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Goldener Oktober

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29.09.2002
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Goldener Oktober

Goldener Oktober

Es ist noch früh!
Nebelschwaden ziehen träge und tief durch den friedlich schlafenden Ort bis hinunter zum Fluß.
Gestern war es heiß, über 35 Grad, heute soll es regnen. Ich freue mich darauf. Wer kann sie schon über längere Zeit ertragen, diese brütende Hitze.

Ich verlasse die kleine Pension durch den Hinterausgang und schlendere durch die, bei Tag, so malerischen Straßen des stillen Ortes.

Es ist Oktober, der heißeste Oktober seit ich denken kann.
Wenn es heute regnet bekommen wir einen Jahrhundertwein, den Besten, den es je gegeben hat. Ich überquere die Hauptstraße und stehe ohne Übergang auf der Wiese am Ufer des Flusses.
Die Weinberge auf der anderen Seite kann ich nur erahnen. Noch herrscht absolute Dunkelheit.
Das nahe, gurgelnde Wasser vor mir, läßt mich stehen bleiben, denn ich sehe nichts.
Es kann nicht mehr lange dauern bis zur Dämmerung. Schon erklingt vom Ort her ein erster Hahnenschrei. Doch von einem Sonnenaufgang ist nichts zu sehen.
Eigenartig irgendwie.
Ich mache kehrt und gehe zurück in den Ort hinein.
Ein noch fernes Grollen empfiehlt mir meine Schritte zu beschleunigen.
Ein Gewitter, hier zwischen den Weinbergen, ist viel gefährlicher als anderswo.
Ich schaue auf meine Armbanduhr.
Schon kurz vor acht, das kann doch nicht sein! Dann hätte sich ja der Hahn vorhin in der Zeit geirrt. Aber bei dieser Schwärze? Kein Wunder.

Ich sehe grelles Licht am Horizont! Die Luft knistert! Dann dieser urzeitliche Knall, nicht mehr weit!
Ein Hund rennt, mit eingeklemmtem Schwanz, ganz dicht an mir vorbei und versteckt sich irgendwo.
Es blitzt jetzt ganz nahe schon und ich höre fast gleichzeitig den fürchterlichen Donner, der mir mein Trommelfell zu sprengen droht.
Ich höre etwas! Es ist ein Rauschen, ein Rauschen wie das eines Wasserfalls.
Was kommt da auf uns zu? Hier wo ich stehe, vor dem einzigen Gasthauses im Ort, fällt noch kein Tropfen, aber es kommt näher, dieses Rauschen, immer näher.
Ich glaube eine noch tiefere Schwärze in der Dunkelheit zu erkennen, bekomme ein schlechtes Gefühl in der Magengegend. Geht das gut?
Im nächsten Moment reißt es mich von den Beinen und mir stehen alle Haare zu Berge!
Unweit meines Standortes ist ein gewaltiger Blitz in ein altes Haus eingeschlagen.
Wirbelnde Trümmer fliegen mir um die Ohren. Ich liege flach auf der Erde, schütze meinen Kopf mit beiden Armen.
Und dann kommt Sie, die Wasserwand.
Ich schnappe nach Luft, werde von den Wassermassen auf den Boden gepreßt.
Trotzdem steh ich auf und sehe gerade noch, wie das eben noch brennende Haus wieder in tiefer Dunkelheit versinkt.
Der Boden unter meinen Füßen vibriert beim nächsten Donnerschlag.
Die Erde scheint sich aufzutun, oder die Hölle?
So schnell ich kann renne ich zu dem vom Blitz getroffenen Haus, denn jemand ruft kaum hörbar um Hilfe. Eine junge Frau liegt unter zusammengebrochenem Häuserschrott und streckt mir flehend ihre Hände entgegen. Ich kämpfe mir einen Weg durch die Wassermassen, räume den Schutt von ihren Beinen und schreie sie an, ob noch jemand im Hause sei, aber sie schüttelt den Kopf. Sie ist verletzt, aber kurzerhand werfe ich sie mir über die Schulter und laufe, so schnell ich nur kann, zurück zum Gasthaus. Der Wirt steht in der offenen Tür und schaut mir entgegen. Er ist ein alter Mann, schlottert am ganzen Körper. Dennoch nimmt er mir die Frau aus den Armen und trägt sie ins Haus.
Als ich mich umdrehe, hört der wahnsinnige Regen mit einem Mal auf, so, als wäre er nie da gewesen und es wird schlagartig hell.
Es trifft mich wie ein Keulenschlag, als ich die Verwüstung sehe!
Die Straßen sind übersät mit ausgespülten Weinstöcken und lehmigem Matsch. Immer noch fließen ganze Sturzbäche durch die Straßen, überall gurgelt es.
Am gegenüberliegenden Ufer liegt Berge weise der ganze Ertrag an Weintrauben für dieses Jahr, von diesem kurzen, aber gewaltigen Unwetter geerntet.

