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Serie Heavyweight 2 - Die Waschkerzenfrau

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11.09.2001
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Heavyweight 2 - Die Waschkerzenfrau

Einleitung

Wir waren Helden, überlegt Usche. Schon in jungen Jahren konnte Sie etwas auf der Welt bewegen und die Ereignisse, die damit im Zusammenhang standen, kosteten fast einen Großteil der Weltbevölkerung das Leben. Doch sie war stolz darauf… denn gemeinsam mit Hilmar Slorptorg, einem Agenten der World Heavyweight Transport Organisation, gelang es ihr, noch größeres Unheil abzuwenden.
Ein Unheil in Form eines unförmigen Mutanten mit magischen Kräften, der einmal Usches Tante Elke gewesen war, wurde so restlos ausgelöscht, wie es nur möglich war. Doch es sollte noch viel Arbeit geben. Durch ein Virus, das vor einigen Jahren ausgebrochen war, mutierten viele Menschen zu gewaltigen, fleischigen Kolossen mit drei Augen und wenige von ihnen entwickelten Kräfte, die es ihnen ermöglichten, magische Wesen zu erschaffen.
Elke war eine von ihnen. Mit Hilfe ihrer magischen Kräfte schuf sie Wesen, die die schlimmsten Ängste der Menschheit widerspiegelten. In einem verlassenen Gebäudeteil des W.H.T.O. Hauptquartiers sammelte Sie eine kleine Armee bunter Elefanten, brachte Ihnen Weihnachtslieder bei und wartete nur auf den richtigen Moment, diese Armee auf die Menschheit loszulassen.
Bis auf ein paar Ausnahmen kam niemand von denen zurück, die sich in dieser Etage aufhielten… die wenigen, die zurückkamen, schwiegen oder waren dem Wahnsinn verfallen, andere machten es sich leichter und starben einfach vor Angst. Doch nicht nur vor den Elefanten fürchtete man sich. Auch die mutierten Opfer des Virus wollte man schnellstmöglich loswerden, denn die Menschen hatten Vorurteile, die sie nicht überwinden konnten oder wollten.
Ein weiteres Problem war die Nahrungsversorgung der Erkrankten, die man liebevoll Heavyweights nannte. Durch die Überbevölkerung auf der Erde starben viele Menschen an Hunger. So war nicht daran zu denken, die Heavyweights durchzufüttern, die teilweise ein Gewicht von mehreren Tonnen hatten und dieses Gewicht regelmäßig verdoppelten.
An diesem Punkt kam die World Heavyweight Transport Organisation ins Spiel, die verschiedene Werften beauftragte, gigantische Raumschiffe zu konstruieren, mit denen die Heavyweights auf eine andere Welt, Grav Zero genannt, transportiert werden konnten, an denen sie ein neues, besseres Leben leben konnten und wo es genügend Nahrungsmittel gab, um alle von ihnen zu versorgen. So nahm man den Familien also die erkrankten Heavyweights mit aller nötigen Gewalt weg und brachte sie in Sammellager, in denen sie auf den nächsten Flug nach Grav Zero warteten.
Dies war zumindest die offizielle Erklärung. Besatzungen der Raumschiffe berichteten jedoch von unmenschlichen Zuständen in den Lagern und auf dem Planeten, wo die Heavyweights wie Tiere gehalten und gemästet wurden. Doch die Menschen hielten diese Informationen bestenfalls für Gerüchte.
Auf einem dieser Flüge nach Grav Zero war es Hilmar und Usche, die zu diesem Zeitpunkt gerade einmal 11 Jahre alt war, gelungen, das Raumschiff zu sprengen, Tante Elke zu vernichten und rechtzeitig mit einem kleinen Raumschiff zu entkommen.
Doch während dieser Ereignisse nutzte Elke ihre magischen Kräfte, um die kleinen bunten weihnachtsliedersingenden Elefanten auf der Erde zu entfesseln. Viele Menschen starben vor Angst, stürzten sich von Brücken, erschossen sich oder warfen brennende Streichhölzer in riesige Treibstofftanks, um dem Grauen zu entgehen.
Als Hilmar und Usche nach mehreren Wochen in dem kleinen Rettungsraumschiff eingequetscht und nur durch diverse Drogen am Leben erhalten Erde erreichten, fanden sie das totale Chaos vor. Viele Städte waren zerstört und auf den Straßen lagen die Leichen der Opfer ihrer Angst.



Kapitel I – das Ding im Schacht

Usche denkt nicht gern an diese bereits fast 15 Jahre zurückliegenden Ereignisse. Allerdings waren es diese Ereignisse, die dazu führten, dass sie selbst vor einigen Jahren bei der W.H.T.O. zu arbeiten anfing, um in Zukunft zu verhindern, dass bösartige Mutanten mit ihren kranken Ideen die Menschheit bedrohten. Von daher kehrten diese Erinnerungen in Form von Berichten oder ähnlichem immer wieder zu ihr zurück.
Seit ein paar Jahren hat sie nun die Ausbildung hinter sich und arbeitet mit Agent Hilmar Slorptorg zusammen, um auf der Welt für Ordnung zu sorgen und den Heavyweights die Art der Behandlung zu geben, die ihnen zustand.
In den ersten Jahren nach der Katastrophe mit den singenden Elefanten gab es nicht viel Arbeit. Dies war aus dem einfachen Grund so, weil nicht genügend Menschen da waren, für die es sich zu Arbeiten gelohnt hätte. Doch dank fleißiger Wissenschaftler wurden die meisten Menschen, die damals ihrer Angst zum Opfer wurden, einfach geklont.

„Usche?“, spricht plötzlich eine freundliche Stimme. Usche liegt noch in ihrem Bett, was vielleicht damit zusammenhängt, dass es noch mitten in der Nacht ist. Doch nun springt sie hellwach auf und eilt zum ihrem Holofon, auf dessen Projektionsfläche das kantige Gesicht ihres Partners, Hilmar Slorptorg leuchtet.
„ Warum weckst du mich um diese Zeit, Hilmar?“ raunt sie ihn leise an. „Tut mir Leid, mir war nicht bewusst, dass du so tief in der Nacht noch schläfst“ antwortet er und schaut beschämt zu Boden.
„Ist schon ok“ meint Usche, “ ich wollte sowieso gerade aufstehen. Bin schließlich erst vor einer Stunde eingeschlafen.“
„Dann habe ich ja genau das Richtige getan.“ Hilmar grinst und kneift sein linkes Auge zusammen, bis ein Tröpfchen Blut über seine Wange rollt.
„Hör zu, Usche!“ beginnt er. „Wir haben Arbeit zu erledigen. Ich teile dir alles mit, wenn du im Hauptquartier bist. Komm hier her und beeile dich bitte.“
Gähnend nickt Usche, schaltet das Holofon aus und schleicht zum Kühlschrank. Irgendwo hier drin war doch noch etwas zu essen, erinnert sie sich. Zielstrebig greift sie hinein und schließt ihre Finger um eine dicke, quietschende Ratte, die bis gerade tief und fest im mittleren Fach des Kühlschrankes auf einem alten Stück Käse schlief.
„Hab ich dich!“ ruft Usche triumphierend. Vorsichtig setzt sie das Tierchen auf die Anrichte (Hinrichte?) der Küche ab und legt ein Stückchen Speck in die Mikrowelle, nicht ohne diese vorher weit geöffnet zuhaben. Die Ratte richtet sofort ihren Kopf auf das Stück Speck und beginnt zu schnüffeln. Geduldig setzt Usche sich auf ihren Küchenstuhl und schaut zu, wie sich die Ratte Schritt für Schritt dem Stück Speck in der Mikrowelle nähert.
Nach etwa 5 Minuten ist es endlich soweit: Die Ratte sitzt in der Mikrowelle. Usche springt auf, schließt die Tür und schaltet das Gerät ein. Einen Moment lang gibt das Tier noch ein paar lustig quietschende Töne von sich, verstummt jedoch schon bald bis nur noch monotones Brutzeln zu hören ist.
Schließlich ist das Frühstück fertig und Usche beißt so kräftig in das gebrutzelte Tierchen hinein, dass es in alle Richtungen spritzt. Spontan muss Usche lachen, denn damit hat sie nicht gerechnet.
Nachdem sie sich genüsslich die Finger abgeleckt und die Wände geputzt hat, greift sie in den Schuhschrank und holt zwei kräftige Katzen hervor, auf deren Rücken Fußhalterungen angebracht sind. Wie Schuhe zieht sie die beiden Katzen an und verlässt damit das Haus. Eine Leine, die die Hälse der beiden Katzen verbindet, dient der Steuerung und so tritt Usche kräftig zu und rast hinaus auf die nächtlichen Straßen.
Die Katzen tragen sie mit einem gelegentlichen Miauen schnell über den Fußweg neben den fettigen Straßen her und Usche freut sich, dass sie pünktlich im Hauptquartier ankommen wird.
Eine der Katzen unter ihrem Fuß fühlt sich jedoch nach einer Weile merkwürdig an. Nur wenige Minuten später knackt es unter ihrem rechten Fuß und Usche stürzt. Es gelingt ihr jedoch, sich geschickt abzurollen, so dass sie keine Verletzungen davon trägt. Verdammt, flucht sie in Gedanken, das hat mir jetzt gerade noch gefehlt.
„Festgetreten“ murmelt Usche während sie einen Blick auf die Katze wirft, die unter ihren Fuß bei fast 50 km/h nachgegeben hatte. Vorsichtig klemmt sie die andere, noch funktionstüchtige Katze unter den Arm und steckt die kaputte Katze in eine Plastiktüte.
Dann geht sie zu Fuß weiter durch die Nacht, bis sie schließlich einen kleinen Laden betritt, über dessen Tür ein Schild mit der Aufschrift „Mörkel’s Tier- und Ersatzteilhandel“ leuchtet.
Im Eingang des Ladens kommt ihr eine alte Dame entgegen, laut zwitschernd und gesegnet mit einer Frisur wie ein Vogelnest. Die alte Dame öffnet ihren Mund. Doch anstatt eines Grußes verlässt nur ein kleiner Spatz ihren Rachen und setz sich in das Nest auf der alten Dame Kopf.
Usche schaut der seltsamen Frau kurz hinterher und spricht dann die Besitzerin des Ladens, Angelika Mörkel an, die eine gute Freundin von Usche ist.
Angelika Mörkel erinnert viele Menschen aus irgendeinem Grund sowohl namentlich als auch optisch stark an eine Politikerin aus der Zeit der Jahrtausendwende. Usche weiß genau, dass ihr Kollege Hilmar diese Politikerin über alles liebt. Schließlich hängen unzählige Poster mit ihrem Gesicht in seiner Wohnung.
Dies ist auch der Grund, weswegen sie ihm niemals verraten hatte, wo sie ihre Fußrennkatzen erworben hatte. Schließlich muss sie mit allen Mitteln verhindern, dass Hilmar sich noch mehr in seine Verliebtheit in diese seltsame Politikerin hineinsteigert und möglicherweise glaubt, ihre Freundin Angelika wäre die Reinkarnation dieser schrecklichen Frau.
Usche spricht die Verkäuferin an: „Wer war denn diese Frau, die gerade deinen Laden verlassen hat, Angelika?“
„Das ist die Vögelfrau“ antwortet Angelika Mörkel, „sie ist als Säugling über dem Urwald aus einem Flugzeug gefallen und wurde von Papageien großgezogen. Vor ein paar Jahren fand eine Gruppe Papageienjäger die Frau zufällig in einem Nest. Die Jäger nahmen also die Frau, töteten die Papageien und brachten sie hierher. Die arme Frau lebte fast 60 Jahre bei den Papageien und man sagt, sie wohne in ihrer kleinen Bude hier in der Stadt mit mehr als tausend unterschiedlichen Vögeln zusammen.“
„Das ist eine traurige Geschichte“ meint Usche und wischt sich eine Träne aus dem Gesicht. „Kannst du dir das hier einmal ansehen?“
Angelika Mörkel wirft einen kurzen Blick in Usches Plastiktüte. „Kannst du das reparieren, Angelika?“ fragt die W.H.T.O. Agentin.
„Wir werden sehen…“ Angelika nimmt die tote Katze aus der Plastiktüte und schaut sie sich genau an. Das arme Tier ist völlig zerquetscht, ein Sturz bei 50 km/h hinterlässt nunmal deutliche Spuren. Die Tierhändlerin grübelt kurz nach.
„Aus eigener Kraft wird sie sich nicht mehr bewegen, aber ich kann Räder drunterschrauben, dann kannst du deine andere Katze noch als Zugkraft verwenden. Das würde allerdings zu einem asymmetrischen Zugverhalten führen.“
Usche schüttelt den Kopf. „Hä?“ Angelika lächelt und antwortet: „Du würdest dich nur im Kreis bewegen, da nur eine Katze einen Vorwärtstrieb hat, während die andere hinterher gezogen wird. Durch gute Rollen lässt sich der Kreis vergrößern. Wenn du aber geradeaus gerannt werden willst, brauchst du sehr viel Kraft oder besser noch, eine neue Katze für deinen rechten Fuß.“
„Das wird doch sicher teuer, oder?“ fragt Usche. „Ich weiß nicht, ob ich mir eine neue Katze leisten kann.“
Angelika schüttelt ihren furchtbaren Kopf mit ihrer schrecklichen Frisur. „Ich kann dir Rollen drunterschrauben. Das ist nicht teuer, aber in ein paar Wochen wird auch die zweite Katze kaputt gehen. Ganz einfach, weil sie allein nicht ausreichend Kraft hat.“
Ich muss pünktlich zur Arbeit, überlegt Usche. Daher bin ich auf gute Katzen angewiesen, und ich kann mir keinen eigenen Gleitwagen leisten. Usche kauft also eine neue Katze, schnallt das Fußgestell von der alten Katze drauf, bezahlt und macht sich wieder auf den Weg zum W.H.T.O. Hauptquartier.

