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Groundhell Day

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03.11.2015
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Groundhell Day

„Willkommen in der Hölle.“
Nein, es handelte sich nicht um die profane Äußerung eines pubertierenden Teenagers oder die eines suizidgefährdeten Teilzeitzynikers in einem mehrfach geteilten pathetischen, nullachtfünfzehn Videoblog im Word Wide Web.
Otto wurde lediglich von dem Touristenführer, der sich nur als Kappa H vorstellte, in Sektor 1 des Infernalischen Museums der Neogalaxie 2.0 in Empfang genommen. Kappa H wirkte auf den ersten Moment sehr schleimig.

Das Wort „schleimig“ bezog sich dabei nicht auf die Artikulationsweise des kleinen gelben Wesens, das lediglich aus einem Rumpf, welcher augenscheinlich nicht mehr als eine überdimensional große Iris war, aus zwei Beinen, sowie aus einem zwei Meter langen, schuppigen und phallusartigem Stachel bestand. Viel eher war mit diesem Wort das eitrige, grüne Sekret, welches Kappa H bei jedem seiner Schritte aus seinem Schwanz aussonderte, gemeint. Sein Stachel war länger als der skurrile Touristenführer selbst und so verwunderte es nicht, dass Kappa H seinen Schwanz bei jedem seiner Schritte behäbig hinter sich herzog.
„Und wer sind Sie alle?“, fragte Kappa H, der ungefähr halb so groß war wie Otto.

Otto, der erst in diesem Moment den stark ausgeprägten sächsischen Dialekt des Wesens bemerkte, drehte sich um und zeigte auf die vier jungen Männer und drei jungen Frauen, die hinter ihm standen.
„Wir sind Terraristen. Mein Name lautet Herr Prof. Dr. Otto Krüger und das hier ist der sogenannte Vorbereitungskurs der Jahrgangsstufe 12 für interessierte Studenten im Fach Praktische Philosophie, Modul: Karma und seine Konsequenzen aus Bielefeld. Wir nehmen an dem Schulprogramm Brücken in die Unterwelt 2666 teil, um die Schülerinnen und Schüler des philosophischen Humboldt Gymnasiums auf ihre Zukunft beziehungsweise auf das ihnen bevorstehende Leben in der Hölle vorzubereiten. Vielleicht kann diese Maßnahme bei einigen noch präventiv wirken. Dies ist zwar bei dem Klientel unserer Schule unwahrscheinlich bis gar utopisch. Dennoch hoffen unsere Direktoren und die Universitätsleitung immer noch, dass eventuell ein bis zwei von ihnen zu retten seien. Übrigens, Brücken in die Unterwelt wird gesponsert von Bridge Industries, der irdischen Superbrowser GmbH und Sie können sich sicherlich schon vorstellen wofür das H steht. Bridge Industries ist allwissend und einfach nur höllisch gut.“, sagte der kleine und dürr wirkende Mann mit einem verschwitzten und erwartungsvollen Grinsen.
„Aha. Wie witzig! Leider habe ich bei diesem Monolog irgendwann abgeschaltet.“, sächselte Kappa H emotionslos. „Muss ja die Hölle auf Erden sein, wenn man alles weiß und dennoch niemand interessiert ist. Das ist doch bestimmt Alltag Ihres Berufes? Sie sind ja fast in einer ähnlichen Lage wie ich, nur dass ich weitaus attraktiver bin.“
Otto wirkte gekränkt, entgegnete aber nichts. Nach einem Moment peinlicher Stille fuhr Kappa H fort.
„Ihr seid also die anstrengenden Terraristen, vor denen ich gewarnt wurde. Ich verstehe! Euer Anblick ist etwas gewöhnungsbedürftig, aber na gut. Niemand hat gesagt, dass der Job als Museumsführer ein paradiesisches Vergnügen sei.“, entgegnete Kappa H mit einem sterilen Lachen, dessen Stimme bis auf den Dialekt an eine Computerstimme erinnerte, die semiprofessionell programmiert worden war.

Einen Mund suchte Otto bei Kappa H, der seine bauchrednerischen Fähigkeiten demonstrierte, vergeblich.
„Als kleine Einstimmung kann ich Ihnen schon einmal eines verraten: Für jeden bedeutet die sogenannte Hölle etwas anderes. Es gibt verschiedene Definitionen, die Sie heute kennenlernen werden.“, sagte Kappa H.
Er betrachtete die Gruppe der Schüler und Schülerinnen etwas intensiver.
„Wenn ich euch so angucke…dann ist das unkomplexe 3- Stufenmodell die einfachste Methode, um Terraristen, von eurer Sorte, eine Vorstellung der Hölle zu vermitteln. Bitte folgen Sie mir Terrarist Krüger.“
Während die Gruppe der Anweisung von Kappa H nachkam, bemühte Otto sich, nicht auf der Schleimspur des knallgelben Wesens auszurutschen. Hinter sich vernahm Otto das Geräusch mehrere kleiner Golfwagen, doch er war aus irgendeinem Grund nicht in der Lage sich umzudrehen und seine Situation wahrzunehmen.

Die Gruppe hielt nach wenigen Metern vor einer verspiegelten Zelle, deren Höhe und Größe klein, aber zur selben Zeit auch unendlich wirkten.
„Bitte zurücktreten.“, sagte Kappa H und positionierte sich drei Schritte vor der Zelle. Anschließend hörte man ein motorähnliches Geräusch ehe ein grelles Licht, das aus Kappas Auge stammte, die Zelle wie bei einer Diashow völlig beleuchtete.
Otto blickte zunächst auf Kappas zum Scheinwerfer umfunktionierte Iris. Als er sich anschließend zur Zelle drehte, erschrak er, als er bemerkte, wie ein Wesen direkt hinter der Scheibe stand und ihn beobachtete.
„Oh mein Gott! Was ist das?“, schrie Otto und sprang einige Schritte zurück.
„Contenance! Das hier ist immer noch ein Museum. Solch ein obszöne Sprache ist hier nicht gestattet!“, sagte Kappa H mit mahnender Stimme.
„Entschuldigung! Ich habe mich nur vor diesem… Ding erschrocken.“
Otto blickte die Kreatur an, welche einen wolfsähnlichen Körper mit grauem Fell besaß. Das längliche Gesicht bestand aus sechs horizontal und sechs vertikalen, gelblichen Augen, deren Anordnung die Form eines Kreuzes ergab. Blauer Speichel tropfte aus dem großen Maul der Kreatur, die ihre Augen die ganze Zeit geöffnet hielt und jeden Atemzug von Otto zu beobachten schien.
„Das hier…das sind sogenannte Carnipathen. Carnipathen sind soziophatische, sadistische Raubtiere und zählen zur Gattung der Cerberischen Alphatierklasse. Neben dem Fleisch ihrer Beutemenschen benötigen sie ebenso die Angst ihrer Opfer, um überleben zu können. Studien haben gezeigt, dass alle Cerberer langsam sterben, wenn ihr Umfeld keine Angst empfinden sollte. Diese begabten und intelligenten Alleskönner werden ungefähr so groß wie zwei ausgewachsene Terraristen.“

