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Guten Morgen
Das Grau, welches mir altbekannt und doch nie vertraut werden wollte, ließ mich auch diesen Morgen durch seinen kalten Kuss wach werden. Viel zu kurz war die Nacht und wie auch an jedem anderen Morgen richtete sich mein erster Handgriff auf die sich auf dem neben mir auf einem kleinem zusammengeschustert wirkenden Beistelltisch befindlichen Zigaretten. Neben dem Gefühl des Schlaftrunken seins, überkam mich mit dem Anstecken der Zigarette noch der kurze, jedoch intensive rauschähnliche Zustand, welcher mich vorerst bewegungsunfähig liegen ließ, mit kurzem Atem, dem Blick gen Decke gerichtet, verweilte ich einige Minuten und vergaß indessen, völlig gedankenlos die Zigarette, welche in aller Seelenruhe bis zu den Kuppen meines Zeige- und Mittelfingers herunterbrannte. Erst die durch die Hitze der Glut ausgelösten Schmerzen ließen mich aus diesem tranceähnlichen Zustand aufschrecken, im Affekt ließ ich den Stummel fallen und löschte die Glut mit willkürlichen Hieben. Wach war ich nun, Antrieb verschaffte mir der anhaltende Schmerz jedoch nicht, liegen zu bleiben würde es wohl nicht besser machen und wie von Geisterhand geführt stand ich auf, ging stockend, als befinde ich mich inmitten einer Menschenmenge, wie sie auf Jahrmärkten oder sonst wie gearteten Veranstaltungen anzutreffen sind, ins Bad. Meine Augen konnten keinen Blick fassen, erst vor dem schwarzbraun gerahmten Spiegel, konnte sich dieser sammeln, in die Augen meines Gegenübers sehend, die, trotzdem sie die meinen waren, fremd wirkten und als dürfe ich dem Blick nicht ausweichen, da dieses von Schwäche zeugen könne, stand ich, verharrte für geraume Zeit und lieferte mir ein Duell mit dem müden, ausdruckslosem Gesicht, dass mich nicht anzustarren aufhörte. Plötzlich, ich wusste nicht wie es zwischenzeitlich um mich herum geschah erkannte ich nicht mehr, was ich da wie gebannt ansah und richtete meine Aufmerksamkeit auf den Wasserhahn, der sich unmittelbar unter dem Spiegel befindet, ein wenig kaltes Wasser könne nicht schaden dachte ich, vielleicht ließe mich das endlich wach werden und die Minuten, die in nicht anderer Weise komisch als die der anderen Tage verstrichen, vergessen. Das nun, als sei es magisches-, dem Jungbrunnen entspringendes, Heil versprechendes Wasser, ließ ich in meine zum Auffangen bereiten, zum Trog geformten Hände laufen, wie bei einem unerwartet auftretendem, starkem Schauer füllten sie sich, wie eine Regentonne bis zum Rande, im Bruchteil einer Sekunde lief das Wasser, von welchem ich mir so viel versprach zu allen Seiten meiner Hand, wie ein das umliegende Land für sich einnehmender Wasserfall in den Abfluss des Waschbeckens, nie maß ich dem Schauspiel, welches sich mir routinemäßig darbot so viel Aufmerksamkeit bei. Das Wasser, welches nicht so schnell abfließen konnte, wie es durch die starren, schon in dieses neue System integriert wirkenden Hände, nachfloss, bildete einen Strudel, der alles auf beschwichtigende Art um sich herum vergessen ließ. Warum auch immer wendete sich mein Blick dem unnachhaltigen, gar verschwenderischem Wasserspiel ab und wieder sah ich in den Spiegel, wieder erblickten mich die Augen eines Fremden und wieder überkam mich das Gefühl mich diesen nicht abwenden zu dürfen. Intensiver als beim vorigen Male, verbissener diese Runde für mich zu entscheiden, sah ich