Etwa eine halbe Stunde später betritt Usche das mit 1,5 m² noch immer viel zu kleine Büro von Agent Hilmar Slorptorg.
„Wieso hat das so lang gedauert, Usche?“ fragt dieser leicht gereizt. Knurrend wirft Usche die tote Katze auf Hilmars Schreibtisch, der die Verspätung sofort mit einem verstehenden Blick akzeptiert. Dann lässt er die tote Katze in einer seiner Schubladen verschwinden.
„Hey! Wo ist meine tote Katze hin?“ fragt Usche leise.
"Welche tote Katze?“ antwortet Hilmar und tut so, als wenn er von nichts wüsste. Usche ist klar, dass weiteres Fragen keinen Sinn hat… er würde nicht dulden, dass jemand erfährt, was sich alles in seiner Schreibtischschublade befindet.
„Nun denn“ sagt Hilmar und steht auf. Gemeinsam verlassen sie das Büro und machen sich auf den Weg zur Parkgarage. Unterwegs erklärt Hilmar kurz die Situation.
„Wie du weißt, ist es Ziel der W.H.T.O., alle Heavyweight nach Grav Zero zu schaffen. In den letzten Jahren haben wir den größten Teil mit Frachtschiffen dorthin gebracht, aber es stecken sich auch heute noch Menschen mit dem Heavyweight Virus an. Es scheint fast, als seien die Menschen, die nach der Katastrophe mit den bunten Elefanten (an der wir ja nicht ganz unbeteiligt waren), geklont wurden, anfälliger für das Virus. Aber ich erzähle dir sicher nichts Neues.“
Usche nickt. Hilmar fährt mit seinem Bericht fort: „Auch kam es bisher nie vor, dass die Heavyweight in irgendeiner Form organisiert Gewalttaten verübten. Heute Nacht bekam ich jedoch einen Anruf, dass in der U-Bahn Station am Welpenschlachthof ein Heavyweight gesehen wurde und einen U-Bahn Zug zerstört hat. Die Polizei fühlt sich nicht zuständig und so haben sie nicht einmal einen einzigen Mann dorthin geschickt. Also müssen wir dort hin.
Zeugen berichten, der Heavyweight hätte mehrere Menschen gefressen und demzufolge an Gewicht zugelegt. Da die neuen Stationszugänge zu den U-Bahnschächten gegen Heavyweights gesichert wurden, kommt der Heavyweight nicht raus. Man sagte, er sei beim Versuch, den Tunnel wieder zu verlassen, stecken geblieben und hätte sich wieder in den Tunnel zurückgezogen.“
„Heißt das, ein menschenfressender Heavyweight schleicht zur Zeit in den U-Bahnschächten unter der Stadt herum?“ fragt Usche geschockt.
Hilmar nickt. „Wir müssen ihn dort herauslocken und zu einem der Sammellager für den nächsten Flug nach Grav Zero bringen. Dazu benötigen wir viel Fleisch, denn wir müssen ihn zu einer Stelle locken, wo er durch den Tunnelausgang passt. Ich glaube, die Baustelle in der Nähe vom Raumhafen bietet einen Durchgang, der groß genug ist. Geh in die Kantine, Usche. Lass dir so viel Fleisch wie möglich geben. Vom Welpenschlachthof bis zum Raumhafen sind es fast 10 km. Ich werde schon mal den Gleitwagen einfetten.“
Usche nickt und steigt in den Fahrstuhl, der herunter in die Kantine fährt. Hilmar geht weiter den Gang entlang zur Parkgarage und pfeift ein schrecklich schönes Lied auf bestialische Weise in die Luft. Usche läuft jedes Mal, wenn er das macht, ein eiskalter Schauer über den Rücken.