Otto schaute sich das Exemplar noch weiter an. Das graue Fell bestand aus blutigen, verklebten Spitzen. Ein beißender, nach Verwesung riechender Geruch durchdrang die Zelle und stieg in Ottos Nase auf. Otto, der einmal kurz aufstieß, lauschte anschließend weiter gebannt den Worten Kappas.
„Anstelle von vier Pfoten, wie die Lebewesen auf dem Planeten Terra, besitzen Carnipathen lediglich vier messerscharfe Klingen, die sie bei der Fortbewegung in den Boden rammen. Diese Klingen haben die Präzision eines Lasers und sind in der gesamten Neogalaxie 2.0 einzigartig. Betonung. Betonung auf ARTIG.“, wieder ertönte das sterile Lachen Kappas, dessen prägnante Computerstimme mehrmals staccatoartig lachte, ehe sie fortfuhr.

„…Carnipathen jagen im Rudel und wenn Sie genauer hinschauen, sehen Sie, dass hinter dem Exemplar an der Scheibe weitere Carnipathen mit einem ihrer Opfer spielen.“
Otto ging ein paar Schritte zur Seite, während der eine Carniphat sich immer noch nicht von der Stelle rührte und Otto mit jedem seiner zwölf Augen fixierte. Nun erkannte Otto einen Monitor über der Zelle, der plötzlich aufgetaucht war. Auf dem Monitor waren Kameraaufnahmen aus dem Gehege zu sehen. Er zeigte vier weitere Exemplare dieser Kreaturen. Langsam zoomte die Kamera näher heran. Man sah einen weiteren Carnipathen, der deutlich kleiner war als der Rest der Gruppe. Er war irgendwie anders und jaulte hämisch. Es schien so als ob er lachen würde, als er in sitzender Position immer wieder in feinster Präzision mit seiner Klinge auf ein Objekt einstach.
Langsam vernahm Otto ein Schreien.
„Ein Baby. Das ist ein Baby!“, flüsterte Otto aufgeregt.
Als die Kamera noch näher heran zoomte sah Otto einen Säugling, der auf einer Klinge der Kreatur lag. Die Klinge bohrte sich immer langsamer in den Körper des Neugeborenen.
„Richtig. Sehen Sie denn auch die Mutter?“, fragte Kappa H.
Otto verstand nicht. Er schüttelte mit dem Kopf. Erst als die Kamera umschwenkte verstand er, was Kappa H meinte. Zwischen den anderen drei Carnipathen erblickte er ein weibliches Gesicht. Mehr war allerdings zunächst nicht zu sehen.
„Da fehlt doch was!“, schrie Otto entsetzt.
„Ruhe hier!“, mahnte Kappa H. „Ich darf doch bitten! Bewahren Sie Ihre Contenance.“
Der Körper der Frau bestand hauptsächlich aus ihrem Rumpf und dem Kopf; sämtliche Gliedmaßen bis auf einen Arm, fehlten. Als das Baby erneut schrie, hörte Otto ein weiteres Brüllen der gleichen Frauenstimme.
„Lasst mein Kind in Ruhe, ihr Monster! Bitte! Hört doch endlich auf!“
In diesem Moment schoss ein Grinsen in das Gesicht jener Kreaturen. Einer von ihnen holte weit mit seiner Klinge aus und trennte in einem Ruck den verbliebenen Arm der Frau ab. Die Frau schrie vor Schmerz. Die anderen zwei Wesen verschlossen mit ihren Klingen und genügend Verbandzeug die Wunde der Frau, die neben ihrem Gesicht nur noch aus ihrem Rumpf bestand. Ihr Rumpf zappelte hin und her.

Anschließend teilten die Carnipathen die Gliedmaßen der Frau in fünf gleichgroße Stücke auf und befeuchteten diese mit ihrem Sabber, während sie dabei minutiös die Frau beobachteten und ihr lüsternd in die Augen schauten. Alle Carnipathen, bis auf derjenige, der Otto weiterhin beobachtete, rochen genüsslich an den Gliedmaßen, ehe sie auf ein gemeinsames Kommando hin, begannen die Fleischstücke zu verspeisen.
„Bah. Was machen die da?“, fragte Otto.
„Sobald die Terraristenfrau auch nur einen… wie sagt man auf Terra, ich glaube es heißt Mux… von sich gibt…, dann schneiden sie ihr ein weiteres Körperteil ab. Um dieses zu provozieren, foltern sie ihr Neugeborenes. Da ist ihr taktisches Vorgehen, typisch für die intelligenten Cerberer. Das klingt doch plausibel oder nicht? Sie ergötzen sich an dem Leid der Frau. Die Frau weiß genau was ihr blüht, sollte sie Gefühle für ihr Kind demonstrieren. Außerdem…“
In diesem Moment schrie das Baby erneut und unterbrach die Ausführungen von Kappa. Die Kamera zoomte auf das Gesicht der Frau. Tränen schossen ihre Wangen herunter. Als die Klinge des Carnipathen in das Auge des Babys stach erschrak Otto und zuckte zusammen.
„Neeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeein!“, brüllte die Mutter.
Otto sah auf die beiden Carnipathen, die seitlich von der Frau standen und ihrem Rudelmitglied in diesem Moment zunickten. Ehe Otto sich versah rollte der abgetrennte Kopf der Mutter vor die Scheibe. Ihre leblosen, weit geöffneten Augen schauten direkt in Ottos Richtung. Das Schreien des Kindes war verstummt. Otto musste sich fast übergeben. Mehrmals würgte er heftig.
„Herr Krüger. Stellen Sie sich doch bitte nicht so an. Das ist doch voll lahm. Das gibt es auf youpuke.com täglich zu sehen. Carnipathen sind doch von vorgestern. Voll yesterday.“, sagte eine Schülerin, deren Gesicht komplett mit chinesischen Schriftzeichen tätowiert war, ohne Otto dabei anzuschauen. Sie blickte nur starr auf ihren Arm.
„Ja echt, ey. Komm mal klar, Alter! Das schockt nicht mal meine Urururoma, die bei uns lebt!“, sagte Sandro Meyer, der in diesem Moment nur auf das Display seines Smartphones schaute und über ein lustiges Katzenvideo lachte.
In diesem Moment ertönte ein schriller Alarmton. Otto wurde hektisch und schaute sich um.
„Was ist passiert? Was ist das?“
„Öhm. Jemand hat wohl die Tür zu dem Carnipathengehege aufgelassen. Sie sind verschwunden, weg.“
Otto schaute auf die Scheibe. Das Wesen, das ihn die ganze Zeit an der Scheibe beobachtet hatte, war nicht mehr zu sehen.
„Hoppala. Ich glaube wir sollten nun weitermachen. Kommen wir nun von Stufe 1, Angst vor Schmerz, Verlust und die absolute Machtlosigkeit, zu Stufe zwei!“, sagte Kappa H unaufgeregt.


