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Gutmenschenhöhle

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16.03.2015
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Gutmenschenhöhle

Daniel verbeugt sich, verlässt unter Applaus die Bühne. Ein gelungener Auftritt. Der Text – einfach klasse. Und wie gut er vorträgt. Auch die Performance davor: Horst, der Mann an der Gitarre – Poet, Songwriter und Sänger. Niederrheinisches Platt. Wie gewohnt in seinem Element, spritzig, witzig, doppeldeutig. Oder davor Heiner am Klavier, mit seiner klaren Stimme. Intelligente, gesungene Lyrik. Da ein Elfchen, dort ein Haiku, abschließend ein Sonett. Alles Stücke, die wunderbar zum Thema passen. Romantisierend, verharmlosend, pazifistisch.

Sabine steht von ihrem Platz auf und geht ans Mikrofon. „Vielen Dank, Daniel. Und nun eine kleine Programmänderung. Cordula ist leider erkrankt, aber dafür haben wir Ersatz. Ich bitte Magda Wohl auf die Bühne!“ Sie deutet auf die zweite Reihe und geht wieder hinunter.
Eine ältere Dame tritt zögerlich nach vorne, geht die zwei Stufen hoch, hält dabei zitternd ihr Manuskript in den Händen. Ich erkenne von meinem Platz, dass sie es handschriftlich erstellt hat. Vieles ist durchgestrichen, korrigiert.
„Guten Abend. Ich … bin kurzfristig dazugekommen. Ich hatte im Extraspiegel reingeschaut, und dann fiel mir der Artikel über die Friedensnacht ins Auge. Das habe ich dann genau gelesen und weil da jeder mitmachen kann, ja, da hab ich mich angemeldet.“
Ich wechsle einen kurzen Blick mit Heiner, der neben mir sitzt. Er scheint ebenso wie ich gespannt und überrascht zu sein.
„Ich habe einen Text über Tiere dabei“, fährt Magda Wohl fort. „Meine Gedanken, die ich mir zu Tieren gemacht habe, heißt er.“
Sie kommt zum Rand der Bühne, lässt den Blick über die Anwesenden schweifen. „Wir sind ja hier in einer kleinen Runde und ich hätte gerne, dass mir jeder kurz seine Gedanken zum Thema Tiere mitteilt.“ Sie schaut auf Sabine. „Möchten Sie anfangen?“
„Tiere haben ein Recht darauf, glücklich zu sein“, sagt Sabine.
„Ich mag Tiere, ich habe eine Katze“, sagt Daniel.
Hartmut meint: „Ich mag auch Tiere, habe selber einen Papagei. Einen echten. Es kann immer nur einer von uns in Urlaub gehen. Meine Frau oder ich.“
„Ich dachte er oder sie“, ruft Horst dazwischen.
Allgemeines Gelächter.
Ich sehe, dass Magda Wohl nervös die Finger gegeneinander reibt.
Zwei, drei andere Leute im Publikum machen Bemerkungen über ihre Haustiere, dann äußert sich Horst wieder, diesmal mit ernstem Unterton. „Ich hab schon als Kind keinen Zirkus gemocht, die Tiere im Zirkus. Das gefällt mir ganz und gar nicht.“
Zustimmendes Gemurmel.
Heiner ist es, der den Faden aufnimmt. „Zirkustiere find ich auch schlimm. Wir haben keine Haustiere, bewusst nicht. Ich möchte nicht Herr über ein Tier sein.“
Da mir diese Aussagen gefallen und mir nichts anderes eingefallen wäre, sage ich: „Tiere im Zirkus mag ich auch nicht, wie Horst. Und ebenso wie Heiner möchte ich auch kein Herr über Tiere sein.“
Magda Wohl nickt, umfasst das Mikrofon, wiederholt stichwortartig die Aussagen aus dem Publikum. Ihre Stimme wird leiser und leiser, sie spricht immer langsamer, bis Sabine dazwischenruft: „Und wie geht jetzt Ihr Text?“
„Ja, mein Text …“ Magda Wohl liest vom Blatt ab. „Meine Gedanken, die ich mir zu Tieren gemacht habe. Doppelpunkt.“
Horst dreht sich zu mir um, lächelt. Ich runzle die Stirn.
„Kälber werden schon nach der Geburt von ihren Müttern getrennt. Ferkel von ihren Müttern.“ Sie überfliegt das Blatt. „Lämmer von ihren Müttern … Nein.“ Sie schaut nach vorne. „Ich glaube die nicht. Das … das waren nur Beispiele, es gibt bestimmt noch mehr.“
Magda Wohls Augenlid zuckt. „Die Tiere werden zum Schlachthof …“ Sie macht eine Pause, Tränen laufen ihr über die Wange. „Dort werden sie geschlachtet.“ Es folgen einige unverständliche, stockende, unter Tränen vorgelesene Sätze über Leid und Qual der Tiere. Immer wieder pausiert sie, verliert sich in den Zeilen, wendet das Blatt hin und her.
Magda Wohl ist fertig, bedankt sich. Verhaltener Applaus, als sie von der Bühne tritt. Horst, Heiner und ich schauen uns gegenseitig verdutzt an, blicken ihr hinterher, bis sie in die Stuhlreihe zurückgekehrt ist. Sie verbeugt sich kurz, streicht ihre Kleidung zurecht, und mir scheint es, dass der Applaus etwas zugenommen hat. Ich selber erwische mich dabei, dass ich stärker klatsche. Den Auftritt werden die meisten sicher nicht so schnell vergessen. Doch an ihren Text wird sich wahrscheinlich schon morgen niemand mehr erinnern.
Jetzt kündigt Sabine mich an. Ich stehe auf, halte meine drei kurzen Anti-Kriegstexte in Händen. Menschen hungern, Menschen fliehen, Menschen werden ermordet. Kinder verlieren ihre Eltern und Eltern ihre Kinder. Sehr wohl ein wichtiges Anliegen. Alles gut recherchiert.
Auf dem Weg zur Bühne weiche ich wie zufällig Sabines Blicken aus. Mir steigt Hitze ins Gesicht. Ich war nie im Krieg, habe nie Leid ertragen. Wie lange dauert es, bis meine Texte wieder vergessen sind?

 

Hallo @GoMusic,

ich finde, da sind ganz gute Ansätze drin und die Idee dahinter finde ich auch gut. Dabei ist mir der Inhalt gerade für Flash Fiction zu wenig fokussiert. Ich denke auch, dass du es dir mit dem Titel zu einfach machst. Der fasst ja quasi zusammen, was du sagen willst.

Eine ältere Dame tritt zögerlich nach vorne, geht die zwei Stufen hoch, hält dabei zitternd ihr Manuskript in den Händen. Ich erkenne von meinem Platz, dass sie es handschriftlich erstellt hat. Vieles ist durchgestrichen, korrigiert.
Du könntest eigentlich hier einsteigen. Wofür das Vorgeplänkel?

Ich hatte im Extraspiegel reingeschaut, weil ich gucken wollte, was ich Silvester machen kann, ja, und dann fiel mir der Artikel über die Friedensnacht ins Auge.
Hier dachte ich erst, dass die Friedensnacht an Silvester stattfindet und fand den Termin ungünstig. ;)

„Wir sollten aber nicht nur über Haustiere sprechen, sondern auch über Nutztiere“, sage ich weiter.
Magda Wohl schaut auf.
„Und über Fleisch, über unser Essen“, ergänze ich.
Für einen Moment herrscht Ruhe.
Klar, jeder mag Tiere. Und natürlich hat man Mitgefühl und so. Aber wie, ich soll jetzt meine eigenen Gewohnheiten in Frage stellen? Mein Verhalten gar ändern? Nee, nee, reden wir lieber über andere viel schlimmere Dinge, die auf der Welt geschehen.

