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Happy Hour

Seniors
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11.07.2008
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Happy Hour

Ich hustete, während ich eine Dose Bier aufriss. Das Bier war lauwarm. Mitte Juli bei 28 Grad ohne Strom kein Wunder.
Die Reste der dicken Plastikplane, die an den Fensterrahmen getackert worden war, flatterten träge im Wind. Ich weiß nicht, was sich die Leute von Folien an den Fenstern versprochen hatten. Genützt hatte es meines Wissens nach niemandem.
Jens lümmelte auf der Couch und blätterte lustlos in einem Magazin mit dem klangvollen Titel „Tabulose Teenys“. Nach meinem dritten Schluck war er der immer gleichen Bilder und Verrenkungen offenbar überdrüssig, denn er feuerte die Teenys knapp an meinem Kopf vorbei aus dem Fenster.
„Ich würd’ gern mal wieder unter Leute“, verkündete er und hustete.
Ich trank weiter mein warmes Bier.
Jens starrte gedankenverloren auf die Wand, die mit nackten Frauen und attraktiven „Monaten“ vollgeklebt war.
Ich hatte aus einer morbiden Laune heraus Zeitungsartikel an die Wände meines Zimmers gehängt und so oft betrachtet, dass ich sie auswendig kannte. Am besten gefielen mir „Kaukasische Grippe breitet sich weiter aus - WHO ratlos“, „Gesundheitssystem komplett zusammengebrochen“ und „Jeder Impfstoff wirkungslos - Gott steh uns bei!“. Diese Headlines stellten den Nachruf der Menschheit dar. Das Ende unserer Zivilisation in drei Sätzen.
„China und Australien schließen Grenzen“ und „Bundesregierung verschärft erneut Infektionsschutzgesetz (IfSG)“ waren die sinnlose Plastikplane vor dem Fenster in globalem Maßstab gewesen. Man konnte bis zum Schluss weder die Ursache für den Ausbruch finden, noch den genauen Erreger isolieren, geschweige denn ein Heilmittel entwickeln. Abgesehen davon, dass man die Krankheit für eine Form der Vogelgrippe hielt, sie extrem ansteckend und tödlich war, hatten die Wissenschaftler im Prinzip nichts herausbekommen. Die USA vermuteten einen Terroranschlag, das Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie ging von einer natürlichen Pandemie aus und die Kirchen tippten, was auch sonst, auf den Zorn Gottes.

„Ich wette, wir finden ein paar Mädels bei der Uni-Klinik.“ Jens legte seine ganze Überzeugungskraft in die Stimme. Dann hustete er.
„Halt dich ran“, sagte ich zwischen zwei Schlucken, „das Angebot wird knapp.“ Tatsächlich hatten wir den letzten lebenden Menschen vor drei Tagen gesehen. Kein Mädel, sondern einen jungen Burschen, der im Delirium mit schweißverklebten Haaren und einer Lunge voll Wasser durch die Fußgängerzone getorkelt war. Er hörte sich an wie eine gluckernde Heizung, die entlüftet werden musste, als er vor sich hin brabbelnd in einem verwüsteten Frisörsalon verschwand. Das letzte Stadium dauerte nur ein paar Stunden.
„Erzähl mir von deiner Kollegin. Du weißt schon, die Dunkelhaarige.“
„Ich hab dir doch schon hundert Mal von ihr erzählt.“
Trotzdem schloss ich die Augen. Ich dachte gerne an sie zurück. Mir gefiel ihr Lächeln und die Art, wie sie ihre Haare über die rechte Schulter legte, wenn sie schrieb. Wir hatten zwar nicht nebeneinander, aber zumindest im gleichen Hörsaal gesessen. Ich hatte ihr zugelächelt, wenn sich unsere Blicke trafen und ich war mir sicher, dass sie das bemerkt hatte. Dabei kannte ich nicht mal ihren Namen, denn angesprochen hatte ich sie nie. Ich war davon ausgegangen, dass Mädchen wie sie ohnehin einen Freund hätten und ich wäre mir dann nur dumm und plump vorgekommen.
Jens hatte tonnenweise Schmuddelheftchen angeschleppt. Und trotzdem verblassten die Hochglanz-Models jedes Mal, wenn ich an meine Kommilitonin dachte. Die ganzen Magazin-Schönheiten waren eben schon vor der Kaukasischen Grippe nur Papier und schmutzige Fantasien gewesen. Meine dunkelhaarige Studienkollegin war echt und aus Fleisch und Blut. Und da erschien mir die Erinnerung an sie mit jedem Gedanken kostbarer.

Die Labore, Gesundheitsämter, Universitäten und Institute versuchten die Sache noch in den Griff zu bekommen, während die Medien eine Panikmeldung nach der nächsten rausbrachten. Irgendwann jedoch merkten sogar die sensationsgeilen Aasgeier, dass die Geschichte aus dem Ruder gelaufen war. Die Krankenhäuser waren dem Ansturm der Kranken und Sterbenden nicht gewachsen und als klar wurde, dass es weder Impfung noch Heilmittel gegen die „möglicherweise mutierte Variante des H4N7-Grippevirus“ gab, schwenkten die Zeitungen um. Las man vorher noch andauernd von „Pandemie“ oder „Virus-Apokalypse“, so hieß es auf einmal „Geheimes Forschungslabor findet Heilmittel“ und „Eindämmungsmaßnahmen zeigen Wirkung“. Das war leider alles staatlich befohlener Bullshit, der die aufkommende Massenpanik rauszögern sollte.
Erst, als die Leichen mit Baggern in Müllverbrennungsanlagen geschaufelt werden mussten, bevor man sie schließlich ein paar Wochen später überhaupt nicht mehr beseitigte, blickten die Zeitungen und Politiker der Wahrheit ins Auge. Der aktuellste und zugleich letzte Zeitungsartikel, den ich gefunden hatte, war einige Monate alt und klebte an meiner Schlafzimmerwand. „Jeder Impfstoff wirkungslos - Gott steh uns bei!“

Jens lebte damals noch bei seinen Eltern und hatte gerade die Ausbildung zum Bürokaufmann abgeschlossen. Er wollte sich eine eigene kleine Wohnung nehmen und hatte den Arbeitsvertrag bei seinem Ausbildungsbetrieb schon unterschrieben, als H4N7 den Laden endgültig schloss. Sein Vater arbeitete in einer Bank und seine Mutter in einem Blumengeschäft. Um Weihnachten herum war die Bank zu, der Blumenladen hatte seinen letzten Beerdigungskranz verkauft und seine Eltern waren beide tot.
Jens erging es so wie wohl den meisten Menschen. Er fiel in ein tiefes, hoffnungsloses Loch. Seine traurigen und depressiven Tage verbrachte er damit, dass er trank, in herrenlosen Luxusautos und Sportwagen durch die wenigen nicht restlos verstopften Straßen herumfuhr, goldene Armbanduhren aus Juwelierläden klaute und über Selbstmord nachdachte. Doch am Ende siegte die Neugier, was wohl noch alles kommen würde, und er sprang nicht von einem Hochhaus. Statt dessen traf er mich, als wir uns zufällig in derselben Boutique mit neuen Klamotten eindeckten. Nach ein paar Bieren fanden wir, dass wir gut miteinander klar kämen und blieben zusammen.