Während durch die Fenster sichtbar die Sonne am Horizont aufgeht, betritt Usche die Kantine und ruft laut: „Guten Morgen!“
Die betrunkenen W.H.T.O. Mitarbeiter, die nachts häufig unter den Kantinentischen schlafen, erwachen mehr oder weniger gut gelaunt und stellen sich brav der Reihe nach am Aspirin-Automaten auf.
Le Chefkoch, der Küchenmeister der W.H.T.O. Werkskantine, rennt aufgeregt zwischen den Assistenzköchen umher und brüllt wütend seine Befehle, abwechselt deutsch und französisch, aber stets mit einem äußerst übertriebenen französischen Akzent.
Usche muss sich das Lachen verkneifen, denn der glatzköpfige, leicht übergewichtige Mann ist nur knapp über 1,20 m groß.
„Allez, allez! Le Frühstück muss bis 7 Uhr fertisch werden!“ brüllt er cholerisch. Nun wendet er sich Usche zu. „Bonjour, Mademoiselle Üsché. Was kann isch für Sie tun?“
„Ich benötige Fleisch… sehr viel Fleisch“ erklärt sie.
„Ah, Mademoiselle gehen wieder auf ´eavyweightjagd, oui?“ fragt le Chefkoch. Usche nickt hektisch. Der kleine Mann wendet sich einem seiner Assistenten zu und brüllt diesen an: „Dominique! Bringe Mademoiselle Üsché eine große ´aufen Fleisch! Autant que possible! Fais vite, allez, allez, schnell, schnell!“
Drohend schwingt le Chefkoch seinen Holzkochlöffel durch die Luft, der beinahe so groß ist wie der kleine Mann selbst, und scheucht so den armen Assistenten ins Fleischlager.
Während Usche wartet, übergibt sich äußerst geräuschvoll einer jener Männer, die unter den Tischen geschlafen haben auf den Kantinenfußboden. Ein leicht säuerlicher Geruch liegt in der Luft. „Dieses verdammte Kantinenessen“ murmelt der Mann und wischt sich mit einer Serviette den Mund ab.
Der Mann soll diese Worte noch bitter bereuen. Le Chefkoch stürmt los und drischt mit seinem gewaltigen Kochlöffel auf den armen, betrunkenen Mann ein, bis dieser blutend die bis gerade eben noch strahlend weißen Fliesen des Kantinenbodens ziert.
Mit einem zufriedenen Lächeln kehrt le Chefkoch auf seine Holzkiste zurück, auf der er stets steht, um nicht ganz so klein zu wirken. „Das `ätte die Mann lieber nischt sagen sollen! Oui, Mademoiselle?“
Usche nickt nur zustimmend, während der soeben Zusammengeschlagene auf allen Vieren vor Schmerzen laut winselnd zum Ausgang kriecht. Doch weit kommt er nicht. Eine Küchentür öffnet sich und zwei Hilfsköche rennen eilig zu ihm. Sie zerren den armen, inzwischen panisch schreienden Mann an den Armen zurück durch die Tür. Auch le Chefkoch verschwindet hinter der Küchentür.
Durch die geschlossene Tür sind weiterhin die panischen Schreie des Mannes zu hören. Sie öffnet sich kurz und einer der beiden Hilfsköche wirft Kleidungsstücke auf den Boden. Er schließt die Tür wieder und kehrt in die Küche zurück.
Kurze Zeit später ertönt ein lautes Zischen, ein Platschen und die Schreie verstummen. Einen Moment ist es ruhig, dann ertönen wieder die schmerzerfüllten Schreie des Mannes. In dem Durcheinander ist auch die Stimme von le Chefkoch zu hören, der wieder einmal Befehle brüllt: „Non, non! Den Deckel, Ihr Idioten! Ihr müsst den Deckel auf le Topf schrauben, damit er nischt ´eraus springen kann!“
Weitere 5 Minuten später ist es in der Küche endlich ruhig geworden. Le Chefkoch stellt sich wieder auf die Kiste und beschriftet den Menüplan mit den Worten: Mittagessen – Fleischeintopf.
Inzwischen ist auch der Assistent, der das Fleisch für die Heavyweightjagd holen sollte, zurückgekehrt. Er übergibt Usche einen riesigen Plastiksack, der bis zum Rand mit ranzigen Fleischbrocken gefüllt ist. Sie wirft einen kurzen Blick in den Beutel.
„Ist das ein Herzschrittmacher?“ fragt sie leise, als sie etwas zwischen den Fleischbrocken sieht. Le Chefkoch greift schnell in den Beutel hinein und lässt das Objekt in einer seiner Hosentaschen verschwinden. „Non, Mademoiselle Üsché.“ erklärt er.
Aus irgendeinem Grund zweifelt Usche am Wahrheitsgehalt der Worte von le Chefkoch. Doch über Wahrheit und Unwahrheit zu entscheiden liegt nicht in ihrem Tätigkeitsbereich. So bedankt sie sich bei le Chefkoch und schleppt den schweren Plastiksack herunter in die Fahrzeuggarage, wo Hilmar Slorptorg noch immer damit beschäftigt ist, den Fahrzeugunterboden mit Fett einzureiben.
„Ah, da bist du ja, Usche“ meint Hilmar. „Der Gleitwagen ist mal wieder völlig trocken gewesen. Ich musste ihn mit zwei Eimern Straßenfett einreiben, damit er schmierig genug ist. Schließlich ist das Gleitfett auf den Straßen in den letzten Monaten auch nicht mehr das cremigste.
Usche nickt zustimmend. Als vor einigen Jahren jemand die Idee hatte, Fahrzeuge mit Rädern abzuschaffen und stattdessen alle Autos auf eine Fettschicht gleiten zu lassen, waren die Umweltschützer begeistert. Durch den geringen Reibungswiderstand konnte eine Menge Treibstoff eingespart werden. Doch das Straßenfett ist inzwischen ranzig geworden und wenig gleitfähig. Häufig sind Werkstattbesuche nötig, da die Unterseite der Fahrzeuge durchgescheuert ist.
Dies ist ein weiterer Grund, warum Usche ihre Rennkatzenschuhe bevorzugt. Die Gehwege sind unbefettet und die Haltungskosten und auch der Preis für eine gelegentliche Neuanschaffung einer Katze ist wesentlich geringer, als die ständigen Reparaturkosten der Gleitwagen.
Ein paar Minuten später ist Hilmar fertig mit dem Einfetten und geht in den Waschraum um sich die Hände zu waschen. Währenddessen schleppt Usche den schweren Fleischsack in den Kofferraum des Dienstgleitwagens. Dann steigen beide in den Wagen ein und der Boden der Parkgarage füllt sich mit einer dünnen Fettschicht, damit der Wagen herausgleiten kann.
Vorsichtig lässt Hilmar den Wagen auf die Straße flutschen. Draußen ist es inzwischen hell geworden, die Straßen sind jedoch noch leer. Wer will denn schon morgens um halb Sieben zur Arbeit fahren?
Die Leere jedoch macht die Straßen gefährlich, denn in den frühen Morgenstunden bekommen die Einwohner der Altenwohnheime der Stadt Freigang. Diese humpeln häufig in schwer bewaffneten Gruppen durch die Gassen der Stadt, verbreiten Angst und Terror, berichteten von längst vergangenen Kriegen oder fütterten die Enten im Stadtpark.
Alle Menschen hassen die Alten. Sie sind dumm, tattrig, gewalttätig und erinnern einen stets daran, dass jeder einmal alt wird und stirbt. Um die jungen, glücklichen Familien dieser Welt vor dem schlechten Einfluss alter Leute zu schützen wurden vor einigen Jahren überall in der Stadt Entsorgungscontainer aufgestellt, wo jeder legal seine greisen Verwandten und Bekannten entsorgen darf.
Dennoch gibt es viele Menschen, die Mitleid mit den Alten haben und diese lieber in eines der örtlichen Altenwohnheime stecken. Im Prinzip hat niemand etwas dagegen, denn in den Altenwohnheimen werden laufend mutige junge Männer gesucht, die sich dazu in der Lage fühlen, mit den rebellierenden Greisen fertig zu werden. Dieser Beruf ist zwar häufig sehr gefährlich, jedoch wird er gut bezahlt.
Auf dem Weg zu der U-Bahn Station, wo der menschenfressende Heavyweight zuletzt gesehen wurde, sieht Usche mehr als einmal schwer bewaffnete Rollstühle langsam durch die Seitenstraßen rollen. Doch im Gleitwagen sind Usche und Hilmar relativ sicher und so erreichen sie ohne einen nennenswerten Zwischenfall die U-Bahnstation.
Dort angekommen bietet sich ihnen ein Bild der totalen Verwüstung. Der Heavyweight, der scheinbar eine Größe von mindestens 4 bis 5 Metern und ein Gewicht von mehreren Tonnen hat, versuchte offenbar durch den Tunneleingang den U-Bahnschacht zu verlassen. Die Wände wurden zerschlagen und die Deckenkonstruktion an einigen Stellen eingerissen. Doch Leichen sind keine zu sehen.
„Er betrat den Schacht durch diesen Eingang, fraß mindestens 20 Menschen und zerstörte einen U-Bahnzug völlig“ erklärt Hilmar. „Offenbar hat er durch das Fressen der Menschen so viel Gewicht zugelegt, dass er nicht mehr in der Lage war, den Schacht durch diesen Durchgang zu verlassen.“
„Was machen wir, wenn er sich gegen uns zur Wehr setzt?“ fragt Usche. Hilmar öffnet den Waffenschrank unter dem Rücksitz des Gleitwagens und nimmt zwei Gewehre heraus, die unter enormen Druck Flüssigkeit verschießen können. „Diese Gewehre sind mit konzentriertem Fettlöser gefüllt“ erklärt er. „Wenn der Heavyweight uns angreift, wird er schon sehen, was er davon hat.“
Usche nimmt ihr Gewehr entgegen, prüft Ladung und Ventile und schnallt es schließlich auf den Rücken. „Geh runter, Usche. Schau dich dort um, ob es Spuren gibt, die uns helfen herauszufinden, wo er hin ist. Ich komme gleich nach und bringe das Fleisch mit“ sagt Hilmar ernst.
„Und nimm das Gewehr in die Hand. Auf dem Rücken hilft es dir nicht viel, falls der Heavyweight noch da unten ist!“ fügt er mit scharfer Zunge hinzu.
Vorsichtig geht Usche Schritt für Schritt die Treppe herunter in die U-Bahn Station. Unten ist es nahezu finster. Der Heavyweight hat bei seinem Massaker offenbar die Stromzufuhr der Bahnhofsbeleuchtung zerstört. Irgendwo ist ein elektrisches Knistern zu hören, davon abgesehen ist es unten jedoch totenstill.
Die Frage, in welche Richtung der Heavyweight rannte, ist für Usche schnell geklärt. Die gewaltigen Kriechspuren sind nicht zu übersehen. Glücklicherweise führen sie ungefähr in die Richtung des Raumhafens, überlegt Usche.
Dann hört Usche in weiter Ferne ein Geräusch aus dem Tunnel, in den die Kriechspuren führen. Sie spitzt die Ohren… durch das Echo, das tausendfach durch die U-Bahnschächte hallt, ist das Geräusch kaum zu identifizieren. Es klang wie ein Schrei und die Quelle war offenbar mehrere Kilometer weit entfernt.
Usche lauscht erneut und in der Stille ertönt das Geräusch wieder. Eindeutig ein Schrei… oder? Nein, kein Schrei. Ein Weinen… das Weinen eines Babys? Ja, eindeutig. Es ist noch einige Sekunden zu hören, dann verstummt es wieder. Usche läuft ein eiskalter Schauer über den Rücken. Wieder ist nichts zu hören bis auf das elektrische Knistern irgendeines zerrissenen Stromkabels.
Plötzlich berührt irgendetwas Usche an der Schulter. Geistesgegenwärtig dreht sie sich um und hält das Gewehr im Anschlag. Doch es ist nur Hilmar, der seine Hand auf Usches Schulter gelegt hatte. „Warum so schreckhaft?“ fragt er. „Ich habe das Fleisch mitgebracht, wir können uns an die Arbeit machen.“
„Hast du das gerade nicht gehört, Hilmar?“ fragt Usche leise. „Was gehört?“ antwortet Hilmar.
„Babyschreie… sie kommen aus dem Tunnel dort. Aus dem Tunnel, in den die Kriechspuren des Heavyweight führen“ Usche zittert am ganzen Leib, während sie Hilmar von den Schreien berichtet.
„Usche“ beginnt Hilmar beruhigend, „hier unten gibt es Ratten, Spinnen, ein paar ausgespuckte Knochen und einen wild gewordenen Heavyweight, der Menschen frisst. Was glaubst du, wie ein Baby hier hinkommen könnte? Der Heavyweight hätte es längst gefressen und es kann unmöglich so weit in den Tunnel gekrochen sein. Wahrscheinlich hast du nur den Wind gehört.“
„Das war kein Wind“ beharrt Usche, „dort in dem Tunnel ist ein Baby! Wir müssen uns beeilen! Vielleicht finden wir es, bevor der Heavyweight es findet.
Hilmar stimmt schließlich zu und die beiden klettern an dem zerstörten U-Bahnzug vorbei in den Tunnel hinein. Es dauert nicht lange und erneut erklingt in der Ferne das Weinen eines Babys. Dieses Mal hört auch Hilmar das Geräusch und die beiden W.H.T.O. Agenten versuchen schneller voran zu kommen.
Schließlich scheint es, als würde sich das Babygeschrei Hilmar und Usche langsam nähern. Usche lässt den Fleischsack fallen und rennt los „Es ist direkt hier um die Ecke“ ruft sie Hilmar zu, während sie in einer Tunnelabzweigung verschwindet.
„Warte“ brüllt Hilmar zurück und rennt ebenfalls los. Als er ebenfalls um die Ecke läuft, bietet sich ihm ein Bild des Grauens. Usche hat das Baby gefunden, jedoch ist es nicht irgendein Baby. Ein dickes, dreiäugiges 5 Tonnen Baby sitzt auf den Schienen und blickt Usche, die wie versteinert da steht, aus seinen drei bösen Augen an.
„Großer Gott“ murmelt Hilmar und zielt mit seinem fettlösenden Gewehr auf das schreckliche Ungeheuer in gewaltigen Windeln. „Komm her Usche!“ ruft er und feuert schließlich einen Schuss auf das böse guckende Monsterbaby ab. Wie eine Raubkatze springt es plötzlich vor und Hilmar gibt schnell ein paar weitere Schüsse ab.
Das scheint dem Baby zu viel zu sein und es rennt durch den Tunnel zurück und verschwindet in der Dunkelheit.
„Alles in Ordnung, Usche?“ fragt Hilmar und beugt sich über seine bewusstlos da liegende Kollegin. Schließlich öffnet sie die Augen und murmelt leise: „Wir brauchen kein Fleisch… wie brauchen ein verdammt großes Glas Alete, um dieses Monster einzufangen.“
In der Ferne verstummt das Weinen des Babys, stattdessen hallt eine beruhigende Frauenstimme durch den Tunnel, die zu dem Baby spricht, offenbar um ihm die Angst zu nehmen.
„Ob das die Mutter des Klei… des Monsterbabys ist?“ grübelt Usche wortreich. „Ich will nicht die Mutter kennen lernen, die dieses Kind zur Welt gebracht hat“ grummelt Hilmar.
Was war das für ein Wesen? Bisher war es wissenschaftlich bewiesen, dass Kinder und Jugendliche gegen das Heavyweight-Virus immun seien. Hat jemand das Virus verändert? Wurde dieses Kind genetisch verändert, um das Virus aufnehmen zu können? Haben zwei Heavyweight gepoppt? Der letzte Punkt ist sehr unwahrscheinlich, da auch ein Kind zweier Heavyweight das Virus nur in sich trägt, es jedoch erst ab einem Alter von 18 bis 20 Jahren ausbricht.
Nicht lange nach dieser Begegnung lässt eine gewaltige Erschütterung die U-Bahntunnel erbeben. Hilmar und Usche machen sich sofort auf den Weg zur Quelle der Erschütterung, finden aber nur ein Loch in der Wand vor. Das Baby und dessen potentielle Mutter sind an einer U-Bahnstation in der Nähe des Stadtrandes entkommen.
Während Hilmar und Usche den Ausbruchsbahnhof durchsuchen, hören sie plötzlich ein lustvolles Stöhnen… nein, nicht lustvoll. Es war ganz und gar schmerzerfüllt. Schließlich finden sie die Quelle des Stöhnens. Ein dreigeteilter Mann liegt auf den Schienen, dem Bahnsteig und auf der Treppe, doch er lebt noch.
„Was hast du gesehen, Dreigeteilter?“ fragt Usche den Teil des Mannes, an dem sich der vor Schmerzen stöhnende Kopf befindet. Nachdem dieser etwa eine Minute lang Blut gesabbert hat, beginnt er gewaltig zu röcheln, bringt dabei jedoch ein paar Worte heraus: „Bin von einem Heavyweightbaby zerrissen worden, ist dann durch die Wand gerannt mit einer Frau… sie hat es behandelt wie ihr eigenes Kind. Sie war mir stets unheimlich“ erneut beginnt der Mann zu röchelt und fügt dann hinzu: „Ich kann meine Beine nicht fühlen.“
„Sie liegen dort unten an den Gleisen“ antwortet Usche. „Ihr rechter Arm liegt auf dem Bahnsteig, falls es Sie interessiert. Aber nun weiter, wer war diese Frau, die Ihnen stets unheimlich war?“ Er stöhnt nach dieser Frage noch eine Weile weiter, versucht dann wieder zu sprechen: „Es war die Wa… die Waaaaa“ schließlich bleibt der Mann, oder das, was noch von ihm übrig ist, regungslos liegen.
„Sieht so aus, als könnten wir hier nichts mehr machen“ meint Hilmar, „lass uns zurück zur Zentrale fahren und hoffen, dass sich dort jemand meldet, der das Baby und diese eigenartige Frau gesehen hat.

In der folgenden Nacht meldete ein aufmerksamer Bürger seltsame Geräusche in einem großen Gewächshaus in der Nähe eines Waldes am nördlichen Stadtrand. Ein Streifenpolizist macht sich sofort mit seinem Dienstgleitstreifenwagen auf den Weg.
Das Gewächshaus war bis vor ein paar Jahren verlassen gewesen. Dann jedoch kam die Waschkerzenfrau in die Stadt. Da die Wasserversorgung über die Jahre hinweg immer knapper wurde, musste man sich alternative Reinigungsmittel überlegen. Eine dieser Alternativen setzte sich durch: Die Waschkerzenfrau kaufte damals einige alte Wachsmaschinen und stellte diese in dem gemieteten Gewächshaus auf.
Sie entwickelte eine spezielle Formel für reinigendes Wachs, das die Verwendung von Wasser nahezu unnötig machte. Aus diesem Wachs stellte sie die so genannten Waschkerzen her, deren flüssiges Wachs bei Verbrennung der Kerze jede noch so grobe Unreinheit vom Körper wäscht. Diese Waschprozedur ist zwar schmerzhaft, aber äußerst effektiv.
Der Polizist geht ein paar Mal um das Gebäude herum, aber es brennt nirgendwo Licht und es sind auch keine Geräusche zu hören. Doch irgendetwas ist seltsam, überlegt er. Das Gebäude war stets eine Fabrik und ein Lager, allerdings gab es schon seit vielen Jahren weder Pflanzen, noch Bäume in dem alten Glasgebäude.
Ein Teil des Gewächshauses schien aber einen kleinen Wald von mindestens zwanzig Bäumen zu beheimaten. Ein paar Mal klopft der Polizist noch an diverse Fenster und entschließt sich letztendlich, seinen Universalschlüssel in Form eines schweren Hammers zu verwenden.
An dieser Stelle ist anzumerken, dass Polizisten schon seit langer Zeit keine Schlagstöcke mehr mit sich führen, da diese gegen die Bedrohung der Heavyweight zu schwach sind. Stattdessen trägt jeder Polizist einen 30 Kilo schweren Kampfhammer aus massivem Eisen auf dem Rücken.
Ein Schlag genügt und die Tür des Gewächshauses geht zu Bruch. Mit einer Taschenlampe macht er sich auf den Weg in das Innere des Gewächshauses und gerät ins Staunen. Überall an der Decke und auf den Bäumen sind kleine Lautsprecher angebracht, aus denen ziemlich harte Kinderlieder ertönen.
Diese Musik wirkt sowohl beruhigend, als auch äußerst beunruhigend. In den Liedern kommen einige der härtesten Kinderreime vor, die der staunende Streifenpolizist je gehört hat. Unter den Bäumen entdeckt er ein paar abgebrannte Waschkerzen, die offensichtlich dazu dienten, die Früchte des Baumes sauber zu halten.
Der Mann will gerade in den Baum greifen, um einen Apfel zu pflücken, als seine Hand etwas Fleischiges berührt. Er kreischt kurz vor Schreck auf und leuchtet auf dem Baum. Erneut beginnt er zu kreischen wie ein hysterisches Weib. An dem Bäumen hängen einige kleine dicke Babys, deren Haut mit Reinigungswachs überzogen ist. Doch ein paar dieser Babys sind nicht mehr ganz so klein.
In Form von gewaltigen Fleischklumpen hängen die dreiäugigen Neugeborenen von den schweren Ästen.
„Was ist denn hier los?“ fragt plötzlich eine kratzige Frauenstimme. Der Polizist leuchtet in die Richtung, aus der die Stimme kommt und entdeckt die Waschkerzenfrau. Stammelnd beginnt er zu erklären, was er gesehen hat, doch die Waschkerzenfrau scheint wenig beeindruckt zu sein. Schließlich stürzt ein reifes Baby vom Baum. Mit einem schrillen Befehl hetzt die Waschkerzenfrau das fleischige Monster auf den armen Mann, der schmatzend herunter geschlungen wird.
Das Baby beginnt heftig zu husten. Schließlich klopft die Waschkerzenfrau ihm auf den Rücken und Knochen, Uniform und der 30 Kilo Kampfhammer des Mannes werden mit einem gewaltigen Bäuerchen auf den Boden geworfen.



