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hasso-germania

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21.03.2005
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hasso-germania

Hasso

Die erste Wohnung, die ich mir heute ansehen will, liegt auf dem Berg.
25m², Küche, Bad, Flat rate, 105 € warm.
Klingt verdammt gut, dachte ich mir. Die Wegbeschreibungen der Leute sind allesamt nicht ganz überzeugend. Die Studenten geben nach ein paar Kneipen, die sie mir als Orientierungspunkte nennen, zu, daß sie es eigentlich auch nicht genau wissen. Die alten Damen sind sehr hilfsbereit, wissen aber meist noch weniger als die Studenten, geben es aber nicht zu, sondern machen genaue Angaben, die sich jedoch meist nach ein paar Strassenecken verlaufen. Ein betrunkener Bauarbeiter weiß schliesslich bescheid. Er spricht zwar sehr undeutlich, doch er ist sich seiner Sache sicher. Ein Junge in Bermudashorts und T-shirt wartet an der Tür. Das Haus ist eher altmodisch eingerichtet, an der Wand hängen Fotos von älteren Herren, die stolz mit Hund vor einem Bergmassiv stehen oder erhobenen Hauptes nebeneinander posieren. Scheint eine traditionsbewußte Familie zu sein. Das Zimmer hat hohe Wände, scheisse, es ist so billig, ich nehme es. Begeistert bereite ich in Gedanken meine Einwilligungsrede vor, die das Lob für den billigen Preis und den tollen Raum sowie eine Entschuldigung für meine Verspätung enthalten soll. Meine Zunge lockert sich.
Das Einzige ist halt, das das hier ein Verbindungshaus ist.
Ah, Verbindung, schon mal gehört, klingt irgendwie blöd, hab ich bestimmt keinen Bock drauf. Ich schalte um auf die Verzichtrede, habe jedoch noch keinen Inhalt dafür, weil ich über Verbindungen nichts weiß. Ich will nicht einfach gehen und sagen, daß ich das Zimmer nicht nehme. Ich muß einen Grund haben. Also frage ich ihn ein bischen aus über seine Verbindung.
Frauen mitbringen wird nicht so gern gesehen. Monatliche Treffen sind Pflicht. Dort wird getrunken und einer hält eine Rede über irgendein Thema.
Klingt, lass mich überlegen, klingt scheisse. Klingt nach Pflichtsaufen, nach Bund, klingt nach Knast. Schade eigentlich, war doch so billig. Rufe zurück, sage ich, ruf nicht zurück und finde am Abend was anderes, ganz unverbindlich für 250€ in der Innenstadt. Kein Flat rate-anschluß, doch ich kann jeden mit heim nehmen und saufen wann ich Bock hab.
Das kannst du bei uns auch, so ist das nicht. Es geht nur darum, das wir regelmäßige Treffen abhalten, um gewisse Dinge zu besprechen. Das da dann auch das ein oder andere Bier getrunken wird ist, denke ich, ganz normal. Wir unterstützen dich auch, wenn du Schwierigkeiten im Studium hast und wenn es dir nicht gut geht, auch privat, kannst du bei Hasso-Normania mit jedem reden. Die andere Sache ist das mit den Frauen. Wir wollen da einfach eine gewisse Disziplin in die einzelnen Häuser bringen und es ist eben gerade in den Anfängen immer wieder zu Ausseinandersetzungen gekommen wegen, naja, der Frauen. Also, ich plädiere da immer ganz gern für das sogenannte Auswärtsspiel, damit sind wir bisher bei Hasso-Normania immer am besten gefahren, auch der Hygiene in den Häusern wegen. Und wenn du mal in eine fremde Stadt fährst, findest du dort immer leicht Anschluß. Wir sind fast überall vertreten. Stuttgart, Hamburg, Berlin, München, die Liste ist lang. Viele Jungs in deinem Alter haben einfach Schwierigkeiten, wenn sie die Familie verlassen und von zu hause wegziehen. Hasso-Normania ist das neue zuhause, die neue Familie. Und wenn du hier mal aus Versehen die Bude vollkotzt, steht nicht gleich Mutti mit dem Nudelholz da.
Einen Monat später lande ich dann doch irgendwie auf einer Verbindungsparty in der neuen Stadt. Irgendein Hasso macht die Tür auf, als wir besoffen anklopfen. Bei Hasso kaufe ich Marken, die ich zu Hasso an die Theke trage, um dann neben den Hassos dieser Welt zu trinken und zu tanzen. Hasso mag Frauen, Hasso trägt ein Halsband, Hasso ist adrett gekleidet. Ich falle mit einem grauen KapuzenPulli und Jeans völlig aus der Reihe. Hasso hat das gebügelte Polohemd in der Faltenhose stecken und lästert wie ein Weib über mich. Es gibt Hassos mit ganz vielen bunten Halsbändern. Sie reden nur mit wenigen anderen Hassos, werden aber von den meisten anderen Hassos beobachtet, wenn sie mit ihrem Bier herumstehen und sich kaum unterhalten. Sie sind in diesen Momenten besonders stolz auf ihr Halsbandarsenal, haben vergessen wo sie herkommen und grinsen grau. Auf dem Klo verteilt Hasso Aufkleber, um Werbung für seine Halsbänder zu machen. Ich gehe bald. Auf der Strasse vor dem Haus liegt Hasso vollgekotzt und schläft. Ein Hund kommt vorbei und pinkelt ihn an. Der Hund trägt kein Halsband.

 

wahrscheinlich steh ich völlig daneben

hallo blankovicz,

also ich blick wirklich nicht durch:

- der titel erweckt bei mir die erwartung auf eine hundegeschichte. (ich weiss nicht warum, aber hasso ist bei mir immer = deutscher schäferhund)

- die "halsbänder" weisen dann auch in diese richtung.....nur, dass sie studenten tragen?

- worauf zielt deine "satire"? auf das wohnungsangebot im paket mit der mitgliedschaft in einer obskuren studentenverbindung? auf die studentenverbindungen im allgemeinen? auf hunde?

- ist es überhaupt eine satire? ich fand wenig "bissiges" drin (nicht mal die hunde sind es - die pinkeln einen nur an...)

- "Das Zimmer hat hohe Wände, scheisse, es ist so billig, ich nehme es." - warum sind hohe wände "scheisse"? es wurde ja eine "flatrate" angeboten, also können die hohen heizkosten eigentlich egal sein....


kannst du mir weiterhelfen, klarheit verschaffen?

vielen dank und schöne grüße - ebenfalls aus münchen
ernst

 

hasso

hassos sind die verbindungsmenschen, sind wie laut bellende strassenköter mit ihren halsbändern/scherpen. mich hat interessiert, woher sie ihr selbstbewußtes auftreten herhaben. ich habe eine wg besichtigt, eine verbindungswg, da helfen auch noch so hohe wände nichts. dann ging ich auf eine ihrer feste und spürte hochmut, arroganz und gruppenzwang. that's it.
ciao, Sebastian.

 

Hallo blankovicz

Hatte die Story schon gestern abend gelesen, nur keine Zeit weiter gehabt, sie zu kommentieren.
Was schade ist, denn eigentlich wollte ich dich mit einem großen Lob hier in Satire empfangen. Weiß der Teufel, warum Ernst das nicht gefallen hat ;) ich jedenfalls war begeistert :D

Etwas ungewöhnlich lässt sich dein Stil schon an. Sehr umgangssprachlich. Mittendrin wechselt auch noch die Erzählerperspektive und der narrative Prot wird offensichtlich plötzlich direkt (von einem Vertreter dieser Buschenschaften) angequatscht. Las sich ungewöhnlich, aber gar nicht schlecht :thumbsup: Zu dem dann auch noch dieser beißende Pragmatismus/Realismus/Zynismus im Ton des Erzählers, der immer mehr zu nimmt und mit der Hunde-Szene seinen ultimativen Höhepunkt erreicht.

:lol: Wunderbar :thumbsup:

Mir hat's super gefallen, obwohl ich zwar Student bin aber keine näheren Erfahrungen mit konservativen Studentenverbindungen habe.


gruß
Hagen


PS: Da sind wohl noch ein paar Fehler drin, aber bei diesem Satz ist es am schlimmsten ;)

Das e(?)inzige ist halt, dass das hier ein Verbindungshaus ist.

 

der zweite erzähler war in kursiv geschrieben, also der, der sich und seine verbindung erklärt... ist hier irgendwie nicht angekommen, daher wohl die anfängliche verwirrung...sorry

 

Hallo blankovic,


mir geht es mit deiner Satire so wie Ernst Clemens. Seine Fragen hätten auch allesamt meine sein können. Dein Text liest sich zwar im ersten Teil recht gut und ich war gespannt, wies nun weitergeht, jedoch erschließt sich mir nur sehr schemenhaft der satirische Ansatz der Geschichte.

Es gerät meiner Meinung nach in der Darstellung etwas in die Schräglage. Wenn ich ein Thema, welches ich für kritikwürdig halte, in die Form einer Satire kleiden möchte, gibt es zwar mehrere Möglichkeiten, aber letzendlich nicht so viele, wie es vielleicht scheinen mag.
Eine Form (für mich immer noch die klassische) ist, sich des Stilmittels des Verzerrens und vor allen Dingen des Verfremdens zu bedienen, Paradebeispiel ist, genau das Gegenteil von dem zu berichten, was man meint. Oder man überzieht den Sachverhalt so weit, dass er sich von der Realität deutlich entfernt.
Dann gibt es noch die sog. Parodie, die die Realität fast spiegelgleich darstellt und durch dieses Vorhalten eines Spiegels Kritik übt.

In deiner Geschichte gerät es ein wenig durcheinander. Zunächst denkt man, du willst schlicht eine Art Parodie schreiben, dann aber kommentierst und wechselst hinüber in eine mehr erklärende, beschreibende Handlung. Dadurch verliert man als Leser den satirischen Faden. Jedenfalls ging es mir so und ganz offensichtlich auch ErnstClemens.

Das Thema selbst, also dein Plot, finde ich gut gewählt, aber du verschenkst gehörig viel Potential. Man hätte noch viel deutlicher auf die fragwürdige mentale Seite dieser Verbindungen satirisch eingehen können.

Übrigens hat mich deine Geschichte an meine Studienzeit erinnert, in der wir zu 300 Leuten im Hörsaal einem ansich begnadeten Strafrechtsprofessor zuhörten, der auch ab und zu mal Fragen ins Auditorium stellte. Ganz vorne saß ein Mitstudent, der so eine Art bunten Hosenbandorden trug, jeweils immer aufstand, wenn er antwortete, aber was allem noch die Krone aufsetzte, war, dass er der einzige war, den der Prof. namentlich kannte und auch so ansprach. :D

Lieben Gruß
lakita

 

@lakita

Ich bemühe nochmal kurz die Definition des Satire-Forums, um meine Meinung zu belegen:

Die Satire ist die literarische Form der Ironie bzw. des Sarkasmus'. Durch die Reduzierung auf den negativen Kern einer Sache und die Überspitzung bestimmter Charakteristiken einer Person oder Gesellschaftsschicht ist sie der Ausdruck einer geschichtlichen und/oder gesellschaftlichen Kritik. Die Überspitzung geht z.T. so weit, daß die beschriebenen Sachverhalte und Verhaltensweisen lächerlich und absurd werden. Ihr Ziel ist es, auf die vom Autor empfundenen Mißstände, deren Lächerlichkeit, Kritikwürdigkeit und sogar Gefährlichkeit aufmerksam zu machen.
Die dickmarkierten Stellen, konnte ich deutlich wiederfinden:
1) den Sarkasmus im Ton des Erzählers;
2) die Reduzierung und Überspitzung vor allen Dingen in der Gleichsetzung und Gleichtitulierung aller Verbindungsmitglieder während der Party;
3) worin dann auch die gesellschaftliche Kritik besteht, dass nämlich der Einzelne/das Individium innerhalb einer solchen Gruppe in den Hintergrund tritt und sich so eine Art ganzheitliches Mehrkörperwesen bildet, dass nur in der Gemeinschaft funktionieren und sich behaupten kann (dann aber richtig);
4) die Lächerlichkeit erhält ihren Höhepunkt in dem Moment, wo selbst ein Hund (der metaphorische Bezug zu den angeleinten "Hassos" drängt sich ja förmlich auf) dem Verbindungsmitglied ins Gesicht pissen kann, weil er frei und ungebunden ist.
5) Womit dann für mich jedenfalls alles klar war :D

Möglicherweise ließe sich das Thema von wesentlich erfahrenen Satirikern noch schärfer formulieren, aber ich für meinen Teil war schon sehr zufrieden damit.

Sei, doch froh dass es wenigstens ne Geschichte war :dozey:

Andersherum gefragt: In welcher Rubrik würden du oder Ernst den Text passender finden? :D


gruß
Hagen

 

Man/frau beachte bitte (oder auch nicht :D ) mein vorheriges Posting, da das irgendwie nicht richtig aktualisiert wurde in den Hauptthread

 

genau

so ist es. ich war vier Semester in Marburg in einer schlagenden Verbindung "aktiv". Was Du beschreibst ist genau so, wie es ist. Riten, Saufen, Kotzen. Viele Leute kommen über Wohnungsanzeigen zur Verbindung und wohnen dann erstmal auf dem Haus und werden so angekeilt...
Für die einen ein unglaublicher Spaß für die anderen eine unglaubliche Bürde. Vergleich zwischen Bändern und Hundehalsbändern habe ich auch nicht so gesehen und tatsächlich meine Verbindung fing auch mit Hasso an....

Hat mich gefreut, Deine Geschichte zu lesen und fand sie aus meinen Erfahrungen raus sau lustig, vielleicht musste ich zugegebener Maßen einfach über mich lachen!

grüße Ecki

 

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