Magda Wohls Augenlid zuckt. „Die Tiere werden zum Schlachthof …“ Sie macht eine Pause, Tränen laufen ihr über die Wange. „Dort werden sie geschlachtet.“ Es folgen einige unverständliche, stockende, unter Tränen vorgelesene Sätze.
Die Stelle von Magdas Vortrag finde ich irgendwie schwach. Du willst sie als unerfahrene Autorin darstellen? Einfach als einen Menschen der ein Anliegen hat und dafür eine Plattform sucht? Die Dinge, sie sie da vorliest sind ja wirklich das Offensichtlichste, was man dazu sagen kann. Oder geht es dir gerade darum? Das Offensichtliche nochmal zu sagen? Dann würde ich es mir vllt noch plakativer wünschen.

Menschen hungern, Menschen fliehen, Menschen werden ermordet. Kinder verlieren ihre Eltern und Eltern ihre Kinder. In unserer Autorengruppe kamen die Texte gut an.
Ohja, die armen Menschen. Da können wir wieder unser Mitleid auspacken, tut ja nicht weh.
Ich bin da ganz bei dir und verstehe auch, warum du diesen letzten Absatz mit rein genommen hast, aber ich denke auch, dass er den Fokus wieder etwas vom Text nimmt. Ich glaube, ich würde mehr in dieser Wunde bohren, die den Unwillen das eigene Handeln zu hinterfragen, offen legt.

Liebe Grüße,
NGK

 

Menschen hungern, Menschen fliehen, Menschen werden ermordet. Kinder verlieren ihre Eltern und Eltern ihre Kinder.
Ich tippe, dass „Deine“ Texte, die Du wie oben zitiert zusammendampfst, schon hierorts veröffentlicht sind ( Staub + Silberstreifen? ) und Dir wichtiger war, einen vor einer Versammlung unsicheren Menschen - eben Magda W. -
... hält dabei zitternd ihr Manuskript in den Händen
im Widerschein des leuchtenden „Daniel“ aufzuzeigen in der „Gutmenschenhölle“, zu der sich für Frau Magda die „Gutmenschenhöhle“ wandelt. Aber sind wir nicht alle in einem Gewissen Sinne „Gutmenschen“ (selbst als Hundehalter, ohne deren Herr aber doch immer gfs. das Alphatier hervorzukehren) , die auf der moralisch unangreifbaren Seite stehen?, dass ich noch vor der Flusenlese mit dem Lehrer Lämpel schließe:

„Und voll Dankbarkeit sodann,
Zündet er sein Pfeifchen an.
»Ach!« — spricht er — »die größte Freud'
Ist doch die Zufriedenheit!«"

Flusenlese

Niederrheinischer Platt.
Warum mit der falschen Endung, wenns auch ohne geht „niederrheinisch(es) Platt“

Sie kommt zum Rand der Bühne, lä[ss]t ihren Blick über die Anwesenden schweifen

Es kann immer nur eine[r] von uns in Urlaub gehen. Meine Frau oder ich.“

Schöne Grüße von der Grenze zu den sächsischen Dialekten

Friedel
shuffle ohne Waffel!

 
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Hallo GoMusic

Ich werde nicht ganz schlau aus dem Text. Ich fasse mal zusammen, wie ich das gelesen habe:

Eine ältere Frau, natürlich eine Frau, denn Frauen sind ja emotional und können rationale Argumentationen nicht so gut nachvollziehen, trägt mit zitternden Händen "Gedanken über Tiere" vor, die sich als unzusammenhängend und wirr erweisen, schlecht recherchiert und oberflächlich. Der Text wird mit verhaltenem Applaus quittiert.
Danach tritt der Mann, natürlich ein Mann, denn Männer sind in der Lage, rational über das Leid in der Welt nachzudenken und das alles in die richtige Relation zu bringen, auf die Bühne und trägt drei Texte über den Krieg vor. Ob diese Texte in die Tiefe gehen, erfahren wir nicht. Aber die Texte kommen gut an.
Weshalb kommen diese Texte gut an, frage ich mich? Weil sie von "echtem" Leid handeln und nicht vom Leid der Tiere? Soll das die Aussage des Textes sein? Dann wäre er ein wunderbares Beispiel dafür, was man unter "Speziesismus" versteht. Human Supremacy. Soll relevantes Leid mit wenig relevantem Leid verglichen werden? ("Liebe Frauen, hört endlich damit auf, euch über Lohnungleichheit zu beschweren: In Afrika verhungern Kinder!" / "Liebe Vegetarier, haltet endlich eure Klappe: In Afrika verhungern Kinder - und ich möchte gerne mein Steak geniessen.") Ich befüchte, dass man den Text so lesen kann, aber ich weigere mich, das so zu lesen.

Und tatsächlich gibt es ja Hinweise, darauf, dass das nicht so gemeint sein kann: Nicht nur die Autorin wird als Gutmensch chrakterisert, sondern indirekt auch der Ich-Erzähler, der ja an diesem Abend nicht unfreiwillig mitgemacht hat und offensichtlich eine Botschaft hat. Was ist seine Botschaft? Wie gesagt, wir erfahren nichts über diese Kriegstexte. War der Ich-Erzähler je im Krieg, hat er Leid erfahren? Oder aber: Ist er nicht genau in derselben Situation wie die alte Dame? Nämlich dadurch, dass er das Leid der Welt in eine literarische Form giesst, was ihm ein gutes Gefühl gibt? Entschiedend ist da der letzte Satz: Seine Texte kommen gut an, besser als die Texte über die Tiere. Weil sie besser sind? Weil sie über dringlichere Probleme sprechen? Aus der Sicht des Ich-Erzählers scheint beides der Fall zu sein, was mir diesen Ich-Erzähler äusserst unsympathisch macht. "Meine Themen sind relevanter als die der anderen!" / "Andere schreiben rührselige Fetzchen über Tiere, ich hingegen stelle mich den wahren Problemen dieser Welt." In etwa so nehme ich diesen Ich-Erzähler wahr. Ich finde, den Ich-Erzähler könnte man noch etwas brüchiger darstellen, damit das auch deutlich wird. Man müsste vielleicht klar stellen, dass dieser Ach-so-relevante-Möchtegern-Schriftsteller ebenfalls nichts zu sagen hat über sein Thema, über den Krieg, der hier so stichwortartig abgehandelt wird. Das wäre dann stärker auf der Metaebene: Der eitle Wettkampf der dringlichen Themen. Das würde grundsätzlichere Fragen aufwerfen: Wozu schreiben wir eigentlich? Aber da müsste sich meiner Meinung nach zwischen Anspruch des Ich-Erzählers und der Realität Risse aufzun. Denn ansonsten drängt sich die erste Lesart auf, was den Autor in die Nähe des Ich-Erzählers rücken würde und das fände ich - ich suche nach einem geeigneten Wort - eher unschön.
Ich finde da die Gewichtung nicht optimal. Dieser ganze Aufwand, um die alte Frau lächerlich zu machen und ein Stück weit auch die anderen Teilnehmenden, das nimmt sehr viel Raum ein. Ich fände es zum Beispiel viel spannender, die Frau als brilliante Erzählerin darzustellen, die unheimlich viel Applaus erntet und der Ich-Erzähler platzt vor Neid und dann tritt er auf die Bühne und denkt sich, so jetzt zeige ich euch mal, was bedeutsam ist und was zählt in der Welt und dann folgt eine Kaskade von Plattitüden: Hunger, Flucht, Kinder, blabla.


Lieber Gruss
Peeperkorn

 

Hi @GoMusic und @Peeperkorn,

ich grüble nun auch schon eine Weile über den Text nach und möchte eine Lanze für Pepperkorns zweite Interpretation brechen, so lese ich ihn nämlich:

Der Ich-Erzähler nimmt an einem Friedensabend teil, da sind mal bessere, mal schlechtere Beiträge, aber letztlich ist das irrelevant, weil er sich - implizit - der eilten Vergeblichkeit der ganzen Veranstaltung bewusst ist.

Ich fand übrigens nicht, dass die Magda-Wohl-Figur bloßgestellt wird - an ihrem Beispiel wird einfach die Vergeblichkeit dieser ganzen gut gemeinten, aber letztlich wirkungslosen Veranstaltung konkret. Es ist nur folgerichtig, dass wir gar nicht erst erfahren, ob die Texte des Ich-Erzählers gut oder schlecht sind - das macht nämlich keinen Unterschied.