Kapitel II – Auf Babyjagd

Schlitternd bringt Hilmar den Dienstgleitwagen mit heftigen Lenkradbewegungen vor dem völlig verwüsteten Tierladen zum stehen. In der Nacht zuvor wurde Mörkels Tierhandlung von einer Frau und eine Gruppe dreiäugiger Riesenbabys überfallen.
Die W.H.T.O. Leitung hat inzwischen beschlossen, dass diese Monsterbabys vernichtet werden müssen. Zu diesem Zweck wurden Hilmar, Usche und Major Espicle, Anführer einer Militäreinheit, die der W.H.T.O. untersteht, zu Mörkels Tierhandlung geschickt.
„Feind suchen, Feind finden, Feind vernichten!“ brüllt Major Espicle im Befehlston. „Gustavssons Armeehandbuch Band 1, Kapitel 3, Absatz 15!“ fügt er hinzu.
Usche gähnt. Der Mann scheint sämtliche 23 Bände von Gustavssons Armeehandbuch mit jeder Aktualisierung der letzten Jahre auswendig zu kennen und zitiert pausenlos daraus. Im Grunde hasst Usche das Militär. Ihrer Meinung nach können diese Leute Probleme nur mit Gewalt lösen.
Während die drei das zerstörte Gebäude begutachten, beginnt Major Espicle zu brüllen: „Wir lösen unsere Probleme mit Gewalt! Gustavssons Armeehandbuch Band 7, Kapitel 15, Absatz 2!“
Während Espicle das Ausmaß der Zerstörung durch die Heavyweightbabys zu bewundern scheint und Hilmar mit weiteren Zitaten aus Gustavssons Armeehandbuch in den Wahnsinn treibt, betritt Usche das zerstörte Gebäude.
In einer Ecke sitzt weinend ihre Lieblingstierhändlerin Angelika Mörkel, von der sie noch am Vortag eine neue Katze gekauft hat.
„Sie haben alle Tiere gefressen“ heult die Angela Merkel Doppelgängerin und wischt sich mit einem Fellfetzen die Tränen aus den Augen. „Sogar den Blauwal aus dem Aquarium!“ wieder bricht die arme Frau in Tränen aus. Sie tut Usche sehr leid, aber im Moment gilt es, schnell an Informationen zu kommen.
„Ich bin überzeugt, das kommt wieder in Ordnung, Angelika. Einen Blauwal kann man klonen“ tröstet Usche ihre Freundin, „aber im Moment habe ich erst einmal ein paar wichtige Fragen, Angelika. Diese Frau, die die Babys begleitet hat, kanntest du sie?“
Angelika schüttelt ihren zotteligen Kopf. „Ich war gerade im Vogelkeller, um eine Kiste Kanarienvögel zu holen. Aber die Vögelfrau war im Laden, bevor ich in den Keller gegangen bin. Sie muss alles gesehen haben, aber als ich wiederkam, war auch sie fort. Ich fürchte, sie wurde wie all die anderen Tiere gefressen.“
Usche schaut sich kurz im Laden um, schüttelt dann entschlossen den Kopf. „Die Babys haben keine Zähne, Angelika. Hätten sie die Vögelfrau gefressen, würden ihre Knochen hier irgendwo liegen. Wo finde ich diese Vögelfrau?“
Angelika blättert hektisch in ihrem Kundenverzeichnis. „Sie hat sich oft Vögel per Versand bestellt. Ich habe ihre Adresse hier irgendwo.“ ein paar Sekunden vergehen, dann zeigt sie auf eine Adresse in ihrem Computer „Dort!“, quietscht die arme Angelika Mörkel. Usche nickt dankend.
„Hilmar!“ ruft sie so laut sie kann.
Sofort kommt der Gerufene in den Laden gestürmt und lässt vor Schreck die tote Ziege fallen, die er vor der Tür gefunden hat. Seine Augen blicken starr an Usche vorbei auf die Frau in der Ecke. „Ist das…?“ beginnt er zustammeln.
„Nein, das ist nicht Angela Merkel, Hilmar“ antwortet Usche gelassen. Doch Hilmar hört nicht hin, stürmt los und bedeckt die hilflose Frau mit zahlreichen Küssen. Wütend rennt Major Espicle dem W.H.T.O. Agenten hinterher und reißt ihn von der Frau weg. „Mit Küssen kann man keine Kriege gewinnen“ brüllt er „Gustavssons Armeehandbuch Band 14, Kapitel 38, Absatz 9!“
Auch nach mehreren kräftigen Ohrfeigen hat Hilmar sich nicht wieder gefangen. „Er ist Angela Merkel-Fan“ erklärt Usche der verwirrten Tierhändlerin. „Bringen Sie ihn raus, Major Espicle, bevor noch mehr passiert“ befielt Usche dem Offizier. Er salutiert: „Befehl wird ausgeführt, Ma’am!“
Mit ein bisschen mehr Gewalt als nötig zerrt Major Espicle den sabbernden, kontrolllosen Hilmar, dessen Blicke noch immer an den Augen der hilflosen Tierhändlerin hängen, vor die Tür.

Zehn Minuten später im Dienstgleitwagen:

Hilmar hat sich inzwischen wieder gefangen, nachdem Major Espicle ihm weitere dreiundfünfzig Armeeohrfeigen gegeben und diverse Weisheiten aus Gustavssons Armeehandbuch zitiert hat. „Wo fahren wir hin, Usche?“ fragt Hilmar.
Hektisch lenkt sie das rutschige Fahrzeug durch die fettbeschichteten Straßen der Stadt. „Zur Zentrale“ antwortet sie auf Hilmars Frage. „Dort trennen wir uns. Du fährst mit Major Espicle zur Vögelfrau und versuchst herauszukriegen, wer diese Frau ist, die mit den Babys die Stadt verwüstet. Ich schreibe den Bericht und werde der W.H.T.O. Leitung berichten, was wir bisher wissen.“
Wieder beginnt Hilmar zu sabbern und verdreht die Augen. „Können wir nicht noch einmal in Mörkels Tierhandlung vorbei sehen?“ fragt er stammelnd. Major Espicle holt zu eine weiteren kräftigen Ohrfeige aus, doch Usche hält seine Hand fest. „Hören Sie auf, meinen Kollegen zu verstümmeln, Major! Sein Gesicht ist schon ganz asymmetrisch und seine Nasenspitze berührt bald sein linkes Ohr.“
„Eine kräftige Ohrfeige hat noch niemandem geschadet!“ brüllt Major Espicle die W.H.T.O. Agentin an. „Gustavssons Armeehandbuch Band 9, Kapitel 13, Absatz 1!“ Eine weitere Ohrfeige schallt durch den Gleitwagen und Hilmar Slorptorg wird von der Wucht des Schlages durch das Seitenfenster auf die fettige Straße geschleudert.
Fettspritzend bringt Usche den Gleitwagen zum Stehen. „Sind Sie wahnsinnig, Major? Wir sind in der Nähe eines Altenwohnheims!“
„Eine kräftige Ohrfeige hat noch niemandem geschadet!“ brüllt der Major erneut. „Gustavssons Armeehandbuch Band 9, Kapitel 13…“ Usche hört nicht weiter zu und springt aus dem Wagen. In einer fettigen Pfütze liegt der arme Hilmar und schlägt mit seinen Armen um sich. Mit seinem Gesicht im Straßenfett liegend versucht er etwas zu sagen, bringt aber nur ein Blubbern zustande.
Vorsichtig dreht Usche den W.H.T.O. Agenten um. Nachdem dieser einen gewaltigen Fettklumpen ausgespuckt hat, beginnt er schmerzerfüllt zu schreien. Im Gleitwagen greift Major Espicle zu einem kleinen Heftchen und schreibt hinein: Neue Lektion: Eine kräftige Ohrfeige in einem fahrenden Gleitwagen kann unter besonderen Umständen doch jemandem schaden.
Sofort ruft er beim Gustavsson Verlag an und teilt den Autoren seine neue Erkenntnis mit.
Während Usche bei dem Versuch Hilmar auf die Beine zu stellen ebenfalls auf dem Straßenfett ausgerutscht ist, nähern sich unbemerkt aus einer Seitenstraße ein paar zwielichtige Gestalten.
„Vorsicht!“ brüllt Major Espicle plötzlich vom Gleitwagen zu Hilmar und Usche herüber, doch es ist bereits zu spät: Ein Krückenschlag trifft Usche auf den Hinterkopf und sie bricht bewusstlos zusammen. Mit einer geschickten Drehung schafft es Hilmar, einem weiteren Schlag zu entgehen und bringt den Rentner mit einem gezielten Tritt zu Fall, der sich augenblicklich alle Knochen bricht und regnungslos liegen bleibt.
„Schaffen Sie den Alten in den Kofferraum, Major“ brüllt Hilmar, während er es irgendwie schafft, ohne auszurutschen auf der fettigen Straße aufzustehen und Usche vorsichtig zum Gleitwagen herüber zu tragen Er legt sie auf den Rücksitz und setzt sich ans Lenkrad.
Schließlich steigt auch Major Espicle wieder ein, salutiert und brüllt: „Befehl ausgeführt, Sir!“ Langsam setzt Hilmar das Gleitfahrzeug in Bewegung. Dann meldet sich wieder der pflichtbewusste Major zu Wort: „Alte Leute müssen in speziellen Behältern entsorgt werden! Straßenreinigungsgesetzbuch Paragraph 155, Absatz 4!“
„Ich bin überrascht, Major“ sagt Hilmar, „ich dachte, sie kennen nur Gustavssons Armeehandbuch auswendig.“
„Sei stets umfassend informiert!“ brüllt der Major. „Gustavssons Armeehandbuch Band 1, Kapitel 5, Absatz 1!“ - Hilmar seufzt. Hoffentlich würden sie den Auftrag bald abgeschlossen haben, damit Sie den Major endlich loswerden.
Während Hilmar mit der einen Hand den Gleitwagen lenkt und sich mit der anderen die krumme Nase gerade biegt, erwacht Usche auf dem Rücksitz und renkt knackend Ihren Nacken wieder ein.
Zeitgleich mit diesem Geräusch verzerren Hilmar und Major Espicle schmerzverzerrt das Gesicht.
Irgendwann hält Hilmar den Wagen an einem Müllcontainer mit der Aufschrift „Greise“ an. Major Espicle holt den alten Mann aus dem Kofferraum und Hilmar öffnet vorsichtig die Klappe auf der Vorderseite des Containers. Diverse knochige Hände erscheinen hilflos aus dem geöffneten Container und heisere Stimmen ertönen aus dem Inneren. Espicle wirft den alten Mann hinein. Nachdem sie mit ein paar kräftigen Schlägen die knochigen Hände in den Container zurückgedrängt haben, schließt Hilmar den Container wieder und beide steigen zurück in den Gleitwagen.