Ich war mit meinem Jurastudium fertig und büffelte fürs Examen. Eines Tages wurde unsere Uni „auf unbestimmte Zeit“ geschlossen und nie wieder aufgemacht. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich schon mehrere Male versucht, zu meiner Mutter zu fahren, die in einer anderen Stadt wohnte. Da jedoch aus Quarantänegründen der gesamte öffentliche Verkehr längst eingestellt worden war und Autos ohne Sondergenehmigung nicht mehr fahren durften, um die Kranken- und Leichentransporte nicht zu behindern, saß ich fest.
Ich hatte geplant, mit einem Rucksack zu Fuß zu ihr zu gehen. Sie bat mich jedoch immer, wenn ich das zur Sprache brachte, zu warten, „bis sich die Lage wieder beruhigt“ hätte. Die Berichte über Chaos, Anarchie und marodierende Räuberbanden häuften sich in letzter Zeit und außerhalb der Städte war es mittlerweile gefährlich geworden. Ich konnte nur per Telefon die Verbindung zu meiner Mutter aufrechterhalten. Mein Vater hatte sich von uns getrennt, als ich drei Jahre alt war und mittlerweile irgendwo eine neue Frau und neue Kinder. Ich hatte zu ihm, abgesehen von Unterhaltszahlungen und sporadischen Geburtstagsgrüßen, keinen Kontakt und ihm schien das ganz recht zu sein. Sein Verhalten war mir immer wie Verrat vorgekommen, selbst nach all den Jahren. Ehrlich gesagt war mir sein Schicksal relativ egal.
Nicht egal waren mir die immer stärker werdenden Hustenattacken meiner Mutter. Aber es war ja Frühling und sie gegen alles Mögliche allergisch. Das war die Erklärung, die ich mir wider besseren Wissens vorlog. Als ich jedoch den Anruf einer hustenden Nachbarin erhielt, meine Mutter sei ins Krankenhaus gekommen, weil sie sehr krank sei, drehte ich regelrecht durch. Ich versuchte, irgendwie zu ihr zu kommen. Die Straßen waren verstopft oder von Polizei und Bundeswehr gesperrt. Ein paar Mal geriet ich mit Wachposten heftig aneinander und wäre einmal beinahe von einer Gruppe Soldaten in Schutzanzügen verhaftet worden.
Ich weiß nicht, ob ich es als „Glück“ bezeichnen sollte, jedenfalls dauerte die quälende Ungewissheit über den Zustand meiner Mutter ohnehin weniger als zwei Tage, bis mir eine (ebenfalls hustende) Krankenhausangestellte mit erschöpfter Stimme mitteilte, meine Mutter sei gestorben und ihre sterblichen Überreste müssten laut Gesetz verbrannt werden.

Das Haus, das Jens und ich zur Zeit bewohnten, lag im exklusivsten Teil der Stadt. Nur Parks und Villen. Der Garten war mittlerweile ein Biotop, aber die Aussicht und Einrichtung waren phantastisch. Ich hatte keine Vorstellung, wie hoch die Miete gewesen sein musste.
Bei unserem Einzug waren die Kühlschränke und Tiefkühltruhen mit Schimmel und Glibber gefüllt gewesen. Trotzdem würden wir nicht verhungern oder verdursten. Die Polizei hatte in den Städten lange genug die Ordnung aufrecht erhalten, so dass zu viele Menschen gestorben waren, bevor alle Läden restlos geplündert werden konnten.
Ich wurde durch einen etwas stärkeren Hustenanfall von Jens aus meinen Gedanken gerissen.
„Du solltest dir einen Tee machen. Hörst dich irgendwie krank an“, sagte ich. Jens lachte trocken.
„Oder wir gehen zur Klinik. Die haben da sicher Krankenschwestern. Komm schon, ich hab keinen Bock allein loszuziehen.“
Ich warf die halbvolle Dose Bier aus dem Fenster und traf meinen Porsche, der in der verwilderten Einfahrt stand und schon eine dicke gelbe Schicht Blütenstaub angesetzt hatte. Mit einem satten Bamm! schlug die Bierdose eine Delle in die Motorhaube.
„Meinetwegen.“

Die Uni hatte eine magische Anziehungskraft gehabt. Bei so vielen Professoren musste es ja schließlich ein geniales Zaubermittel geben, um dem Tod in letzter Sekunde mit der Infusion im Arm den Mittelfinger zeigen zu können. Natürlich hatte es keine Wundermedizin gegeben und die Forscher waren genauso hilflos wie ihre Patienten einfach nur gestorben. Dennoch blieben viele der Menschen auf dem Gelände der medizinischen Fakultät, auch als es schon längst keine Ärzte mehr gab.
Das Ganze glich einer kaputten Version von Woodstock. Es ging überraschend entspannt zu. Natürlich gab es Leute, die weinten oder apathisch vor sich hin stierten, aber die meisten waren relativ gefasst und nicht hysterisch. Keine Laienprediger, die mit Glocke in der Hand und Pappschild um den Hals „das Ende der Welt“ herbeischrieen. Statt dessen hörte man Musik und ab und zu sogar Gelächter.
Ein Typ hatte damals aus ein paar Tischen, Sonnenschirmen und Barhockern eine Cocktail-Bar zusammengebaut, mit Kunstpalmen, Girlanden und batteriebetriebenen Lichterketten ausgeschmückt und dann von morgens bis abends bei Reggaemusik Cocktails gemixt. Er hatte Joachim geheißen, war Steuerberater gewesen und sein Lebenstraum hatte immer aus einer Cocktaillounge bestanden. Am liebsten auf den Seychellen, aber das Unigelände tat's zur Not auch. Er hatte mir das mit einem Lachen erzählt, als würde er sich wegen seines naiven Wunsches ein wenig schämen. Ich hatte mich oft mit ihm unterhalten. Man merkte ihm an, dass er sich gelassen mit seinem Schicksal abgefunden hatte und die Zeit, die blieb, so gut es ging mit den Dingen füllte, die er schon immer tun wollte. Er strahlte eine unglaublich lebensbejahende Einstellung aus. Das war wohl auch der Grund, warum ausgerechnet er, ein unbeholfener Junggeselle Ende 40 mit Bauchansatz und Halbglatze eine umwerfend attraktive Freundin gefunden hatte, um die man früher in einer Arena gekämpft hätte. Ich vermute, dass er trotz allem irgendwo glücklich war, als er sich schließlich in ihren Armen zu Tode hustete. Seine Freundin schluckte nicht mal eine Stunde später Schlaftabletten und bat auf einem Zettel darum, zusammen mit ihm begraben zu werden.

