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Gnade - mehr verlange ich nicht

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25.07.2003
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Gnade - mehr verlange ich nicht

Gnade - mein letzter Wunsch

Dunkelheit umgibt mich. Ein Wandeln zwischen Welten. Schwarze Flammen schlagen mir eisige Kälte entgegen. Groteske Fratzen gieren nach mir, als ich meinen Weg fortsetze. Gieren nach meiner Seele. Blutverkrustete Klauen, bereit sich in mein Fleisch zu schlagen. Stimmengewirr von ungekannten Worten umgibt mich. Eine Flucht erscheint aussichtslos. Meine Hände liegen in Fesseln. Meine Beine tragen mich nicht. Ein eiskalter Schmerz erfasst meinen Körper. Ich winde mich. Doch die Fesseln sind zu stark. Meine Hilfeschreie vergellen in der Schwärze.

„Wo bist Du jetzt !? Ein jahrelanger Knecht bedarf Deiner Gnade!“

Doch er scheint mich nicht zu hören. Wo sind seine geflügelten Diener? Mein Geist ist müde. Meine Gedanken schwer. Der Tod scheint näher als jemals zuvor. Doch sie werden mich meinen Weg nicht gehen lassen. Sie werden mich das Licht nicht sehen lassen. Ich sehne mich nach Schlaf. Nach Frieden. Nach Freiheit! Ich habe mein Leben gelebt. Nun gönnt mir Ruhe. Gönnt mir meinen Tod.

„Gönnt mir meinen Tod!“

Helles Licht. Ich höre Schritte auf mich zukommen. Schemenhafte Gestalten. Umrisse. Mein Oberkörper erhebt sich. Doch sogleich wird er wieder in die Tiefe gezwungen. Die Fesseln an Armen und Beinen werden erneut festgezogen. Ich kann mich nicht bewegen. Ein stechender Schmerz fährt in meinen Arm. Wärme...

Ich dämmere weg. Die Schritte entfernen sich wieder. Entfernte Stimmen.

„Was hat der Patient?“

„ Ach, das ist nur ein Schizophrener. 89 Jahre alt. Ich hab´ ihm ein Beruhigungsmittel gegeben. Der schreit fast jede Nacht rum. Nichts besonderes. Daran musst Du Dich gewöhnen, wenn Du Nachtdienst hast. Lass uns einen Café trinken.“

Dunkelheit

 

Hallo FallenAngelsSoul,
du hast ein schwieriges Thema aufgegriffen. Auch ich habe mich schon manchmal gefragt, wie Menschen mit einem solchen Schicksal wahrnehmen. Man kann sich da nur begrenzt einfühlen. Im Radio habe ich einmal eine Reportage über Schizophrenie gehört. Deswegen denke ich, dass du in deiner Geschichte sehr realistisch schilderst, wie ein solcher Mensch fühlen könnte. Es ist auch ziemlich spannend zu lesen. Besonders gefallen hat mir, dass du mit wenigen Sätzen das Thema eindrucksvoll bearbeitest, Kurzgeschichten wie sie mir gefallen!
Anerkennende Grüße! Marion

 
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Hi Marion und Tagträumer,


vorweg muss ich sagen, dass ich bis zu meinem Studium im Oktober, in dem Pflegeheim arbeite, in dem ich meinen Zivildienst abgeleistet habe. Dort werden alte, drogenabhängige und schizophrene Menschen betreut. Bei der Zusammenarbeit mit diesen Menschen kam in mir die Frage auf, wie diese Menschen die Umwelt erleben, in der sie, psychisch betrachtet, leben. Des öfteren wurde ich gefragt, ob ich ein Engel sei, der gekommen sei, um sie endlich zu holen. Die Menschen sprechen von der Hölle und von Geistern, die sie nachts heimsuchen. Am Anfang fällt es schwer dies alles ernst zu nehmen, doch wenn man sich etwas Zeit nimmt, um ihnen zuzuhören, erkennt man, dass es sich um Dinge handelt, die sie in ihrer eigenen Welt wirklich erleben. Viele von ihnen sehnten sich nach dem Tod, doch sie wurden mit Drogen vollgepumpt, so dass sie nichtmehr fähig waren sich zu artikulieren, oder zu handeln. Ich stellte mir die Frage, wie ich mich in ihrer Lage fühlen würde. Wie diese Apathie gegenüber dem eigenen Schicksal zu ertragen ist. Dies war der Grund, weswegen ich die Geschichte schrieb und was ich mit ihr ausdrücken wollte. Eine Zusammenfassung von Impressionen, wie ich sie selbst von den Betroffenen erfahren habe.