Otto schaute sich noch länger nervös nach den Carnipathen um. Seine Schüler hingegen wirkten emotionslos. Die Gruppe folgte Kappa. Nach nur drei Metern, die für Otto endlos wirkten, waren sie an der nächsten Zelle angekommen.
„Die nächste Stufe hat es in sich. Bitte nicht vomieren! Wir haben gerade erst renoviert!“, sagte Kappa, während Otto auf den eitrigen Schleim unterhalb des Schwanzes von ihm schaute und angeekelt aufstieß.
Wieder beleuchtete Kappa mit seinem Auge die Zelle. Diesmal gab es keine Kameras und keinen Monitor. Otto fühlte sich, als sei er direkt in dem Raum, direkt mittendrin. Als Otto sich konzentrierte sah er einen kleinen Jungen, der einsam in seinem Bett seines Kinderzimmers lag.
„Es tut mir leid, Kleiner. Mama kommt heute etwas später. Sie muss noch arbeiten.“
Ein erwachsener Mann stand vor der Türschwelle und trat in das offene Zimmer herein.
„Du weißt was das heißt!“ Der Junge wirkte traurig. Er nickte geschockt mit dem Kopf. Nach kurzer Zeit, fing er ein paar Tränen zu vergießen, gegen die er vergeblich angekämpft hatte.
„Aber, aber, aber… sie hat es dochversprochen.“
„Ja, ich weiß, aber ich, ich bin immer für dich war. Ich bleibe heute Nacht bei dir. Wir kuscheln zusammen.“
Otto stockte der Atem, als er ein kreisrundes Muttermal unter dem linken Augen des Jungen entdeckte.
Der Junge schien sich nicht zu freuen. Er stülpte seine Disney-Allstars-Bettwäsche über seinen Kopf während sein Vater sich zu ihm ins Bett legte. Nach wenigen Minuten zog der Vater seine Hose aus und schmiss sie neben das Bett. Beide Körper verschwanden unter der Bettwäsche.
Der Film lief weiter. Ottos Gedanken wichen jedoch ab. Er schaute nur noch auf die Glasscheibe, die sein Spiegelbild reflektierte. Er hatte nicht bemerkt wie eine Träne aus seinem linken Auge schoss und über sein Muttermal floss.
Mittlerweile war eine weitere Szene zu sehen in der derselbe Junge nervös ein Referat vor einer Schulklasse hielt und sich ein Fleck auf seiner Stoffhose bildete. Alle Schüler lachten und der Junge verließ weinend den Klassenraum. Über die blauen Flecken in seinem Gesicht schwieg man, aber nicht über den Fleck auf seiner Hose.
„Halt! Ich kann nicht mehr! Was soll das? Das ist doch schon ewig her! Aufhören“, schrie Otto. Wütend trat er im Affekt auf den Schwanz von Kappa, der ein bläuliches Sekret absonderte.
„Aua!“, brüllte Kappa und unterbrach die Vorstellung. „Ich wusste, dass dieser Beruf nicht das reinste Zuckerschlecken ist, aber die Bezahlung ist echt ein verdammter Witz, wenn ich mir so etwas bieten lassen muss. Das ist hier ja die reinste Hölle! Contenance!“
Otto schaute Kappa wütend an. Dieser blinzelte mehrmals mit seinem Auge und stotterte leicht erregt.
„Öhm. Na gut. Ich glaube Stufe 2 sollte für den Moment reichen. Die guten alten Familiengeheimnisse, furchtbare Erinnerungen, gesellschaftliche Isolation und endlose Scham. In Kombination mit den Carnipathen wirkt diese Stufe schon wie ein Alptraum und kann schockieren.“, sagte Kappa H mit einem Augenzwinkern.
Otto drehte sich erschöpft um und blickte auf seine Schüler, die weiterhin gelangweilt auf ihre Smartphones starrten und die Vorstellung kaum verfolgt hatten.
„Ähm ja. Es wäre schön zu wissen, wenn immer alle einem zu hören würden. Oder nicht, Herr Terrarist Krüger? Sie kennen das doch. Ein Beruf, der die reinste Hölle ist, in Kombination mit fehlender Beachtung…“ Kappa H pausierte kurz. „Na gut. Kommen wir nun zur letzen Stufe. Die Schlimmste von allen.“


Kappas Worte trafen Otto. Dieser hatte Mühe Kappa H zu folgen. Jeder Schritt wirkte erneut endlos und kräftezehrend. Der Boden vor ihm schien zu verschwimmen, sich aufzuteilen und sich dann wieder zusammenzufügen. Nach wenigen Zentimetern hatte die Gruppe die nächste Glaszelle erreicht.
„Na wie gefällt Ihnen das Raum-Zeit-Gefüge hier?!“, fragte Kappa H
Während Otto nach einer treffenden Antwort suchte, fuhr Kappa H sofort fort.
„Sind alle da?“
Otto schaute sich um. Seine Klasse war komplett. Das dachte er zumindest. Genau wusste er es nicht mehr. Er japste und nickte erschöpft.
„Also gut. Wie immer gilt: Bitte nicht vomieren. Bewahren Sie die Contenance. Es wird heftig. Film ab.“, sagte Kappa H.


Otto schaute auf einen Monitor. Es dauerte einige Sekunden bis der Film los ging. Die ersten Bilder waren verschwommen. Er erkannte langsam mehrere Personen. Otto sah eine Gruppe von übergewichtigen jungen Menschen, die so fettleibig waren, dass sie sich nur in kleinen Golfwagen fortbewegten, die ihr Gewicht kaum transportieren konnten. Die Motoren qualmten. An ihren ganzen Körpern schwitzten die jungen Menschen und sie keuchten bei jedem ihrer Worte. Einige der jungen Leute kommunizierten nicht untereinander. Sie schauten nur apathisch auf ihre Arme, in deren Innenflächen Smartphonedisplays eingebaut waren, auf diese sie fokussiert starrten. Der Rest von ihnen trug eine 4D- Brille, die direkt mit ihren Gehirnen verbunden war.
In ihren Golfwagen waren kleine Minikühlschränke eingebaut. Erst jetzt sah Otto die große Anzahl von Kabeln und Schläuchen, die den Kühlschrank mit den Körpern der jungen Menschen verbanden.
„War das alles eben schon da?“, fragte sich Otto.
Eine dickflüssige Substanz Körper floss in diesem Moment in ihre Körper. Auf den roten Kühlschränken thronte ein großes gelbes M.
Otto blickte sich weiter um. Überall in dem Raum waren Werbetafeln installiert, die dutzende Meldungen ausstrahlten. Berichte über neue Kriege in Ostayern und Terroranschläge in Nordberlin. Die Jugendlichen schauten jedoch nur auf ihre Displays, wo sie unterhaltsame youpuke-Videos schauten. Ihre Umwelt nahmen sie nicht mehr war. Ihre Clips wurden lediglich von kleinen Werbeblöcken unterbrochen.