Goldener Oktober.

> Ende <

 

Hallo waldi7,
wenn ich jetzt einige Vorschläge zu Deiner Geschichte mache, so soll es keine vernichtende Kritik sein, denn ich finde sie sehr lesenswert und Du hast sehr "schöne" Bilder erzeugt.
Ich mag die Art, wie Du schreibst, nur meine ich, Du hättest noch mehr daraus machen können.

Schon kurz vor acht, das kann doch nicht sein! Dann hätte sich ja der Hahn vorhin mit seinem Kikeriki in der Zeit vertan. Aber bei dieser Schwärze? Kein Wunder.

-Mich stört hier das "Kikeriki". Bis zu diesem Satz hatte ich diese seltsam drückende Stimmung aufgenommen. Das Kikeriki hat mich irgendwie da wieder rausgezogen.

Im nächsten Moment reißt es mich von den Beinen und mir stehen alle Haare zu Berge!
Unweit meines Standortes ist ein gewaltiger Blitz in ein altes Haus eingeschlagen.
Wirbelnde Trümmer fliegen mir um die Ohren. Ich liege flach auf der Erde, schütze meinen Kopf mit beiden Armen

-Hier hätte ich gerne auf den Hinweis auf den Blitz verzichtet. Schön wäre es, wenn du beschreiben würdest, wie die Welt in einem Bruchteil einer Sekunde von einem mächtigen Schlag aus Helligkeit getroffen wurde. Wie seine Augen den Übergang aus der Dunkelheit in das weiße Zucken kaum verkraften, das mit einem Donnerschlag einhergeht, der ihn fast von den Beinen reiß und sein Trommelfell zu sprengen droht. Sekunden danach ist er taub.......dann kommt das Wasser und er wird tatsächlich dahingefegt. Weiß nicht, wo oben noch unten ist.
Er versucht sich irgendwo festzuhalten. Erkämpft gegen diesen mächtigen, reißenden Sog an.........

Ich meine damit die Dynamik, die einem beim Lesen selbst nach Luft schnappen läßt.

Eine junge Frau liegt unter zusammengebrochenem Häuserschrott und streckt mir flehend ihre Hände entgegen.

-Ich meine, das ist kein Schrott sondern Schutt.

So, jetzt glaubst Du, daß mir Deine Geschichte doch nicht gefallen hat. Stimmt aber nicht.
Ich habe sie sehr gerne gelesen, kann aber die Klugscheißerei nicht lassen.

Viele Grüße Manfred
:thumbsup:

 

Lieber Manfred!

Ich empfinde Deine Kritik nicht als "Klugscheißerei"!
Im Gegenteil, Du hast Recht!
Nun ist es so, daß ich momentan meine Geschichten quasi zwischen Tür und Angel schreibe, das heißt, während meiner Arbeitszeit.
Wenn ich z.B. gerade eine düstere Stimmung empfinde und diese niederschreiben möchte, werde ich durch irgendwelche Kommunikationstechniker abgelenkt und die ganze, noch eben empfundene Stimmung ist dahin.
Ich schreibe für mein Leben gern, doch leider bin ich zu Hause kaum dazu in der Lage, obwohl ich dort einen Super PC stehen habe. Die Familie, Du verstehst?
Ich will versuchen mich in Zukunft besser zu konzentrieren, versprochen!
Das mit dem "Häuserschrott" meine ich, ging nicht anders, denn kurz darauf folgt der "Schutt". Ich werde die Geschichte bei Gelegenheit aber auf alle Fälle überarbeiten.
Kennst Du meine übrigen Geschichten? Deine Meinung dazu würde mich wirklich interessieren!

Bis bald, waldi7

 

Hallo Waldi,
ich kann Dich gut verstehen. Man hat wenig Zeit, dennoch einen unheimlichen Drang zum Schreiben und vor allem ist man heiß auf Resonanz.
Dennoch: Ich bemängele immer wieder, wenn Geschichten gepostet werden, die eindeutig noch nicht fertig sind. Ich meine damit nicht Deine, denn sie hat mir ja gefallen. Aber was hätte daraus werden können, oder wird noch?
Mir geht es auch so. Es kostet Kraft eine Geschichte noch zurückzuhalten aber das Gefühl sollte schon da sein, daß eine Geschichte fertig ist. Ob das Resultat gut ist oder nicht, spielt dabei erst die zweite Rolle. Ich meine die Mühe zählt, dann das Resultat.
Ok. Wer's gar nicht kann, soll's bleibenlassen.
Gerne werde ich Deine anderen Geschichten lesen.
Gruß Manfred

 

Hallo Waldi,

das Natur-Setting gefällt mir, was die story angeht, gefallen mir deine Riesen-Geschichten viel, viel mehr.
Formatierung: Bitte innerhalb der Absätze nicht so oft enter drücken.

Bis demnächst. Petra

 

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