Jens und ich hatten uns gefragt, ob wir nicht dauerhaft auf dem Unigelände bleiben sollten. Wir wollten jedoch eine gewisse Distanz zu den Dingen entwickeln, die früher selbstverständlich waren und nun unweigerlich verschwinden würden. Wie die Leute auf dem Campus. Es waren vielleicht noch 60 Menschen übrig. Beim letzten Mal waren es über 100 gewesen. Joachims Cocktailbar stand mit ihren mittlerweile umgestürzten Plastikpalmen und herunterhängenden Lichterketten einsam und verlassen auf der Wiese.
Während Jens eine bunt gemischte Gruppe ansteuerte, ging ich zur Cocktailbar und setzte mich auf einen der Barhocker. Mit dem Ärmel meiner Jacke – schwarzes Leder für 699 € im Sommerschlussverkauf – wischte ich Staub und Dreck von der Theke und sah die grauen Unigebäude an. Ich erinnerte mich an meine Kommilitonen, die Dozenten, die vielen Stunden in den Bibliotheken und die Studentenpartys. Und ich dachte an meine dunkelhaarige Studienkollegin. Ein paar halbvolle Flaschen und unbenutzte Gläser standen hinter der Theke in Plastikkisten.
Ich machte mir einen Wodka-Martini und hob mein Glas auf James Bond, als jemand hinter meinem Rücken einen Barhocker bewegte.
„Krieg ich auch einen?“
Ich drehte mich um und ließ beinahe das Glas fallen. Meine dunkelhaarige Kommilitonin stand hinter mir. Sie lächelte mich an.
„Hab ich mich doch nicht geirrt, als ich dich vorhin sah. Wir kennen uns aus der Uni.“.
„Ich weiß. Ich saß in Schuldrecht hinter dir. Und in Strafrecht auch. Wahnsinn, dass du noch lebst. Ich meine, so meine ich das natürlich nicht, aber trotzdem super, dass du...“. Ich unterbrach mich und kam mir wie ein Idiot vor.
Sie lachte, obwohl ihr ein Schatten über das Gesicht huschte. Dann drehte sie sich kurz von mir weg und hustete.
„Ich freue mich auch. Also, wie wär’s mit einem Cocktail?“
Ich zog zwei Flaschen aus der Kiste.
„Ich kann außer Wodka Martini und Whiskey Cola aber keine anderen Cocktails.“
„Ein paar Rezepte kenne ich auch. Ich heiße übrigens Semra.“
Während sie zu mir hinter die Theke kam, dachte ich an Joachim und seine Freundin. Und an seinen Traum von einer Cocktailbar, den er sich auf der Uniwiese verwirklicht hatte.
„Weißt du, wir könnten die Bar wieder aufmachen. Die hat mal einem Freund von mir gehört und der Laden ist eine richtige Goldgrube. Keine Konkurrenz weit und breit.“
„Das klingt gut. Wir brauchen aber eine Gaststättengenehmigung.“
„Kein Problem, wofür haben wir denn Jura studiert? Du willst mich nicht zufällig heiraten?“
Semra lachte. Lächelnd steckte ich mir zwei Finger in den Mund und stieß einen Pfiff aus.
„Hey Leute! Will jemand einen Cocktail? Es ist Happy Hour.“

 

Hallo Wortkrieger!

Im Prinzip ist das "nur" ein Bericht - laaaangweilig!;)

Grüße vom Eisenmann

 
Zuletzt bearbeitet:

It's the end of the world as we know it
And I feel fine​

R.E.M​

Also wenn du diese Geschichte als langweilig bezeichnest, Eisenmann, möchte ich, glaub ich, lieber nicht wissen, wie spannende Storys von dir ausschauen.
Okay, sie mag mehr ein Bericht als eine Plotgeschichte sein, im Grund passiert ja wirklich nicht viel.
Zwei Typen hängen herum, trinken lauwarmes Bier, schlagen die Zeit tot und darüber hinaus geschieht nicht viel mehr, als dass die Menschheit ausstirbt.
So what. Echt laaangweilig …

Ich finde die Geschichte großartig, Eisenmann, ehrlich. Du entwirfst eine Dystopie, die so abwegíg vermutlich gar nicht ist, lässt deinen Ich-Erzähler aber auf eine derart charmante Art davon plaudern, dass diese Apokalypse jeglichen Schrecken verliert. Selbst eine Romanze, quasi ein Happyend im Angesicht des sicheren Todes gönnst du dem Leser. Das ist einfach fies und schön und schräg und überhaupt.
So, jetzt lese ich die Geschichte noch einmal, ich wollte dir nur kurz mal eine Rückmeldung geben, wie angetan ich von dem Ding bin.
Ich werde dir sicher noch mehr dazu sagen.


offshore

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi Offshore.

Vielen Dank für dein Lob und deine Anmerkungen. Ich wollte tatsächlich mal keine 28-days-later-Virus-Apokalypse entwerfen, sondern es eher ruhiger angehen lassen. Es freut mich, dass mir das zumindest in deinen Augen gelungen ist!:)

Viele musikalische Grüße vom Eisenmann

P.S. Gute Musikwahl von dir! :-) An den Song hatte ich gar nicht gedacht. Ich hab mir beim Schreiben den Song "I can see clearly now" von Jimmy Cliff angehört:)

 

Hey Eisenmann,

Da hast du aber was gerissen! Hammer Teil. Und das muss stimmen, ich hab ein Ausrufezeichen benutzt, das tue ich sonst nur im Streit oder in Geschichten :D

Zwei Verbesserungsvorschläge, bevor ich in Begeisterung ausbreche, ich finde am Anfang hast du sehr viele Informationen auf wenig Raum, schau mal, ob du da nichts raus streichen kannst, was man vielleicht nicht braucht.

Und hier:

Das Haus, das Jens und ich zur Zeit bewohnten, lag im exklusivsten Teil der Stadt. Nur Parks und Villen. Der Garten war mittlerweile ein Biotop, aber die Aussicht war phantastisch und die Einrichtung vom Allerfeinsten. Die Miete musste astronomisch gewesen sein.