„Aspirin- Geht in den Kopf“, rief eine halbnackte Frau aus der Werbung.
„Bridge Industries- Wir bringen euch überall hin!“, sagte eine seriöse Männerstimme.
Ein kleiner dürrer Mann rannte plötzlich in der Zelle aufgeregt umher und versuchte die Aufmerksamkeit der Jugendlichen auf sich zu lenken, doch keiner nahm ihn war. Er zeigte wild gestikulierend mit seinen Fingern auf die Nachrichten auf den Fernsehern und schrie herum.
„Guckt doch. Schaut doch her. Ich habe euch was zu erzählen! Seht ihr das nicht?“
„Jaja. Ich habs gehört. Krieg? Glauben Sie nicht, dass so etwas bei uns erscheinen würde, wenn das tatsächlich stimmen würde? Hier steht doch nichts! Wir sind mit der ganzen Welt verbunden und wissen was wirklich abgeht. Das ist bestimmt nur fake.“
„Herr Otto ey, TV ist doch altmodisch und überholt, so wie diese alten Tablets aus Papier ohne Internetzugang, die in ihrer Wohnung stehen. Sie sind so offline, Sie Opfer.“
In diesem Moment schaute Otto sich um. Er nahm seine Brille ab und fühlte über die Druckstellen an seinem Augen. Mit seinen Daumen massierte er sich seine Schläfen. Es half nichts. Seine Anspannung wuchs stattdessen. Wütend rannte er zu einem seiner Schüler und riss ihm die Schläuche aus den Venen. Die dickflüssige Suppe sammelte sich in dem Golfwagen, doch der Schüler, lachte nur über eine Katze, die Wollknäuele jonglierte und simultan Einrad fuhr und anschließend mit einem grünen Hausschwein kuschelte, das ein rosa Tutu trug.
„Was geht hier vor sich?“, schrie Otto. „Nein. Nein. Nein!“ rief er entsetzt. Er rannte weiter und stolperte über einen Grabstein, der plötzlich aus dem Boden sprießte. Seine Brille fiel herunter. Als er die Brille mit dem verbogenen Bügel wieder aufhob und aufsetzte las er durch das brüchige Glas eine Aufschrift.


R.I.P
Dr. Lit. Era Ture


Otto versuchte weiter zu rennen. Seine Fluchtbemühungen wurden abrupt unterbrochen als er mit dem Kopf gegen eine Glasscheibe rannte und zu Boden stürzte.
Erst jetzt wusste er es genau.
„Das auf dem Monitor sind… wir… Hilfe! Hilfe! Lasst mich hier raus. Hilfe! Sofort!“
„Contenance. Das hier ist immer noch ein Museum! Contenance. Bitte bewahren Sie die Contenance. “, schrie Kappa H wütend. „Aber ich kann Sie verstehen, Herr Terrarist. Stufe 3 ist die schlimmste von allen. Gleichgültigkeit und Sinnlosigkeit. Wenn man eigentlich schon lange tot ist und es nicht mal mehr merkt. Wenn man alles hat und dennoch vollkommen abgestumpft und leer ist. Wenn man gar nichts hat, um das man fürchten kann und jeden Tag aufs Neue in einem sinnlosen Beruf stirbt. Schüler, die einen nicht wahrnehmen. Geplatzte Träume, die man ignoriert und dennoch von der Umwelt irgendwie am Leben gehalten wird. Das ist für viele die einzig wahre Hölle!“, sagte Kappa H.
Zwei Smartphones, die die Form eines Horns hatten, schossen plötzlich seitlich aus Kappas Kopf. Anschließend fing Kappa mit tiefer Stimme an, diabolisch zu lachen, während sein Schwanz sich langsam erigierte. Kappa fuhr fort.
„Wenn man dem Teufel tagtäglich begegnet, fast schon über seinen Schwanz stolpert und man nicht merkt, dass man sich schon längst verloren hat. Dieser Wahnsinn ist typisch für euch Terraristen. Blinder Masochismus; die tägliche Vergiftung des eigenen Körpers. Und zur selben Zeit denkt ihr, ihr wäret gebildet und allwissend.“
Kappa H lachte immer weiter. Otto schaute sich nervös um. Er erschrak. Der geflohene Carniphat tauchte plötzlich vor ihn auf. Er fixierte mit seinen Augen Ottos Gesicht. Dann blinzelte er und stürzte sich ohne Vorwarnung auf Sandro Meyer und knabberte nun an dessen Bein. Sandro, begann erst nervös zu schreien, als die Kreatur, seinen Arm abschnitt und dadurch die Internetverbindung kappte.
Otto wollte fliehen, doch er blieb wie verwurzelt stehen. Kappas Lachen wurde immer intensiver und so laut, dass die Köpfe von Ottos restlichen reaktionslosen Schülern der Reihe nach platzten und deren Blut auf Ottos verbogene Brille spritzte. Er selber merkte wie sein eigener Kopf immer lauter hämmerte und seine Schläfe zu explodieren drohte. Sein Schädel wurde immer größer und schien abzuheben.

Schweißgebadet wachte Otto auf. Die ersten Sonnenstrahlen drangen in sein Zimmer. Sein Puls raste immer noch. Panisch blickte der zierlich wirkende Mann unter seine Bettdecke.
„Keine Carnipathen zu sehen…“. Er atmete nervös und beruhigte sich erst nach mehreren Minuten. „Nie mehr Chili con Carne und einen The Walking Dead- Marathon am selben Abend. Nie nie mehr! Alles was ich hasse, in einem Traum. Das Schlimmste, das mir passieren konnte. Was für eine Nacht!” blubberte Otto vor sich her. Er blickte auf seinen Wecker.
„6.00.“
Vorsichtig stand er auf und trottete zu seinem Tablet, das auf seinem Schreibtisch stand. Überall in seinem Zimmer standen Bücher und alte Sammelbände.
„Mal sehen was heute ansteht.“, sagte er.
Zuerst fand er eine noch nicht geschlossene Excel- Tabelle auf seinem Tablet vor. Die Überschrift der Datei lautete: „Meine Löffelliste: 101 Dinge, die ich getan haben sollte, bevor ich sterbe“
Otto inspizierte kurz die Liste. Hinter jedem Punkte war das Wort FAIL geschrieben.

