher. Wir hatten etliche Hundertjährige in der Familie, so vier oder fünf. Im Augenblick ist da meine Großtante mit 101. In dem Alter scheint sich nach dem, was ich so gesehen habe, das meiste nur noch innerlich abzuspielen.
Hm, gutes Argument. Dann musst Du noch eins dafür finden, warum Du dann ihre Gedanken in aller Ausführlichkeit darlegst. Es sind Gedanken über ihre Vergangenheit und unsere Zukunft. Diese verschlungene Perspektive macht es etwas schwierig. Der direkte Weg wäre, gleich die Ereignisse dieser Religionskriege live darzustellen, und nicht in der naturgemäß stark subjektiven Nachbetrachtung. Aber auch das wäre eine andere Geschichte.
Obwohl sich die Tante noch selbst versorgt, und auch mit kleineren Schwierigkeiten fertig wird, nimmt sie ihre Umgebung nur noch sehr selektiv wahr, und ihre eigene Gedankenwelt scheint überhand zu nehmen. Deswegen ist es auch sehr schwer, sich mit ihr zu unterhalten.
Und sehr schwer für Außenstehende, ihre Gedankenwelt nachzuvollziehen. Genau wie ich meine Probleme mit dieser gedankenlastigen Geschichte hatte.
Wenn ich nun die Geschichte über die Außenwelt darstelle, also über das, was die Sinne wahrnehmen, dann denke ich, müsste ich entweder den Protagonisten wechseln, etwa ein paar verlassene Kinder oder so jemanden dafür nehmen, oder die alte Frau strikt nur von außen betrachten, also keinen Zugang mehr zu ihren Gedanken haben. Was meist du, Uwe?
Nun, auch das wäre eine andere Geschichte. Wolltest Du aber die Konzentration auf ihre Innenwelt legen, würde ich die erste Person als Erzählform vorziehen, Präsens natürlich beibehalten, und inneren Monolog aufziehen. Die Gedankenwelt einer alten Frau überzeugend darstellen, wäre jedenfalls eine Aufgabe, an der ich scheitern würde.
Daher würde ich die dritte Person wählen und ihre Gedanken nicht direkt darstellen. Aber das ist natürlich auch wieder Ansichtssache; meine Geschichten sind ohnehin meist erzähl-lastiger, d.h. ich charakterisiere die Personen über ihre Taten, weniger über ihre Gedanken. In der echten Welt kannst Du den Leuten ja auch nur vor den Kopf gucken. Freilich will ich nicht ein Dogma aufstellen in der Form: Entweder dritte Person ohne Einblick in die Köpfe oder erste Person mit innerem Monolog, abhängig davon, ob der Leser mehr zur Handlung oder in den Helden gezogen werden soll. Aber diese Unterscheidung ist es schon wert, bedacht zu werden, bevor man eine Geschichte schreibt. Denn umschreiben würde in den meisten Fällen eine ganz neue Geschichte erzeugen - im vorliegenden Fall ganz bestimmt.

Wie gesagt, das Thema finde ich sehr interessant. Vielleicht widmest Du Dich ihm erneut in einer weiteren Geschichte, bettest dann aber religionsphilosophische Aspekte einfach in eine spannende Handlung ein. Bin gespannt drauf!

 

Hallo Aleysha,

eine sehr düstere Geschichte, die in weiten Teilen eher eine philosophische Abhandlung ist.. aber dazu hat Uwe sich ja schon ausgelassen ;)

Nur ein paar Spitzfindigkeiten:

1.) Auch Atheismus ist im Prinzip ein Glaube, da sich die Nichtexistenz eines Gottes genausowenig beweisen lässt wie sein Vorhandensein. Von daher hat Elisabet nicht "Keinen Glauben"

2.) Der Fisch ist ein altes christliches Symbol, das auch heute von vielen "überzeugten Christen" als Aufkleber auf dem Auto spazieren gefahren wird. Von daher finde ich ihn als Symbol für eine Darwinistenbewegung ungünstig.


Gruß : lucutus

 

Geschrieben von lucutus

1.) Auch Atheismus ist im Prinzip ein Glaube, da sich die Nichtexistenz eines Gottes genausowenig beweisen lässt wie sein Vorhandensein. Von daher hat Elisabet nicht "Keinen Glauben"


Absolut richtig! Sie hat den Materialismus der Naturwissenschaftler, in seiner unreflektiertesten Form. Die Existenz Gottes ist keine notwendige Hypothese für die Erklärung der sichtbaren Welt, aber seine Existenz ist damit auch nicht widerlegt.

2.) Der Fisch ist ein altes christliches Symbol, das auch heute von vielen "überzeugten Christen" als Aufkleber auf dem Auto spazieren gefahren wird. Von daher finde ich ihn als Symbol für eine Darwinistenbewegung ungünstig.

Es gibt ihn aber, den Darwinfisch. Ich habe das Ding auf den Seiten von "The Sceptical Enquirer" gesehen, dort kann man ihn im Shop kaufen.
http://www.csicop.org/
Auch ich bin kein Kreationist, aber das Ding hat mich in seinem bewussten Angriff auf den christlichen Symbolismus etwas betroffen gemacht. Es wirkt unreif, mit so etwas herumzulaufen. Es ist aber keine Erfindung von mir. Wenigstens hat du gleich gewusst, worauf ich hinauswill...

Gruß : lucutus

Gruß, Alli

 

Man lernt doch nie aus. Das es Darwinisten gibt, die sich über Christen lustig machen wollen, indem sie deren Symbole durch den Kakao ziehen und für sich selbst verwenden, ist mir neu. Du hast recht, das erscheint mir auch erschreckend pubertär...
Unter dem Aspekt passt es natürlich auch wieder in deine Story.

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom