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Hass

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03.11.2002
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Hass

Deine zornigen Hände schlugen wahllos. Sie hassten. Mein Flehen, ein sinnloser Aufschrei nach Einhalt. Wutentbrannt kanntest du kein Erbarmen. Die Striemen auf meiner Haut. Ihre unterschiedlichen Farbschattierungen waren mir geläufig.
Meine Tür verschlossen. Das Fester zu hoch. Und draußen die Sonne. Die Fensterscheibe drückte meine Nase platt. Sehnsuchtsvolle Blicke auf vorbeiziehende Wolken. In einsamen Stunden keimten Gedanken an Flucht. Abermals keine Chance auf Entrinnen. Brachten sie mich doch stets zu dir zurück.
Später ging ich dann zu ihnen. Es waren viele. Sie konnten meine Gier nach Liebe nicht stillen. Eine fortwährende, erfolglose Suche hatte begonnen.
Mein vergeblicher Versuch Erinnerungen zu finden. Hast du mich jemals in deine Arme genommen. Warmherzige Worte aus deinem Mund waren mir fremd. Dein Lachen hörte ich nur selten in Gegenwart anderer.
Jetzt stehe ich an deinem Grab. Tränen kann man nicht erzwingen. Der kleine Blumenstrauß. Ein Ausdruck von Mitleid für dein jämmerliches Dasein. Meine Frage bleibt unbeantwortet für alle Ewigkeit. Woher dieser Hass, Mutter?

 

Servus CleeMarker!

Da sitze ich nun mit einer Gänsehaut. Selten habe ich das ganze Elend einer Kindheit in so geraffter, präziser Form vorgefunden wie in dieser Geschichte.
Die Hilflosigkeit der Mutter, das Ausgeliefertsein des Kindes, die Sehnsucht nach einer nie mehr aufholbaren Liebe, das Nichttrauernkönnen und die Leere die aufgefüllt ist mit Hass. Einzig die Erkenntnis des Loslassenkönnens und die daraus resultierende Freiheit ist noch nicht spürbar. Ein absolut starker und gelungener Text, hat mich sehr beeindruckt.

Lieben Gruß an dich schnee.eule

 

Hallo CleeMarker!

Tränen kann man nicht erzwingen

Meines Erachtens nach der treffensde, härteste Satz in dem Text. Die schnee.eule war schneller als ich, und sie hat recht: kurz und explizit, ein komplettes Gefühlsleben in wenigen Sätzen... Toll geschrieben,

Grüße, Anne

 

danke für eure einträge. stimmt, wie schnell man doch ein leben in ein paar sätze packen kann... schnee.eule mit dem loslassen, der daraus entstandenen freiheit, dem jetzt-haben-wir-wohl-beide-unseren-frieden... sollte ich mich noch mal beschäftigen. ein einfaches umdrehen und gehen genügt da nicht...

gruß von clee

 

Hallo CleeMarker!

Ich kann mich meinen Vorrednerinnen nur anschließen, ein sehr beeindruckender Text. Wenige Worte schildern eine unglückliche Mutter-Kind-Beziehung. Der Liebesentzug ist wohl das Schlimmste. Die Narben der Haut verheilen, die der Seele nur sehr schwer. Ob die Blumen wirklich nur Ausdruck von Mitleid sind oder nicht noch ein, wenn auch irrealer, Versuch, sich diese Liebe zu holen? Ein Leben "danach" erfordert unglaubliche Stärke, die ein Betroffener oftmals alleine sicher nicht aufbringen kann. Man kann ihm nur wünschen, sich irgendwann von dieser Kindheit/Vergangenheit, lösen zu können.

Gruß ... Déjà-vu

 

hi Déjà-vu,
ja, so ähnlich meinte ich es mit dem kleinen blumenstrauß. ich habe ihn als symbol gesetzt, für den winzigen funken hoffnung, den sie bis zuletzt hatte, noch ein wenig von dieser liebe von ihrer mutter zu bekommen. diesen funken (blumenstrauß) wird sie ja dann am ende zu ihr hinunter werfen. er ist für immer erloschen...

gruß von Clee

 

Hallo Cleemarker,

es war wohl dringend nötig, dass der Darsteller diese Worte sagt, schon um sich selber zu befreien. Wenn das Gefühl des Hasses existiert, dann ist das eben so. Gibt keine verbotenen Gefühle. Gut das er nicht handelte, oder empfand nach dem Motto: Es kann nicht sein, was nicht sein darf"

liebe grüsse arche

 

hi arche,
welche worte meinst du? die in meinem letzten eintrag?
mitleid ist ebenfalls ein gefühl, das nicht verboten ist. und der unterschied zwischen dem hauptdarsteller und seiner mutter besteht darin, dass er nicht handelte. im gegensatz zu ihr, die ihren hass am kind auslebte.

lg von Clee

 

Servus CleeMarker!

Ihren Hass am Kind auszulassen zeugt nur davon, dass sie selbst keineswegs handlungsfähig war, sie hätte in ihrem Leben Schritte setzen müssen, etwas gegen ihre eigene Wut und ihren Hass unternehmen müssen. Stattdessen reagierte sie sich billig ab - das ist nicht mit Handeln gleichzusetzen.

Wenngleich das Kind das Schlagen als Handlung erlebte und seinerseits die Gefühle in Sehnsüchte abfließen ließ und im steten Suchen nach Liebe. Nein, einfach umdrehen genügt da nicht, wie du selbst sagst. Aber dein P. könnte, würde die Geschichte weitergehen, seinerseits zum Handelnden werden, einen Weg heraus suchen aus dem eigenen Reagieren ...

Einen schönen Tag für dich - schnee.eule

 

hi schnee.eule,
es gibt menschen, die nicht im stande dazu sind, selbst etwas gegen ihren unmut, der sich in hass äußert, zu tun. die nicht von sich aus handlungsfähig sind, die nicht selbst diese schritte setzten können. nein, meist bemerken sie ihre unfähigkeit noch nicht einmal. sie rechtfertigen es damit (auch vor sich selbst), dass das kind böse ist, es sich dies verdient hat.
das kind, dann erwachsen, wird entweder selbst zu hassen beginnen oder wie bei der protagonistin mitleid empfinden. das versagen der mutter erkennen. und sich fragen, warum es so war und nach den ursachen forschen.
gezeichnet durch die erlebnisse bleibt sie jedoch ein leben lang. denn diese liebe ist, wie du am anfang schon geschrieben hast, nicht mehr aufholbar...

liebe nachtgrüße von clee

 

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