in die vor mir befindlichen Augen. Das muntere plätschern des Wassers, welches mir kurz zuvor einen Ansatz des versprochenen Heils schenkte, verhallte in den mich umgebenden, gleichsam, wie alles andere verschwindenden vier Wänden des Raumes. Da stand ich diesen Augen, welche einem gemarterten Gesicht zuzuordnen sein müssten gegenüber und als gäbe es nicht viel anderes sahen sich mich sowohl an, als auch durch mich hindurch. Ich empfand keine von den Augen, die mir immer surrealer schienen, auf mich gerichtete Feindseeligkeit, noch empfand irgendwas anderes, ich durfte nur nicht nachgeben - das war, und ich weiß nicht wie lange ich dort schon regungslos stand, das einzige, was von Bedeutung zu sein schien. Ich musste mich immer wieder besinnen, dass dieses Paar Augen, jenes, das mir diesen Bann auferlegte, welche mich gänzlich einnahmen, zu mir gehören, allerdings konnte ich nichts mehr zu mir gehöriges in ihnen finden und doch wurde mir der nichts sagende Ausdruck der immer mehr ins schwarz intensivierenden Iriden vertraut. Dem ungeachtet waren es nicht mehr die meinen, bräunlich, bei glücklichem Lichteinfall gelblich schimmernden Augen, derer ich gänzlich verfallen war, noch waren es keine auch bei größter Bemühung des Erinnerns jemanden mir bekannten zugehörige Augen, gar, als seien sie nicht von dieser Welt. Die letzten Minuten, jene, die ich dem sonderbaren Fremdling widmete, vergingen wie Sekunden und das schon vergessene, laufende Wasser, welches noch immer meine in der selben Position verharrenden Hände auf dem Weg ins Becken passieren musste, machte sich bemerkbar, in dem es sich direkt über die Schwelle des Waschbeckens auf meine Füße ergoss. Für einen Augenblick gewann das kalte Nass, welches mich aber nicht weiter aus dem Konzept bringen konnte, meine Aufmerksamkeit. Meine Augen, die jedoch unverändert in die gegenüberliegenden blickten, begannen zu schmerzen, die verkrampfte Haltung die sie seit nun etwa einer viertel Stunde tragen mussten, brachte mich nicht dazu nachzugeben, mein Fokus galt nach wie vor diesen mittlerweile schon nicht mehr menschliches zu erahnen zulassenden Glotzern und das zuvor noch unbedrohlich, mir gar gleichgültig gesinnt zu scheinende Gegenüber wurde mir unheimlich. Sie, und ich bin kein Mensch der Fantastereien, schienen im starren Glas des Spiegels Bewegungen, die nicht mehr den meinen entsprachen, auszuführen, ein Eigenleben, das konnte ich ihnen nicht anerkennen, da es doch gänzlich der Logik widersprach und doch, ich konnte es ja nicht leugnen, das linke in der reflektierenden Glasfläche befindliche Auge machte eine kreisförmige Bewegung bei der die Pupille samt der Iris an ein durch die Zügel in seiner Freiheit eingeschränktes Pferd erinnerte, welches unter der Fuchtel des Unterdrückungsapparates, welches das Leben dieses Tieres beherrscht, im Kreise läuft. Gequält und als existiere nur diese kleine Manege machte diese Kugel diese Bewegung, die und ich bin mir sehr sicher, nicht der meinen entsprach. Ein Schauer überkam mich, trotzdem ich am liebsten wegschauen würde konnte ich nicht, ich war ausgeliefert, ohne Ketten hielt es mich und plötzlich war ich dieses Pferd, dass sicher die Kraft dazu hätte sich aus diesem Zustand zu befreien, welchen es als Option zur Freiheit, wohl durch Resignation, hinnahm. Obwohl ich in so fern resignierte, als das ich mich halten ließ würde ich nicht in