In dieser Lesart hat der Text natürlich eine bitterböse Aussage. Aus irgendeinem Grund hat mich das alles an die "Sultans of Swing" von den Dire Straits erinnert, bloß in einer ganz desillusionierten, pessimistischen Variante: Schön, dass ihr's versucht, aber bildet euch bloß nicht ein, dass das jemanden interessiert.

PS. Der Text ist astrein geschrieben. Das nur so nebenbei.

@GoMusic, sag mal was!

Viele Grüße!

Christophe

 

Hallo @GoMusic

ein wichtiges Thema hast Du verarbeitet. Zuerst störte mich die Distanz des Erzählers, da sie verschiedene Interpretationen dessen zulässt, wer oder was hier eigentlich vorgeführt wird. Ich musste den Text auch einen Tag sich setzen lassen, bevor ich darauf kam, meine Leseweise vom Erzähler abzukoppeln.
Das ist nicht gerade mundgerecht serviert worden von Dir, aber das sollte es wohl auch nicht.
Für mich handelt es sich um die Darstellung der Hilflosigkeit verschiedener Figuren angesichts moralischer Dilemmas, die sie zu überwinden trachten. Ein zynischer Willkommensgruß dem Fatalismus: "Es ist, wie es ist".
Weder der Erzähler, noch der Autor (was ich als kritikwürdig empfinde) bieten Lösungsansätze.
Eine nüchterne Darstellung des Unabänderlichen.
Wenn diese Interpretation zutrifft, dann hast Du das ordentlich dargestellt.

Aber es gibt mir als Leser nichts in die Hand. Und das erhoffe ich mir von einem Text, der das Unglück der Welt behandelt. Die reine Zurschaustellung des Scheiterns erzeugt nur miese Laune.
Die Analyse des Problems würde dem Publikum weh tun. Es erfordert Haltung und Mut bei Autoren, denn das Publikum neigt zur Bildung eines um sich schlagenden Mobs, wenn ihm der Spiegel vorgehalten wird.

(Jetzt kriege ich das Bild eines um sich schlagenden Mops' nicht mehr aus dem Kopf)

Schönen Gruß
Kellerkind

 

Liebes NGK,

schön, dass du meine kurze Geschichte gelesen und deine Gedanken dazu dagelassen hast.

ich finde, da sind ganz gute Ansätze drin und die Idee dahinter finde ich auch gut.
Das ist schon mal gut. Dann habe ich ja nicht allzu viel falsch gemacht. :shy:

Dabei ist mir der Inhalt gerade für Flash Fiction zu wenig fokussiert.
Ich glaube, ich verstehe, was du meinst.
Hast du es ja gut beschrieben.
Ich versuche es mal in meine Worte zu fassen:
Du findest den Anfang "überflüssig" ...

Eine ältere Dame tritt zögerlich nach vorne, geht die zwei Stufen hoch, hält dabei zitternd ihr Manuskript in den Händen. Ich erkenne von meinem Platz, dass sie es handschriftlich erstellt hat. Vieles ist durchgestrichen, korrigiert.
Du könntest eigentlich hier einsteigen. Wofür das Vorgeplänkel?

... und den Magda-Teil zu schwach ...

Die Stelle von Magdas Vortrag finde ich irgendwie schwach. Du willst sie als unerfahrene Autorin darstellen? Einfach als einen Menschen der ein Anliegen hat und dafür eine Plattform sucht? Die Dinge, sie sie da vorliest sind ja wirklich das Offensichtlichste, was man dazu sagen kann. Oder geht es dir gerade darum? Das Offensichtliche nochmal zu sagen? Dann würde ich es mir vllt noch plakativer wünschen.

... und dass der letzte Absatz den Fokus vom Hauptsächlichen wegnimmt:

Ich bin da ganz bei dir und verstehe auch, warum du diesen letzten Absatz mit rein genommen hast, aber ich denke auch, dass er den Fokus wieder etwas vom Text nimmt. Ich glaube, ich würde mehr in dieser Wunde bohren, die den Unwillen das eigene Handeln zu hinterfragen, offen legt.
Ich habe mir tatsächlich etwas dabei gedacht ;) (kann sein, dass das nicht bei allen Lesern angekommen ist, wenn ich mir auch die nachfolgenden Kommentare anschaue. Muss ich wohl noch dran feilen).
Meine Intension ist, dass der Anfang unbedingt notwendig ist, zeigen sie doch in den Augen des Erzählers, wie hoch die Latte der Qualität gelegt ist.
Und ja, Magda wird als unerfahrene Autorin vorgestellt. Aber: es soll hier auf den Inhalt ankommen. Der Applaus war womöglich nur sparsam, weil die zuhörenden, ja so perfekten Autoren die Art und Weise bewertet haben, wie der Text vorgetragen wurde. Gut möglich, dass sie emotional völlig betroffen waren, nicht verstehen können, wie ein solch "dilettantischer" Vortrag solch eine Wirkung bei ihnen selbst erzeugen kann.
Und der letzte Absatz: Wie die Texte sind, die der Ich-Erzähler vortragen möchte, ist tatsächlich unwichtig. So ungefähr, wie es in einem späteren Kommentar steht.

Ich denke auch, dass du es dir mit dem Titel zu einfach machst. Der fasst ja quasi zusammen, was du sagen willst.
Hm ... da muss ich nochmal überlegen. Ja, ist schon eine Zusammenfassung. Aber mir gefällt der Titel so gut ...

Ich hatte im Extraspiegel reingeschaut, weil ich gucken wollte, was ich Silvester machen kann, ja, und dann fiel mir der Artikel über die Friedensnacht ins Auge.
Hier dachte ich erst, dass die Friedensnacht an Silvester stattfindet und fand den Termin ungünstig. ;)
Ah, guter Hinweis. Habe das geändert, der Zeitpunkt ist nicht relevant.

Vielen Dank nochmal. Hast mir einiges zum Knabbern dagelassen.


Lieber Friedel,

schön, dich auch unter meiner Geschichte zu finden.

Ich tippe, dass „Deine“ Texte, die Du wie oben zitiert zusammendampfst, schon hierorts veröffentlicht sind ( Staub + Silberstreifen? ) und Dir wichtiger war, einen vor einer Versammlung unsicheren Menschen - eben Magda W. -
... hält dabei zitternd ihr Manuskript in den Händen
im Widerschein des leuchtenden „Daniel“ aufzuzeigen in der „Gutmenschenhölle“, zu der sich für Frau Magda die „Gutmenschenhöhle“ wandelt.
Ja, da habe ich mal einfach überlegt, welche/wieviele (Anti-)KriegtTexte ich hier schon veröffentlicht habe, und so kam ich auf die Zahl. Man muss hier aber Autor und Ich-Erzähler trennen ...
Und ja, ein oder mehrere leuchtende Beispiele brauchte ich, um den Vergleich zu haben, um die Erwartung zu beschreiben.

Aber sind wir nicht alle in einem Gewissen Sinne „Gutmenschen“ (selbst als Hundehalter, ohne deren Herr aber doch immer gfs. das Alphatier hervorzukehren) , die auf der moralisch unangreifbaren Seite stehen?,
Eine Frage, die mich beschäftigt, zu der ich aber keine Antwort habe.

Flusenlese
Besten Dank auch dafür. Ist korrigiert.


Lieber Peeperkorn,

habe mich sehr über deinen Besuch gefreut.
An deinem Kommentar meine ich zu erkennen, dass du eine kleine Stelle falsch interpretiert hast oder ich sie undeutlich geschrieben habe.

natürlich eine Frau
natürlich ein Mann
Das ist absoluter Zufall, soll rein gar nichts mit Geschlechterrollen zu tun haben.

Ob diese Texte in die Tiefe gehen, erfahren wir nicht. Aber die Texte kommen gut an.
Die Qualität der Texte tut schlußendlich nichts zur Sache.
Die Texte kommen nicht gut, sie kamen bisher gut an. In der Autorengruppe des Protas, die nichts mit der Friedensnacht/den Vorträgen zu tun haben.
Ob die Texte auch in der Friedensnacht gut angekommen, ist nicht gesagt.

Und tatsächlich gibt es ja Hinweise, darauf, dass das nicht so gemeint sein kann:
Yepp.

Was ist seine Botschaft? Wie gesagt, wir erfahren nichts über diese Kriegstexte. War der Ich-Erzähler je im Krieg, hat er Leid erfahren?
Ich denke, und das hat @Christophe weiter unten auch so ähnlich kommentiert, dass die erwähnten Texte total unwichtig sind.

Entschiedend ist da der letzte Satz: Seine Texte kommen gut an, besser als die Texte über die Tiere. Weil sie besser sind?
Wie gesagt, kann der Prota diesen Vergleich gar nicht machen. Er weiß nicht, wie sie "hier und jetzt" ankommen (werden).

was mir diesen Ich-Erzähler äusserst unsympathisch macht.
Ja, sympathisch sollte er nicht unbedingt sein :)

Ich finde da die Gewichtung nicht optimal. Dieser ganze Aufwand, um die alte Frau lächerlich zu machen und ein Stück weit auch die anderen Teilnehmenden, das nimmt sehr viel Raum ein.
Du hast es als Lächerlichmachen empfunden. Schade, da kam meine Intension bei dir nicht an.

Lieben Dank für deinen tollen Kommentar.


Lieber Christophe,

ich hab schon oder erst zwei Texte von dir kommentiert, hatte aber vor, vielmehr zu kommentieren. Wenn wieder Zeit ist ...

ich grüble nun auch schon eine Weile über den Text nach
Grübeln über Texte ist immer gut :shy:

Der Ich-Erzähler nimmt an einem Friedensabend teil, da sind mal bessere, mal schlechtere Beiträge, aber letztlich ist das irrelevant, weil er sich - implizit - der eilten Vergeblichkeit der ganzen Veranstaltung bewusst ist.
Ja.

Ich fand übrigens nicht, dass die Magda-Wohl-Figur bloßgestellt wird - an ihrem Beispiel wird einfach die Vergeblichkeit dieser ganzen gut gemeinten, aber letztlich wirkungslosen Veranstaltung konkret.
Ja.

Es ist nur folgerichtig, dass wir gar nicht erst erfahren, ob die Texte des Ich-Erzählers gut oder schlecht sind - das macht nämlich keinen Unterschied.
Ja.
So, jetzt habe ich dreimal "ja" gesagt. Mehr kann ich dazu gar nicht sagen. Du hast es auf den Punkt getroffen, meine Intension hier in anderen, analytischen Worten wiedergegeben.

In dieser Lesart hat der Text natürlich eine bitterböse Aussage.
Genau dahin wollte ich: die bitterbitterböse Aussage.

Der Text ist astrein geschrieben. Das nur so nebenbei.
Danke auch dafür.

Christophe, ich freue mich über deinen Kommentar. Zeigt er mir, dass einiges angekommen ist.


Liebes Kellerkind,

schön, dich unter meiner Geschichte zu finden.

ein wichtiges Thema hast Du verarbeitet.
Ja, hoffe ich.

Zuerst störte mich die Distanz des Erzählers, da sie verschiedene Interpretationen dessen zulässt, wer oder was hier eigentlich vorgeführt wird.
Du sagst es. Genau so.

Das ist nicht gerade mundgerecht serviert worden von Dir, aber das sollte es wohl auch nicht.
Stimmt.

Für mich handelt es sich um die Darstellung der Hilflosigkeit verschiedener Figuren angesichts moralischer Dilemmas, die sie zu überwinden trachten.
So soll der Text verstanden werden. Bzw. würde ich mich freuen, wenn er so verstanden würde. Kann ja den Lesern keine Vorschriften machen :Pfeif:

Weder der Erzähler, noch der Autor (was ich als kritikwürdig empfinde) bieten Lösungsansätze.
Eine nüchterne Darstellung des Unabänderlichen.
Wenn diese Interpretation zutrifft, dann hast Du das ordentlich dargestellt.
Danke.
Aber muss der Autor immer eine Antwort haben?

Die Analyse des Problems würde dem Publikum weh tun.
Das stimmt.

Jetzt kriege ich das Bild eines um sich schlagenden Mops' nicht mehr aus dem Kopf
Huch. Hoffentlich bekomme ich nicht das gleiche Problem :D

Auch dir lieben Dank für Zeit und Gedanken.

Ich wünsche euch eine gute Nacht.

Kann sein, dass ich nochmal auf Einzelheiten von euch zurückkomme. Waren jetzt relativ viele und relativ unterschiedliche Kommentare, die ich wohl noch weiter im Kopf kreisen lassen muss.

Liebe Grüße, GoMusic

 

Hallo @GoMusic

Aber muss der Autor immer eine Antwort haben?
Ich muss mich korrigieren:
Weder der Erzähler, noch der Autor bieten Lösungsansätze.
Ich meinte eher eine Analyse der Ursache(n), die gut gemeinte Aktionen zu absurdem Theater werden lassen. Und in der Konsequenz eine Analyse der Gründe, warum die Welt ist, wie sie ist. Die Problemlösung muss nicht vorgegeben werden. Eine sanfte Lenkung durch den Autor wäre bei einem politischen Text sicher nicht zu kritisieren aber das kann auch offen bleiben. Den Rest kann man den Lesern überlassen.

Aber das Problem sollte grundsätzlich benannt werden. Auch wenn das ein anderer Autor schon vor 150 Jahren ausgiebig geklärt hat. Es ist wohl Zeit für die 2.0 Version. ;-)

 

Hey GoMusic

Danke für die Klärung! Tatsächlich habe ich den letzten Satz falsch gelesen, das macht schon einen Unterschied. In meinen Augen aber keinen allzugrossen.

Gut möglich, dass sie emotional völlig betroffen waren, nicht verstehen können, wie ein solch "dilettantischer" Vortrag solch eine Wirkung bei ihnen selbst erzeugen kann.
Von dieser Wirkung lese ich im Text aber nichts. Da steht nur "verhaltener Applaus." Und die "Wirkung" auf den Ich-Erzähler ist deutlich:
Horst dreht sich zu mir um, lächelt. Ich verdrehe die Augen.
Endlich ist Magda Wohl fertig
Weiterhin sehe ich nicht, weshalb die Figur(en) nicht lächerlich gemacht wird/werden. Dieser Vortrag, die Diskussion, das ist doch Vorschulniveau. Und dann weint sie noch auf der Bühne! Damit trägt der Text aus meiner Sicht nichts zur Frage bei, ob der Versuch, sich literarisch mit moralischen Fragen auseinanderzusetzen, legitim ist oder nicht. So denke ich mir, naja, wenn die nicht mal die elementarsten Tatsachen recherchiert haben, was soll's. "Bitterbös" funktioniert für mich erst, wenn man die Figuren stark macht, wenn die Leser zunächst denken, wow, und erst mit der Zeit merken, was abgeht. In der vorliegenden Form empfinde ich das als etwas billige Abrechnung mit den beliebten Prügelknaben und -mädchen, den Gutmenschen, die angeblich nichts auf die Reihe kriegen, weder einen guten Text noch eine wirksame moralische Anklage.

Lieber Gruss
Peeperkorn

 

Hey Kellerkind und Peeperkorn,

danke für euer erneutes Feedback.

Ich meinte eher eine Analyse der Ursache(n), die gut gemeinte Aktionen zu absurdem Theater werden lassen. Und in der Konsequenz eine Analyse der Gründe, warum die Welt ist, wie sie ist. Die Problemlösung muss nicht vorgegeben werden. Eine sanfte Lenkung durch den Autor wäre bei einem politischen Text sicher nicht zu kritisieren aber das kann auch offen bleiben. Den Rest kann man den Lesern überlassen.
Gut, dass du das nochmal konkretisierst, Kellerkind. Ich denke, ich habe nun eine Ahnung oder besser eine Idee, wie ich den Text anpassen kann, die vielen Anspielungen in eine Richtung lenke, den Fokus verstärke.


