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Heimkehr
Heimkehr
So hatte der Prinz sich das nicht vorgestellt. Sicher, die Königstochter war hübsch, sonst wäre er ja damals gar nicht auf die Idee mit dem Kuss gekommen. Auch das Schloss war geräumig und das Prinzendasein hatte seine Vorteile. Aber er vermisste seine Freiheit. Es fehlte ihm, nachts mit seinen Freunden im Mondlicht zu singen, den kühlen Nachtwind auf der Haut. Sein Schlafgemach kam ihm stickig und viel zu warm vor. Auch die Prinzessin war nicht mehr so interessiert an ihm wie zu Anfang und hatte sich wieder ihrer Lieblingsbeschäftigung, dem Ballspiel, zugewandt. Heinrich, sein ehemals bester Freund, hatte sich auch verändert. Seit er nicht mehr das Gefühl hatte, seinen Herrn und Prinzen retten zu müssen, hatte er angefangen zu saufen und alle anderen Interessen verloren. Der Prinz konnte sich nicht erinnern, je im Leben so einsam gewesen zu sein.
Leise verließ er eines Nachts das Schloss und schlich zu dem alten Brunnen. Dort rief er nach der Hexe, die ihn einst in einen Frosch verwandelt hatte. Als sie durch das feuchte Gras auf ihn zukam, sprach er drängend auf sie ein: „Bitte, Hexe, kannst Du mich nicht wieder in einen Frosch verwandeln? Diesmal für immer? Ich vermisse das Leben im Brunnen und den Gesang mit meinen Freunden, nachts im Mondschein.“
Die Hexe schüttelte den Kopf, dass das Wasser aus ihren langen schwarzen Haaren spritzte. „Nein, junger Freund. Den Zauber konnte ich nur einmal wirken. Tut mir leid. Du wolltest ja unbedingt vom Teller der Königstochter essen und in ihrem Bett schlafen und dich von ihr küssen lassen. Das hast du jetzt davon.“
Sie drehte sich um und verschwand in die Dunkelheit. Der Prinz aber barg das Gesicht in den Händen und weinte. Plötzlich hörte er ein lautes Fauchen, wie von einer sehr großen Katze. Erschreckt sah er hoch und erblickte zu seinem Erstaunen eine kleine Maus, die ihn neugierig ansah.
„Warum weinst Du?“ fragte die Maus.
„Weil ich ein Prinz bin, der lieber ein Frosch sein würde, aber die Hexe mich nicht verwandeln will“, sagte der Prinz.
„Du kannst alles sein, was Du willst. Dafür brauchst Du die Hexe nicht.“ sprach die Maus, machte einen Buckel, ließ ihre kleinen Knopfaugen grün aufglühen und sprang fauchend in der Dunkelheit davon. Da erkannte der Prinz, wie einfach die Lösung für sein Problem war, warf seine Kleider ab und sprang in den Brunnen.
Seit jener Nacht sieht man häufig im Mondschein einen nackten jungen Mann auf dem Rande des Brunnens hocken. Er bläst die Backen auf und quakt mit den Fröschen im Chor. Manchmal kaut er gedankenverloren auf einer Fliege.