dem Sinne aufgeben, dass ich den Blick abwende und sich mein Gegenüber über die meine Schwäche ergötzen könnte. Ich war fest entschlossen diesen mittlerweile auf einer persönlichen Ebene angekommen scheinenden Zweikampf für mich zu entscheiden, auch derer Mittel, die fernab ab des Fairen liegen, würde ich mich bedienen. Auch, wenn die erste eigenständige, unmögliche Bewegung Entsetzen in mir auslöste, gewöhnte ich mich schnell an die immer willkürlicher werdenden Rührungen, die gänzlich dem Gewöhnlichen widersprachen. Meine Hände, die mittlerweile zu entkräften begannen, jedoch noch immer in der trogförmigen Haltung persistierten, fühlten sich an, als seien sie zu einem Schwamm verkommen der Unmengen des Wassers, das mir zuvor noch so lieb, jetzt aber Last war, in sich aufnahmen – auch spürte ich, wie meine Füße Teil einer sich im Eiltempo ausbreitenden Wasserlache wurden, wie sie unter ihr bedeckt zu werden begannen. Meine Hose, ähnlich wie meine Hände auch, begann allmählich das Wasser, gleichsam dem gierigen Trinken eines Durstenden in der Wüste, aufzunehmen. Das Kalt, welches sich entgegen der Schwerkraft durch die Fasern meiner Hose fraß, ich konnte es bereits in meinen Kniekehlen feststellen, es war mir lästig aber ich konnte es gut ausblenden und so richtete ich meine volle Aufmerksamkeit wieder auf die zum Takt des immer stürmischer werdenden Stroms, welcher sich unter mir ergoss, tanzenden Augen. Das nun wieder mäßiger zu werden beginnende Zappeln der Augen erinnerte an das Schlüpfen eines Schmetterlings aus seinem Kokon, nur, dass die Metamorphose die hier von Statten ging keinem Wunder der Natur, sondern viel mehr der Geburt etwas Abtrünnigem gleich war. Mit dem Augenblick, in dem ich erkannte, dass ich mich im Angesicht des Leibhaftigen befinden müsse, wurde mir bewusst, dass ich den Kampf, welchen wir nun mehr seit mehr als einer Stunde austragen mussten, selbst nicht mit der tückischsten List, für mich entscheiden könne. Ich begann wider Willen zu akzeptieren, dass die Situation aussichtslos war und als die bereits abbremsende Akrobatik der teuflischen Visiere zum plötzlichen Stillstand erlag, da wusste ich mein Schicksal für besiegelt. Wenn auch schwer vorstellbar, dieser starre, auf meine Seele absehende, nach ihr zehrende Blick Beelzebubs durchströmte meinen Körper mit einer solchen Gewalt, dass ich wusste wie es sein werde, wenn ich meinen letzten Atemzug verrichte. Das Gefühl, dass in mir herrschte war mir bis jeher nicht bekannt, es lag außerhalb des Spektrums dessen, was ich jemals erfuhr, zu sagen, dass ich mich frei fühlte mag überzogen sein, doch ließ ich los, von allem, was mir jemals Kummer verschaffte, von allem, was mir jemals Freude schenkte. Obskur, doch lag Romantik in dem Fragment einer Sekunde, ich wandte den Blick von dem des Lichtbringers ab, ja, das brachte er mir und ich schaute an mir herunter, fand mich inmitten des verdrängten, durch mich geschaffenen Sees wieder, meine Hände, die, von denen ich gar nicht mehr wusste, wie sie zu gebrauchen seien, zog ich mit einem Ruck von dem Wasser, dass sich bereits wie Messerstiche auf der Haut anzufühlen begann, ab. Die Hand, die mich zögernd ins Bad trug, führte mich gleichsam raus, doch war es nicht mehr dem Stocken, welches meinen Gang zuvor bestimmte, gleich, es war Entschlossenheit, denn ich wusste jetzt, was ich als nächstes zu tun habe. Guten Morgen.