20 Minuten später in Hilmars Büro:

„Macht euch ruhig alleine auf den Weg zur Vögelfrau. Ich will erst einmal den Bericht schreiben und hoffen, dass ich diese Nackenschmerzen bald loswerde“ erklärt Usche und quetscht sich hinter den Schreibtisch.
Nachdem Hilmar und Major Espicle den Raum wieder verlassen haben, beginnt Usche unmotiviert zu schreiben. Noch immer hat sie starke Nacken- und Kopfschmerzen und kann sich kaum konzentrieren. Schließlich beschließt sie, in die Kantine zu gehen und ein Aspirin aus dem Automaten zu ziehen.
Vorsichtig quetscht sie sich aus dem engen Raum und besteigt den Fahrstuhl, der sie hinunter zum Erdgeschoss bringt, wo sich die Kantine befindet. Als sie sich der Tür nähert, hört sie ohrenbetäubendes Gequieke dahinter. Sie öffnet die Tür und ein fettes Schwein springt ihr entgegen, gefolgt von le Chefkoch, der ein Schlachtbeil in der Hand hält.
„Isch kriege disch, du Schwein!“ ruft er dem panisch durch die Eingangshalle rennenden Tier hinterher. Nach einer kurzen Jagd erwischt le Chefkoch das Schwein schließlich. Usche will gerade weitergehen, als das Schwein plötzlich nach ihr ruft. Erschrocken bleibt auch le Chefkoch stehen.
„Komm her, Usche. Es ist sehr wichtig“ röchelt das Schwein. „Gehen Sie bitte, le Chefkoch. Lassen Sie mich mit ihr einen Moment allein“ fügt es hinzu.
Le Chefkoch entfernt sich von dem Schwein und Usche hockt sich ängstlich neben das Tier. „Wirst du mich beißen?“ fragt Usche.
Das blutende Schwein schüttelt seinen Kopf. „Ich bin… William… William Shake-Beer… erinnerst du dich an mich, Usche?“ Sie nickt vorsichtig. Sie war einem Mann mit diesem Namen als Kind begegnet. Er war ein Arbeitskollege von Hilmar Slorptorg. „Damals warst du noch nicht so ein Schwein“ meint Usche.
Das Schwein hat sichtlich Mühe, weitere Worte in Laute zu fassen. Die Blutlache wird immer größer und am anderen Ende der Halle wartet ungeduldig le Chefkoch.
„Ich habe nicht mehr viel Zeit, Usche. Ich wurde geklont, aber versehentlich wurden meine Körpergene mit denen eines Schweines vertauscht. Aber jetzt hör mir zu, Usche!“ Sie nickt und lauscht aufmerksam den Worten des Schweins.
„Ich habe Dinge gehört, die niemand hören sollte, ich habe Dokumente gelesen, die niemand lesen sollte und ich habe Dinge erfahren, die niemand wissen sollte…“ Usche hasst es, wenn jemand so dramatisch wird. Immerhin macht es sie neugierig und sie wäre verärgert, würde das Schwein sterben, bevor es ihr mitgeteilt hat, was es zu sagen hat.
„Im Keller gibt es einen versteckten Raum. Ich habe nicht mehr viel Zeit… *röchel* nimm den Schlüssel und lies die Dokumente. Es muss etwas unternommen werden.“ Plötzlich beginnt das Schwein mit aller Kraft zu würgen, gibt es jedoch kurz darauf auf, da es nicht mehr die nötige Kraft zu würgen hat.
„Ich habe den Schlüssel verschluckt, Usche. Ich habe nicht mehr die Kraft, ihn hochzuwürgen. Du musst mich essen… nur so kannst du an den Schlüssel kommen. Und du darfst außer mit Hilmar mit niemandem, darüber sprechen, hörst du?“ Usche nickt und das Schwein stirbt.
Ungeduldig meldet sich le Chefkoch am anderen Ende der Halle zu Wort: „Jetzt ist aber Schuss mit Sentimentalitäten. Ich werde jetzt die Schwein auf die Spieß stecken!“
Entschlossen drückt Usche dem kleinen Koch einen Geldschein in die Hand. „Ich möchte essen! Das ganze Schwein!“
„Die ganze Schwein?“ antwortet le Chefkoch erschrocken. „Aber Mademoiselle die ganze Schwein niemals kriegen auf, werden fett wie eine ´eavyweight!“
„Ich habe mir ohnehin vorgenommen, 40 Kilo zuzunehmen“, antwortet Usche genervt „Also los jetzt, beeilen Sie sich, Chefkoch!“ – „Oui oui, Mademoiselle Üsché.“ Der Mann rennt mit seinen kurzen Beinchen zum toten Schwein und schleppt das Tier, das mindestens doppelt so groß ist wie er, auf dem Rücken in die Küche.

Während le Chefkoch unter den prüfenden Blicken von Agentin Usche das Schwein zubereitet, bringt Hilmar Slorptorg seinen Dienstgleitwagen vor dem Wohnhaus zum stehen, in dem angeblich die Vögelfrau wohnt.
„Warum nennt man diese Frau Vögelfrau?“ fragt Major Espicle neugierig. Hilmar zuckt gleichgültig mit den Schultern. „Weiß nicht“ antwortet er nur, öffnet die Fahrertür und steigt aus.
Der Major steigt ebenfalls aus, stürmt sofort zur Haustür und beginnt heftig zu klopfen: „Im Namen der World Heavyweight Transport Organisation! Öffnen Sie sofort die Tür!“ Hilmar schüttelt den Kopf. „So funktioniert das nicht… so spricht man doch nicht mit einer Frau, Major!“
Hilmar stellt sich nun selbst vor die Tür, klopf ein wenig sanfter und ruft: „Im Namen der Heavyweight Transport Organisation! Öffnen Sie bitte sofort die Tür!“
„Bitte“ murmelt der Major. „Das kannte ich noch nicht.“
„Ein neues Wort gelernt, Espicle?“ fragt Hilmar. Der Major nickt und notiert etwa in seinem Notizheftchen.
Kurze Zeit später öffnet eine ausschließlich in Federn gekleidete alte Frau die Tür. Auf die Frage, ob sie es nicht für angebracht halten würde, Kleidung zu tragen wenn jemand an der Tür klopft, antwortet sie nicht. Stattdessen öffnet sie den Mund und ein kleines Vögelchen flattert heraus, dreht ein paar Runden um ihren Kopf und versteckt sich schließlich in den Haaren der Frau.
„Guten Tag“, beginnt Hilmar. „Mein Name ist Agent Hilmar Slorptorg. Ich arbeite für die World Heavyweight Transport Organisation und hätte ein paar Fragen an Sie.“ Die Frau schaut ihn verwirrt an, spitzt dann die Lippen und beginnt wie ein Vöglein zu zwitschern.
Hilmar und Espicle wissen nicht wie sie reagieren sollen, doch schließlich ertönt eine krächzende Stimme aus der Wohnung: „Kommt nur herein, werte Besucher.“
Die beiden betreten die Wohnung und die Vögelfrau schließt hinter ihnen leise die Tür. Drinnen ist es dunkel und ein seltsamer Duft nach Pflanzen und Vogeldreck erfüllt den Raum.
Das Eigenartigste ist jedoch, dass es keinerlei Möbel gibt. Lediglich ein paar Stangen und mehrere kleine Bäume, von deren Ästen aus unzählige Vögel die beiden Besucher begutachten, füllen die kleine Wohnung.
Mit Schwung rennt die Vögelfrau an Hilmar und dem Major vorbei und hockt sich auf eine schwere Eisenstange. Sie klammert sich mit ihren Zehen daran fest und hält mit geschickten Kopf-, Hals- und Armbewegungen das Gleichgewicht.
Aus einem anderen Raum kommt schließlich ein Papagei hereingeflattert und setzt sich auf die Schulter der Vögelfrau. Wieder beginnt sie zu zwitschern und schaut dabei den Papageien an, der ihr aufmerksam zuzuhören scheint.
„Sie sagt: Sie wird Ihnen sagen, was Sie wissen möchten… krah!“ krächzt der Vogel schließlich.
Inzwischen sind 4 Stunden vergangen, in denen der Papagei von seinem Studium in Bulleweg erzählt hat. Doch auch ein paar nützliche Informationen waren dem Papageien, bzw. der Vögelfrau zu entlocken. Während des Gespräches finden Hilmar und Major Espicle unter anderem heraus, dass die stadtbekannte Waschkerzenfrau dabei gewesen ist, als die Heavyweightbabys Mörkels Tierhandlung am frühen Morgen leer gefressen haben.
Des Weiteren ist der Papagei, dessen Name übrigens Krah lautet, der Waschkerzenfrau gefolgt und hat herausgefunden, dass sie ein Frachtflugzeug gemietet hat. Das war das Stichwort. Ohne sich für das Vogelfutter und den leckeren Regenwurm zu bedanken stürmt Major Espicle aus der Wohnung und zerrt den leicht überrascht dreinblickenden Hilmar an den Haaren hinter sich her. „Vielen Dank auch!“ ruft Hilmar, während Espicle ihn verkehrt herum auf den Beifahrersitz stopft und sich selbst an Steuer setzt.
„Verschwende niemals Zeit für unnötige Höflichkeiten! Gustavssons Armeehandbuch Band 16, Kapitel 25, Absatz 3!“ Ohne eine Antwort von Hilmar abzuwarten, tritt Espicle aufs Gas und rast los in Richtung Flughafen.

Während Espicle den armen Hilmar zum Flughafen kutschiert, schlingt Usche gerade die letzten Stücke des gebratenen Schweins herunter. Und tatsächlich: Da ist der Schlüssel, von dem Willy Shake-Beer zuvor berichtet hat. Ihren völlig überfüllten Magen hinausschleppend, macht sie sich auf den Weg in den Keller, wo sich dieser versteckte Raum befinden soll.
Hoffentlich hat mich niemand gesehen, überlegt sie und durchsucht sämtliche Räume nach einem Hinweis, wo sich dieser Raum befinden könnte.
Nach einer Weile wird sie fündig. Der Schlüssel fliegt ihr aus der Hand und bleibt in einem vorher unsichtbaren Schloss stecken. „Magnetisch!“ kreischt Usche und dreht den Schlüssel um.
Hinter unzähligen Spinnenweben entdeckt sie einen Raum, in dem ein alter Aktenschrank steht. Neugierig beginnt sie zu lesen. „Das ist ja unglaublich“ murmelt sie erschrocken und liest weiter. Sie muss es Hilmar erzählen, und das so schnell wie möglich.

Mit einem Ruck bleibt der Gleitwagen stehen und Hilmar klebt mit dem Gesicht an der Windschutzscheibe.
„Sei stets angeschnallt! Gustavssons Armeehandbuch, Band 5, Kapitel 14, Absatz 12!“ Nachdem er sein Gesicht von der Windschutzscheibe getrennt hat, wirft Hilmar dem Major einen bösen Blick zu, den dieser jedoch völlig falsch zu interpretieren scheint… denn er lächelt Hilmar freundlich an.
Auf einem Startfeld klettert gerade ein letztes dickes Baby in den dickbauchigen Rumpf einer riesigen Frachtmaschine und die Ladeluke des Flugzeugs schließt sich. Espicle rennt sofort los, am Flughafenwachpersonal vorbei auf das Startfeld. Als er es erreicht, schwebt das senkrecht startende Frachtflugzeug bereits einige Meter über dem Boden.
Sofort rennt der Major zurück zu Hilmar, packt diesen wieder an den Haaren und schießt eine Harpune inklusive Seil auf das Flugzeug ab. Das Flugzeug bewegt sich mit gleicher Geschwindigkeit weiter. Offenbar hat niemand die beiden blinden Passagiere bemerkt. Nach einer kurzen Warteschleife steigt die Frachtmaschine schließlich steil in den Himmel hinauf.
Major Espicle bindet Hilmars Haare an einem Türgriff unter der linken Tragfläche fest und hält lauschend ein Ohr an die Außenwand des Flugzeuges. Schließlich grinst er „Es geht nach Hawaii!“ ruft er Hilmar zu, der damit beschäftigt ist, seine Frisur zu ordnen ohne sie vom Türgriff des Flugzeuges zu lösen.