1. Ein Buch schreiben FAIL
2. Dafür sorgen, dass Mimi sich in mich verliebt FAIL
3. Alle Länder der Welt bereisen FAIL
4. Papa werden FAIL
5. Tauchen gehen FAIL
6. Aufmerksamkeit und Respekt erlangen FAIL
7. Glücklich sein FAIL
8. Alle Bücher in meinem Zimmer lesen FAIL
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Traurig schloss er nach den ersten Punkten die Datei und suchte nach dem Programm für den anstehenden Tag. Mit seinem Finger scannte er auf dem digitalen Kalender seines Bridge Industries- Tablets nach dem aktuellen Tag, während im Hintergrund das Lied „I got you Babe“ von Sonny und Cher auf seiner Playlist ertönte.
„Ach hier ist es. Ausflug ins Museum mit Klasse 12/ Brücken in die Unterwelt.“
Otto wirkte zunächst geknickt, als er den Tag auf dem Kalender gefunden hatte.
„Melden soll ich mich bei K. H.“ Er seufzte kurz, ehe er wieder etwas vor sich her brabbelte. „ Naja. Was solls?! Lust habe ich auf die Schwachmaten eigentlich keine, aber ich muss los, bevor ich zu spät komme. Ich bin nun einmal das geworden, was ich nun bin!“

 

Es wäre schön, wenn du deiner Geschichte noch ein oder mehrere Stichworte hinzufügst.
Dann ist dein Text dem richtigen Genre zugeordnet, ist leichter zu finden und die Leser wissen, worauf sie sich einlassen. Außerdem ist dann auch eine Zuordnung zu einem Moderator möglich.

Du kannst das nachgträglich wie folgt machen:
Ganz, ganz unten am Bildschirmrand "Stichworte bearbeiten" auswählen.

LG,
GoMusic

 

Hallo Jizzle!

Starke Story! Eine Satire als Horrorgeschichte verpackt. Da werden das Kirchentum samt Inquisition, der Fastfood-Wahn und die Handygeneration stark überzeichnet. Find ich gut gemacht.
Einzig der Pädophile wird mir da zu real gezeichnet. Der Abschnitt sticht dadurch raus.
Am Ende merkt man, Otto ist einer Endlosschleife gefangen. Ein horrormäßiger Schluss.

Das gibt es auf youpuke.com täglich zu sehen.
Youpuke … köstlich! :D

Ein paar Fehler sind noch drin. Die folgenden wiederholen sich:

Bridge Industries ist allwissend und einfach nur höllisch gut.“, sagte der kleine und dürr wirkende Mann
höllisch gut“, sagte der kleine

„Wenn ich euch so angucke…dann ist das unkomplexe 3- Stufenmodell die einfachste Methode,
„Wenn ich euch so angucke … dann

Lieben Gruß

Asterix

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Jizzle!

Deine Geschichte lässt mich ehrlich gesagt recht zwiespältig zurück, und zwar eher mit der Tendenz zum "Gefällt mir nicht" - oder, um den Jargon der Smartphone-Deppen-Generation anzunehmen, ich bin geneigt, dir ein "dislike" zu geben.

Ich hatte beim Lesen den Eindruck, du wolltest hier eher eine Art Satire schreiben, in der du die (multimediale) Verdummung, den Rückgang von Bildung, Literatur und Kultur und einen moralischen Werteverfall anprangerst. Die (jungen) Menschen werden immer dümmer, ignoranter und sind in ihrer oberflächlichen Eindimensionalität ohne Internet, facebook, Twitter und Whats-App nicht mehr lebens- und sozialfähig. So in der Art, richtig?

Was deine Bewertung der kommenden Generationen angeht, gebe ich dir recht. Dennoch "zieht" deine Geschichte nicht. Es ist für meinen Geschmack alles einfach zu sehr auf pseudo-provokative, voyeuristische Gore-Effekte, stammtischparolenhafte Platitüden und viel zu plumpe Anspielungen getrimmt. Die gesamte "Baby-Folter-Einlage" nebst Mutter-Aufschlitzen und Augen-Ausstechen passt zum Beispiel in dieses satirische Bild nicht hinein, weil hier deine sadistischen Nahaufnahmen und blutrünstigen Beschreibungen jegliche Satire/Kritik eindeutig überlagern. Um zu zeigen, wie abgestumpft die Schüler sind, hätte es nicht einer derart ausufernden Splatter-Einlage bedurft.

Die pädophile Mißbrauch-Einlage bei Lehrer Otto. Wo besteht da ein Bezug zu medialer Gesellschaftskritik, außer, dass man von solchen Übergriffen und Vorfällen täglich in der Presse erfährt? Wieder die Gleichgültigkeit der Schüler? Das ist aber auch wirklich der einzige Berührungspunkt, und den hattest du ja schon in der Folterszene aufgegriffen.

Dann das Ende - ein (Alb)Traum, der zur Realität wird? Also kein Traum? Oder vielleicht doch? Das Statement am Ende - ich bin so geworden, wie ich geworden bin? Häh? Wie ist er denn geworden? Und was hat seine Erkenntnis mit seinem Höllen-Trip zu tun? Die Anspielung auf den "Groundhog day" (a.k.a. "Und täglich grüßt das Murmeltier") schlägt sich leider wirklich nur im Titel deiner Story, dem "Groundhell day" nieder, und das auch nur, wenn man den Film bzw. Originaltitel kennt.

Oder nehmen wir seine Lebens-to-do-Liste. Wieso überall ein "Fail"? Stirbt er morgen? "Tauchen" gehen kann er ja auch im nächsten Urlaub. Alle Länder der Welt bereisen? Das schafft nicht mal Chuck Norris. Ein Buch schreiben? Das kann er doch auch, wenn er in Pension geht.

Da sieht der Lehrer, wie eine Mutter nebst Baby zu Tode gefoltert wird. In der nächsten Szene erlebt er sein eigenes Missbrauchstrauma. Aber "das Schlimmste" soll dann allen Ernstes die verfettete Dummheit seiner Schüler sein, oder das die Literatur zu Grabe getragen wird?! Natürlich ist es eine grauenhafte Vorstellung, dass wir unaufhaltsam ins rückverblödete Internet-Nirvana abrauschen. Aber das soll tatsächlich den sexuellen Mißbrauch durch den eigenen Vater "toppen"?

Verstehst du, das passt alles irgendwie nicht. Die Aussagen in deiner Geschichte wirken alle so, als wolltest du zwar irgendwo eine Endaussage (das Ziel) beschreiben, aber den Weg dorthin hast du dabei aus den Augen verloren.

