Was ist neu

Handwerker im Haus

Mitglied
Beitritt
21.06.2001
Beiträge
17

Handwerker im Haus

„He, sind sie da unten gestorben?“
Sie stand an der offenen Kellertür und fragte vorsichtig ins Dunkel hinein. Der blöde Klempner war nun schon seit mindestens fünf Stunden dabei, die maroden Rohre wieder flott zu kriegen, und dennoch war von ihm weder etwas zu hören noch zu sehen.
Gegen elf Uhr vormittags hatte er plötzlich vor der Tür gestanden, obwohl sie ihm am Telefon deutlich gesagt hatte, sie sei von halb zwölf bis etwa vier Uhr nachmittags unterwegs, und er solle doch – wenn möglich – vorher kommen.
Sie mochte es nicht, wenn in ihrer Abwesenheit fremde Leute das Haus auf den Kopf stellten. Das machte sie nervös. Nicht, weil sie Angst um ihren Schmuck oder andere wertvolle Sachen gehabt hätte, nein, sie empfand es als Verletzung ihrer Intimsphäre und fühlte sich ganz einfach unwohl bei dem Gedanken daran. Nun, offensichtlich war es ihm nicht möglich gewesen zu einem anderen Zeitpunkt bei ihr aufzukreuzen. Das war ärgerlich, aber nicht zu ändern. Er hatte sie tausendmal um Entschuldigung gebeten und lang und breit von Terminen und unvorhergesehenen Komplikationen bei der Materialbeschaffung erzählt, Sachen, die sie nicht im geringsten interessierten. Dann war er mit einem Werkzeugkasten und einem Arm voller Ersatzteilen im Keller verschwunden, und sie hatte sich aufgemacht, um in die Stadt zu fahren und einzukaufen.
Sie hatte geahnt, daß die Straßen voll sein würden, und so war sie tatsächlich erst wieder gegen vier Uhr in ihre Einfahrt eingebogen und erstaunt gewesen, seinen alten Kastenwagen immer noch dort geparkt vorzufinden.
Als sie die Haustür aufschloß, bemerkte sie, daß der Bewegungsmelder nicht reagierte und sie im Dunkeln stehen ließ.
Das konnte nur bedeuten, daß mal wieder der Strom ausgefallen war.
Das passierte leider des öfteren, und insgeheim bedauerte sie es, aus der Stadt aufs Land gezogen zu sein, auch wenn es hier sehr viel ruhiger und weniger hektisch zuging. Trotzdem war es lästig und vor allen Dingen unheimlich, wenn man plötzlich im Dunkeln stand. Besonders jetzt im Winter, wenn die Dämmerung früh einsetzte und nicht der gewohnte Straßenlärm durch das Fenster heraufklang, fühlte man sich ziemlich verlassen und angreifbar.
Noch mehr beschäftigte sie allerdings die Frage, warum der verdammte Klempner noch hier war. Er hatte ihr versichert, es sei kein Problem, und die Reparatur dauere höchstens eine Stunde. Hoffentlich hatte es keine Schwierigkeiten gegeben. Sie hatte genug davon, auf einer Baustelle zu wohnen und freute sich auf ein Ende der ewigen Arbeiten, aber es war nunmal ein sehr altes Haus und da kam einigs zusammen. Sie verdiente nicht schlecht, aber das Geld für die Reparaturen hätte sie auch besser verwenden können.
Jetzt stand sie an der oberen Stufe der Kellertreppe und lauschte angestrengt in die Schwärze. Es herrschte eine geradezu ohrenbetäubende Stille.
Was zum Teufel machte der Kerl da bloß?
Sie traute sich nicht nachzusehen. Sie hatte immer schon Angst im Dunkeln gehabt, und der Keller war wirklich besonders dunkel.
Sie wollte gerade in die Garage gehen, um sich den Sicherungskasten vorzunehmen und eine Taschenlampe zu holen, als sie Schritte von unten hörte. Endlich regte er sich. Jetzt würde er ankommen und sagen, eine riesige Reparatur stehe an. Das gesamte Leitungssystem neu und das zu Weihnachten. Prima.
„Hallo!“
Der Blödmann antwortete immer noch nicht. Das machte sie wirklich rasend. Dafür schlurfte er. Er ließ seine Füße über den Boden schleifen, als sei er zu schwach zum Laufen. Außerdem klang es, als habe er nasse Schuhe an, ein Quietschen und Patschen hallte von den Backsteinwänden wider. Hoffentlich hatte er nicht den gesamten Keller unter Wasser gesetzt. Dazu kam ein fauliger Gestank, der sie an tote Katze denken ließ. O Gott, wahrscheinlich war eines der Abwasserrohre geborsten!
„Hallo!“
Himmelherrgott, konnte der Idiot nicht sprechen?
Ein Lichtkegel begann an den Kellerwänden herumzutanzen. Er hatte also eine Lampe dabei. Sie war erleichtert, endlich ein Lebenszeichen von ihm zu bekommen. Gleichzeitig war sie aber auch wütend, weil er sie so lange hatte warten lassen.
Vielleicht schämte er sich, herauszukommen, weil er Mist gemacht hatte? Er war jetzt an der Treppe angelangt und leuchtete zu ihr herauf. Das Licht traf genau ihre Augen, und sie hielt ihre Hand vor das Gesicht, um etwas sehen zu können, konnte aber nur einen undeutlichen Schatten am unteren Treppenabsatz ausmachen.
„Was ist los?“ fragte sie, etwas verärgert wegen seiner Lichtspielchen. „Wie sieht´s da unten aus?.....Nicht so gut, was? Sie waren ja ein paar Jahre da unten, ich dachte schon, sie seien gestorben!“
Er begann zu lachen.
„Tja, wissen sie“, hallte seine Stimme hohl aus dem Dunkel herauf, während er mit seltsam linkischen Bewegungen begann, die Treppe zu erklimmen, „wissen sie, da könnten sie recht haben.“
Dann schaltete er die Taschenlampe aus.