Etwa eine halbe Stunde später erreicht auch Usche den Flughafen. Diverse Zeugen berichten ihr, dass ein W.H.T.O. Agent und ein Soldat auf ein startendes Frachtflugzeug aufgesprungen sind. Sofort macht sie sich auf den Weg zur Flughafenauskunft um herauszufinden, wohin die Maschine fliegt.
Überrascht stellt sie fest, dass lediglich ein Säugling an der Information sitzt. Sie beschließt zu warten, bis jemand Kompetentes den Platz des Säuglings einnimmt.
„Steh da nicht doof rum! Sag was du willst, du Schlampe!“ schimpft der Säugling plötzlich. Böse Babyaugen mustern die W.H.T.O. Agentin und erwarten nun eine Antwort.
„Wie hast du mich gerade genannt, du Zwerg?“ fragt Usche in scharfem Ton.
„Hast du mir etwa nicht zugehört, du Schlampe?“ brüllt der Säugling wieder. Das muss ich mir nicht bieten lassen, denkt Usche. Ohne zu zögern stürzt sie sich auf das Baby und gibt ihm einen kräftigen Klaps auf den Po. Sofort beginnt der Kleine bitterlich zu weinen. Sämtliche Leute in der Halle schauen zu Usche herüber. Sie hasst es, auf diese Weise der Mittelpunkt des Geschehens zu sein.
„So, du Knirps!“, schimpft sie den Kleinen an „Du sagst mir jetzt, wo dieses Frachtflugzeug hingeflogen ist, von dem hier alle reden, oder es gibt noch einen Klaps!“
Die Drohung scheint ihre Wirkung nicht verfehlt zu haben. Der Kleine teilt ihr mit, dass das Flugzeug nach Hawaii unterwegs ist. Usche kauft sofort ein Flugticket, das sie ebenfalls dorthin bringt, und macht sich auf den Weg zum Flugzeug.
Da der Flughafen verwirrend groß ist, fragt sie an der Information nach dem Weg zum richtigen Flieger. Ein Gitter öffnet sich und ein kleines Äffchen stürmt heraus, packt Usche am Arm und zieht sie hektisch, aber vorsichtig hinter sich her. Nach zwei Minuten zeigt das Äffchen auf einen Gang und zieht sich dezent zurück.
Wie erwartet führt der Gang zum richtigen Flugzeug. Überraschend trifft Usche dort ihre Freundin und Tierhändlerin Angelika Mörkel wieder, die sich nach dem Stress am Morgen erst einmal zwei Wochen Urlaub auf den Hawaiianischen Inseln gönnen will.
Als Usche und Angelika schließlich auf ihren Plätzen sitzen und die Maschine in Richtung Startbahn rollt, stürmt plötzlich ein maskierter Mann in die Passagierkabine.
„Ich habe eine Bombe!“ schreit er laut, reißt sich dann die Maske vom Gesicht und entblößt sein gut gelaunt lächelndes Gesicht. Es war kein Geringerer als Jimmy Condo, der beliebteste Reiseflugentertainer zwischen Hawaii und dem Rest der Welt. „Eine Partybombe!“ fügt er lachend hinzu und beginnt diverse hawaiianische Lieder zu singen.
Laut singend und mitklatschend verfallen die Passagiere in einen Rausch der Fröhlichkeit, während die Maschine sanft dem Urlaubsparadies entgegensteuert.
Nachdem Usche sich eine Weile mit Angelika über Tierfutterersatzstoffe unterhalten hat, nickt sie ein.
Im Halbschlaf spricht eine Stimme zu ihr und sie schreckt sofort wieder auf. „Darf ich bitte Ihr Flugticket sehen?“ Hektisch beginnt Usche nach ihrer Handtasche zu suchen, wird jedoch nicht fündig. Dieses verdammte kleine Äffchen am Flughafen… es muss ihr die Tasche gestohlen haben.
Usche erklärt dem Kontrolleur kurz was sie vermutet und zeigt ihm schließlich ihren W.H.T.O. Ausweis. Sie fügt hinzu, dass sie auf einer äußerst wichtigen Mission ist, doch der Kontrolleur zeigt sich äußerst unbeeindruckt von ihrem Ausweis.
„Das ist aber kein Flugticket. Bitte zeigen Sie mir Ihr Flugticket.“ Der Mann lächelt sie auf äußerst arrogante Weise an.
„Ich sagte doch schon, ich habe meine Tasche am Flughafen verloren. Ich werde die Sache klären, sobald wir auf Hawaii sind. Man wird Ihnen bestätigen, dass ich auf einer äußerst wichtigen Mission bin und…“
„Hören Sie doch bitte auf, Ihr Gejammer würde nicht einmal Katzen interessieren“ unterbricht der Mann sie erneut in einem äußerst arroganten Tonfall. Im selben Ton fährt er schließlich fort: „Wenn Sie kein Flugticket haben, dann haben Sie auch keine Berechtigung, hier zu sitzen und Sie haben auch keine Berechtigung, diesen Kaffee dort zu trinken. Und wissen Sie, wer das alles sagt? Ich sage das. Ich sollte an dieser Stelle hinzufügen, dass ich hier in diesem Flugzeug grundsätzlich Recht habe und von daher sage ich nun, dass Sie auf der Stelle dieses Flugzeug zu verlassen haben.“ Erneut entblößt der Mann seine Zähne mit einem äußerst arroganten, selbstgefälligen Lächeln. Er fühlt sich wohl ganz toll dabei, die Leute auf diese Weise zurechtzuweisen.

Während Usche sich die arroganten Monologe des Flugticketkontrolleurs anhören muss, sind Hilmar und Major Espicle relativ unbeschadet irgendwo auf Hawaii angekommen. „Danke, Major! Meine Frisur ist für immer ruiniert!“ schimpft der W.H.T.O. Agent.
Das Transportflugzeug war auf einem verlassenen Landeplatz in der Nähe eines Vulkans heruntergegangen und die beiden blinden Passagiere haben sich sofort hinter ein paar schweren Kisten versteckt, damit sie nicht bemerkt werden.
Von dort aus beobachten sie nun, wie die gewaltigen Babys von Männern in gelben-orange gestreiften Uniformen aus dem Flugzeug geladen und auf vierachsigen Militär-LKWs festgezurrt werden. Unter Aufsicht der Waschkerzenfrau setzen sich die LKWs, deren Ladeflächen sich unter dem Gewicht der Heavyweightbabys gewaltig nach unten biegen, schließlich in Bewegung und fahren langsam der Reihe nach einen schmalen Weg zwischen den Palmen hinauf zum Krater des Vulkans.
Nachdem der Konvoi außer Sichtweite und auch das Flugzeug wieder gestartet ist, verlassen Hilmar und der Major vorsichtig ihr Versteck. Der Landeplatz, auf dem sie sich befinden, liegt offenbar mitten im Jungle. In alle Richtungen sind Palmen, ein Fluss und in einigen Kilometern Entfernung der Vulkan erkennbar.
„Zu welchem Zweck schafft die Waschkerzenfrau die Babys auf dem Vulkan?“ fragt Hilmar den Major. Dieser jedoch schweigt, erklärt aber nach einigen Sekunden: „Wenn du die Antwort nicht kennt, antworte nicht! Gustavssons Armeehandbuch Band 14, Kapitel 12, Absatz 2.“
Aus irgendeinem Grund hat Hilmar eine derartige Antwort erwartet, von daher ist er auch nicht wirklich enttäuscht. Schließlich einigen sich die beiden, dass es das Klügste wäre, auf den Vulkan zu steigen und nachzusehen, aus welchem Grund die Waschkerzenfrau die Babys nach Hawaii und auf diesen Vulkan gebracht hat.
„Wenn sie sie in den Krater wirft, können wir Urlaub machen“, murmelt Hilmar und die beiden ziehen los. Nachdem sie nur wenige Minuten durch das Palmengrün gewandert sind, stehen plötzlich mehrere Männer mit bissigen Papageien auf den Schultern vor ihnen. Die ganze Situation wäre gar nicht einmal so unangenehm, würden diese nicht mit Gewehren auf die beiden Eindringlinge zielen.