"Bitterbös" funktioniert für mich erst, wenn man die Figuren stark macht, wenn die Leser zunächst denken, wow, und erst mit der Zeit merken, was abgeht. In der vorliegenden Form empfinde ich das als etwas billige Abrechnung mit den beliebten Prügelknaben und -mädchen, den Gutmenschen, die angeblich nichts auf die Reihe kriegen, weder einen guten Text noch eine wirksame moralische Anklage.
Danke für deine Gedanken, Peeperkorn.
Ich werde mir das durch den Kopf gehen lassen. Nach billiger Abrechnung soll es ja nicht klingen.

Danke euch beiden für die Denkanstösse. In meinem Kopf raucht es, und das ist gut so.
Ich werde alles sammeln und mich an die Überarbeitung machen.

Liebe Grüße und einen guten Start in die Woche,
GoMusic

 

Lieber @GoMusic,

eigentlich lese ich Deine Texte immer ganz gerne, aber hier, Du ahnst es schon ein wenig nach dem Einstieg, schüttele ich den Kopf und frage mich: Was soll denn das? (ich habe mich nicht intensiv mit den anderen Kommentaren auseinandergesetzt).

Erst dachte ich, dass sei eine Satire, in der Du "Gutmenschen" veräppelst, die olle Alte, die unfähig ist, einen Text zu verfassen, geschweige denn in der Lage wäre, in ohne unerträgliche Gefühlsduselei vorzutragen, rückgekoppelt mit einem Publikum, das Reaktionen zum intellektuellen Fremdschämen liefert.

Dann dachte ich, der GoMusic, getriggert durch den letzten Absatz, möchte des Tierunwohl gegen das Menschenunwohl ausspielen, was ja eine hochspannende Frage ist, ob so ein Tierleben weniger wert ist als das Leben des Tiers, das sich die Erde untertan gemacht hat. Der Text über das Menschenunwohl kam ja wohl besser an als der andere, war wohl auch besser und auch noch besser vorgetragen. Tierwohlmenschen sind also unfähiger als Menschwohlmenschen?

Aber so richtig zündet das auch nicht, denn was ist das für eine Intention, so eine tiefgehende Philosophische Frage anzureißen, indem man eine Tierwohlvertreterin so lächerlich macht und auch das Publikum gleich mit durch den Kakao zieht, indem man wohl reflektierte und durchdachte Bemerkungen verlautbaren lässt (IRONIE!): "Ich hab schon als Kind keinen Zirkus gemocht, die Tiere im Zirkus. Das gefällt mir ganz und gar nicht."

Oder soll es einfach nur eine Abrechnung sein mit "Gutmenschen" an sich? Mal ein wenig lächerlich gemacht, bisschen Dreck drüber ausgeschüttet und fertig ist der Text? So kenne ich Dich aber gar hier nicht im Forum und das passt einfach nicht zu Dir. Außerdem merkt man dem Text an, dass er geschliffen ist und gerade das wohl nicht möchte.

Also was bleibt? Der Titel ist doppeldeutig, denn was ist denn die Hölle? Dass man von Gutmenschen umgeben ist? Oder ist es die Hölle für die Gutmenschen? Was ist denn der Gutmensch überhaupt? Einer der Gutes möchte, ohne in der Realität zu leben? Und was ist seine Hölle? Dass die Realität anders ist, als seine rosa Wolke, auf der er gerne schweben würde?

Ich finde dieses "Gutmenschen" Thema grundsätzlich spannend, denn letztlich bestimmt es unsere Realität in vielen Bereichen und wir führen gerade große Experimente durch, um bestimmte Menschengruppen zu schützen, was aber an anderen Stellen zu Probleme führt. Und gerade das unreflektierte Ausblenden der Konsequenzen des Gutmenschentums ist es, das mich stört, denn die Konsequenzen führen zu Verarmung und Radikalisierung. Und das nicht nur bei uns. Aber man kann das mit vielen Gutmenschen nicht diskutieren, denn der Gutmensch wähnt sich grundsätzlich in der moralisch höherwertigen Position, sodass eine objektive Diskussion gar nicht möglich ist. Auch eine Art von Gutmenschenhölle.

Aber Dein Text beschäftigt sich nicht damit, sondern deutet nur an, lässt alles im Unklaren und lässt verschiedene Lesarten zu, sodass ich am Ende die Eingangsfrage wiederhole: Was soll denn das?

Oder willst Du zum Ausdruck bringen, dass solche Veranstaltungen an sich lächerlich sind?

Ich bin gespannt, wohin sich der Text noch bewegt. Ich denke, dass dem Text eigentlich eine für Dich wichtige Botschaft innewohnt, die aber bei mir in keiner Weise ankommt. Und das ist schade. Vielleicht kannst Du die für so einen Leser wie mich freilegen? Vielleicht bin ich aber auch einfach nur der Falsche für so eine Art Text (ich wäre es wohl auch für so eine Art Veranstaltung), weil mir absolute Positionen grundsätzlich suspekt sind, egal wie gut sie gemeint sind.

Gruß Geschichtenwerker

 

Lieber Geschichtenwerker,

danke für deine Zeit und deine Gedanken.

Aber Dein Text beschäftigt sich nicht damit, sondern deutet nur an, lässt alles im Unklaren und lässt verschiedene Lesarten zu,
Ja, der Text läßt viele Lesarten zu, was ich im Grunde gut finde.
(In Wahrheit mache ich es mir dadurch selbst immer wieder schwer ... :shy: )
Nur haben mir die Kommentare gezeigt, dass ich wohl viel zu vieles lediglich anreiße, keinen speziellen Fokus habe bzw. es mir nicht gelungen ist, (m)eine Intention aufzuzeigen.

Ich bin gespannt, wohin sich der Text noch bewegt. Ich denke, dass dem Text eigentlich eine für Dich wichtige Botschaft innewohnt, die aber bei mir in keiner Weise ankommt.
Ich auch.
Ja, die Botschaft ... Dein Kommentar und die bisherigen sind für mich dabei wichtige Gradmesser und gute Hilfe.

Vielleicht kannst Du die für so einen Leser wie mich freilegen?
Ich hoffe es.

Vielleicht bin ich aber auch einfach nur der Falsche für so eine Art Text (ich wäre es wohl auch für so eine Art Veranstaltung), weil mir absolute Positionen grundsätzlich suspekt sind, egal wie gut sie gemeint sind.
Grundsätzlich sind mir solche Veranstaltungen auch suspekt, aber erst nach meiner zweiten Teilnahme.

Ich habe mal an zwei solcher Veranstaltungen als Vorgetragener teilgenommen.
Und, jetzt wo ich dies gerade schreibe und ich darüber erneut nachdenke, fällt mir ein/auf, dass da zuletzt lediglich Vortragende plus vielleicht zwei oder drei Begleitpersonen anwesend waren. Wieso kam ich nicht schon eher auf die Idee, diese Vergeblichkeit (stärker) in den Text zu übernehmen?
Das nur am Rande. Beantwortet jetzt sicher nicht deine Fragen.

Vielen Dank noch mal. Und sorry für die relativ kurze Antwort. Ich denke und grübel und schaue, wie ich den Text runder bekomme. Melde mich nochmal.

Wünsche dir einen tollen Abend.
Liebe Grüße, GoMusic

 

Lieber @GoMusic,

ich bin ja froh, dass Du mit meinem Gemecker etwas anfangen kannst. Ich bin recht ruhig geworden hier im Forum, weil ich meistens das Gefühl habe, mit meinem Genörgel mehr zu nerven als zu helfen.

Wieso kam ich nicht schon eher auf die Idee, diese Vergeblichkeit (stärker) in den Text zu übernehmen?