 

Ohhhhhh, wie konnte ich "Heimwerker im Haus" denn nur übersehen?

Die ist echt cool. Man weiß zwar von vornherein, daß der gute Mann sterben wird (nicht umsonst gibt es ja in ländlichen Gegenden dunkle, seeehr dunkle Kellerräume)
Aber wirkt das Ende irgendwie überraschend. Die letzte Bemerkung: Klasse!

Nur eines ist ärgerlich: Da bekommt man als Klempner die Aufforderung, doch bitte schön VOR halb zwölf zu erscheinen. Und wenn man dann 11:00 Uhr auf der Matte steht, wird man trotzdem angeschissen. Naja, die gute FRau arbeitet wahrscheinlich bei den Typen von der Telekom (die mich mal 4 Wochen ohne Telefon leben ließen...)


In diesem Sinne: Kann ich nur empfehlen!

Poncher

 

Hm... Ich überleg grad was anderes: Ist es unhöflich, einem toten Klempner TRINKGeld zu geben? :confused:

 

Öhm, tja, mit Uhrzeiten habe ich es wohl nicht so, da ist mir wohl einiges durcheinander geraten <IMG SRC="smilies/cwm3.gif" border="0">
Aber ich verspreche, mich zu bessern. Immerhin bin ich ja schon erleichtert, daß mal jemand die Geschichte gelesen hat. Ich hatte schon überlegt, ob ich sie ein zweites Mal reinstelle :)
Es freut mich jedenfalls, daß sie Euch gefällt. Im Nachhinein würde ich zwar mal wieder was ändern, aber was soll´s...

hobbes

P.S.: Trinkgeld an tote Handwerker zu vergeben, ich weiß nicht. Das gibt doch bestimmt Problemem bei der Steuerabrechnung, oder?

 

Eine gute Geschichte braucht halt lang, um entdeckt zu werden...

Aber uns entgeht nichts, höhö!

Tja, statt Trinkgeld würde ich Erfrischungstücher oder ´n Kaugummi vorschlagen...

 

Übrigens: mir ist aufgefallen, ich habe gar keinen Fehler bezüglich der Uhrzeit gemacht! Das Ganze war bloß nicht gleich zu kapieren, hehe.
Also, die Frau mag es nicht, wenn während ihrer Abwesenheit jemand im Haus rumlungert, und sie haut um halb zwölf ab. Also soll der Typ möglichst früh kommen, damit er fertig ist, wenn sie das Haus verläßt. Er kommt aber trotzdem erst um elf, was bedeutet, daß sie ihn nun doch allein weitermachen lassen muß.
So war´s gemeint :p

hobbes

 

"Möglichst früh" ist für einen Handwerker oder für ein anderes Dienstleistungsunternehmen ein dehnbarer Begriff, hihi!

 

Es gibt schlimmeres! Vor anderthalb Jahren wollte Rainer auch ins Internet. Ich entschloss mit dem Rat eines Bekannten hin, mir ISDN legen zu lassen (weil schneller). Ich möchte euch nicht damit langweilen, wie unendlich lange das dauerte, wieviele Anrufe ich zu erledigen hatte, etc.
Bei der öst. Telekom, wohlgemerkt!
Absolut irre war aber folgendes, wonach ich fast die Nerven weggeschmissen habe: An einem Wochentag (ich war nicht da, aber mein Vater) kamen die Zuständigen für den Anschluss (ISDN statt analog). Schön, da hatte ich nun den Anschluss, der aber freigeschaltet werden musste, damit ich ihn benutzen konnte. Gut, ich rufe an, werde dahin, dorthin verbunden, wie üblich, ja, gut, dann habe ich die Zuständige an der Strippe. Ich teile ihr die Situation mit, dass sie mich bitte freischalten mögen, ich heiße ... und wohne ...
Aha, aber von mir sei kein Antrag gegenwärtig
HÄH?!? Ich hatte diesen BEI DER TELEKOM an die richtige Stelle gefaxt!!!
Es ist aber wirklich nix da!
UND AUF WESSEN WEISUNG HIN WAREN DANN TECHNIKER DA, UM MIR DEN ANSCHLUSS ZU LEGEN?!?!?!?
Tja, keine Ahnung... Am besten nochmal beantragen

AAAAAAAAAAAAAARRRRRRRGGGGGGHHHH!!!!