Finde ich, und glaub mir ich bin Adjektiv Fan, sind ein paar zu viele von den hübschen drin. Das störte beim lesen den Rhythmus, fand ich.


So, nun Begeisterung! (Schon wieder ein Ausrufezeichen, du Schelm!)

Ich mag deinen Protagonisten sehr, der Typ ist mir tief sympathisch. Ich finde die Art und Weise von solch einer Katastrophe zu berichten, nämlich so ganz nüchtern, so isset eben- richtig gut. Besonders da du für mich so sehr viele Dinge sagst ohne sie auszusprechen.

Unteranderem, durch die Handlung, wenn so etwas passiert, dann ist der ganze Reichtum den man angehäuft hat für die Katz. Dadurch indirekt auch, dass erstmal sowas derbe zerschmetterndes passieren muss, bei den meisten, bis sie merken, dass es viel wesentlichere Dinge gibt, als einen Porsche.
Durch die kleine Lovestory auch, dass man sich trauen sollte, egal wie albern und plump man sich vorkommen mag, weil man nie weiß ob es nicht doch klappen würde und das Leben viel zu kurz ist.

Allgemein sagst du sehr viel, aber nun mal indirekt, vage, der Leser kann sich aussuchen, ob er drüber nachdenken mag. Und das ist meiner Meinung nach echt großes Kino.
Was mich zum nächsten bringt, die Bilder die du zeichnest sind ganz unaufgeregt und trotzdem echt eindrucksvoll, beispielsweise die Dose die ne Delle in den Porsche schlägt.

Ich liebe das Teil echt!
Ich bin mal so frei und empfehle die direkt, auch wenn du noch nicht sonderlich viel Kritik bekommen hast.

Liebe Grüße
Lexi

 

Hallo Wortkrieger!

Im Prinzip ist das "nur" ein Bericht - laaaangweilig!;)

Grüße vom Eisenmann


Ich lass jetzt diesen Beitrag stehen, weil sonst Teile von anderen Kommentaren ohne Bezug sind. Aber bitte lass' doch solche Bemerkungen künftig - das ist albern und gehört bei uns normalerweise unter die Rubrik off topic.

 

Lexi

Hallo Lexi,

wow, vielen Dank für deine nette Anmerkungen und das Lob. Das freut mich, dass dir die Geschichte so gut gefällt und du sie auch mit Ausrufezeichen bewertest:). Ich wollte, wie ich das auch offshore geschrieben hatte, mal eine etwas ruhigere Version der Apokalypse schaffen. Wie du gesagt hast - so isset und da kann man wohl nix mehr machen.
Ich finde, auch das "Happy-End" (das ja eigentlich auch kein so richtiges ist) sollte in eine realistische Richtung gehen - das Beste aus der Situation machen, die schlimm enden wird. Und da gibt es wirklich wesentlichere Dinge als einen Porsche!
Wie gesagt, freut mich, dass sie euch gefallen hat.

Viele liebe Grüße vom Eisenmann

bernadette

Ok, lass ich das in Zukunft - sollte ja auch nur ein kleiner Witz sein.;)

Viele Grüße vom Eisenmann

 
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Hallo Eisenmann,

Ich hustete, während ich eine Dose warmes Bier aufriss. Mitte Juli bei 28 Grad ohne Strom kein Wunder.
Ich verstehe nicht, wieso es kein Wunder sein soll, bei 28° zu husten? ;)

Beim späteren Lesen wird mir das Gehuste ja schon klar, aber so mit einem mißverständlichen Satz zu beginnen, ist sicher nicht die beste Methode, Leser an Land zu ziehen.

„Ich würd’ gern mal wieder unter Leute.“, verkündete er und hustete.
der Punkt nach Leute muss weg

Jens starrte gedankenverloren auf die Wand, die mit nackten Frauen und attraktiven „Monaten“ vollgeklebt war.
Monaten :confused:
Man konnte bis zum Schluss weder die Ursache für den Ausbruch finden, noch den genauen Erreger isolieren, geschweige denn ein Heilmittel entwickeln.
sollte es nicht eher ein Mittel gegen den Virus sein, anstatt ein Heilmittel?


Die Labore, Gesundheitsämter, Universitäten und Institute versuchten die Sache noch in den Griff zu kriegen, während die Medien eine Panikmeldung nach der nächsten raushauten.
in den Griff zu bekommen / Panikmeldung herausbrachten fände ich passender

Um Weihnachten herum war die Bank zu, der Blumenladen hatte seinen letzten Beerdigungskranz verkauft und seine Eltern waren beide tot.
Diese Aufzählung hinführend zum Tod ist etwas komisch. Geschlossene Bank, letzter Kranz verkauft, tot.Für mich hat sich das eher nach: Geschlossene Bank, letzter Kranz verkauft, Weihnachtsfeiertage kommen angehört.

Mein Vater hatte sich von uns getrennt, als ich drei Jahre alt war und irgendwo eine neue Frau und neue Kinder.
ein hatte reicht nicht
neue Frau, neue Kinder hört sich komisch an - wenn, dann andere Frau, weitere Kinder

Ich versuchte, irgendwie zu ihr zu kommen. Die Straßen waren verstopft oder von Polizei und Bundeswehr gesperrt.
Nur durch Leichenautos verstopft?
Hörst dich irgendwie krank an.“,
wieder ein Punkt zuviel

Ja, die zwei Jungs sehen das verbleibende Leben irgendwie schon sehr gechillt. Ich habe bei solchen Erzählungen wahrscheinlich immer zu sehr meine Logik im Spiel. Ich denke dann darüber nach, ob das mit den Leichenbergen nicht übertrieben ist und warum da jeder vor sich hingammelt, anstatt man sich versucht in der Gemeinschaft etwas besser zu helfen.
Ein wenig kam mir die Beschreibung der Krankheit zu kurz. Das liest sich wie eine leichte Sommergrippe und dann sterben sie innerhalb von zwei Tagen. Da hast du es dir als Autor sehr leicht gemacht.

Anfangs schriebst du auch, dass die Leichen mit BAggern in Müllverbrennungsanlagen geschaufelt wurden - dann wurden sie gar nicht mehr entsorgt. Ich bin schon der Meinung, dass Leichen immer verbuddelt werden oder sonstwas, die läßt man einfach nicht liegen, solange es Menschen mit Kraft gibt, die das bewerkstelligen können.
Aber egal, das ist ja SF :D

Dann aber ist die Mutter gestorben und sie soll auf einmal wieder verbrannt werden?

Aber wie gesagt, dass ist mein Logik-Faible. Vielleicht lese ich normalerweise deswegen kein SF, weil ich da viel zu viel diesbezüglich hinterfrage.

Liebe Grüße
bernadette

 

Hi SpacecarsLA (abgefahrener Nickname, gefällt mir :) )

Freut mich, dass dir meine Story gefallen hat - und du hast recht, die habe ich nicht "geguttenbergt":).
Last Man on Earth kenne ich nicht, danke für den Hinweis. Was ich in Sachen Virus-Pandemie sehr empfehlen kann ist "The Last Ship". Allerdings ist das im Gegensatz zu meiner Story wesentlich mehr Krach-Bumm-Popcorn-Kino!:)

Viele Grüße
Eisenmann

 

Hallo Bernadette,

vielen Dank für deine Kritik und deine Anmerkungen. Es freut mich umso mehr, weil SF ja nicht dein bevorzugtes Genre ist und du dir trotzdem die Mühe gemacht hast, meine Story zu lesen. :)

Ich verstehe nicht, wieso es kein Wunder sein soll, bei 28° zu husten? ;)

Eigentlich sollte es "kein Wunder" sein, dass bei 28 Grad das Bier warm ist. Werd ich deutlicher machen.

Monaten :confused:
Kauf dir mal nen Playboy - die haben da auch immer so schöne "Monate" drin:D

sollte es nicht eher ein Mittel gegen den Virus sein, anstatt ein Heilmittel?
Ähm.. ob "Mittel" oder "Heilmittel" - ist das ein signifikanter Unterschied?

Diese Aufzählung hinführend zum Tod ist etwas komisch. Geschlossene Bank, letzter Kranz verkauft, tot.Für mich hat sich das eher nach: Geschlossene Bank, letzter Kranz verkauft, Weihnachtsfeiertage kommen angehört.
neue Frau, neue Kinder hört sich komisch an - wenn, dann andere Frau, weitere Kinder
Danke für den Hinweis, aber ehrlich gesagt muss ich da gestehen, dass mir die Formulierung "andere Frau und weitere Kinder" nicht zusagt.

Nur durch Leichenautos verstopft?
Wieso "Leichenautos"? Die Straße ist halt mit (verlassenen) Autos verstopft.

Ich denke dann darüber nach, ob das mit den Leichenbergen nicht übertrieben ist und warum da jeder vor sich hingammelt, anstatt man sich versucht in der Gemeinschaft etwas besser zu helfen.
Nun, wenn in einem Land mit Millionen von Einwohnern mehr oder weniger jeder tot ist, dann fürchte ich hat man Leichenberge, oder? Und die Krankheit in meiner Geschichte ist unheilbar, tödlich und jede Figur hat sie - ihr Tod ist unausweichlich. Wobei genau sollen sie sich dann "helfen"? Ich verstehe als "Hilfe", wenn man es so nennen will, den Versuch, aus seiner verbliebenen Zeit das Beste zu machen - und genau das machen meine Figuren. Jens, der unter Leuten sein will und der Ich-Erzähler findet seine heimliche Liebe. Und alle zusammen können im Prinzip ja nur auf den Tod warten.

Ein wenig kam mir die Beschreibung der Krankheit zu kurz. Das liest sich wie eine leichte Sommergrippe und dann sterben sie innerhalb von zwei Tagen. Da hast du es dir als Autor sehr leicht gemacht.
Das liegt an zwei wesentlichen Umständen: 1) Ich bin kein Arzt oder Biologe und wollte daher nicht anfangen, mit irgendwelchem hanebüchenen pseudowissenschaftlichen Halbwissen eine imaginäre Supergrippe zu beschreiben ;) und 2) die Krankheit ist der Rahmen, der das zwischenmenschliche Verhalten bestimmt. Das Hauptaugenmerk sollte daher auch nicht auf der Krankheit, sondern den todgeweihten Personen liegen. Ich hätte auch eine isolierte Lepra-Kolonie oder Europa zur Zeit der Pest wählen können - wichtig war mir eine insgesamt bedrückende, trostlose und endgültige Situation

Anfangs schriebst du auch, dass die Leichen mit BAggern in Müllverbrennungsanlagen geschaufelt wurden - dann wurden sie gar nicht mehr entsorgt. Ich bin schon der Meinung, dass Leichen immer verbuddelt werden oder sonstwas, die läßt man einfach nicht liegen, solange es Menschen mit Kraft gibt, die das bewerkstelligen können.
Wenn irgendwann alle, also auch die Baggerfahrer, Leichensack-Füller und Müllverbrenner aber tot sind, dann gibts halt keinen mehr, der Leichen beseitigt. Und ich würde, wenn ich nur noch ein paar Tage oder Wochen zu leben hätte, die mir verbleibene Zeit nicht unbedingt darauf verwenden, noch zu versuchen, so viele Leichen wie möglich zu vergraben.

Dann aber ist die Mutter gestorben und sie soll auf einmal wieder verbrannt werden?
Die Handlungen sind keiner strengen Chronologie unterworfen. Die Mutter kann ja auch gestorben sein, als Leichen (noch) verbrannt werden konnten. Zum Beispiel in den ersten Monaten nach dem Ausbruch und nicht schon gegen Ende, wo alles den Bach runtergegangen ist.

Aber wie gesagt, dass ist mein Logik-Faible. Vielleicht lese ich normalerweise deswegen kein SF, weil ich da viel zu viel diesbezüglich hinterfrage.
Und schon dafür allein nochmal ein herzliches Dankeschön von mir an dich. Denn wenn Geschichten nicht hinterfragt werden, dann kann man nichts verbessern oder auch Logikfehler erkennen und diese ausbügeln. Ich finde es auch immer wichtig für eine Geschichte, wenn bei all der blühenden Phantasie trotzdem noch eine gewisse nachvollziehbare und vor allem sinnvolle Struktur erhalten bleibt.:)

Viele Grüße vom Eisenmann

 
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Hallo Eisenmann, vielen Dank für die unterhaltsam-spannende Geschichte. Ein paar Details und auch einige generelle Anmerkungen, hoffe Du findest sie hilfreich.

Innere Logik

Ich finde, Du hast die dystopische Ausgangssituation gut beschrieben – eine unheilbare Infektionskrankheit wütet unter den Menschen – und vor diesem Hintergrund schilderst Du einige Tage im Leben zweier Menschen. Ich stimme Ernst zu, dass dieses Szenario nicht weit hergeholt scheint, aber das nur nebenbei.

Bei der inneren Logik im weiteren Fortgang der Geschichte gibt es ein paar Fragezeichen.

1) Weder die protestantische noch die katholische Kirche haben in den letzten Jahren irgendeine Krise medienwirksam als Zorn Gottes bezeichnet, so weit ich mich erinnere. Das scheint mir nicht recht zu passen.