Naja, die Vergeblichkeit ist sicher ein guter Punkt, aber es ist auch nicht weiter verwunderlich, wenn diesen Menschen oftmals eine gewisse Kraftlosigkeit innewohnt, dass man sie nicht hört. Vielleicht ist das ein guter Ansatz, um Deinem Unbehagen über das Rufen in der Wüste und das Gefühl der Unsichtbarkeit zu mehr Präsenz im Text zu verhelfen. Dann würde auch der Beigeschmack der Lächerlichkeit geringer werden oder hoffentlich verschwinden.

Ja, der Text läßt viele Lesarten zu, was ich im Grunde gut finde.
(In Wahrheit mache ich es mir dadurch selbst immer wieder schwer ... :shy: )

Die Schwierigkeit hier sehe ich eher darin, dass er Lesarten zulässt, die Deiner gewählten Intention zuwiderlaufen und das finde ich bei Texten unglücklich, die eine gewisse "politische Ebene" haben. Man will ja nicht das Gegenteil der gewünschten Botschaft vermitteln.

Ich wünsche Dir auch eine tollen Abend und schaue gerne noch einmal rein.

Lieber Gruß
Geschichtenwerker

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo, lieber GoMusic,
wenn ich deine Antworten und natürlich auch deinen Text richtig verstehe, willst du mit der Geschichte darauf raus, dass all die gut, besser oder schlechter vorgetragenen Texte kritischer Menschen nichts bewirken, dass sie in ihrem eigenen Drang sich zu erklären, vergebliche, effektlose Mühe bleiben. Vielleicht sogar, dass die vielleicht ursprünglich einmal gute Absicht sich in Platitüden auflöst und in die Eitelkeit und Konkurrenz darum, wer am hübschesten vorträgt.

Fest machst du das innerhalb der Geschichte mit den Gedanken eines Icherzählers, der sich mit den vorherigen Vortragenden vergleicht. Er fürchtet, nicht so gut abzuschneiden. Und er hat auch ein wenig Kritik: romantisierend, verharmlosend ist das. Recht gefällig auf die hübsche Wirkung bedacht. Dann folgt der Vortrag von Magda über das Elend der Tiere, eine unerfahrene Dame, die eigentlich nichts Erarbeitetes vorträgt, sondern sich in sehr allgemeinen Betrachtungen verliert. Und darüber das Weinen anfängt. Der Icherzähler findet das lächerlich, was und wie es in dieser deiner Darstellung ja auch gemacht ist, denn er verdreht die Augen, aber er plötzlich trotzdem sich auf einmal bewusst, dass seine Texte, die in der Autorengruppe gut ankamen, jetzt wohl oberflächlich und generalisierend wirken, ihre eigentliche, gewollte Wirkung verfehlen werden. Aber warum eigentlich? Der vorherige Vortrag Magdas kann es nicht sein. Der war nämlich echt nichts. Sie hat nur einen verhaltenen Applaus gekriegt. Und sie hat, wenn ich den Vortrag selbst betrachte, fürchterliche Platitüden vorgetragen. Ich fass es mal zusammen: Eine lächerlich wirkende alte Dame, die plötzlich anfängt zu weinen. Die Reaktionen der Zuschauer sind so, dass sie die Platitüden nachplappern. Oder selbst welche rausballern. Wenn ich den Titel dazu nehme, erfahre ich außerdem, dass die vorgetragenen Anklagen dieser Friedens- und Tierwohlbewegten Gutmenschen sind, die in ihrem eignen Saft brutzeln. Und dass sie keine bestimmten Zwecke, Kritiken und Anklagen haben, sondern dass sie das von "Natur" aus tun, weil sie Gutmenschen sind. Das geht in die Richtung, dass ihre Anklagen und Vorwürfe an Selbstgerechtigkeit leiden. Ob du das wirklich so meinst? Ich denke eigentlich nicht, aber du hältst dich in deinen Antworten sehr bedeckt, so dass man so ein bisschen aufs Raten angewiesen ist.
Jedenfalls, warum der Icherzähler sich nun nach Magdas Vortrag selbst reflektiert und sein Vorhaben in Frage stellt? Ich erfahre es nicht wirklich.
So wirkt die Geschichte wenn ich es mal harmlos ausdrücke irritierend. Man fragt sich, worauf du rauswillst, man erkennt keinen roten Faden. Und schlimmer noch, alles was Leute so kritisieren, woran sie leiden oder was sie anklagen wollen, erhält einen bestimmten Stempel aufgedrückt. Den des Gutmenschentums. Und dass das eine sehr abwertende Beurteilung ist, das ist auch klar.

Wenn es stimmt, was ich im ersten Absatz geschrieben habe, also dass die ursprünglich einmal ernsten Kritken und Absichten sich in die Eitelkeit und Konkurrenz darum auflösen, wer am hübschesten vorträgt, dann würde ich erstens den Titel rausschmeißen. Und zweitens am Vortrag von Magda ansetzen.
Der Titel: So schnell rausschmeißen, wie du ihn reingeschrieben hast. :) Aus zwei Gründen. Erstens fasst er was zusammen und spitzt es zu, was du eigentlich erst noch zeigen müsstest. Und zweitens so, wie die Geschichte gestaltet ist, tust du das in eine irritierende Richtung.
Was soll das Gutmenschentum und ihre Hölle denn sein? Dass sie überhaupt ein kritisches Anliegen haben? Glaube ich nicht, so wie ich dich kenne, dass du das meinst. Aber hier klingt es und kommt sowohl durch den Titel als auch du den Text selbst genau so rüber, dass allein die Kritik an dem Umgang mit Tieren als auch ein Anklage gegen den Krieg bereits Gutmenscheninhalte sind. Das ist, ohne sich ein Stück mit dem zu beschäftigen, was Veganer oder Tierfreunde oder Kriegsgegner überhaupt sagen und wollen, eine Aburteilung ihrer Kritiken als moralisierende, vergebliche und irgendwie selbstgrechte und fehlgeleitete übertriebene Grundhaltung. All das steckt in dem netten Begriff "Gutmensch" drin. Also allein deshalb würde ich den schon rausschmeißen.

2. Magdas Vortrag:
Geht es um die Eitelkeit des Icherzähler? Merkt er diese Eitelkeit auf einmal? Das lässt du jedenfalls anklingen, wenn er sich mit den Vortragskünstlern vom Anfang vergleichst. Das fand ich cool gemacht, wie er da die Art ihres Vortrages bespricht und sich damit vergleicht, da ist das inhaltliche Anliegen gegen den Krieg nämlich verschoben zu der eigenen Konkurrenz, wer die besseren Texte macht, wer die bessere Performance hinlegt und im Zuschauervergleich sich besser positioniert. Aber wozu braucht es dann Magdas furchtbaren Vortrag? In einer Antwort schreibst du:

Der Applaus war womöglich nur sparsam, weil die zuhörenden, ja so perfekten Autoren die Art und Weise bewertet haben, wie der Text vorgetragen wurde. Gut möglich, dass sie emotional völlig betroffen waren, nicht verstehen können, wie ein solch "dilettantischer" Vortrag solch eine Wirkung bei ihnen selbst erzeugen kann.
Dann musst du die Wirkung bei ihnen aber auch zeigen! Von der erfahre ich nämlich nichts. Beziehungsweise nur das Augenverdrehen des Icherzählers. Von den anderen Zuschauern erfahre ich nichts außer dass sie ähnliche Schmonzetten von sich geben wie Magda selbst und dass sie die Sache nicht recht ernst nehmen.
Ich könnte mir vorstellen, dass du den Text in die richtige Richtung verschieben kannst, wenn du Magdas Vortrag besser und näher an ihrer Person ausbaust. Sie könnte inhaltlich immer noch furchtbar allgemein sein und bleiben, aber ganz persönlich ge- und betroffen. Man müsste ihre Person glaubhaft machen, und das zeigen. Ihr Zittern, ihre Gefühle. Nachvollziehbarer und glaubwürdiger, als es in deinem Text bisher rüberkommt. Im Moment wirkt sie leider tränenseelig und lächerlich gemacht. Ein rührseliges Klischee auf zwei Beinen. Ich denke, es würde gar nichts machen, wenn sie in den Augen der Zuschauer deiner Geschichte weiterhin lächerlich wirkt. Aber in den Augen der Leser muss sie zu einer Person aus Fleisch und Blut werden, die an der Sache leidet, um die sie sich kümmert. Und die daran leidet, dass sie eben an ihrer Vortragsart gemessen wird. Und wenn sie dann eben nur den verhaltenen Applaus kriegt oder gar ausgebuht wird, dann geht dein Text meiner Ansicht nach eher in die Richtung, dass sich bei zahlreichen Veranstaltungen dieser Art der Inhalt und die Kritik verändert zu einer Konkurrenz um das gescheite Vortragen und das Abschneiden vor Publikum. Und dass man sich dabei ganz gerne auch in seinen guten Absichten wälzt. Klar gibt es das alles. Leider.
Das schweift jetzt ab, aber es liegt vielleicht in erster LInie mit daran, dass man nie die Zwecke und Gründe nennt für Tierhaltung, das Geschäft dahinter, das sowohl Menschen als auch Tieren schadet. Oder sich nie um die Gründe für Kriege kümmern will, sondern meint, die gute Absicht des Kriegsgegners, sei schon Argument genug. Wenn man Kritik in ein gutes Vorbild überträgt, statt sich um die Gründe für das zu kümmern, was einem schadet, dann bleiben solche Übergänge wohl nicht aus.

