Glasperlenspiel
Warten, auf dem Fußboden sitzend mit einer Glasperle in der Hand.
Sie ist klar, unbeschmutzt und zerbrechlich. Sie gleitet durch die Hände und zieht erkundende Bahnen auf dem harten Boden.
Bald wird sich wie jeden Montag und Mittwoch die Tür öffnen – genau wie die Tür zu meinem Herzen. Einströmende Kälte wird durch mein inneres Lodern ausgeglichen.
Sie hält die Perle ruhig zwischen Daumen und Zeigefinger, betrachtet ihre edle Reinheit.
Wir haben uns in Vaters Stammbierkneipe kennen gelernt. Ich hatte keine Chance. Gleich an diesem Abend genossen wir unsere Liebe.
Sie schließt die Perle fest in ihre Hände, umschließt sie völlig bis ihre Fingerabdrücke darauf zu sehen sind. Dann gibt sie sie wieder frei.
Von ihm geht so viel Stärke aus. Verbringen alle übrige Zeit (also montags und mittwochs) gemeinsam – in diesem Zimmer. Kein Kino, kein Café, nie Gesellschaft.
Sie lässt die Perle nach Belieben durch die Hände kreisen – auf und ab.
Bei ihm muss ich mich nicht entscheiden, nichts arrangieren. Er ruft an – kribbeln vom Ohr am Telefon bis zu den Zehenspitzen. Seine Telefonnummer hat er mir immer noch nicht gegeben.
Sie beginnt die Perle von einer Hand in die andere zu werfen – hin und her.
Montags und mittwochs verlangende Küsse, feurige Blicke, Leidenschaft. Ich glaube zu erkennen, was Hingebung bedeutet. Danach hastige Schritte treppabwärts. Motoren-
geräusche.
Sie schleudert die Perle nun regelrecht. Schmettert sie von einer Seite zur anderen.
Es ist Mittwoch. Die Tür öffnet sich. Sie wirft ihm die Glasperle zu.
Sie fällt.