Kommen wir zu deiner Sprache. Auch hier hakt es ziemlich oft.
Ganz zu Anfang sprichst du von der Jahrgangsstufe 12 des Humboldt-Gymnasium, und dann sind es aber "Studenten".
Ich bin mir sicher, dir ist die Bedeutung des Wortes "Contenance" geläufig. Leider benutzt du diesen Ausdruck viel zu häufig, stereotyp und wiederholend, um damit deine Handlung immer treffend und adäquat zu beschreiben. Du nutzt das Wort "Contenance" für meinen Geschmack auch nicht immer passend und dadurch erweckst du bei mir den Eindruck, als hättest du krampfhaft ein "beeindruckend snobistisches" Wort gesucht und das kaust du jetzt wieder und wieder durch.
Genauso verhält es sich mit deinem Wort "vomieren". Ein Mal - von mir aus. Aber auch hier schlägst du dem Leser einen Gebrauchs-Overkill um die Ohren und zerstörst dadurch den Effekt. Du schreibst beispielsweise sinngemäß: "Nicht vomieren, wir haben gerade erst renoviert". Hier passt der Kontext nicht - wenn ich ein Zimmer vollreihere, dann "reinigt" man das Zimmer, aber man "renoviert" es doch nicht! Oder wurden die Tapeten von den Wänden gekotzt?
Wieso klingt Kappas Computerstimme "semiprofessionell" programmiert? Woran merkt man das? Was willst du damit sagen?
Am Ende der Geschichte stellt er fest, dass er in dieses Museum muss, sich bei einem K.H. melden soll und "keine Lust auf die Schwachmaten" hat. Welche Schwachmaten? Worauf hat er keine Lust? Auf das Museum, Herrn K.H. oder seine Schüler?
Otto "wirkt geknickt" - wieso "geknickt". Ich würde eine solche Formulierung mit "traurig", "verletzt" oder "niedergeschlagen" assoziieren. Ist Otto "traurig", dass er mit seiner Klasse ins Museum muss? Würde es nicht besser passen, wenn er statt dessen eher "lustlos", "genervt" oder meinetwegen "frustriert" wäre? Und wie "wirkt" man denn geknickt? Das ist kein Erzählstil, sondern die Regie-Anweisung eines Drehbuchs. Wenn du die Gefühlslage einer Figur schildern willst, dann mach das mit Bildern und Beschreibungen.

Und last but not least - du hast leider auch ziemlich viele Fehler in Hinblick auf Kommata, Rechtschreibung und Satzbau gemacht. Zumindest in dieser Hinsicht würde ich dir raten, die Geschichte nochmal zu überarbeiten.

Ich weiß, Jizzle, das klingt jetzt alles ziemlich hart, engstirnig und bestimmt kann man auch völlig anderer Meinung sein - so geschehen z.B. bei Asterix, dem die Geschichte offenbar sehr gut gefallen hat. Das ist gut so und es freut micht, wenn deine Geschichte (außer jetzt bei mir) gut ankommt.
Aber wenn ich ein Fazit unter deine Geschichte ziehe, dann wirkt das alles irgendwie nach "Gewollt und nicht gekonnt". Für eine Satire ist es mir zu plump, in sprachlicher Hinsicht irgendwie schief und von der Erzählung her relativ leere Effekthascherei. Plakativ, aber nicht wirkungsvoll.

Etwas völlig anderes wäre es gewesen, wenn du hier eine reine Horrorgeschichte geschrieben hättest. Dann könnte ich mich zurücklehnen und einfach nur den reinen "Unterhaltungswert" beurteilen. So aber legst du (gewollt oder ungewollt?) dir selbst einen höheren Berwertungsmaßstab an, indem du hier eine tiefergehende moralische Quintessenz einbaust, die du... tja, ich weiß auch nicht so richtig... mit deinem sächsisch sprechenden Auge in einer Art Satire (?) verpacken wolltest. Und das hat -jedenfalls bei mir- leider nicht geklappt.

Schade, dass ich dir keine nettere Kritik geschrieben habe, aber so seh' ich das nun mal.

Grüße vom Eisenmann

 
Zuletzt bearbeitet:

Was das Inhaltliche betrifft, Jizzle, will ich mich jetzt gar nicht groß äußern, weil ich großteils Eisenmanns Meinung teile.
Darüber hinaus konnte mich der Text allerdings auch sprachlich und stilistisch nicht wirklich überzeugen, vor allem, weil die Erzählsprache auf mich eigenartig inhomogen wirkte. Ich nenn’s mal „halbwitzige, bemüht pointierte“ Formulierungen (gleich zu Beginn z.B.: Nein, es handelte sich nicht um die profane Äußerung eines pubertierenden Teenagers oder die eines suizidgefährdeten Teilzeitzynikers in einem mehrfach geteilten pathetischen, nullachtfünfzehn Videoblog im Word Wide Web.) wechseln mit stellenweise von Wortwiederholungen gespickten Sätzen, die manchmal einfach nur unbeholfen klingen.
Ich hab dir mal ein paar beispielhafte Stellen rausgesucht:

Kappa H wirkte auf den ersten .Moment sehr schleimig.
Das Wort „schleimig“ bezog sich dabei nicht auf die Artikulationsweise des kleinen gelben Wesens,
[…] Viel eher war mit diesem Wort das eitrige, grüne Sekret, welches Kappa H bei jedem seiner Schritte aus seinem Schwanz aussonderte, gemeint.
Das ist meinem Empfinden nach ein ganz eigenartiger Fehler, zu dem mir jetzt gar keine passende Bezeichnung einfällt. Am ehesten noch: Perspektivfehler, oder meinetwegen: perspektivischer Tempusfehler. Auf jeden Fall hat’s mich beim Lesen drübergehaut. Du hast hier ja quasi einen auktorialen Erzähler, der mir eine vergangene Geschichte jetzt erzählt. (Jetzt = der Zeitpunkt, zu dem ich die Geschichte lese.)
Die Verben „bezog“ und „war gemeint“ (Präteritum) klingen allerdings, als erzählte der Erzähler davon, wie er die Geschichte zum Zeitpunkt ihres Geschehens erzählt hat … äh, kapierst du, was ich meine? Egal, es klingt einfach falsch. Wenn schon diese Formulierungen, sollten sie zumindest im Präsens stehen. Noch besser allerdings wäre es, wenn die erzählende Instanz gar nicht erst in den Fokus treten würde.
z.B. so:

Kappa H wirkte auf den ersten Moment sehr schleimig.
Wobei weniger die Artikulationsweise des kleinen gelben Wesens schleimig war, sondern vielmehr das eitrige, grüne Sekret, welches es bei jedem seiner Schritte aus seinem [besser: dem] Schwanz aussonderte.

… sowie aus einem zwei Meter langen, schuppigen und phallusartigem[n] Stachel bestand.