Aber zurück zu der Geschichte. Also ja, vorausgesetzt, ich verstehe dein AnLIEGEN richtig, wenn du sie als Person mit einem echten Anliegen greifbar machst, dann könnte sich das Blatt wenden.
Bis die Tage.
Novak

 

Guten Morgen zusammen,

ich habe am Text gearbeitet, hoffe, nun mehr das Anliegen herüberbringen zu können.

Oder geht es dir gerade darum? Das Offensichtliche nochmal zu sagen? Dann würde ich es mir vllt noch plakativer wünschen.
Hi NGK, ist nun plakativer, ich hoffe, nicht zu sehr holzhammermäßig.

Ich glaube, ich würde mehr in dieser Wunde bohren, die den Unwillen das eigene Handeln zu hinterfragen, offen legt.
Ja, nun wird mehr in der Wunde gebohrt.

Die reine Zurschaustellung des Scheiterns erzeugt nur miese Laune.
Das sollte nun nicht mehr der Fall sein, weil der Ich-Erzähler reflektiert, woran es liegen könnte.

Und in der Konsequenz eine Analyse der Gründe, warum die Welt ist, wie sie ist. Die Problemlösung muss nicht vorgegeben werden. Eine sanfte Lenkung durch den Autor wäre bei einem politischen Text sicher nicht zu kritisieren aber das kann auch offen bleiben. Den Rest kann man den Lesern überlassen.
Der Autor lenkt nun sanft, vielleicht gar zu sehr. Mal sehen ...

Aber das Problem sollte grundsätzlich benannt werden.
Ist nun. Absolut.

Weiterhin sehe ich nicht, weshalb die Figur(en) nicht lächerlich gemacht wird/werden.
Ja, das kam falsch rüber, Peeperkorn.
Ist nun ein wenig gekürzt, und am Ende hat es eine andere Wirkung als zuvor.

"Bitterbös" funktioniert für mich erst, wenn man die Figuren stark macht, wenn die Leser zunächst denken, wow, und erst mit der Zeit merken, was abgeht.
Ja, mit der Zeit sollte der Leser nun eine anderes Bild bekommen. Bin gespannt, ob es so funktioniert.

Erst dachte ich, dass sei eine Satire, in der Du "Gutmenschen" veräppelst, die olle Alte, die unfähig ist, einen Text zu verfassen, geschweige denn in der Lage wäre, in ohne unerträgliche Gefühlsduselei vorzutragen, rückgekoppelt mit einem Publikum, das Reaktionen zum intellektuellen Fremdschämen liefert.
Fremdschämen ist zwar noch drin, Geschichtenwerker, aber das Ende anders.

Aber Dein Text beschäftigt sich nicht damit, sondern deutet nur an, lässt alles im Unklaren und lässt verschiedene Lesarten zu, sodass ich am Ende die Eingangsfrage wiederhole: Was soll denn das?
Ich habe viel zu viel angedeutet, wusste am Ende selbst nicht mehr, was ich überhaupt sagen wollte – so scheint es auf die Leser zu wirken. Nicht gut gemacht.
Hoffe, die Überarbeitung sagt nun mehr aus.

ich bin ja froh, dass Du mit meinem Gemecker etwas anfangen kannst.
Na klar doch.

Naja, die Vergeblichkeit ist sicher ein guter Punkt, aber es ist auch nicht weiter verwunderlich, wenn diesen Menschen oftmals eine gewisse Kraftlosigkeit innewohnt, dass man sie nicht hört. Vielleicht ist das ein guter Ansatz, um Deinem Unbehagen über das Rufen in der Wüste und das Gefühl der Unsichtbarkeit zu mehr Präsenz im Text zu verhelfen. Dann würde auch der Beigeschmack der Lächerlichkeit geringer werden oder hoffentlich verschwinden.
Ja, Vergeblichkeit, Vergänglichkeit, Unbehagen, der Ruf in die Wüste, Kraftlosigkeit.
Sehr gute Stichworte, Geschichtenwerker. Begriffe, die nun hoffentlich besser in Worte gefasst sind.

Die Schwierigkeit hier sehe ich eher darin, dass er Lesarten zulässt, die Deiner gewählten Intention zuwiderlaufen und das finde ich bei Texten unglücklich, die eine gewisse "politische Ebene" haben. Man will ja nicht das Gegenteil der gewünschten Botschaft vermitteln.
Ja, das Gegenteil oder gar nichts bewirken ist blöd.

Da wird zwar ein interessantes Problem angerissen, aber in keiner Weise "verarbeitet". Stattdessen erfahre ich nur, wie die Frau Wohl beim Publikum durchfällt und mit ihrem Text üble, zynische Gedanken auslöst. Dazwischen werden Platitüden zum Besten gegeben, für die die Umschreibung "Vorschulniveau" bestens passt.
Hallo Manila,
danke für deine Zeit und deinen Kommentar.
Ich habe den Text gestern Abend überarbeitet, über Nacht liegen lassen und ihn nun neu gepostet. Ich hoffe, dass sich einige deiner Kritikpunkte nun erledigt haben. :shy: Ich komme nochmal in Details vertieft wieder.

Liebe Novak, danke auch dir.

wenn ich deine Antworten und natürlich auch deinen Text richtig verstehe, willst du mit der Geschichte darauf raus, dass all die gut, besser oder schlechter vorgetragenen Texte kritischer Menschen nichts bewirken, dass sie in ihrem eigenen Drang sich zu erklären, vergebliche, effektlose Mühe bleiben. Vielleicht sogar, dass die vielleicht ursprünglich einmal gute Absicht sich in Platitüden auflöst und in die Eitelkeit und Konkurrenz darum, wer am hübschesten vorträgt.
Ich möchte die neue Version nun unbedingt posten (du hast noch die alte gelesen, gehe ich von aus) bzw. die bisherigen Kommentare dazu beantworten, komme deshalb erst später auf deinen tollen Kommentar in Gänze zurück.
Ich habe mal den ersten Teil deiner Reaktion zitiert. Dies entspricht tatsächlich meinem Anliegen. :shy: Bis später.

So, nun fühle ich mich ein wenig wohler mit dem Text.

Lieben Dank an euch alle noch mal für eure kritischen Worte.

Schönen Tag und liebe Grüße,
GoMusic

 

»manege gans und manic huon,
rinder, kæse und fuoter han
ich dir und mîner muoter
gefridet vor mîner sellen vil.«
aus: „Meier Helmbrecht“
Wernher der Gartenaere (13. Jh.)​

Auf dem Weg zur Bühne weiche ich wie zufällig Sabines Blicken aus. Mir steigt Hitze ins Gesicht. Ich war nie im Krieg, habe nie Leid ertragen. Wie lange dauert es, bis meine Texte wieder vergessen sind?
I. d. R. eine halbe Stunde, spätestes wenn "man" - wer immer das sei - die Versammlung verlassen hat.