2) Dass junge Männer Sex im Kopf haben, ist schwer zu leugnen. Aber dass sie angesichts einer solchen Katastrophe primär von Sex und Mädchen phantasieren, wird nicht nur bei mir, sondern auch bei anderen Lesern einiges Stirnrunzeln hervorrufen. Wie sehen wir die menschliche Psyche in der Krise? Werden da nicht andere Funktionen aktiviert? Das Sex- und Mädchenthema scheint mir vor dem Hintergrund der Leichenberge in den Straßen ein wenig zu dominant.

3) Apropos Leichenberge. Wenn man bedenkt, welch ein Gestank von einem verwesenden Kleintier (z.B. einer Ratte) ausgeht, kann man sich ausmalen, was es bedeutet, wenn überall in den Straßen tote Menschen liegen. Man hat das auch nach Naturkatastrophen (Erdbeben, Tsunami) immer wieder gehört – ganze Gegenden werden nahezu unpassierbar, so extrem ist die Luftverpestung bei vielen Toten, die unter freiem Himmel verwesen. Diese Tatsache findet in Deiner Geschichte nicht nur keine Erwähnung, sondern die Protagonisten machen ihre Stadttour zur Cocktailbar, als wäre nichts gewesen. Das scheint mir unglaubwürdig.

4) Dass die Menschen in einer Katastrophensituation (mal unabhängig von den Leichenbergen) Cocktails trinken und an der Bar flirten, kann man durchaus als bizarr bezeichnen, aber undenkbar ist es nicht. Gerade im Zusammenhang mit Kriegsereignissen hört und liest man immer wieder authentische Schilderungen von eigentlich unvorstellbaren Begebenheiten. Beispiele dafür sind (auch wenn es sich nicht um Literatur, sondern um Film handelt) die berühmte Surf-Szene in Apocalypse Now und auch die Dschungel-Playboy-Show im selben Film.

Trotzdem scheint mir die Cocktailbar-Szene in Deiner Geschichte ein wenig fragwürdig. Da treffen sich der Protagonist und sein Traum-Mädchen in einer Bar irgendwo in einer Stadt von Millionen Toten: "Hey, wir kennen uns doch von der Uni. Super, dass du noch lebst. Also, wie wär’s mit einem Cocktail?" Hm, das ist schon sehr strange, beinahe Comedy. Ich weiß, dass Du den Irrsinn der Situation herausarbeiten möchtest, aber das hier ist ein bisschen viel verlangt.

Szenario vs. Plot

Deine Geschichte besitzt ein Merkmal, das ich in den Jahren hier im Forum bei Dutzenden angehender Autoren und natürlich auch bei mir selbst gesehen habe. Da wird eine Kulisse mit viel Liebe und Phantasie entwickelt, alle (oder beinahe alle) Voraussetzungen für eine intensive, stimmungsvolle Geschichte sind gegeben und dann ... Statt eines Plots, statt einer starken Handlung kommt nur eine aus ein oder zwei Begebenheiten zusammengefügte Ereigniskette, ohne wirkliche Plot-Struktur. Du hast diesen Aspekt ja selbst angesprochen.

Das ist völlig okay, wenn man sich klarmacht, dass daraus dann lediglich eine Fingerübung resultieren kann. Starke Geschichten haben starke Handlungen. Das heißt nicht, die Handlung müsste sonderlich komplex sein. Überhaupt nicht. Denke an Hemingways Der alte Mann und das Meer – die Handlung dort ist höchst simpel. Aber sie hat unheimliche Kraft, denn dass der Alte am Ende leer ausgeht, steht in intensivem Kontrast zu seinem dramatischen Kampf in der Mitte der Geschichte.

In Deiner Geschichte denkt der Protagonist hin und wieder an seine Studienkollegin, und am Ende der Geschichte trifft er sie überraschend in einer Bar. Wie wär’s mit einem Cocktail? – Das ist keine starke Handlung, und deshalb ist es auch keine starke Geschichte.

Eine starke Handlung zu entwickeln, erscheint vielen Anfängern als sehr schwierig. Ich denke, dass dabei häufig überhöhte Ansprüche im Wege stehen. Warum nicht einfache, klassische Motive verwenden, beispielsweise Zwei Liebende suchen einander in der Katastrophe (habe ich bei meiner KG Der Klang des Meeres so gemacht) oder – das würde sich hier auch anbieten – die ewige Suche des Menschen nach Sinn mit dem Tod als einziger Sicherheit (so wie in Das siebte Siegel, einer Pestgeschichte, die Ähnlichkeiten zu Deinem Szenario hat)?

Für die Zukunft empfehle ich Dir, den Plot, die starke Handlung nicht zu vernachlässigen. Im Augenblick liegt Dein Schwerpunkt auf der Szenario-Entwicklung. Die ist die sehr gut gelungen, finde ich. Aber Du darfst nicht vergessen, dass ein Theaterstück nicht allein vom Bühnenbildner gemacht werden kann.

Sprache

An der von Dir verwendeten Sprache gibt´s nicht viel zu meckern. Mir gefällt das sehr gut. Ein paar Kleinigkeiten hier und da, aber der Text liest sich insgesamt flüssig und leicht. Ich mag Deinen Stil.

Fazit: Ein Text mit starkem, gut entwickelten Szenario, guter Sprache, einigen Logikschwächen und einem deutlichen Defizit in der Handlung. Trotz Kritik habe ich das sehr gern gelesen und freue mich auf weitere Geschichten von Dir.

Gruß Achillus

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Achillus,

vielen Dank für deine Anmerkungen und die jeweiligen Unterteilungen. Ich will versuchen, die von dir angesprochenen Aspekte entsprechend zu kommentieren.

Innere Logik:
Das die Kirche sich mit derartig alttestamentarischen Statements (bislang) zurückgehalten hat mag vielleicht daran liegen, dass es jedenfalls in der jüngeren Vergangenheit keine vergleichbare Krise derartig biblischen Ausmaßes gegeben hat - wenn es jedoch zu einem Vorfall dieser Art kommen würde, kann ich mir gut vorstellen, dass zumindest irgend jemand mal den Zorn Gottes aus dem Hut zieht.

Nun ja - wer kann schon sagen, in welchen Bahnen sich individuelle Bedürfnisse und Wünsche bewegen, wenn man weiß, dass man nur noch kurze Zeit zu leben hat (diese schrecklichen Gedanken dürfte jeder Krebspatient im Endstadium kennen), und wenn dazu noch die Gewissheit kommt, dass die gesamte Menschheit enden wird.
Ich habe versucht, verschiedene Reaktionen und Verhaltensmuster darzustellen (Apathie, Trauer, Selbstmordgedanken, aber auch Optimismus, Lebensfreude, Freundschaft und Liebe). Und in so einer Situation das größte Maß an Hedonismus zu pflegen erschien mir jedenfalls wesentlich erstrebenswerter, als deprimiert und trübsinnig Sinn und Unsinn des Lebens zu hinterfragen. Denn der "Sinn des Lebens" in meiner Geschichte ist der, das Beste draus zu machen, so lange es geht.
Mag sein, dass einige Leser dabei die Stirn runzeln, aber ich hoffe, dass es auch Leser gibt, die dies mit einem Lächeln abnicken können.