Usche hat dem Kontrolleur ja nicht geglaubt, jetzt jedoch tut sie es. Das mag damit zusammenhängen, dass sie irgendwo zwischen dem Flugzeug und einer furchtbar sandigen Wüste dem Boden entgegen stürzt. Verärgert schaut sie noch einmal zurück zum Flugzeug, das sich immer weiter von ihr entfernt. Schließlich gibt es einen kräftigen Ruck und sie bleibt mit dem Gesicht im Wüstensand stecken.
Nachdem Sie sich wieder ausgegraben und ein paar Kilo Sand gespuckt hat, schaut sie sich um. Allein sitzt sie nun hier in der Wüste und hunderte, vielleicht tausende Kilometer rundherum scheint es nichts als Sand zu geben. Schnell locken Sonne und Panik ihr einige Schweißperlen auf die Stirn. Ohne große Hoffnung steht sie auf und geht in irgendeine Richtung.
Ein halbes Dutzend Sanddünen und ein paar Liter Schweiß später entdeckt sie halb verdurstet in der Ferne einen dunklen Fleck auf dem Sand. Hätte Sie ein Fernglas, könnte sie erkennen, was es ist. Aber vermutlich ist es ohnehin nur ein totes Tier oder etwas Ähnliches.
Doch mit jeder Minute, die sie weiter durch den staubigen, glühend heißen Sand kriecht, nimmt der Fleck weiter Form an. Schließlich erkennt Usche deutlich, dass es sich um einen nackten alten Mann handelt, der dort im Sand sitzt.
Ein gewaltiger grauer Bart und eine noch gewaltigere graue Frisur zieren das Gesicht und den Kopf des Alten, der vom Aussehen her mindestens 100 Jahre alt sein muss. „Setz dich, setz dich!“ haucht der Alte plötzlich.
Usche macht, was der Alte sagte und setzt sich ihm gegenüber in den Sand. Schweigend sitzt er auf dem Boden und zeichnet mit einem Stock Kreise in den Sand. „Sieh her!“ flüstert er leise und deutet mit dem Stock auf den Kreis.
„Ein Kreis“ murmelt Usche und schaut den Alten fragend an. Dieser nickt, offenbar belustigt von der Tatsache, dass Usche ihn verstanden hat und beginnt zu erzählen. „Einst nahm man mir alles. Alles bis auf meinen Namen und meine Unterhose.“
„Die wurde Ihnen später genommen, nehme ich an“, fügt Usche hinzu. Der Alte nickt. „Ein hungriger Geier hat sie mir vom Leib gefressen… nun habe ich nichts weiter als meinen Namen.“
„Und wie lautet Ihr Name, wenn ich fragen darf?“ will Usche wissen. Der Alte denkt kurz nach, zeichnet einen weiteren Kreis in den Sand, zuckt dann müde mit den Schultern und antwortet: „Habe ich vergessen.“
„Auch wenn Sie weder ihre Unterhose, noch ihren Namen behalten konnten, so haben Sie doch immerhin noch ihren Stock!“ knurrt Usche. Der Alte schaut sie verwirrt an. „Meinen Stock?“ fragt er schließlich. Usche stellt fest, dass der Alte sie nicht zu verstehen scheint.
„Na dieser Stock dort in Ihrer Hand. Der, mit dem Sie gerade Kreise in den Sand gezeichnet haben!“ erklärt sie ärgerlich. „Wo haben Sie diesen Stock eigentlich her bekommen? Ich meine: Wir sind hier mitten in der Wüste und das Holz scheint noch frisch zu sein. So frisch, dass es sogar noch feucht ist.“
Der Alte schaut sie auch weiterhin nur fragend an. Er ist nicht besonders klug, stellt Usche fest. Schließlich beginnt er wieder zu erzählen. „Ich male Kreise!“ Weitere Worte scheinen für ihn jetzt keine Bedeutung zu haben und die Frage nach dem Stock hat er offenbar erfolgreich verdrängt.
„Warum malen Sie Kreise?“ fragt Usche, nachdem der Alte auch nach einigen Minuten nichts weiter sagt. Wieder schaut er sie fragend an und antwortet schließlich mit traurigem Blick: „Weil ich nichts anderes kann.“
Usche schüttelte den Kopf. Seit ein paar Stunden kriecht sie nun durch die Wüste und begegnet einem nackten und verwirrten alten Mann, der seinen Namen nicht kennt und nichts weiter kann, als Kreise in den Sand zu zeichnen. Doch fragt sie sich, wie konnte der Alte so lang in der Wüste überleben?
Etwa zwei Tage sitzen die beiden schweigend da. Dann steht der Alte auf und geht fort. „Wo gehen Sie hin?“ fragt Usche neugierig. „Ich muss jetzt fort, ich habe Hunger“ antwortet er. Nach etwa fünfzig Metern beginnt er mit den Händen im Sand zu graben und bringt schließlich zu Usches Überraschung einen Geländewagen ans Tageslicht. Der Alte setzt sich ans Steuer und lässt knatternd den Motor an.
„Ich dachte, Sie hätten nichts außer Ihrem Namen?“ fragt Usche verärgert. Der Alte saß nun seit Tagen mitten in der Wüste, obwohl er einen Geländewagen besitzt? Das kommt Usche äußerst merkwürdig vor. „Dass Sie ein Fahrzeug besitzen, hätten Sie mir ruhig mitteilen können. Ich will nämlich schnell raus aus dieser Wüste“ ruft sie verärgert über den Motorlärm hinweg.
„Das Fahrzeug?“ fragt der Alte und blickt Usche erneut äußerst verwirrt an. „Ist nicht meins“ erklärt er schließlich, „gehört der Bärbel!“ Er holt eine Sonnenbrille aus dem Handschuhfach, setzt sie auf und winkt Usche auf den Beifahrersitz. Sofort steigt sie ein und der Alte gibt Gas.
Auf dem Rücksitz entdeckt sie einen Kühlbehälter, randvoll mit eisgekalten Getränken wie Bier, Limonade und Wasser. Daneben findet sie ein paar lecker aussehende Eisbecher und diverse exotische Früchte. „Bedienen Sie sich, junge Frau“ ruft der Alte heiser über den Fahrtlärm hinweg. Die langen grauen Haare und der Bart des Alten flattern im Wind. Usche greift in den Kühlbehälter und trinkt in einem Zug fast zwei Liter Wasser.
Nach etwa einer Stunde erreichen Sie eine kleine Stadt am Rande einer Oase. Mehrere Gebäude und ein Hubschrauberlandeplatz stehen dort um eine nach Südseeurlaub aussehende, von Palmen umringte Wasserfläche.
Vor einem kleinen Haus bringt der Alte den Wagen zum Stehen und humpelt so schnell er kann zur Tür des Hauses. „Bärbel, Bärbel!“ ruft er heiser, „Ich habe Besuch mitgebracht!“ Er lacht und klatscht fröhlich mit seinen dünnen Ärmchen in die faltigen Hände.
Schließlich öffnet sich die Tür und eine äußerst böse aussehende Frau mit einem Besen in der Hand stürmt heraus. „Raus aus meinem Auto!“ brüllt sie und stochert mit dem Besen im Gesicht der W.H.T.O. Agentin herum. Panisch springt Usche aus dem Sitz und bringt sich hinter einer Palme in Sicherheit.
Die Frau, die der Alte Bärbel nannte, rennt zurück und nimmt sich den Greis vor. „Wie oft habe ich dir schon gesagt, du sollst nicht immer tagelang mitten in der Wüste sitzen und irgendwelche wildfremden Weiber aufreißen?“ schreit sie und verpasst ihm ein paar kräftige Hiebe mit dem Besen. „Marsch zurück ins Haus!“ befiehlt sie ihm und die beiden verschwinden hinter der Tür.
Erleichtert kommt Usche hinter der Palme hervor. Bärbel ist wahrhaft eine schreckliche Frau. Einen Moment erwischt sie sich dabei, Mitleid für den armen Alten zu empfinden. Diese kurze Phase des Mitleids ist jedoch schnell überwunden. Usche macht sich auf den Weg zum Hubschrauberlandeplatz und schafft es, den Piloten zu überreden, sie zum nächsten größeren Flughafen zu bringen.
Der Flug ist anstrengend und äußerst unangenehm. Das hängt jedoch nicht mit dem Wetter oder mit mangelndem fliegerischem Talent des Piloten zusammen. Es ist nur so, dass dieser Mann in seinem Hubschrauber ein gewaltiges Radio hat aus dem schrecklich penetrante orientalische Musik herausblubbert, die der Mann mit seinem jammernden Singsang in ähnlich quälender Weise untermalt. Zwischendurch greift der er immer wieder unter den Sitz, wo sich eine halbvolle Flasche Wodka befindet.
Nachdem die Flasche leer getrunken ist, erreicht der Hubschrauber den Rand der Wüste und schließlich das Meer, an deren Küste sich der größte Flughafen im Umkreis von fast 1000 Kilometern befindet. Der Pilot plappert irgendetwas und zeigt auf den Boden, doch Usche versteht kein Wort, da sie sich aufgrund des schrecklichen Gesangs des Wodkapiloten Knoten in die Ohren gemacht hat.
Mit zusammengebissenen Zähnen löst Usche die Knoten in ihren Ohren und versucht zu verstehen, was der Pilot ihr gerade zulallt. „Müssen fliegen Wal bis Hawaii“ schreit er immer wieder, doch Usche ist sich ziemlich sicher, dass der Mann wirres Zeug redet. Kein Wunder bei der Menge an Wodka, die er während des Fluges vernichtet hat. Sie ist sich ziemlich sicher, dass sein Atem brennbar ist.
Nach der Landung befreit Usche sich aus dem Wrack des Helikopters und lässt den schlafenden Wodkapiloten zurück. Etwa eine viertel Stunde später hat sie das Flughafengebäude erreicht, doch nicht ein einziges Flugzeug befindet sich auf dem Gelände.
Stattdessen schweben riesige Blauwale über dem Flughafen, die mit stabilen Stahlseilen angebunden sind. Usche betritt das Gebäude, um ein Flugticket zu kaufen und nachzufragen, wann das nächste Flugzeug mit Flugziel Hawaii eintrifft.
In der Eingangshalle spricht sie einen langbärtigen, etwa vierzigjährigen Araber an, der mit Turban und Kutte auf einem alten orientalischen Teppich sitzt und offenbar meditiert.
„Hallo, könnten Sie mir vielleicht helfen?“ fragt Usche freundlich. Der Mann antwortet nicht. Stattdessen schließt er die Augen, packt seine Flöte aus und beginnt darauf zu spielen. Etwa eine Minute lang passiert gar nichts, dann beginnt eine Schlange aus einem Korb in die Luft zu tanzen.
„Hallo!“ schreit Usche noch einmal. Der Mann öffnet die Augen und hört auf zu spielen. Die Schlange fällt zurück in den Korb. Gelassen schaut er Usche an und beginnt irgendetwas Arabisches zu plappern. Er redet sehr schnell und ohne Unterbrechungen. Usche vermutet, dass Araber nicht atmen müssen, während sie sprechen. Das würde zumindest erklären, wie diese Leute an einem Stück plappern können, ohne wirklich einen verständlichen Laut von sich zu geben.
Usche greift nach dem Schwanz der Schlange im Korb, zieht das Tier raus und haut dem Mann damit wütend eine runter. „Ich hör immer nur Kamel!“ schreit sie den Mann wütend an während sie sich von ihm entfernt, nicht ohne ein paar kräftige Knoten in seiner Schlange hinterlassen zu haben. Die Leute sind wirklich überaus unfreundlich, findet Usche.
Vorbei an zahnreichen weiteren orientalischen Teppichpropheten kämpft Usche sich den Weg zum Informations- und Flugticketverkaufsschalter vor. Überrascht stellt sie fest, dass auch hier ein Säugling die Verantwortung hat. Nun, vielleicht ist dieser hier freundlicher, überlegt Usche und tritt an das Baby heran.
„Was willste, du Schlampe?“ fragt der Knirps. Dann reißt er erschrocken die Augen auf und starrt Usche an. Sie ist sich absolut sicher: Dies ist das selbe Baby, das sie bereits in ihrer Heimatstadt beleidigt hat. Laut beginnt der Bengel zu weinen und krabbelt auf allen Vieren davon, als er Usche schließlich ebenfalls erkannt hat.
Genervt sucht die W.H.T.O. Agentin den Weg nach draußen, wo ein weiterer Turbanträger auf einem Teppich sitzt. „Wollen kaufen Flugticket für Wal nach Hawaii?“ fragt er. Usche nickt und rennt zu dem Mann herüber. Sie hält ihn zwar für äußerst verrückt, aber immerhin spricht er ihre Sprache.
„Ich fliege mit dem Ding?“ fragt Usche und zeigt nach oben, wo einer der gigantischen Blauwale schwebt, unter dessen Bauch eine Passagierkabine gebunden wurde. Der Mann nickt und lächelt.
„Wale können nicht fliegen.“ behauptet Usche schließlich. Wieder nickt der Mann: „Das wissen Sie und das weiß ich. Aber der Wal, der weiß es nicht.“
Sie hasst es, wenn die Leute in Reimen sprechen. „Was wollen Sie für so ein Flugticket haben?“ fragt sie.
„10 Kamele, alternativ 12 Dromedare“ antwortet der Turbanträger. Usche seufzt. Warum können die Wüstenmenschen nicht wie alle anderen Leute auch mit Geld oder Drogen handeln?
Entschlossen macht Usche sich auf den Weg zum Flughafenparkplatz. Erfreut stellt sie fest, dass dort mindestens 50 Kamele angebunden zwischen Autos, Bussen und Katzen stehen. Diese seltsamen Menschen, denkt Usche. Nicht einmal Gleitwagen und Fettstraßen kennen sie hier. Sowas von rückständig, fast wie im 20. Jahrhundert.
Mit prüfendem Blick untersucht Usche mehrere Kamele und nimmt schließlich die mit, die keine Diebstahlsicherung haben. Sie tauscht die Tiere ein und befindet sich endlich in der Passagierkabine unter dem Blauwal, der mit den Flossen schlagend schnell an Höhe gewinnt und in Richtung Hawaii schwebt.
„Was passiert, wenn der Wal erfährt, dass er nicht fliegen kann?“ fragt Usche den Piloten irgendwann.
„Pssst! Wale sind schlaue Tiere. Wenn er es erfährt, gibt es eine Katastrophe.“ antwortet der Mann, der die Flossen bedient und so die Flugrichtung kontrolliert. Usche schweigt und setzt sich wieder auf ihren Platz. Sie ist nun wieder auf dem Weg nach Hawaii, das ist im Moment das Einzige, das zählt.



Kapitel III – Das Finale

Keifende alte Frauen kriechen mit dem Gebiss klappernd auf dem Boden, während Usche die Passagierkabine verlässt. „Ksch, ksch!“ sagt sie immer wieder und schließlich kümmert sich das Sicherheitspersonal des hawaiianischen Flughafens um die alten Frauen.
„Widerlich!“ kommentiert ein feiner Herr in Anzug und Krawatte die Ereignisse, während er mit seinem sauberen Schuh die runzelige Hand einer weiteren alten Frau von seinem Bein streift.
Wo nun endlich Ruhe herrscht, bemerkt Usche die Schönheit der Umgebung. Palmen umgeben den von strahlendem Sonnenschein gefluteten Flughafen. Exotische Vögel krächzen vom Himmel herab und in der Ferne ist das kristallklare Meer zu sehen.
Schade, dass ich nicht zum Vergnügen hier bin, überlegt Usche. Wieder krächzt ein Vogel, doch diesmal nicht vom Himmel herab, sondern von Usches Schulter aus. Erst jetzt, wo er sich zu Wort meldet, bemerkt Usche den bunten Papagei.
„Wer bist du?“ fragt Usche überrascht. „Ich bin Polly“ krächzt der Vogel. „Ich kenne den Grund für dein Kommen, Usche“ Der Vogel versucht Usche mit dem Schnabel ins Ohr zu kneifen, was ihm jedoch nicht gelingt, da Usche ihn mit ihrer Hand von der Schulter jagt.
Er dreht ein paar Runden über ihrem Kopf und setzt sich schließlich auf die andere Schulter. „Ich muss dich bitten, mit mir zu kommen, Usche. Es bleibt nicht viel Zeit bis zur Erweckung.“
„Welche Erweckung?“ fragt Usche neugierig. Zur Antwort krächzt der Vogel und zeigt mit einem seiner bunten Flügel auf einen Vulkan in der Mitte der Insel. „Die Erweckung des Speckdrachen!“ erklärt der Polly kurz und dramatisch. „Komm bitte mit. Deine Kollegen Agent Slorptorg und Major Espicle warten in unserem Lager im Wald bereits auf dich.“
Da Usche keine Wahl bleibt, folgt sie dem Papageien in den dichten Palmenwald. Unterwegs erklärt der Vogel ihr die Situation: „Die Waschkerzenfrau hat die Heavyweightbabys zum Krater des Vulkanes geschafft, um diese in einem großen Kessel über dem mit glühender Lava gefüllten Krater einzuschmelzen. Aus dieser geschmolzenen Masse will sie einen gigantischen Speckdrachen formen.“
„Wozu braucht Sie einen gigantischen Speckdrachen?“ fragt Usche durch das Gebüsch kriechend. Polly zuckt mit den Flügeln. „Wir wissen es nicht“ krächzt er.
„Wir gehen davon aus, dass sie die Menschheit vernichten will oder so etwas in der Art.“ Usche nickt. Mit so etwas hat sie gerechnet. Nicht sehr einfallsreich, aber doch sehr effektiv. „Welche Rolle spielst du dabei?“ fragt sie den Papageien.
„Ich?“ krächzt er. „Ich arbeite für eine Gruppe von Söldnern, die sich zum Ziel gemacht hat, die Waschkerzenfrau aufzuhalten. Die Polizei auf Hawaii ist grundsätzlich bekifft, betrunken oder liegt schwarzgebrannt am Strand. Die machen gar nichts. Wir müssen also mit etwa zwanzig Männern auf den Krater, wenn die Einschmelzung stattfindet und den Kessel in den Vulkan werfen. Danach werfen wie die Waschkerzenfrau hinterher und es wird keinen Speckdrachen geben.“
Das klingt fast schon zu einfach, überlegt Usche. Doch so einfach, wie sie es gern hätte, scheint es dann doch nicht zu werden.
Als Usche und Polly das geheime Lager mitten im Jungle erreichen, ist es bereits verlassen. Auf die geheimen Klopfzeichen des Papageien an der Tür der kleinen Bambushütte reagiert niemand. Schließlich flattert der Papagei durch das Fenster hinein.
Wenige Minuten später kommt er mit einem Zettel im Schnabel wieder heraus. „Lies es bitte vor, Usche“ sagt der Vogel.
„Kannst du selbst nicht lesen, Polly?“ fragt Usche. Der Vogel schaut sie nur wütend an und antwortet: „Schon mal nen Vogel gesehen, der lesen kann?“ Usche schüttelt den Kopf. „Na also.“
Usche überfliegt kurz den Zettel und berichtet dem Vogel: „Die Erweckung findet schon heute Abend statt. Hilmar, Espicle und die Söldner sind bereits hinauf zum Krater geklettert. Wir müssen ihnen folgen, Polly. Wir müssen ihnen helfen!“ beschließt Usche. Polly nickt und setzt sich wieder die Schulter der W.H.T.O. Agentin. Gemeinsam machen sie sich auf den Weg hinauf zum Vulkan.

