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Grau ist alle Theorie

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03.08.2003
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Grau ist alle Theorie

Zwischen korunthinischen Säulen, im kühlen Schatten, wandelte einst Heroklesthenes.
Des Meisters Stirn war umwölkt und sein Blick abwesend. Nur das Knirschen von Sand unter Ledersohlen und das Rascheln der Gewänder durchbrachen die Stille. Keiner der den Philosophen begleitenden Adepten wagte es, das fragile Gleichgewicht zwischen innerer Sammlung des Meisters und äußerer Ruhe durch ein fürwitziges Wort zu stören.
Da verhielt Heroklesthenes den Schritt. Seine Stirn glättete sich und in seinen Augen erschien das wohlbekannte Funkeln.
Aus einer Säule vor ihm ragte ein bronzener Wasserhahn.
Langsam wandte sich der Meister um zu der Schar seiner Jünger und hub an zu sprechen:
„Meine Freunde. Lange habe ich über den entscheidenden Wesenszug nachgedacht, welcher der uns umgebenden Natur und nicht zuletzt uns selbst innewohnt. Und soeben, hört und staunt, habe ich das noch fehlende Glied in meinen Überlegungen gefunden. Feiert mit mir diesen Augenblick. Statt langer Erörterungen werde ich nun demonstrieren, was das Wesen aller Dinge ist. Denn grau ist alle Theorie!“
Heroklesthenes‘ Schüler, die ergriffen den Worten ihres Meisters gelauscht hatten, beobachteten, wie der große Philosoph nun den Wasserhahn aufdrehte.
Es gab ein quietschendes Geräusch und der Hahn tropfte zu Boden. Dort, wo die Tropfen den Boden berührten, begann sich dieser zu verflüssigen. Auch die Säule verlor ihre klare Kontur. „Alles fließt“, sprach Heroklesthenes in die Rücken seiner fliehenden Schüler hinein, bevor er sich in eine Pfütze verwandelte...
Und nach einer kleinen Weile floss das Universum in ein schwarzes Loch.

 

Hallo,
hat mir doch gefallen, schön surreal. Aber seltsam finde ich sie eigentlich nicht, die Geschichte;) Es ist doch streng logisch, philosophisch durchdacht und nachzuvollziehen. Du gibst die Erklärung ja in der Geschichte schon selbst, dann kann man leider nicht mehr so viel interpretieren.
Das einzige, was ich nicht verstehe, sind die "korunthinischen Säulen", darunter kann ich mir nichts vorstellen, ist aber wahrscheinlich auch nicht wichtig und du wolltest nur einen grieschich-anmutenden Namen erfinden. Wenn sie doch eine Bedeutung habe, dann würde ich diese gerne wissen.

Übrigens, das mit dem durchdacht etc. meine ich sogar ernst.

Gruß
Arthuriel

 

Hallo Arthuriel,

du vermutest richtig.
Das mit den Säulen sollte nur irgendwie griechisch klingen
Die "richtigen" Worte wären "korinthische Säulen" und "Heraklit" gewesen. Aber unser Universum existiert ja noch. Deshalb sollten "Korunthinisch" und "Heraklosthenes" suggerieren, dass die Story in irgendeinem erfundenen Universum spielt.
Was besseres ist mir nicht eingefallen. ;)

Im Übrigen gebe ich dir recht. Der Spielraum für Interpretationen ist bei meiner Story nicht sehr groß.

Ich wollte in Form einer kleinen surrealen Geschichte zeigen, wie gefährlich es sein kann, Theorien nachzuprüfen. Das Szenario ist dabei gar nicht so weit hergeholt. Im CERN sollen ja schon künstlich "Micro Black Holes" erzeugt worden sein.

Danke für den Link. Interessant.

 
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erstmal ein freundliches hallo,

dies ist mein erster kommentar bei kg und ich hoffe ich wirke nicht gleich altklug. vielleicht habe ich es auch nur falsch interpretiert. na ja, was mich unsympathisch machen könnte, ist halt das ich gleich kritisiere. es gibt theorien die behaupten, dass ein schwarzes loch im zentrum einer jeden galaxie lauert, darüber hinaus wird behauptet, dass das schwarze loch auch urspung einer jeden galaxie ist. wenn du natürlich davon ausgehst, dass es seinen ursprung wiederfindet und eingeht dorthin wo es entsprang, so kann ich dir nur zustimmen. es kam aber leider nicht ganz aus deiner kurzgeschichte heraus. und mein gefährliches halbwissen bezüglich heraklit beruht auf sophie. wollte heraklit dies wirklich verdeutlichen. fuer eine antwort wäre ich dir sehr dankbar, denn ich bin immer dafuer zu haben, um etwas dazu zu lernen.

ein kleiner nachtrag

nun ich hätte vielleicht gleich mal den link nutzen sollen, da steht es ja auch. soviel zum thema altklug. dennoch wäre ich dir dankbar für eine antwort auf meine frage.

bis denn

 

Hallo chemin,

find ich toll, dass du deinen ersten Beitrag gleich meiner kleinen Story widmest. Ich denke mal, kritisieren ist hier erwünscht und mich stört das überhaupt nicht. Im Gegenteil.
Ich bin zwar kein Moderator, aber trotzdem

Herzlich Willkommen hier bei kg.de :)

Sophies Welt hab ich auch gelesen. Interessant.
Mein Wissen über Heraklit ist sicher kaum mehr "halb" als deins.
So wie ich mir das gedacht habe, war Heraklit alias Heraklosthenes sich über die Folgen seines Tuns nicht 100%ig im Klaren. Er hatte eine Theorie, wollte sie durch ein Experiment demonstrieren und alles geriet außer Kontrolle.
Was die Schwarzen Löcher betrifft. In meiner Story verschwindet ja gleich das ganze Universum, das viele Galaxien enthält, in einem solchen. Ob das physikalisch korrekt ist? Tja, wo ist hier ein Fachmann?
Es gibt aber Theorien, nach denen sich das Universum nach einer Phase der Ausdehnung wieder zusammenzieht und eine Raum-Zeit-Singularität bildet. Das wäre dann auch sowas wie ein Schwarzes Loch.

Viele Grüße von Sturek

 
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Hallo, Sturek,

ich finde die Geschichte absolut genial, sprachlich wie auch inhaltlich. Wenn sich auch das Bild mit dem Schwarzen Loch nicht ganz bei mir einstellen will.

Jetzt will ich aber nicht mit Schwarzschild-Radien und Horizonten um mich werfen, die Physik ist für die Geschichte eigentlich auch nicht so wichtig. Nur bin ich physikalisch etwas vorbelastet und stelle mir ein Abfließen in ein Schwarzes Loch daher anders vor.

Es gibt ja viele Schwarze Löcher, naturgemäß abseits von der Erde, so dass, wenn alle Materie in ein Schwarzes Loch fließen würde, die Dinge eher von der Erde abgerissen und ins All geschleudert werden müssten. Dann würden sie ganz ungeheuer in die Länge gezogen und danach könnte man sie einfach nicht mehr sehen.

Was ich aber beim Lesen eher vor mir sehe, ist eine Art Gully oder Wannenabfluss. Der Abfluss, oder einfach das Loch, durch das alles abfließt, bildet sich in der Geschichte ja da, wo das Wasser auftrifft. Es würde, finde ich, in den absurden Kontext der Geschichte besser passen, wenn das Universum einfach durch einen Abfluss verschwindet. Das wäre auch eher etwas, was in der Erwartungswelt der antiken Philosophen auftauchen könnte (die Armen!).

Das Schwarze Loch kommt irgendwie aus einer anderen Kulisse und könnte besser in diese Geschichte passen, wenn sie ein SF-Setting hätte.

Aber nichts für ungut, wie gesagt, die Story ist super.

Gruß, Alli

 

Hallo,
irgendwie hast du recht, das schwarze Loch ist nicht die perfekte Lösung. Ein Abfluss täte es aber noch weniger, mMn, da dann erklärt werden müsste, wo sich dieser befände, etc.
Das schwarze Loch dem gegenüber den Vorteil, dass noch niemand genau weiß, was passiert, es war ja noch niemand da oder darin. Der letzte Satz ist ja die Auflösung allen Seins, und das schwarze Loch ist ein Teil des gleichen Seins, ergo die Selbstauflösung des Seins durch sich selbst. So ist es glaube ich am Besten zu verstehen.
Gruß
Arthuriel

 

Hallo Aleysha und Arthuriel!

Danke für deine Anregung, Aleysha , was die Schwarzen Löcher betrifft. Ein Gulli oder ein Abfluss wäre natürlich herrlich surreal, hätte aber auch wieder Nachteile.
Wie Arthuriel schon sagte, man müsste dann vielleicht noch etwas dazu schreiben.

Als Kompromiss habe ich jetzt einfach "schwarzes Loch" geschrieben. Dadurch kann damit alles Mögliche gemeint sein. Natürlich auch ein "Schwarzes Loch".

Viele Grüße von Sturek

 

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