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Serie Gottgeschichten - 04: Gott würfelt nicht

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Gottgeschichten - 04: Gott würfelt nicht

Genau. Denn Gott spielt Poker.

In unregelmäßigen Abständen, wenn ihm zu Hause der Himmel auf den Kopf fiel, traf er sich mit dem Teufel zu einer Pokerrunde. Die letzten beiden Male, 1914 und 1939 hatte er sich übel verzockt. Doch heute würde es anders werden.
Es fing allerdings ziemlich schlecht an. Der Teufel manipulierte geschickt seine Karten und Gott war schnell mit 1.000.000 Seelen im Brand (daher stammt dieser Ausdruck übrigens).
Neues Spiel. Diesmal sah es besser aus. Gott hatte 3 Könige und setzte eine halbe Million Seelen. Der Teufel ging mit und erhöhte um eine europäische Großstadt. Gott hielt den Einsatz, erhöhte ihn um 2 Entwicklungsländer zum Sehen. Der Teufel grinste und deckte 4 vollbusige Damen auf. Es war ein Kreuz. Allmächtig hin oder her - Gott musste sich an seine Gebote halten. Er hatte zwar kein Gebot verfasst, das hiess: >Du sollst nicht bescheißen<, aber irgendwie war diese Möglichkeit durch >Du sollst nicht falsch Zeugnis ablegen< und >Du sollst nicht stehlen< bereits abgedeckt. Seine durch moralische Bedenken geprägte Interpretation der Regeln hinderte ihn augenscheinlich daran, ein wirklich guter Pokerspieler zu sein.

Sie zockten die ganze Nacht. Egal, was für Hände Gott auch bekam, das Blatt des Teufels war immer einen Tick besser. Gott verlor nacheinander 10% der Weltbevölkerung, die Glaubwürdigkeit der Katholischen Kirche, 45 Naturkatastrophen und der Euro wurde auch noch eingeführt. Gott musste seine Taktik ändern.
Er sah auf sein nächstes Blatt und lächelte. Er kaufte keine neue Karte. Statt dessen setzte er sofort Amerika, Frankreich, England und eine Milliarde Asiaten. Der Teufel schluckte, denn sie spielten ohne Limit. Doch er hielt den Einsatz, legte sogar noch den Rest der EU drauf, denn ein Full House mit 3 Assen funkelte ihn an. Und der Herr sprach: "ICH ERHÖHE UM EINE WEITERE MILLIARDE ASIATEN, DEN GESAMTEN AFRIKANISCHEN KONTINENT UND...”

Es herrschte Totenstille. Dem Teufel trat, was selten vorkam, der Schweiss auf die Stirn.

"...DEN PAPST ZUM SEHEN!”

Der Teufel grübelte und sah Gott ins heilige Antlitz. Der zog nur eine buschige weiße Augenbraue hoch: "UND?”

Der Papst! Gott musste einen Vierer oder gar einen Royal Flash auf der Hand haben. Seine Glückssträhne konnte ja nicht ewig anhalten, sagte sich der Teufel und passte.

Grinsend steckte Gott sein kleines Pärchen und die 3 Luschen in den Stapel, um neu zu geben. Er hatte schließlich nie ein Gebot erlassen, das lautete: >Du sollst nicht bluffen!”

Die Demokraten gewannen die nächste amerikanische Wahl, der Euro stabilisierte sich und Asien begann, wieder zu boomen.

 

Alpha, ich bin beeindruckt!
Ach ja, übrigens: auch hier ist ein Anklang an einen bestehenden Text (in diesem Fall: Song) zu bemerken:
"Spanish Train" von Chris deBurgh.
Ein bluffender gott gefällt mir irgendwie...

chaosqueen <IMG SRC="smilies/king.gif" border="0">

 

Kenn ich nich. Singt der nich nur Schnulzen?
Auf eigenem Mist gewachsen. Erinnerungen an meine Zockerzeit.

 

Nein, nicht nur. "Spanish Train" ist, so weit ich weiß, seine erste Platte gewesen. Da waren seine Texte noch einen Tick kritischer als später. und der Song ist so richtig fies: Gott und der Teufel sitzen kartenspielend in einem Zug und spielen um die Seelen der Mitreisenden. Natürlich betrügt der Teufel! :D
Gruß´,

chaosqueen <IMG SRC="smilies/king.gif" border="0">

 

@ Alpha Es heißt Pabst, nicht Papst. So, dem hab ich´s jetzt aber gegeben! :D

Coole Story, erinnert mich ein bisschen an "Kraft des Bösen" von Dan Simmons.
Irgendwie glaube ich, dass der Teufel verdammt oft gewinnt... :rolleyes:

De Burgh: Lady in reeeeed, is dancing with meeee... <IMG SRC="smilies/puke.gif" border="0">

Schade um ihn - dieser eine Song hat ihn musikalisch ruiniert! Zuvor hatte er nämlich ein paar ganz gute Songs gemacht. wie "Don´t pay the ferryman" und vor allem "A Spaceman came travelling" - kann ich nur empfehlen!

 

Hi Alpha,

inzwischen hat meine ganze Familie, ebenso unsere Nachbarn, alle sieben Gottgeschichten gelesen und sich dabei köstlich amüsiert.

Setze diese "Kritik" unter die Nr. 4, weil diese -wie wir meinen- um einige Nuancen besser als die anderen ist; wobei hole in one an letzter Stelle rangiert.

In diesem Stil wünschen wir uns vorerst eine Fortsetzung bis "Gottgeschichten -100: Gott begegnet querkopp". (bescheidener Vorschlag :) )

Kurzum: die Geschichten sind göttlich !!!

Gruß
Maris

Ach, ja versuche einen Link auf die Empfehlung zu setzen: Empfehlung der Moderatoren Special/Serien - Link zu alle Gottgeschichten

[ 19.05.2002, 23:12: Beitrag editiert von: querkopp ]

 

Daumen hoch.
Bin gespannt, wenn um die nächste Präsidentschaft in den USA gepokert wird...

 

Hallo Alpha O' Droma,

ich habe diese köstliche Satire rausgekramt, weil ich mal wieder eine vollendete Satire lesen wollte.
Diese Geschichte von Gott ist auf jeden Fall eine Empfehlung wert!

2001 galten hier auf kg.de zwar schon dieselben Regeln wie heute, aber sie wurden wesentlich weicher angewendet.
Insbesondere sind früher viel öfter Texte durchgegangen, die gar keine Geschichten waren.

Deine Satire ist aber ohne Frage in eine witzige Handlung gepackt und sie hat alles, was eine Geschichte benötigt. Handlung, Spannungsbogen und ein gelungenes Ende.
Besser geht nicht! Großes Kompliment Alpha!

Ich finde das sehr pfiffig, dass du Gott als Transporteur der Satireinhalte gewählt hast. Damit hast du es sehr viel einfacher, Humor zu erzeugen, der in einer Satire zwar nie zwingend ist, trotzdem nie schaden kann und die Bitterkeit des Angeprangerten etwas zu versüssen hilft.
Imponierend finde ich, wie komprimiert du schreibst. Da ist kein Satz zuviel, kein Wort überflüssig.

Gern gelesen.

Lieben Gruß

lakita

 

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