In diesem Zusammenhang erscheint mit die ganze Cocktail-Szene daher auch nicht strange oder Comedy-haft, sondern gemessen an meiner Darlegung und Crux der Handlung eher konsequent und stringent. Denn ich fände es nicht minder absurd, wenn beide Figuren in so einer Situation anfangen würden, über existenzielle Sinnfragen ihres nur noch sehr kurzen Lebens zu debatieren. Ich hoffe, die beiden haben noch eine kleine Weile, um das irgend wann noch zu machen.
Aber das ist nur meine Sicht der Dinge.

Ich hatte tatsächlich in meiner ersten Fassung das Problem mit den verwesenden Leichen und dem Gestank angesprochen. Klar hätten auch alle Figuren Masken tragen können oder die Leichenbeseitigung wäre bis zum Schluss effektiv gewesen, oder die Handlung hätte auf einem Dorf spielen können, oder oder oder. Ich wollte jedoch vermeiden, den Fokus der Geschichte durch Schockeffekte oder übermäßig ausufernde Beschreibungen zu verzerren.

Szenario vs Plot
Ich denke, am treffendsten könnte ich diesen Konflikt in meiner Geschichte, den du darin siehst, damit erklären, dass das Szenario hier eben genau der Plot ist. Ich stimme dir zu, dass Plots nicht kompliziert sein müssen - ach so, ich fühle mich übrigens durchaus nicht gekränkt, dass ich (noch) nicht an Ernest Hemingway heranreiche. Man muss ja schließlich noch Ziele und Ambitionen haben!:D

In meinem Plot geht es halt weitestgehend um eine Beschreibung, einen Sachbericht, der mit persönlichen Elementen unterfüttert wird. Dabei sollte es nicht darum gehen, das eine Geschichte nur die Schilderung von einer Szene nach der anderen ist, oder von einem Bühnenbild nach dem anderen. In meinen Augen ist das Szenario die Geschichte. Und deshalb hatte es sich meiner Ansicht nach auch nicht angeboten, als "starke Handlung" z.B. die von dir beschriebene ewige Suche des Menschen nach Sinn mit dem Tod als einziger Sicherheit darzustellen. Auch die (gezielte) Suche zweier Liebender in so einer Katastrophe hätte sich da irgendwie nicht "richtig" angefühlt. Eine solche Suche hätte in meinen Augen einen Glauben an die Zukunft vorausgesetzt, der jedoch in meinem Szenarion fehl am Platze gewesen wäre. Insbesondere, wenn diese Suche dann auch noch am Ende sogar erfolgreich gewesen wäre - das hätte ich viel zu kitschig gefunden.

Natürlich wäre es aber sehr schade, falls ich mit meinen Überlegungen falsch lag und meiner Geschichte die Handlung fehlt, denn dann wäre mein Text im Prinzip nichts anderes als eine seelenlose Bedienungsanleitung einer Kaffeemaschine, nichts anderes als eine funktionale Beschreibung. Im Endeffekt wäre meine Geschichte damit eine Fotografie, aber kein Gemälde

Sprache
Vielen Dank!:)

Fazit:
Wie gesagt, wenn ausgerechnet die Handlung schwach und unzulänglich ist, dann ist das natürlich im Grunde das Todesurteil einer jeden Geschichte. ("Schönes Flugzeug, fliegt nur leider nicht.") ;)
Von daher freut es mich, dass dir zumindest das Szenario und die Sprache gefallen haben.

Viele Grüße vom Eisenmann

 

Lieber Eisenmann,

sensationell!!! Und mir fehlt es in deiner Geschichte definitiv an nichts, nur mir vielleicht die Worte! Meine Meinung: Bloß nichts Grundsätzliches mehr ändern, besser kann es kaum werden! Und das 'Happy End', na irgendwas Tröstliches muss es doch zwischen all den Hustenattacken geben, finde ich. Ein schönes Bild für's Hier und Jetzt auch, schließlich leiden, lieben und lachen wir alle auf Abruf, nur dass der nicht so unmittelbar bevorsteht (hoffentlich). Ich wollte noch ein paar Lieblingsstellen zitieren, aber es sind zu viele ;). Freue mich auf deine nächsten Geschichten,

ciao,

Eva

 

Hi Antonio,

vielen lieben Dank für dein Lob und deine Anmerkungen. Ich freue mich natürlich immer, wenn meine Geschichten beim Leser ankommen und unterhaltsam sind!:)
In dieser Geschichte habe ich absichtlich eher ruhige, leise Töne angeschlagen. Ich wollte weder irgendein Virus-Zombie-Gesplatter machen, noch krampfhaft auf Happy-End getrimmte unrealistische Elemente einbauen. Meine Absicht war, einen Bericht vom Ende der Menschheit zu verfassen, an dem man aber auch nichts ändern kann. Gelassen dem Schicksal entgegen gehen und das Beste aus seiner Zeit machen. Insofern finde ich mein Ende da auch konsequent. Schade, dass du es nicht so gelungen fandest.
Ich denke schon, dass man diese Geschichte unter SF einordnen kann. Es muss nicht immer Star Wars sein - Dystopien, Antiutopien und Endzeit-Plots zählen ebenfalls zum SF-Genre.
Klar, ich kenne "The Stand" - fand ich bis zur Hälfte super, aber danach wurde es mir leider allmählich zu religiös und etwas langatmig. Auch konnte ich mich mit einigen Hauptpersonen leider bis zum Schluss nicht anfreunden. Aber dennoch auf jeden Fall eines von Kings besseren Werken, finde ich.

Ich hoffe, du kannst auch mit meinen anderen Stories etwas anfangen:).

Viele Grüße
Eisenmann

Hallo Eva,

vielen Dank für das Lob. Das ist natürlich sehr schön, wenn dich die Geschichte gut unterhalten konnte. Ich habe auch nicht vor, an dieser Geschichte noch etwas zu ändern. Sie gefällt mir so, wie sie jetzt ist, gut genug. Wenn ich jetzt anfangen würde, daran rumzuschrauben, wärs sicher eher kontraproduktiv!
Du hast recht, ich wollte genau diese Message rüberbringen, sich auf wesentlichere Dinge zu besinnen als auf die vorrangigen Probleme und Problemchen des Alltags. Denn wenn's irgendwann mal soweit ist und man auf sein Leben zurückblickt, sollten diese Erinnerungen überwiegend schön und angenehm sein, nicht wahr? Außerdem ist das eine nette kleine Abwechslung zu eingeschlagenen Köpfen:D!