Es ist bereits spät am Abend, als sie den Rand des Kraters erreichen. An einem riesigen Krangestell, das neben dem Krater aufgebaut ist, hängt der große schwarze Kessel, in dem die dreiäugigen Heavyweightbabys toben, dass man meinen könnte, der ganze Kran würde bald in den Krater stürzen.
Usche und Polly kriechen leise aus dem Wald heraus, darauf achtend, stets im Schatten zu bleiben. Da der gesamte Kraterrand und die Plattform, auf der der Kran steht, hell beleuchtet ist, dürfte es der Waschkerzenfrau und ihren orange gekleideten Einschmelztechnikern schwer fallen, im Schatten des Waldes irgendetwas zu erkennen.
„Hey!“ flüstert plötzlich eine Stimme direkt neben Usche. Sofort huscht Polly herüber und beginnt mit dem Schnabel auf die flüsternde Stimme einzuhacken. Leise Schmerzenslaute erklingen aus dem Unterholz und schließlich erscheint das Gesicht von Angelika Mörkel, Usches Tierhändlerin und beste Freundin zwischen den Blättern.
„Hör auf, Polly!“ befielt Usche dem Papageien leise. Sofort sitzt der Vogel wieder auf ihrer Schulter und gibt einen entschuldigenden Laut von sich. „Was machst du denn hier, Angelika?“ fragt die W.H.T.O. Agentin ihre Freundin.
Diese stottert kurz, dann jedoch bricht sie mit der Wahrheit heraus: „Weißt du, Usche. Du erinnerst dich sicher noch, wie du vor ein paar Tagen, als mein Laden verwüstet wurde, mit deinem Kollegen Hilmar bei mir in der Tierhandlung warst.“ Usche nickt. Ein schrecklicher Anblick ist es gewesen, wie er sich auf die Tierhändlerin gestürzt hatte.
„Nun“ fährt die Angela Merkel Doppelgängerin fort: „ich glaube, seine Zuneigung mir gegenüber beruht auf Gegenseitigkeit… ich liebe ihn, Usche!“ Die W.H.T.O. Agentin schüttelt kräftig ihren wuscheligen Kopf. Damit hatte sie nun wirklich nicht gerechnet.
„Du bist also nur nach Hawaii geflogen, um Hilmar zu finden?“ fragt Usche. „Nein“ antwortet Angelika Mörkel. „Ich bin nach Hawaii geflogen, um Hilmar zu finden und zu retten. Durch Zufall habe ich erfahren, dass er hier auf dem Vulkan ist. Ich habe die Hütte gefunden.“
Usche wachsen spontan ein paar Fragezeichen aus dem Kopf. Das wird langsam wirklich kompliziert. Woher weiß Angelika überhaupt, dass Hilmar auf Hawaii ist?
Nach einigen Minuten klären Polly und Angelika die Angelegenheit auf. Polly ist der Bruder von Krah, dem Übersetzer der Vögelfrau. Und da Angelika die Vögelfrau und Krah recht gut kennt, wusste sie schon vor Hilmar, Espicle und Usche, was auf Hawaii geschehen würde.
„Wir haben keine Zeit mehr zu diskutieren!“ krächzt Polly und zeigt mit der Flügelspitze auf den Krater. Der Kran hebt den schweren Kessel direkt über die Krateröffnung und die Heavyweightbabys beginnen unter ein Fluss der Hitze langsam zu zerfließen.
Plötzlich stürmt eine Gruppe von Männern, unter ihnen auch Hilmar Slorptorg und Major Espicle, auf der gegenüberliegenden Seite des Katers aus dem Gebüsch und beginnt mit Gewehren auf die orange gekleideten Assistenten der Waschkerzenfrau zu feuern.
Schließlich gibt Polly Angelika und Usche ebenfalls das Zeichen, loszustürmen. Polly hängt sich sofort an eines der schweren Seile, an denen der Kessel hängt und hackt mit kräftigen Schnabelhieben darauf ein.
Auch Usche und Angelika verlassen die Deckung des Waldes und geraten sofort ins Kreuzfeuer zwischen den Einschmelztechnikern der Waschkerzenfrau und den Söldnern, denen sich Hilmar und Major Espicle angeschlossen haben. Als jedoch das Feuer auch auf Espicle eröffnet wird, rennt dieser panisch schreiend zurück in den Wald.
Usche stürzt sich sofort auf den Kranführer und wirft ihn mit Schwung in die glühende Lava. Sie will den Kessel vom Kran lösen, stellt jedoch fest, dass die Kontrollen des Krans vorher von dem Kranführer zerstört worden sind.
Von oben kommt Polly herangeflattert, dessen Krächzen durch den Lärm der Maschinengewehre und das hasserfüllte Brüllen der Waschkerzenfrau kaum zu hören ist. „Zerstöre den Kran, Usche! Ich kann die Seile nicht durchpicken, mein Schnabel ist schon ganz wund!“
Auch wenn die W.H.T.O. Agentin nicht jedes Wort verstanden hat, weiß sie doch, was sie zutun hat. Auf dem Weg zum Krater hat sie mehrere explosive Schafe auf einer Weide gesehen. Diese müssen unbedingt hergeschafft werden.
Sofort greift Usche Hilmar und Angelika an der Hand und zerrt sie in den Wald zurück, hinter dem sie die Schafe gesehen hat.
„Usche?“ fragt Hilmar überrascht. „Wieso kommst du so spät?“ Doch bevor sie antworten kann, bemerkt Hilmar die Frau an Usches anderer Hand, Angelika Mörkel. Sofort beginnt er wieder hemmungslos zu sabbern und saugt sich mit seinen Lippen an ihrem Gesicht fest.
„Dafür haben wir jetzt keine Zeit!“ brüllt Usche wütend und zieht die beiden auseinander. Mit einem schmatzenden Geräusch, das vermutlich bis hinunter ins Tal zu hören ist, trennen sich Hilmars Lippen von Angelikas Gesicht und die drei rennen weiter.
Schließlich finden sie die explosiven, äußerst mürrisch dreinschauenden, Gras kauenden Schafe. Mit ihrer gesamten Körperkraft zerren die drei eines der Tiere wieder hoch durch den Wald bis an den Kraterrand.
Usche nimmt einige Bündel Gras, formt daraus einen dicken Ball und wirft ihn auf den Kran. Sofort wird das Schaf aufmerksam und rennt dem Grasball hinterher. Mit einer donnernden Explosion stürmt das Tier in den Kran, der sich daraufhin langsam in Richtung Krater neigt.
Quengelnd und weinend stampfen die inzwischen halb geschmolzenen Heavyweightbabys im Kessel herum um schließlich mit einem lauten Zischen in der glühenden Lava qualvoll zu verenden.
„Wir haben es geschafft!“ ruft Usche euphorisch. Doch Hilmar und Angelika hören ihr gar nicht zu. Erneut hat sich ihr Kollege auf Angelika Mörkel gestürzt und die beiden rollen zu einer einzigen Masse zusammengedrückt auf dem Boden am Rand des Kraters herum.
Doch sie rollen ein paar Meter zu weit und stürzen schließlich zu einem Stück Menschenfleisch zusammengequetscht in die Tiefe des Kraters.
Usche schüttelt betrübt den Kopf. Das hier ist alles andere als ein schönes Ende für ihren langjährigen Freund und Arbeitskollegen und ihre gute Freundin und Tierhändlerin. Schade, überlegt sie, ich hätte Hilmar wirklich gerne noch mitgeteilt, was ich Interessantes in der W.H.T.O. Zentrale gefunden habe.
Wütend über diesen Verlust macht Usche sich auf den Weg in die kleine Baracke, aus der noch immer das Wutgebrüll der Waschkerzenfrau zu hören ist. Die W.H.T.O. Agentin packt die Frau wortlos am Kragen und trägt sie ebenfalls zum Krater herüber.
„Nimm das, du Schnepfe!“ knurrt sie und wirft die Waschkerzenfrau ebenfalls in die glühende Lava. Traurig schaut sie herunter und denkt wieder an Hilmar und Angelika. Wenigstens sind sie glücklich gestorben.
Ebenfalls trauernd lässt sich nun Polly wieder auf Usches Schulter nieder und die beiden bleiben wortlos stehen, bis die Sonne endgültig untergegangen ist.
Dann machen sie sich wieder auf den Weg vom Vulkan herunter ins Tal. Weder einer der Einschmelztechniker, noch einer der Söldner, hat überlebt. Auch Major Espicle ist nach seiner Flucht in den Wald nicht wieder aufgetaucht.

„Öffne deine Augen“ befiehlt eine beruhigende Stimme aus der Dunkelheit. Der Mann gehorcht, indem er seinen Kopf aufhebt und mit den Fingern die Augenlider hochschiebt.

by Neawoulf

 

Anmerkung zur Geschichte:

Dies ist der zweite Teil der Heavyweight Reihe. Die Grundidee ist von 1998 oder 1999. Jedoch ging mir das Original schon vor einigen Jahren verloren. Daher habe ich vor etwa einer Woche angefangen die Geschichte komplett neu zu schreiben. Ich glaube, es ist nichts so geblieben, wie es einmal war, von einigen Eckpunkten der Story einmal abgesehen.

Die Ursprüngliche Fassung war definitiv nicht jugendfrei. Ich hoffe, es ist mir mit dieser Version gelungen, das Niveau ein wenig höher anzusetzen als beim ersten Teil, den ich ja ebenfalls hier veröffnetlich habe.

Ich wünsche viel Spaß beim Lesen.

 

Doch Sie war stolz darauf
sie klein
von ihnen entwickelten Kräfte, die ihnen ermöglichten
die es ihnen
Von daher kehrten dieser Erinnerungen in Form
diese
"Usche?" spricht
"Usche?", spricht
Tut mir leid
Leid groß
Tut mir leid, mir war nicht bewusst, dass du so tief in der Nacht noch schläfst
*g*
"Hör zu, Usche!" beginnt er "wir
"Hör zu, Usche!", beginnt er. "Wir
weswegen sie ihn niemals verraten hatte
ihm
meint Usche und wischt sich eine Träume aus dem
Träne
als wären die Menschen
seien
offenbar Fall mehrere Kilometer weit entfernt
Fall weg
"Dort!" quietscht dir arme Angelika Mörkel.
"Dort!", quietscht die arme Angelika Mörkel.
Desweiteren
Des Weiteren
"Mein Stock?"
Meinen Stock
"Was passiert, wenn der Wal erfährt, dass er nicht fliegen kann?" fragt Usche den Piloten irgendwann.

"Pssst! Wale sind schlaue Tiere. Wenn er es erfährt, gibt es eine Katastrophe."

Scheibenwelt :rolleyes:
oder so etwas in er Art."
der
"Öffne deine Augen" befiehlt eine beruhigende Stimme aus der Dunkelheit. Der Mann gehorcht, indem er seinen Kopf aufhebt und mit den Fingern die Augenlider hochschiebt.
was?
Hi Neawoulf,
den zweiten Teil finde ich schlechter, als den ersten. Die Idee mit den babys auf dem Baum ist zwar ziemlich cool, aber deine Umsetzung ist nicht so der Hammer, sorry.
Was du mit den eine Milliarden Absätzen beabsichtigst, ist mir nicht klar. Du musst deine Geschichte nicht künstlich strecken.
Das Ende verstehe ich nicht, du brichst einfach so ab, al ob du keinen Bock mehr gehabt hättest, weiterzuschreiben.
:heilig:

 

Sorry, ich war verdammt lange nicht hier. Hier gibt es noch unerledigte Arbeit für mich ... gab es. Hab hoffentlich alle Fehler erwischt. Auch die vermurkste Formatierung mit den vielen Abzeichen ist korrigiert. Ist mir irgendwie bei der Übertragung aus Word hier auf die Website passiert, jetzt sollte es etwas lesbarer sein.

Wegen der Scheibenwelt-Sache ... ich habe nie eines der Bücher gelesen, wenn so eine Situation mit dem Wal, der nicht wissen darf, dass er nicht fliegen kann, dort einmal vorgekommen ist ... das ist Zufall. Ich klaue nicht gern schräge Ideen, ich habe selbst genug davon :D

Das Ende, das mit "Öffne deine Augen" beginnt, soll lediglich die Option für einen Nachfolger offen halten. Ich denke immer noch darüber nach, ob ich einen dritten Heavyweight-Teil schreiben soll, aber bis jetzt hatte ich noch nicht die zündende Grundidee.

Grüße
Neawoulf

 

Hab hoffentlich alle Fehler erwischt.
einen darfst du gleich wieder zurückverbessern, "leid" schreibt man nach der neuen RS wieder klein ;)
wenn so eine Situation mit dem Wal, der nicht wissen darf, dass er nicht fliegen kann, dort einmal vorgekommen ist
in der Scheibenwelt ist es ein Berg ;)

Hallo Neawoulf,

schön, dass du zurückgekehrt bist. Den dritten Teil werde ich auch lesen, falls er rauskommt.

Bruder Tserk

 

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