Mein Name lautet Herr Prof. Dr. Otto Krüger und das hier ist der sogenannte Vorbereitungskurs der Jahrgangsstufe 12 für interessierte Studenten im Fach Praktische Philosophie, Modul: Karma und seine Konsequenzen aus Bielefeld. Wir nehmen an dem Schulprogramm Brücken in die Unterwelt 2666 teil,
Die Bezeichnungen des Kurses und des Schulprogramms würde ich der besseren Lesbarkeit wegen kursiv hervorheben.

… entgegnete Kappa H mit einem sterilen Lachen, dessen Stimme bis auf den Dialekt an eine Computerstimme erinnerte, ...
Kann Lachen eine Stimme haben? Sollte sich die Stimme auf Kappa H beziehen, musst du das anders formulieren, z.B. so:
… entgegnete Kappa H mit einem sterilen Lachen. Seine Stimme [besser: Sprache] erinnerte bis auf den Dialekt an eine Computerstimme, …

Einen Mund suchte Otto bei Kappa H, der seine bauchrednerischen Fähigkeiten demonstrierte, vergeblich.
Dieser Relativsatz soll wohl den Inhalt des ersten Satzteils begründen, klingt aber einfach nur redundant und ist deshalb vollkommen entbehrlich. (So was meinte ich mit "halbwitzig".)
Apropos redundant:

wieder ertönte das sterile Lachen Kappas, dessen prägnante Computerstimme mehrmals staccatoartig lachte,

Nun erkannte Otto einen Monitor über der Zelle, der plötzlich aufgetaucht war [kann weg]. Auf dem Monitor [besser Bildschirm, oder: Darauf] waren Kameraaufnahmen aus dem Gehege zu sehen. Er zeigte [besser: Sie (= die Aufnahmen) zeigten] vier weitere Exemplare dieser Kreaturen.

Langsam vernahm Otto ein Schreien.
Langsam hören im Gegensatz zu schnell hören? Hm.

während sie dabei minutiös die Frau beobachteten und ihr lüstern[d] in die Augen schauten.
Auch dieses Adjektiv ist nicht nur unpassend, sondern auch unnötig.

Alle Carnipathen, bis auf derjenige [denjenigen]

… der in diesem Moment nur auf das Display seines Smartphones schaute und über ein lustiges Katzenvideo lachte.
In diesem Moment ertönte ein schriller Alarmton. Otto wurde hektisch und schaute sich um.
[…] Otto schaute auf die Scheibe. Das Wesen, das ihn die ganze Zeit an der Scheibe beobachtet hatte, war nicht mehr zu sehen.
[…] Otto schaute sich noch länger nervös nach den Carnipathen um.
[…] während Otto auf den eitrigen Schleim unterhalb des Schwanzes von ihm schaute
So was sollte einem spätestens beim ersten Korrekturlesen auffallen.

Ich lasse es da mal gut sein, Jizzle. Abgesehen von den unzähligen Kommafehlern, auf die ich gar nicht weiter eingehen will*), wirkt der Text auf mich noch sehr … na ja, entwurfsartig. Für mich ist der sprachlich einfach noch zu wenig ausgearbeitet, da fehlt eindeutig sowohl eine ordnende Hand als auch ein beherzt kürzender Rotstift.
Du bemühst dich zwar merkbar um eine pointierte Sprache, aber das geht gleichzeitig halt oft auch auf Kosten der Sprachpräzision. Überhaupt habe ich den Eindruck, dass du zwar vor Ideen schier platzt und möglichst viel davon möglichst gleichzeitig zu Papier bringen willst, dadurch aber viel zu wenig Augenmerk auf die dramaturgische und sprachliche Gestaltung legst. Für mich ist das ein Text, dem du eine gehörige Ruhepause gönnen solltest, um ihn dir dann noch einmal in aller Ruhe und mit der angemessenen Distanz vorzunehmen. Potential hat die Geschichte allemal, allerdings fehlt ihr für mein Gefühl der Feinschliff.

offshore

*)nur ein paar Beispiele:

… die einfachste Methode, um Terraristen, [kein Komma] von eurer Sorte, [kein Komma] eine Vorstellung der Hölle zu vermitteln. Bitte folgen Sie mir[,] Terrarist Krüger.“

doch er war aus irgendeinem Grund nicht in der Lage[,] sich umzudrehen und seine Situation wahrzunehmen.

Anschließend hörte man ein motorähnliches Geräusch[,] ehe ein grelles Licht …

usw.

 
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Ich danke für die inspirierende du faire Kritik von Asterix und Ernest. Damit kann man etwas anfangen. An den formellen Aspekten werde ich arbeiten.

Die Kritik von Eisenmann ist mir auf den ersten Blick , wie er sagen würde: Zu plump und engstirnig, minimal konstruktiv.

Wenn die Kritik an einer Kurzgeschichte was so lange ist, wie das Werk selber ist es schon befremdlich.

Meine Geschichte will nicht den gesellschaftlichen Verfall dokumentieren oder ihn bemängeln. Sie steht symbolisch für ein unbefriedigendes Leben in dem man gefangen, die sich immer wiederholen. Wenn man das ende genau liest, versteht man warum Otto am Ende all deine Dinge doch nicht kann. Es geht um eine Endlosschleife, in der man Dinge tut, die einen nicht glücklich machen.

Inspiriert haben mich Kritiker, die bei ihren Rezensionen so sehr auf die negativen Aspekte gucken, andere mit ihren Kritiken vernichten und die schöne Aspekte ignorieren. Ich habe mich immer gefragt was in solchen "Meckerlieschen" steckt. Wer so kritisiert, kann selber nicht glücklich sein, war mein Gedanke dahinter, nicht ganz detaillierte und ausgereifte Geschichten zu schreiben.

Sie ist eher was für optimistische Träumer, die durch diese Geschichte inspiriert werden sollen ihre Leben zu leben.
Vielleicht kann "meckern auf hohem Niveau" Menschen Freude bereiten. Um so verblüffter bin ich von Eisemanns Geschichte, der mit vielem Recht hat, aber die ursprünglichen Gedanken nicht durchblickt hat. Das liegt bestimmt an mir, aber Menschen die solch eine Art und Weise wählen, um so kritisieren, sind vielleicht durch die Botschaft und verteidigen sich nur, in dem sie den Inhalt kritisieren. Und dann treffe ich noch auf eine Kritik wie die von Eisenmann.

Also die Kritik ist wirklich nur verletzend, weil sie Gutes außer Acht lässt, aber vielleicht die Beste, weil sie am Ehrlichsten ist, auch wenn die Geschichte nicht verstanden wurde. Also danke dafür.


Fazit für Eisenmanns inhaltliche Analyse zur Botschaft des Textes
Gewollt aber nicht gekonnt.