Ich hoffe, dass ich dich mit meinen nächsten Geschichten auch weiterhin gut unterhalten kann.

Viele liebe Grüße,
der Eisenmann

 

Hi Eisenmann,
Ich finde die Story gut, und glaube nicht, dass du darann noch etwas ändern könntest, ohne die aussage der Geschichte zu ändern. Die Geschichte ist zugegeben unaufgeregt, aber ich fand sie doch kurzweilig zu lesen, irgendwie erfrischend, dieser Blick auf die Katastrophe. Was für mich noch stärker herausgearbeitet gehört, sind, dass der Protagonist ebenfalls schwer krank ist - das geht am Ende unter, und wie er zu Jens steht:

Jens trank, fuhr in herrenlosen Luxusautos und Sportwagen durch die wenigen nicht restlos verstopften Straßen, klaute goldene Armbanduhren aus Juwelierläden und dachte über Selbstmord nach.
hier wird er für mich als Figur nicht "lebendig"
„Kein Problem, ich kenne ja jetzt eine gute Juristin. Du willst mich nicht zufällig heiraten?“
klingt lahm, den er ist ja selber Jurist.

gern gelesen
Bernhard

 

Hallo Bernhard,

vielen Dank für deine Anmerkungen. Das freut mich, dass du die Geschichte gern gelesen hast. Ich wollte die Krankheit des Erzählers nicht zu dramatisch oder schwer darstellen. Mir hat es besser gefallen, dass der Leser weiß, das er krank ist - wie schwer, das bleibt der Phantasie des Lesers überlassen. Ein Stück weit soll das auch zur Unvorhersehbarkeit der weiteren Zukunft beitragen - eben weil man ja nicht weiß, wie viel Zeit einem noch bleibt.
Danke für die beiden anderen Anmerkungen - die verfeinere ich dann noch!:)

Viele Grüße vom Weihnachts... äh... Eisenmann;)

 

Hallo Eisenmann!

Ein paar Kleinigkeiten:

Mitte Juli bei 28 Grad ohne Strom kein Wunder
Das ist irgendwie zu viel für mich, musste das 3 mal lesen. Mitte Juli ohne Strom wäre genug und viel eingängiger.
Nach meinem dritten Schluck war er der immer gleichen Bilder und Verrenkungen offenbar überdrüssig, denn er feuerte die Teenys knapp an meinem Kopf vorbei aus dem Fenster
Da könnte man auch entschlacken, ohne was zu verlieren.
Nach ein paar Schlucken feuerte er die Teenys aus dem Fenster.

und die Kirchen tippten wie immer auf den Zorn Gottes
wie immer streichen

und Autos ohne Sondergenehmigung nicht mehr fahren durften, um die Kranken- und Leichentransporte nicht zu behindern, saß ich fest.
Das finde ich seltsam. Von der Logik her. Das sieht aus, als ob du das eben brauchst, damit die Story aufgeht. Aber es klingt nicht realistisch. Es gibt doch gar nicht genug Krankenfahrzeuge, um die Straßen zu verstopfen, auf denen früher alle Autos fahren konnten. Da würde ich mir ein anderes Hindernis überlegen, das ihn am Besuch seiner Mutter hindert.

Fazit: Ich fand es einen guten Ansatz, das Thema mal unaufgeregt anzugehen. Sprachlich gut. Mir kommt das Ganze aber eher wie der Anfang eines Romans vor, es wird viel PQP benutzt und es gibt wenig Handlung. Aus dieser Herangehensweise, dem Setting und allem, da könnte man einen schönen Roman schreiben. So ist das auch in Ordnung als Kurzgeschichte, aber es hätte noch eine Entwicklung, ein paar Konflikte und Dynamik etc. gebraucht, um mich richtig zu begeistern. So ist es eine solide Arbeit, die eine gute Grundlage für einen Liebesroman der anderen Art wäre.

Liebe Grüße

Lollek

 

Hallo Lollek,

vielen Dank für deinen Kommentar und deine Anregungen. Es freut mich, dass dir der Ansatz gefallen hat. Du hast recht, dass die Handlung als solche sehr überschaubar ist, aber wie gesagt ich hatte vor, den Fokus mehr auf die Personen zu legen.
Ich finde deine Idee bzw. Anregung mit der Umsetzung in Romanform aber auch sehr interessant und es freut mich da natürlich sehr, dass du in der Geschichte genügend Potential für einen ausgewachsenen Roman siehst. In so großen Dimensionen habe ich ehrlich gesagt nicht gedacht, aber ich finde die Idee wie gesagt sehr interessant:).

Viele liebe Grüße vom Eisenmann

 

Hallo Eisenmann,

Bin sehr froh dass ich die Geschichte in den Empfehlungen gesehen habe, da ich sie verpasst habe, als sie ursprünglich gepostet wurde, und holla, da wäre mir so einiges entgangen! :) Mir hats nämlich wirklich gut gefallen, besonders die nüchterne Erzählweise - was einige andere ja auch schon hervorgehoben haben. Wenns um apokalyptische Szenarien geht, bin ich sowieso immer gleich dabei, da hast du also auch genau meinen Geschmack getroffen. Das mit dem Cocktailstand fand ich super! Die Logik ist immer so eine Sache besonders bei solchen Geschichten, aber mich hat beim Lesen nichts gestört. Es gibt da wenn die Welt endet, bestimmt einen Haufen Leute, die heulend in der Ecke sitzen (wäre ich zum Beispiel, haha), und dann die, die sagen: ach scheiß drauf, jetzt genießen wir noch die letzten Tage. Und das ist extrem spannend (: Teils hätte ich vielleicht noch ein paar Erklärungen zwischendurch gekürzt bzw. weggelassen, aber das ist auch schon das Einzige. Ich war jedenfalls von der KG begeistert!

Lg,
pumpkin

 

Hallo pumpkin und frohes Neues!:)

Vielen lieben Dank für das Feedback - ich freue mich sehr, dass dir meine Geschichte gefallen hat. Ich persönlich habe auch ein Faible für Endzeit- und Apokalypse-Stories. Und ich hab mir auch gedacht, dass es sicher nicht das Schlechteste wäre, seine letzten (absehbaren) Tage mit den Dingen zu verbringen, die man schon immer gerne machen wollte!:)

Wie gesagt, vielen Dank für dein Lob und viele Grüße vom Eisenmann

 

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