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Grau in Grau

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26.04.2002
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Grau in Grau

Neulich frueh, vor dem Spiegel, hab ich ein graues Haar entdeckt. Ich bin tolerant und weiss, dass es der Einzelne in der Masse immer etwas schwerer hat. 'Keine Angst' sprach ich 'Du sollst nicht schlechter behandelt werden, nur weil Du anders bist.'

Einige Tage spaeter hatten sich dem Grauen zwei Freunde angeschlossen. Die kleine Gruppe hatte es sich in Hoehe der rechten Schlaefe bequem gemacht. 'Nun.' redete ich auf den Grauen ein 'So bist Du wenigstens nicht mehr alleine.' Wir lachten beide.

Beim Mittagessen sprach mich ein Kollege an. 'Hast Du dort graue Haare? Wirst langsam alt, was?' Fast jeder am Tisch fand das komisch. Ich nicht.

Meiner Freundin fiel es gleich beim naechten Treffen auf. 'Meine Güte, Du wirst ja grau!' Das fand ich nun etwas uebertrieben. Trotzdem lies ich mir nicht gleich die Stimmung verderben. 'Jedes graue Haar, eine glueckliche Stunde!' konterte ich. 'Ach nur fuenf?' sprach sie und war eingeschnappt. Das war ein Grund sich Sorgen zu machen. Ich ging ins Bad und zaehlte nach. Tatsechlich - fuenf.

In der Folgewoche tauchten das erste Graue an der anderen Schlaefe auf und bekam dort schnell Zulauf. So richtig konnte ich mich ueber das sich einstellende Gleichgewicht nicht freuen.

Die Entwicklung war nicht mehr aufzuhalten. Auf der Strasse hielten die Leute an, zeigten auf meine Haare und tuschelten. Jeden zweiten Tag kam ein Versicherungsvertreter vorbei und versuchte mir einen Zusatzrentenabschluss aufzuschwatzen. Auch meine Hausaerztin nahm sich mehr Zeit fuer mich, fuehrte eine gruendliche Ganzkoerperuntersuchung durch und riet mir, in Zukunft bei den halbjaehrlich ausgeschriebenen Prostatauntersuchungen vorbeizuschauen.

Das konnte so nicht weiter gehen. In der Drogerie kaufte ich mir eine Haartoenung und schloss mich dann im Bad ein. 'Du hast es nicht anders gewollt!' sprach ich. 'Wir haetten so gute Freunde werden koennen, aber Du musstest es ja uebertreiben'

'Nanu?' staunte die Bekannten und Verwandten. 'Du hast Dir die Haare gefaerbt? Ist es doch schon so schlimm?' Mitleidige Blicke. Einige der Aelteren klopften mir auf die Schulter.

Zum Geburtstag bekam ich einen Praesentkorb und eine Reumadecke.

 

Hat mir sehr gut gefallen, sprachlich und inhaltlich.

So richtig schön mitten aus dem Leben - wobei ich das ja eigentlich nicht beurteilen kann, weil ich kein einziges graues Haar habe *hust* ;-)

Nun ja, seien wir ehrlich: ich befinde mich noch im Stadium des 'Rupfens' ... sprich: alles, was grau ist, wird gewaltsam entfernt und landet umgehend im Mülleimer. Sollte es dann irgendwann mehr als fünf Minuten täglich dauern, werde ich vielleicht auch auf Poly Renature umsteigen.

 

hallo du_du_du..

hat mich angesprochen, deine Geschichte. Einerseits wegen des Stils, der meinen Sinn von Humor anspricht, anderseits weil ich auch dieses "Problem" habe/hatte. Allerdings habe ich nie gefärbt, sondern wie ein Mann zu den Alterssymptomen gestanden. (Ehrlich gesagt habe ich die grauen Haare argumentativ meinem "schlechten" Umgang (1 Ehefrau, 2 Töchter)zugeordnet und fand auch stets andere Männer, die meinen Stress nachvollziehen konnten und mich bemitleidet haben).

Werde mal schauen, was du noch unter Humor stehen hast..

Gruß vom querkopp

@pebe
also, du bist in einem Alter, in dem man sich aus optischen / modischen Gründen graue Strähnen ins Haar macht. Hast wirklich keinen Grund zu husten, dein Bild straft dich Lügen. Nirgends ein graues Haar - (retuschiert?) :-)

 

Hallo Dominik,

eine bezaubernde kleine Schmunzette, nicht übertrieben, keine Schenkelklopfkalauer, mitten aus dem Alltag geholt und mit Humor aufbereitet.
Schätze wird kein Fehler sein, dich mit in meine Liste derjenigen Autoren zu setzen, die unbedingt gelesen werden sollten, weil es sich lohnt. :thumbsup:

Gruß lakita

Ach so, muß eigentlich jeder, der sich hier verewigt auch was über die eigene Haarfarbe sagen?

[ 01.05.2002, 00:50: Beitrag editiert von: lakita ]

 

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