Den einzelnen Punkten gebe ich dir aber recht. stilistisch sowieso.


"Die schlimmste Hölle ist die, die man nicht bemerkt, die dich wie ein Virus langsam tötet. Für manche ist dies der Alltag, für die anderen das tägliche Lesen amateurhafter Kurzgeschichte, wie der meinen ;)

JIZZLE

 
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Die Kritik von Eisenmann ist mir auf den ersten Blick , wie er sagen würde: Zu plump und engstirnig, minimal konstruktiv.

Wenn die Kritik an einer Kurzgeschichte was so lange ist, wie das Werk selber ist es schon befremdlich.


Wer es "befremdlich" findet, dass eine Kritik (zu) lang ist und dabei ganz offensichtlich die Mühe verkennt, die sich der Kritiker mit dem Lesen (und analysieren) der Geschichte gemacht hat, sollte mit Begriffen wie "Engstirnigkeit" und "Konstruktivität" nicht so leichtfertig umgehen - das hat was von einem Bumerang.
Im Nachhinein ist es allerdings schade, dass ich dir diese Mühe und Zeit zugestanden habe. Aber sei unbesorgt - allzuviel Aufmerksamkeit wirst du zukünftig von mir nicht mehr kriegen.

Den Rest deiner Ausführungen lasse ich mal unkommentiert stehen - denn das spricht wirklich entlarvend genug für sich (und dich) selbst.

Viel "Spaß" hier noch - den wirst du mit dieser Einstellung mit Sicherheit haben!

 
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Hallo Jizzle, schmeiß nicht das Kind mit dem Bade raus.

In deine Antwort an Eisenmann mischen sich immer wieder Bemerkungen, die verletzt und in der Folge so wirken, dass sie Streit auslösen könnten.

Ein Beispiel dafür:

Die Kritik von Eisenmann ist mir auf den ersten Blick , wie er sagen würde: Zu plump und engstirnig, minimal konstruktiv.

Wenn die Kritik an einer Kurzgeschichte was so lange ist, wie das Werk selber ist es schon befremdlich.

Du hast ein paar Adjektive wie z.B. "plump" aus Eisenmanns Zitaten herausgerissen und seine Kritk auf das Negative reduziert. Aber da ist dir leider entgangen, dass seine Kritik sehr genau, sehr begründet ist. Und von daher vorbildlich ist. Ja, auch wenn es weh tut. Man kann ganz genau nachvollziehen, warum ihm deine Geschichte nicht gefällt, Das ist sehr sehr hart für dich, glaub mir, viele hier würden schlucken, aber Eisenmann war weder unsachlich noch gemein noch verletzend, sondern schlicht und einfach nur sehr ehrlich und hart.
Und ich verstehe auch nicht, warum eine Kritik, die sehr lang ist, einen irgendwie misstrauisch stimmen soll. Vielleicht wollte er dich überzeugen und nicht nur einen Kurzverriss hierlassen, sondern seine Kritik genau begründen.
Ich wäre an deiner Stelle über die reine Ausführlichkeit froh, denn dann kannst du seine Argumente besser einschätzen und nachvollziehen.

Inspiriert haben mich Kritiker, die bei ihren Rezensionen so sehr auf die negativen Aspekte gucken, andere mit ihren Kritiken vernichten und die schöne Aspekte ignorieren. Ich habe mich immer gefragt was in solchen "Meckerlieschen" steckt. Wer so kritisiert, kann selber nicht glücklich sein, war mein Gedanke dahinter, nicht ganz detaillierte und ausgereifte Geschichten zu schreiben.
(...)
Das liegt bestimmt an mir, aber Menschen die solch eine Art und Weise wählen, um so kritisieren, sind vielleicht durch die Botschaft und verteidigen sich nur, in dem sie den Inhalt kritisieren. Und dann treffe ich noch auf eine Kritik wie die von Eisenmann.
Solche Unterstellungen bringen doch nichts. Nützt dir das beim Geschichten schreiben irgendwie was, wenn du jetzt deine Kritiker oder generell Kritker hier im Forum schlecht machst?

Ich bitte dich einfach darum, dich mit den Kritiken sachlich auseinanderzusetzen. Und von der Kritik eines Kommentators weg auf den psychischen Zustand des Kritikers zu schließen, das ist das Gegenteil von sachlich.
Nimm das alles selbst nicht so negativ, Jizzle, sondern lass ein wenig Zeit vergehen, vielleicht siehst du vieles am nächsten Tag anders.

Alle weiteren Bemerkungen dieser Art werde ich löschen. Ebenso alles, was sich nicht mit der Geschichte befasst.
Ich sag das rein prophylaktisch.

Viele Grüße von Novak

PS:
Eisenmanns Konter lass ich noch stehen, ich glaub, das ist nur gerecht.

 

Hi Novak,

also es ist nicht fair zu behaupten, dass ich meine KritikER schlecht mache. Dies würde sich ja auf mehrere beziehen. Das habe ich nicht getan. Auch für Eisenmanns Kritik habe ich mich bedankt. Das lässt du außer Acht. Ich habe nur gesagt, dass mich seine Art und Weise, verletzt und dies auch, weil er mit vielem Recht hat. Ernest zerreißt meine Geschichte genauso, aber das auf eine Art udn Weise die Hoffnung macht. Damit kann ich sehr gut umgehen.

Ich finde, dass man über Inhalte diskutieren darf und dass ich meine Beweggründe für den Text schon schildern darf, wenn ich der Meinung bin, dass der Text fehlinterpretiert bzw. anders interpretiert wurde. Ich kann auch nicht viel dafür, dass der Schreibprozess so war wie er ist.

Zudem entschärfen Wörter wie "auf den ersten Blick" meine Kritik. Dass ich Eisenmann in vielen Dingen Recht gebe und ihm nicht nur aus Trotz widerspreche habe ich deutlich niedergeschrieben. Das müsstest du auch anerkennen wenn du als Moderatorin schlichten möchtest. Es sind genügend Passagen zu finden in dem ich ihm Recht gebe.

Außerdem habe ich niemals behauptet, dass Eisenmann solch ein "Meckerlieschen" sei, sondern ich betone, nur ehrlich den Schreibprozess geschildert habe und so eine Spezies wie ihn aber selten gefunden habe, besonders, da er den Text in meinen Augen an vielen Stellen fehlinterpretiert hat.

 

Noch einmal zur Klarstellung: Natürlich sollst du deinen Text erklären und über Inhalte diskutieren.
Es geht um die oben zitierten Beispiele und die sind nun einmal nicht geschichtenbezogen, sondern unsachlich. Ist auch nicht schlimm, das passiert mal, wenn man sich ärgert. Aber ab jetzt bitte wirklich nur noch Kommentare und Anmerkungen zur Geschichte.

 

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