Gerade noch gelesen

Ja, der Text läßt viele Lesarten zu, was ich im Grunde gut finde.
(In Wahrheit mache ich es mir dadurch selbst immer wieder schwer ... )
was allemal an sich für einen Text spricht jenseits der Gebrauchsanweisung und der Verhaltensvorgaben für den Gutmenschen.

Und, für Frau "Wohl" - jeder ist beim ersten Auftritt nervös. Anspannung gehört wahrscheinlich zum "Geschäft".

Ja, das mit manchem Friedensbewegten (selbst wenn er sitzt) ist ein sonderliches Problem. Herbst 2017 hatte ich – gewesener Presbyter in den 1980/90ern - an einem Friedensgottesdienst teilgenommen (@barnhelm wird sich der Ankündigung erinnern, in dem nach der Einleitung durch die federführende Pfarrerin zunächst “Blowin‘ in the Wind“ auf dem Flügel gespielt wurde und dann drei Frauen ihre „Geschichten“ vortrugen und ich den Abschluss bildete – mit keiner Geschichte, sondern einem gemäßigten „Frontalangriff“, den ich mal hier einstell:
Warum begrüßen wir uns mit einem Tagesgruß, / während "Schalom" und "As Salam Alaykom"
grundsätzlich uns Friede wünschen? // Ist der gute Tag uns wichtiger als der Friede?
"Friede" ist im Gegensatz zur Zufriedenheit ein sozialer Begriff, / er gibt an, wie der eine mit dem andern auskommt, / beschreibt, wie es um eine Beziehung steht - / von der kleinsten Gruppe, dem Paar, bis zu den größten Verbänden. // Friede meint ursprünglich "Schonung" und "Freundschaft"
unter "Freihälsen" - Leute, die "frei" waren, kein Joch trugen / wie der Leibeigene, wie der Sklave.
Friede hat also auch mit Freiheit zu tun. / / Heute sind die Zwänge, denen ein jeder unterliegt,
nicht so offensichtlich, oft vertraglich geregelt. / Und um des lieben Friedens willen,
kuscht man, als wäre die Friedhofsruhe das Ideal von Friede und Freiheit.
Man sehnt sich nach Eintracht und Harmonie,/ dem häuslichen und ehelichen Frieden,
will in Ruhe gelassen werden, um selber Frieden zu geben. / Aber Friede muss mehr sein als häusliche Beschaulichkeit! / / Wie wird Friede? Durch Verträge. Vertragen wir uns also.
Und um den Frieden sicherzustellen, rüsten wir auf und / der Exportweltmeister liefert "Produkte zur Gefahrenabwehr" / wie es in der Regierungsbürokratie heißt. / Und schon verwechseln wir Friede mit Sicherheit. Abschreckung. // Schon das Wort klingt nicht sonderlich friedfertig. / Wann hätten Waffen und Schrecken je die Welt friedlicher gemacht? / Und zeugen Sicherheiten nicht von Misstrauen? //
Wer kennte nicht die Worte des Lehrers Lämpel! / „Ach!“ spricht er, „die größte Freud, / Ist doch die Zufriedenheit!“
(Nachtrag heute: Ich hoffe, dass jeder um das Schicksal des Lämpel weiß …)

Gern gelesen (im doppelten Sinn) vom

Friedel

 
Zuletzt bearbeitet:

Liebe Novak,

so, nach der kurzen Rückmeldung von heute morgen nun die Gelegenheit, detaillierter auf deinen Kommentar einzugehen.

Der Icherzähler findet das lächerlich, was und wie es in dieser deiner Darstellung ja auch gemacht ist, denn er verdreht die Augen, aber er plötzlich trotzdem sich auf einmal bewusst, dass seine Texte, die in der Autorengruppe gut ankamen, jetzt wohl oberflächlich und generalisierend wirken, ihre eigentliche, gewollte Wirkung verfehlen werden. Aber warum eigentlich? Der vorherige Vortrag Magdas kann es nicht sein. Der war nämlich echt nichts. Sie hat nur einen verhaltenen Applaus gekriegt.
Diese Stelle habe ich geändert. Es hat einfach nicht funktioniert.
Der Ich-Erzähler verdreht nicht mehr die Augen, sondern runzelt die Stirn, was auf die Reaktion von Horst verstanden werden kann, der lächelt, als Magda ihren Vortrag relativ hilflos beginnt.

Es sollte nun auch aus dem Text hervorgehen, warum der Ich-Erzähler denkt, dass die Wirkung aller Texte schnell verpufft.

Wenn ich den Titel dazu nehme, erfahre ich außerdem, dass die vorgetragenen Anklagen dieser Friedens- und Tierwohlbewegten Gutmenschen sind, die in ihrem eignen Saft brutzeln.
Ja, im eigenen Saft brutzeln, das hast du gut gesagt. Diese allgemeine Grundatmosphäre soll vorherrschen.
Ob das jetzt unbedingt was mit Gutmenschen zu tun hat - ich weiß es nicht.

aber du hältst dich in deinen Antworten sehr bedeckt, so dass man so ein bisschen aufs Raten angewiesen ist.
Der Text läßt – oder besser gesagt ließ – in der ersten Version mehrere Lesarten zu. Da kann ich nicht so einfach ja oder nein sagen. Denn falsch sind die Lesarten des Lesers sicher nicht.

Jedenfalls, warum der Icherzähler sich nun nach Magdas Vortrag selbst reflektiert und sein Vorhaben in Frage stellt? Ich erfahre es nicht wirklich.
Hoffe, das wird nun klar.

Man fragt sich, worauf du rauswillst, man erkennt keinen roten Faden.
Auch hier denke ich, dass nun ein roter Faden erkennbar sein sollte.

Der Titel: So schnell rausschmeißen, wie du ihn reingeschrieben hast. :) Aus zwei Gründen. Erstens fasst er was zusammen und spitzt es zu, was du eigentlich erst noch zeigen müsstest. Und zweitens so, wie die Geschichte gestaltet ist, tust du das in eine irritierende Richtung.
Ja, der Titel "Die Gutmenschenhölle". Wurde schon mal gesagt, dass der irritiert oder unpassend sei.
Ich arbeite dran.

Ich denke, es würde gar nichts machen, wenn sie in den Augen der Zuschauer deiner Geschichte weiterhin lächerlich wirkt. Aber in den Augen der Leser muss sie zu einer Person aus Fleisch und Blut werden, die an der Sache leidet, um die sie sich kümmert.
Ja, das erste unterstütze ich.
Am zwoten arbeite ich noch dran. Das ist ein guter Hinweis.

Vielen Dank nochmal für deinen umfangreichen und hilfreichen Kommentar, liebe Novak.


Bester Friedel,


.)
Auf dem Weg zur Bühne weiche ich wie zufällig Sabines Blicken aus. Mir steigt Hitze ins Gesicht. Ich war nie im Krieg, habe nie Leid ertragen. Wie lange dauert es, bis meine Texte wieder vergessen sind?
I. d. R. eine halbe Stunde, spätestes wenn "man" - wer immer das sei - die Versammlung verlassen hat.​
Du sagst es.

Ja, der Text läßt viele Lesarten zu, was ich im Grunde gut finde.
(In Wahrheit mache ich es mir dadurch selbst immer wieder schwer ... )
was allemal an sich für einen Text spricht jenseits der Gebrauchsanweisung und der Verhaltensvorgaben für den Gutmenschen.
Gut finde ich das ja auch selber bei anderen Texten.
Bei eigenen bekomme ich immer mehr Zweifel.

Gern gelesen (im doppelten Sinn) vom
Freut mich. Ich danke dir für deinen Besuch.

Wünsche euch einen tollen Abend.
Liebe Grüße, GoMusic

Edit:

barnhelm wird sich der Ankündigung erinnern,
Lieber Friedel, sorry, ich vergaß, das wollte ich noch loswerden: Ich erinnere mich auch, habe das auch schon mal gelesen. Hat mir damals schon gut gefallen. Danke.

 

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