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Grau

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19.11.2019
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Grau

Grau
1.

Wenn sie in ihren eigenen vier Wänden saß, fürchtete sie sich davor, nach draußen zu gehen. Ihr kam der Straßenlärm beängstigend laut vor. Sie stellte sich vor, dass man sie sogleich ansprechen würde und dazu zwingen wollte, einen langen Monolog zu halten. Wahrscheinlich würde man wissen wollen, was sie über das Wetter denke, nein eher hätte sie über sich selbst reden sollen, wer sie sei und woher sie käme.

Aber die Angst war ganz umsonst. Niemand sprach sie an, sie vermied es und die anderen auch. Man sah sich nicht in die Augen, und wenn doch, dann geschah es fast unabsichtlich, ein Fehler – sie schlug sofort die Augen nieder.

2.

Vor fünf Jahren war das noch ganz anders gewesen. Sie hatte gearbeitet. Und sie war auf einem Urlaub in Afrika gewesen, wo die Menschen ihr ungezwungener erschienen als in Europa. Das größte Erlebnis war es für sie gewesen, einen Elefanten im Knysna-Elefantenpark gestreichelt zu haben. Elefantenhaut furchte sich und fühlte sich weich und runzelig an. Daran konnte sie sich noch gut erinnern. Und an die Sonne, die unbarmherzig auf sie niederschien. Als sie neben ihm herging hatte der Elefant wiederholt geschnaubt, bis sie zu einem See kamen, wo er endlich etwas trinken durfte. Es war so heiß, dass die Luft in der Hitze flirrte.

Ein halbes Jahr danach brach das Grau bei ihr ein. Es war ein Tag wie jeder andere. Der Wecker läutete ihn gellend in den kleinen Stunden ein, sodass sie wenig Zeit für ein hastiges Frühstück in der Küche hatte, Kaffee musste es sein und ein Marmeladenbrot. Sie genoß die Süße des Marmeladenbrotes mit dem bitteren Geschmack des Kaffees im Abgang. Jedoch verlor sie sich an jenem Tag in Gedanken an die Arbeit, der sie wenig Begeisterung entgegen brachte. Kaum bemerkte sie wie ihr die Marmelade auf das Shirt kleckste. Dieses Malheur führte dazu, dass sie sich in aller Eile umziehen musste. Sauber – das gab eine Verspätung von zehn Minuten. Und duschen musste sie auch noch, denn beim Umziehen waren ihre Haare schmutzig geworden.

Mit halbnassen Haaren, die sie nur notdürftig zusammengebunden hatte, schwang sie sich auf ihr Fahrrad und machte sich auf den Weg in die Arbeit. Mit dem Fahrtwind in ihrer Stirn wurde ihr sehr kalt und hätte sie sich an Südafrika zurück erinnert, sie hätte sich dorthin zurück gewünscht. Den Sattel ihres Fahrrads hätte sie in jedem Fall mit dem Rücken eines waschechten Esels vertauscht, denn diese Tiere waren störrisch, aber sie waren auch liebenswert. Doch alles woran sie jetzt dachte, war ihr Chef und seine mögliche Reaktion auf ihre späte Ankunft. Sie spielte alle möglichen Reaktionen in ihrem Kopf durch, wobei ein kalter geschäftsmäßiger Ton ihr für diesen windigen grauen Morgen am wahrscheinlichsten vorkam.

Als sie ankam war die Kollegin geschäftig dabei die Regale zu befüllen; es waren die am Anfang des Eingangs, Süßigkeiten und Toast. Da der Chef nicht da war bemüßigte sie sich ihn in Belangen des allfälligen Donnerwetters zu vertreten:
„Was guckst du so!“ reagierte sie auf das untätige Schauen von Hermine, deren Hände kalt waren und anfingen zu zittern, womit sie eine Begrüßung ihrerseits überging: „Du bist zum Kassendienst eingeteilt. Hol dir deine Kasse beim Chef ab.“
"Das war ja klar, dass du dich wieder in den Vordergrund stellen willst, Klara!" wollte Hermine ausrufen.
Sie wusste nicht was das sollte. In den letzten zwei Wochen war ihre Kasse bereits drei mal falsch gewesen. Jeweils 10 – 20 Euro unter dem Sollwert. Hermine hatte den Betrag ersetzen müssen. Sie und der Chef hatten ausdrücklich eine Pause vereinbart, damit sie sich vermehrt dem Befüllen der Regale zuwenden konnte. Zunehmend wurde sie sauer ob der willkürlichen Behandlung. Nur würde sie es wegen ihrer Verspätung mit einer Beschwerde bezüglich des Kassendienstes schwer haben. Sie versuchte im Kopf mögliche Rechtfertigungsversuche durchzugehen, in denen sie beides berücksichtigte, wobei sie aber gnadenlos scheiterte. In ihrem Kopf herrschte ein absolutes Durcheinander von verschiedenen Diskussionsansätzen, doch keinen konnte sie durchdenken. Auch deswegen zitterte sie bei dem Gedanken sich dem Chef zeigen zu müssen. Doch der reagierte erstaunlicherweise äußerst gelassen. Er sagte nichts von ihrer Verspätung, sondern begrüßte sie mit einer flotten Floskel:

„Heute mit dem falschen Fuß aufgestanden, Frau Müller? Und wir haben bad Hair Day, wie ich sehe.“
Das fand Hermine allerdings nicht sehr witzig. Sie sagte aber nichts, sondern nahm einfach nur die Kasse in Empfang, zugegebenermaßen mit einem schlechten Gefühl. Sie spürte schon wie das Unheil auf sie zukam.

3.

Bei den Kassen befand sich eine Vitrine mit Kameras, Handys und anderen elektronischen Geräten, wobei der Kassenschlager ein Smartphone von Apple war, das es bereits um 350 Euro gab. Als Hermine bereits sechs Stunden hintereinander iterativ das Band betätigt hatte und Kunden bedient hatte, baute sich ein gut aussehender Mann vor ihr auf. Er sah aus wie Mister Darcy. Er trug Handschuhe, einen Hut, und einen leicht beschmutzten beigen Anzug am Leib.

„Ich möchte bitte das SE-Smartphone von Apple.“ erklärte er mit vornehmer Stimme und deutete mit seinem Kinn auf die Vitrine. Wäre sein Pferd in der Nähe gestanden, Hermine hätte ihrer Wahrnehmung jederzeit geglaubt. Sie zögerte, da er ihr merkwürdig vorkam. Auf seinem Anzug hatte es anscheinend eine Tomate glauben müssen, so wie er aussah. Sollte das ein Wink sein, ihm nichts zu verkaufen? Viel eher empfand sie spontanes Mitleid mit ihm und dachte an sich selbst in der Früh zurück, als sich die Marmelade auf ihrem Shirt verteilte. Sie fand: Er war ein Kunde wie jeder andere auch, oder sollte zumindest so behandelt werden. Sollte sie also zur Vitrine gehen, sie öffnen, und ihm das gewünschte Handy überreichen? Sie tat es. Aber sein folgendes Verhalten war seltsam: sobald er die Verpackung in den Händen hielt, ging ein Leuchten über sein Gesicht, er drehte das Handy staunend in seinen Händen. Ewigkeiten vergingen, wo er nur das nicht tat, was Hermine erwartet hätte: die Kamerafunktion austesten, die verschiedenen Apps ausprobieren, die es am Handy gab, sehen ob es irgendwelche Kratzer am Bildschirm hatte. Schließlich riß ihr der Geduldsfaden, sie wollte endlich kassieren und sagte: „Darf ich?“ „Was?“ fragte er verständnislos zurück. „Kass..“ schaffte sie es noch zu sagen, als er schließlich schnell wie ein Wirbelwind davon lief. Sie stand wie angewurzelt an einem Fleck mit offenem Mund da und sah ihm nach. Er rannte wie ein Marathonläufer aus dem Geschäft, rannte über den Parkplatz und war aus dem Leben Hermines genauso schnell verschwunden, wie er erschienen war. Da konnte es ihm auch ganz egal sein, dass der Ausgang des Geschäftes zum piepsen anfing und nicht mehr aufhörte.

Zum Glück war alles mit der Kamera aufgezeichnet worden. Ihr Chef hatte wertvolles Material in der Hand um zu beweisen, dass sie dem Mann das Gerät in die Hand gedrückt hatte, bevor sie kassierte. Er war erzürnt und starrte sie an. Zum ersten Mal hörte sie wie er die Stimme erhob und schimpfte „Warum haben Sie nicht zuerst kassiert? Warum haben Sie nicht geistesgegenwärtiger reagiert?“


„Er sollte doch das Gerät vorher noch anschauen dürfen.“ sagte sie kleinlaut.
„Dieser Typ war doch irre,“ schimpfte er: „Haben Sie das denn nicht bemerkt?“
„Nein“, erwiderte Hermine nur: „Woher hätte ich das wissen sollen?“
„Handschuhe an den Händen, einen Hut am Kopf, Gestank als hätte er zehn Tage hintereinander im Pferdestall geschlafen. Nein, tut mir leid, Frau Müller. Sie sind raus. Nehmen Sie bitte Ihren Hut.“
„Das fabulieren Sie jetzt.“
„Was? Wie reden Sie mit mir?“
„Den Gestank. Er hat nicht gestunken.“
„Na und.. ist das wichtig? Frau Müller,Sie dürfen mir das Handy ersetzen. Und dann gehen Sie bitte.“
„Ich nehme also meinen Hut.“ erwiderte Hermine in Gedanken.

Seit diesem Tag fand sie keine Stelle mehr. Sie konnte Zeitungsannoncen lesen und sich darauf bewerben wie sie wollte, aber sie fand keine Arbeit. Ein Tag reihte sich an den anderen und sie verlor alle Lust darauf, sich mit Freunden zu treffen. Seit diesem Tag war das Grau in ihr Leben eingezogen und verließ sie nicht mehr so schnell

 

Hallo @Emina

Deine Geschichte reiht völlig wirr verschiedene Gedanken und Ereignisse aneinander und endet wie abgeschnitten.
Hauptsächlich wird ein Vorfall geschildert, der zum Arbeitsverlust der Protagonistin führt. Das wird so belanglos heruntererzählt, dass nicht viel Spannung aufkommt. ist nicht sehr spannend zu lesen. Die Verbindung des ihrer negativen Empfindungen mit der Farbe der Elefanten ist gewaltig an den Haaren herbeigezogen und ergibt kein stimmiges Bild. Sie verbindet doch schöne Erinnerungen mit der Zeit in Afrika. Wieso sollte sie dann ihren grauen Alltag und ihre Angst vor der Welt damit verknüpfen?
Dass der Jobverlust zu einem so tiefen Absturz führt, ist ohne eine erläuternde Vorgeschichte auch schwer nachzuvollziehen.

Schöne Grüße!
Kellerkind

 

Guten Abend @Emina ,
spannend etwas von dir zu lesen. Ich werde mich kurz fassen, um heute Abend an einem Roman weiterzulesen.
Leider hat mich deine Geschichte nicht überzeugt. Deinen Stil empfinde ich irgendwie als störend. Er erscheint mir nicht als literarisch genug. Das liegt zum einen an der Sprache, die du angewandt hast, zum anderen aber auch an der Struktur des Textes. Spannungsaufbau kann so nicht geschehen. Es wirkt, als ob dein Text eine Mitschrift einer mündlichen Erzählung ist, die jedoch nur noch vage im Kopf des Erzählers präsent ist. Dadurch muss dieser mitten im Text an einer anderen Stelle ansetzen, was zu Chaos führt.
Die Handlung an sich empfinde ich als grotesk. Warum ist die Protagonistin schuld daran, ihm das Handy zu verkaufen? Juristisch gesehen ist das Blödsinn. Der Chef hätte keine Grundlage ihr zu kündigen. Ebenfalls muss ich mich fragen, inwiefern eine Melone als Kopfbedeckung geeignet ist. Für meinen Geschmack ist das zu sehr übertrieben, um "Spannung" in die Geschichte hineinzubekommen. Fast alle Handlungen der Protagonisten sind meiner Meinung übertrieben.
Mit einem neuen sprachlichen Anstrich kann das Ganze aber zum Stilmittel der Verfremdung werden. Damit hätte dein Text neue Brillanz. Ein gewisses Potenzial sehe ich da schon!
Eines stößt mir noch negativ bei deiner Geschichte auf:

Seit diesem Tag fand sie keine Stelle mehr und wurde depressiv.
1. Bitte zeige uns ihre Gefühlswelt, erzähle sie nicht plump.
2. Ich persönlich rege mich immer auf, wenn jemand mit Wörtern wie "depressiv" herumschmeißt. Warum wird sie plötzlich depressiv? Ein Jobverlust muss nicht dazu führen. Viele Menschen denken sie seien depressiv, sind es tatsächlich aber nicht. Auch bei Depressiven ist nicht alles schlecht. Es gibt Phasen, in denen ist die Krankheit symptomfrei. Ich könnte da jetzt noch Nächte darüber schreiben. Dies soll aber nur eine persönliche Notiz darstellen.

Ich hoffe, dieser kurze Kommentar war etwas hilfreich. Falls du ausführlichere Kritik möchtest, melde dich gerne.

Grüße und ein schönes Wochenende

Achim :D

 

Hallo @pinotgrigio!

Ich freue mich, dass du den Ton der Geschichte gut gefunden hast. Ich habe sogleich deine Anregung zu den Absätzen aufgenommen und die Geschichte ein wenig leserfreundlich gestaltet.

Warum findest du den ersten Absatz zu lang? Ich habe den Absatz beibehalten und nur einen der Nebensätze zu einem eigenen Satz gestaltet. Ich mag lange Sätze.

Jetzt wundere ich mich noch ein wenig über die Struktur der Geschichte. Es beginnt mit dem grauen paragraphen am Anfang. Dann geht es über die Vergangenheit in Afrika, danach über ihren Job, die schlechte Erfahrung mit dem Chef und dem Handy-Diebstahl. Danach endet die Geschichte abrupt nachdem du nochmal auf das graue Gefühl hinweist. Ich frage mich jetzt als Leser, was ihre Erfahrung in Afrika mit ihren Erfahrungen an der Kasse gemein haben. Vielleicht wäre es möglich, den Elefanten und ihre guten Gefühle in Afrika noch mit dem Ende der Geschichte zu verbinden?

Du bist nicht der einzige, der die Struktur der Geschichte etwas wirr findet. Ich wollte am Ende nicht nochmal auf den afrikanischen Urlaub hinweisen, da ich ja in erster Linie eine Gescchichte über eine depressive Frau schreiben wollte, die zum Ende hin schließlich ganz in der Depression landet, weil sie keine Stelle mehr findet. Die Erfahrung in Afrika dient am Anfang als Gegensatz zum Alltagsleben. Ich werde nur versuchen, diese Stelle noch ein bißchen zu verändern.

Danke dass du dich mit meiner Geschichte auseinander gesetzt hast und für deine Änderungsvorschläge. Es freut mich auch sehr, dass du sie stimmig gefunden hast und ihren Ton für den Gefühlszustand der Frau treffend.

Hallo @Kellerkind,

du hast natürlich Recht, diese Geschichte hat viele Mängel. Es ist gut, dass du sie mir nochmal vor Augen führst, nur so kann ich daran was ändern. Aber "völlig wirr"? Das ist schon ein bißchen überspitzt ausgedrückt. Ich habe viele verschiedene Szenen aneinander gereiht, und so ist meine Geschichte nicht sehr geschmeidig zu lesen. Das stimmt.

Ich werde die Urlaubsgeschichte versuchen zu verändern. Die graue Haut des Elefanten soll nicht länger Aufhänger für diese Szene sein.. obwohl mich das sehr gereizt hat, es ausgerechnet so zu schreiben. Ich mag solche Assoziationsgeschichten.

Die Protagonistin hat eigentlich von vornherein eine Neigung zur Depression. Ich weiß aber nicht, ob man ihr das deutlich genug anmerkt.
Ich danke dir für deine Zeit. Deine Anmerkungen haben mir sehr geholfen.


Hallo @Achim02,

du bemängelst an meiner Geschichte die Sprache, dass sie nicht literarisch genug sei. Was ist für dich eine literarische Sprache? Braucht sie mehr Sprachbilder um dich zu überzeugen, oder ein anderes Vokabular? Ich weiß nicht, ob mir das jetzt schon gelingt.

Das Übertriebene an den Handlungen der Protas sehe ich selbst gar nicht, außer beim Chef. Und dann beim Dieb. Aber das war gewollt von mir. Wer, außer ein Verrückter, würde mit einem Elektrogerät einfach aus dem Geschäft rennen? Eigentlich habe ich überlegt, was ein absoluter Horrortag für eine Frau wäre, die nicht sehr konzentrationsstark und in sich gekehrt ist.

Zu dem nächsten Punkt: ich verstehe, dass dieser letzte Satz: Seit diesem Tag fand sie keine Stelle mehr und wurde depressiv, dir zu plump vorkam. Aber es ist oft so, dass man erst nach einem gröberen Einschnitt ins Alltagsleben sich eingestehen kann, dass man ein Problem hat. Deswegen habe ichs so formuliert.

An und für sich bin ich jetzt nach den Kommentaren selbst sehr unzufrieden mit meiner Geschichte geworden und denke, dass ich bei zukünftigen Geschichten sicher anders an die Sache herangehen sollte. Sie wirkt sehr unausgegoren auf mich selbst. Aber ich werde trotzdem versuchen, sie umzuschreiben.

Liebe Grüße,

Emina

 

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