Grüsse,

Manuel

 

Hi Woody :)

Erstmal danke für Deine durchweg konstruktive Kritik. Ich muss jedoch sagen, wenn ich den Text dergestalt verändern würde, wie Du es vorschlägst, würde er konkret an der Problemstellung vorbei gehen, die ich mir als Ziel gestellt habe. Es liegt mir fern ein exaktes psychopathologisches Bild eines Schizophrenen aufzuzeigen. Dies würde ich als Anmassung sehen, denn ob Arzt ,oder nicht, niemand wird jemals verstehen, was diese Menschen durchmachen.

Es geht mir vielmehr darum, dass ein jeder mal darüber nachdenken sollte, wie das Gefühl ist, wenn man nichtmehr Herr des eigenen Schicksals ist. Wenn der Todeswunsch übergangen wird. Wenn man fixiert auf einem Bett liegt und sich nicht rühren kann. Wenn sich jeder einmal in diese Situation versetzen würde, würde diese geheuchelte Euthanasie-Moral hoffentlich bald weggeblasen. Das Bild eines Schizophrenen ist nur ein überspitztes Mittel, diese Problemstellung zu bearbeiten. Medizinisch gesehen veilleicht nicht korrekt. Sieh ihn mit den Augen eines Philosophen, nicht mit denen eines Mediziners :)

Das "nur" am Ende muss bleiben, denn ich möchte das Antiinteresse und die Lakonie aufzeigen, mit der ein Grossteil des Personals mit den Patienten umgeht. Hauptsache sie liegen im Bett, sitzen in der Ecke und halten das Maul. Traurig aber wahr.

P.S.:Jura :D

 

Hallo FallenAngelSoul,

ich hatte beim Lesen deiner 'Geschichte vor einigen Tagen ein ähnliches Gefühl wie Blackwood, ich wusste nur nicht, wie ich es in konstruktive Worte bringen sollte.
Die Schizophrenie als Ausmusterungskriterium eines alten Menschen verwässert für mein Gefühl deine Geschichte. Schon ein Mensch, der mit 89 in einem Heim lebt, der gegen diese Freiheitsberaubung kämpft, und sich vielleicht mal einfach nach draußen auf die Straße begibt, muss mit eventueller Einsperrung oder auch Fixierung rechnen. Die Gleichgültigkeit des Pflegepersonals trifft eben nicht nur Schizophrene.
Ich bin normalerweise ein großer Vertreter der These, dass Übertreibung anschaulich macht. In deiner Geschichte mildert sie das Erschrecken für mein Gefühl etwas. Das ist natürlich nur mein persönlicher Eindruck.

ZU diskutieren wäre natürlich noch, woher diese Haltung den Patienten gegenüber kommt. Naiverweise gehe ich davon aus, dass die meisten einen sozialen Beruf auch aus einem ursprünglichen Engagementsgedanken wählen. Es wäre also zu überprüfen, ob es die Arbeitsbedingungen sind, die diese Lakonie entstehen lassen. Desweiteren steckt auch ein Schutz für die eigene Seele darin, die oft nur durch diese Haltung bei sich bleiben kann. Das würde aber den Rahmen deiner Geschichte sprengen.

Stilistisch finde ich deine Geschichte gelungen. Ich habe sie gern gelesen und sie regt zur Diskussion an. Das ist, finde ich, sehr viel. Ich freue mich auf weitere Geschichten von dir.

Liebe Grüße, sim

 

Hi Sim :)

ich verstehe voll und ganz, was Du meinst. Dass, wenn ich einen "normalen", alten Menschen als Protagonist genommen hätte, die Geschichte noch erschreckender wäre, da man die Schizophrenie als Rechtfertigung für die Fixierung verstehen könnte. Ein interessanter Gedanke. Ich werde den Text mal bezüglich Deines Vorschlags umschreiben. Mal sehen, ob sich die Intensität ändert.Wir werden sehen.

Natürlich muss man Schutzmechanismen aufbauen, um diesen Job ausüben zu können. Das Leid, was man jeden Tag zu sehen bekommt, würde einen ansonsten erdrücken. Auch ich selbst habe das schon in meinem Arbeitsablauf bemerkt. Traurig, aber wahr...

THX nochmal für die Kritik,

Manuel

 

So schwer es mir auch fällt, Deine erfrischende Naivität, die sicherlich aus dem Konsum von SchwaWaKli und Schwester Stephanie geboren ist, zu zerstören:
Leider hast du die PM Funktion deaktiviert Blackwood, also mussich hier en bisschen OT antworten um dich zu enttäuschen. Weder Black Forrest Hospital noch Schwester S habe ichje gesehen. Ich ging eher von meinen Beweggründen aus, die ich mal hatte um Erzieher zu lernen, jedenfalls von denen, die ich mir damals eingeredet habe ;)

Lieben Gruß, sim

 

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