Insgesamt hat es mehr als einen Monat gedauert, bis alles soweit war, dass ich mal ans installieren mich machen konnte. Und bis ich das mal soweit hatte!!! Ja, und dann fiel in der Anfangszeit ununterbrochen das Internet aus, weil die Telekom-Leute anscheinend nicht damit gerechnet hatten, dass wirklich so viele Leute so blöd wären, sich das Internet bei ihnen zu bestellen...

Gut, das war nur ein kurzer Ausschnitt meiner Leidensgeschichte mit dem Internet! Ich sollte erwähnen, dass ich vor ein paar Monaten die Schnauze voll hatte und mir bei unserer Gemeinde Kabel bestellte. Was soll ich sagen? Innert weniger Tage war ALLES erledigt. Es gibt zwar öfters Server-Ausfälle, aber was soll´s.

Jedenfalls ist es wirklich ein Wahnsinn, wie verarscht man in Mitteleuropa von sogenannten "Dienstleistern" wird. :mad:

 

Hi Hobbes,

deine Geschichte gefällt mir ausgezeichnet. Kompliment - eine klasse Horrorstory, sehr gut rübergebracht.
"Handwerker im Haus" hat mich motiviert, Stück für Stück auch die älteren Geschichten in diesem Forum zu lesen, vielleicht finde ich ja noch weitere Perlen.

Gruß

Günter

 

Hallo Hobbes!

Ich schließe mich an. Ich bin begeistert!
Die Story ist super flüssig zu lesen und kommt gut rüber.

Auch ist das nicht eine von diesen ellenlangen, wo man sich erstmal drei Seiten durchbeißen muß, bevor sich etwas regt...

Am Anfang hatte mich zuerst nur gewundert, warum es um vier Uhr schon dunkel ist, aber Du meintest sicher im Haus, nicht?

Also ich konnte das Gefühl der jungen Dame da recht gut nachvollziehen, und aus eben denselbigen werde ich Anfang nächsten Jahres wieder vom Land in die Stadt ziehen :D .

Hoffentlich brauche ich da keinen Klempner... <img src="graemlins/eek2.gif" border="0" alt="[eek2]" />

War echt gut!
Grüße,
Maja.

 

Kurz, aber bündig.
Mir hat die Geschichte auch super gefallen! Schlurfende Schritte.... fauliger Geruch......tot?
Jepp!

 

Mir hats auch gefallen! Und das, obwohl ich mit dem Wort Klempner nach wie vor Mario und Luigi identifiziere... :D

Gut aufgebaut, spannend und auch ein guter Schluß... Bravo! :prost:

@GKL
Oft sind unter den alten Geschichten echte Schätze dabei. Ich krame da auch gerne drin rum... Vor allem in "Horror"... :cool:

@Rainer
Jaja, die Telekom-Leidensgeschichte... Davon kann auch ich ein Lied singen... :( Irgendwie haben die die größten Deppen. Ich erinnere mich da noch an "Wie Bitte?!" (kennt das jemand?) und den Standart-Mitarbeiter "Doof"... hihi :D

Griasle!
stephy

 

Gute Story!
Das Untoten-Motiv ist zwar ein wenig ausgelutscht, aber hier gut umgesetzt.

 

ich bin auf diese Story auch erst im Empfehlungsthread aufmerksam geworden.

Die Story ist wirklich gut, kurz und knackig!
Gefällt mir :)

 

Hi Hobbes!
Wahrscheinlich warst Du schon ewig nicht mehr auf kg.de und wirst das hier nie lesen, aber:
Deine Geschichte hat auch mir ziemlich gut gefallen.

Bin auch über Ponch´s Empfehlung auf Deine Story gestoßen und war besonders von dem fiesen Schluss
begeistert. Hähähä..

Naja, wenn Du das hier doch lesen solltest: Schreib mal wieder was und poste hier. Würde gern mehr von Dir lesen.

Ugh

 

Morgen,

auch mir hat die geschichte supergut gefallen. Vor allem, weil man nicht genau weiß, was dort eigendlich vorgefallen ist.
Da kann man die Fantasie herrlich spielen lassen.
Sprachlich ist es auch sehr gut, weil es einfach und unkompliziert geschrieben ist.

Errinert mich daran, das ich den keller mal wieder aufräumen sollte.

Rub.

 

gefällt mir echt gut! weiß nicht ob es mir bessergefallen würde hätte er irgendwie tot im keller gebaumelt, ab das is trotzdem echt klasse! schön zum reindenken!

 

Ich fand die Geschichte auch gelungen.
Dein Schreibstil gefällt mir...kurz und temporeich erzählt.
Naja dieser eine Satz hat mich ein wenig gestört...da man ihn ja normalerweise mit Lärm in Verbindung bringt :-)

"Es herrschte eine geradezu ohrenbetäubende Stille."

Ich stehe zwar mehr auf etwas härtere Kost was das Ende und den Horror im Kopf angeht, aber insgesamt fällt mir nur ein Fazit dafür ein :

...Stilvoll ;)

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom