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Grün ist die Nacht

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10.03.2017
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Grün ist die Nacht

Der Blick aus meinem Turmzimmer ist wie der Blick in meine Seele. Im Sommer, da springt mir ein übertriebenes Grün ins Auge, die Baumkronen explodieren, es erschlägt einen förmlich, alles eine einzige Übertreibung. Zu viel grün, zu viele Blätter, ein Fest der Sinne, ein rauschendes Bad im reinen Chlorophyll. Im Herbst, da beginnt die Metamorphose, eine wilde Farbexplosion aus Gelb- und Rottönen präsentiert sich in all ihrer Farbpracht, zieht die Blicke auf sich, an Attraktivität nicht zu überbieten. Aber dann, dann kommt der Winter und all die Pracht vergeht, verkümmert, der Baum steht da, nackt ,mit nichts außer seinem Skelett. Da ist nichts mehr, nichts mehr übrig von dem Rausch der satten Jahreszeiten, die Kälte hat Einzug erhalten. Dunkle, traurige Äste springen dir entgegen, das zuvor nicht Sichtbare gibt sein häßliches Antlitz gleichgültig preis. Die Übergänge ziehen jedes Jahr unbeachtet an mir vorüber. Genau das bin ich: Sommer und Winter, dazwischen bewegt sich nichts. Gefangen in einer neuen Eiszeit, mit Unterstützung der reizenden Bäume, sitze ich hier im tiefsten November, die Chianti Flasche geleert und weiß nichts anderes mit mir anzufangen, als den blöden Bäumen trotzig entgegenzublicken. Da nervt oder rettet das Telefon. Marcel, langjährige Affäre, bittet zum Tanz. Party, gegenüber des Bunkers, Feuerwerk. Ich schreibe: „Nein, keine Lust. Bin müde von der Arbeit.“, und irgendwie reitet es mich dann doch. Schlimmer als der Abend mit den Bäumen kann die Nacht nicht werden. Angeschickert sitze ich kurze Zeit später in einem Taxi. Der Taxifahrer sieht aus wie 15 und verhält sich wie 60. Auf meine Frage, ob ich eine Rotweinfahne hätte, erfolgt ein Redeschwall über die neuen Grundwerte der Generation early twenty. No drugs, Nebenjob neben dem Studium, geplantes Einfamilienhaus, erstes Kind in Planung, das ganze Paket eben. Ich frage mich, ob bei all dem drogenfreien Studieren und Arbeiten noch Zeit und Lust für die Produktion eines Kindes bleibt, das Einfamilienhaus am Ende leer und er als einsamer Alki in seinem Taxi verendet. Am Bunker angekommen, läuft mir Marcel mit verklärtem Blick entgegen, Umarmung ein Tick zu lang. Die Wohnung hat was von Hippie-Schick, nicht unsympathisch, der leicht angekokste Haufen auch nicht. Ich besorge mir einen Gin und erklimme die Leiter gen Dach. „Feuerwerk, Hase! Darfst du nicht verpassen!“, grölt mir Marcel entgegen. Oh man, mehr Gin bitte. Der Typ nervt und soll Hasen schießen gehen. Eine Hand greift meine und zieht mich aufs Dach. Stimmengewirr, Nebel, von Feuerwerk keine Spur, alles redet, alles lacht und mittendrin, da stehst du. Groß, ein wenig großspurig auch, lachend und viel zu laut begrüßt du mich, deine Augen leuchten, treffen meine. Und auf einmal sind alle Bäume wieder grün, die Baumkronen explodieren, alles ein bißchen zu viel und ich, ich bin mittendrin in dem, was sich Leben schimpft.

 

Hallo Marylou,

herzlichst hier bei den Wortkriegern!

Ich mag deine Geschichten, die mich etwas an Anton Tschechovs Stil erinnern: scheinbar ereignislos. Versuch deine Story aber trotzdem etwas auszubauen, mehr Handlung könnten sie vertragen.

Viele Grüße,
Herr Schuster

 
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Liebe Maria,

Schriftspracherwerb ist ein Begriff der Psychologie und Erziehungswissenschaften für den Entwicklungsprozess von Literalität und schriftsprachlicher Handlungskompetenz.

Danke für deine Kritik und besten Gruß,
Marylou

Liebe Herr Schuster,

vielen Dank für die nette Rückmeldung!

 

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