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Glas

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15.02.2003
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Glas

Die grünen Flecken schieben sich am Himmel immer weiter Richtung irgendwo. Kubkala weiß, dass es Wolken sind. Weiter unten sind die Straßen voller Menschen. Das Licht macht sie schön. Ein alter Mann hat die Sonne im Gesicht, er lacht und zerreibt die Strahlen auf seiner Haut. Alles ist grün und eigenartig weich.

Kubkala geht zurück zum Tisch. Er legt das kleine, grüne Glasstück wieder zu den anderen. Bald wird der Haufen noch höher sein. Der Mann aus dem Laden unten im Haus hat ihm noch mehr Scherben versprochen. Es sind noch lange nicht genug, das weiß er.

Im Laden gliztert und flimmert es aus allen Ecken. Zwischen Glastischchen und bunten Fensterscheiben irrt Kubkala umher. Das Licht tanzt und taumelt zwischen Spiegeln, ist grell und blendet ihn. Erst nach einer Weile findet er den Mann, dem der Laden gehört. Er sitzt auf einem Stuhl am Fenster und zuckt zusammen, als Kubkala plötzlich neben ihm steht.

Dann wird er wütend und schimpft. Es sind schlechte Zeiten für Glaser, nichts geht mehr zu Bruch. Kubkala sagt nichts und versucht, seine Ungeduld zu verbergen. Dann ist es endlich soweit, der Mann steht auf und bringt aus dem Hinterzimmer ein kleines Säckchen mit, das er ihm wortlos in die Hand drückt. Kubkala lächelt und bedankt sich. Der Mann schüttelt nur den Kopf und beachtet ihn nicht weiter, er geht wieder ans Fenster.

Die Tür zum Zimmer des Mädchens ist offen, Kubkala bleibt stehen. Er klopft und geht hinein. Es ist kalt, der Wind weht durch das Zimmer. Das Mädchen steht zwischen den wirbelnden Gardinen auf dem Balkon. Sie hat ein leeres Glas in der Hand und hält es mit der offenen Seite in den Wind.

Als sie ihn bemerkt, dreht sie sich lächelnd um und tritt ins Zimmer. Das Licht streift ihre Schultern und brennt Kubkala in den Augen. Er sieht nur ihre Silhouette und muss blinzeln. Sie gehen in einen anderen Raum, wo ihm das Mädchen ihre Sammlung zeigt. Was sie sammelt, sind Geräusche und Worte in kleinen, runden Gläsern. Alle sind fest verschlossen. Kubkala hat nicht gewusst, das es so viele sind. Überall stehen Regale und jedes ist bis zu den obersten Fächern vollgestellt. Sie bleibt stehen und legt den Finger an die Lippen. Es ist still, Kubkala kann nichts hören. Er betrachtet die Regale. Matt bricht das Licht durch die Gläserreihen. Manche schimmern und funkeln, andere sind voller Staub.

Als er wieder in seiner Wohnung ist, leert er gleich das Säckchen, das ihm der Glaser gegeben hat, auf dem Tisch aus. Die Scherben rieseln auf die Tischplatte und glitzern wie ein kleiner Lichtregen. Sie stoßen klirrend aneinander. Sogar ein paar Rote sind dabei. Kubkala grinst, weil er weiß, dass sie selten sind. Er spürt die Wärme des Glases, als sich seine Finger behutsam durch die Scherben tasten. Er entdeckt ein besonders schönes Glasstück und zieht es heraus. An einen Kristall muss er denken, als er die Scherbe näher untersucht und an Blut, als er die Farbe sieht. Er wird sie dem Mädchen zeigen.

Sie ist wunderschön, sagt er und sie sagt es ist eine Scherbe. Kubkala ist ein bisschen verwirrt. Scherben, sagt er, sind wie Sterne. Sterne sind die Scherben des alten Mondes. Das Mädchen geht in das Zimmer mit den Regalen. Kubkala folgt ihr. Sie deutet auf die Gläser und lächelt. Dann legt sie den Finger wieder an die Lippen. Kubkala zuckt die Schultern, er kann immer noch nichts hören. Sie greift nach einem Glas und hält es an sein Ohr. Er schüttelt den Kopf und versucht zu lächeln. Auf einmal will sie, dass er geht.

Als er an der Tür ist, dreht er sich noch einmal um. Das Mädchen steht am Fenster und hat Tränen in den Augen.

Wenig später hört Kubkala ein schepperndes Geräusch. Eine Weile wartet er noch ab, dann geht er auf den Flur und schaut zum Zimmer des Mädchens. Die Tür ist noch immer offen, durch den kleinen Spalt fällt Licht auf den Gang. Kubkala macht ein paar Schritte auf die Tür zu und versucht, etwas durch den Spalt zu sehen. Die ganze Wohnung liegt im Dämmerlicht, bald wird die Sonne untergehn. Kubkala schiebt seinen Kopf in den Raum, er klopft und macht einen Schritt ins Zimmer, als keine Antwort kommt.

Was er sofort bemerkt, ist die Unruhe, alles ist in Bewegung, überall tuschelt und raschelt es, Schatten huschen über die Wände. Er hält inne und versucht zu verstehen, doch es sind zu viele Stimmen, zu viele Geräusche, zu durcheinander. Irgendwo fährt ein Zug, direkt dahinter rauscht das Meer, Kinder lachen, Regen prasselt auf Steine, leise Musik, ferner Donner, Hundebellen, Wind, ein Fluss, unverständliches Geflüster. In der Ecke liegt ein lebloser Körper. Kubkala stürzt herbei, auf einmal sind seine Hände voller Blut, der Boden ist ein Scherbenteppich, darüber liegen die Deckel zerbrochener Gläser.

Er geht zurück in seine Wohnung und lässt sich auf den Stuhl fallen. Die Scherben liegen immer noch auf dem Tisch. Rot wie der Abend. Das Licht bricht sich an ihrer Oberfläche. Kubkala starrt auf das kleine Leuchtfeuer. Ein Knistern und Brodeln hört er. Winzige Funken springen in die Augen und an den Wänden empor. Die Hand greift nach einer Scherbe. Was die Hand tut, ist egal. Kubkala spürt den Biss, unmerklich und zärtlich wie der Wind ist er. Stumm betrachtet er das Blut auf seiner Hand, schließlich führt er die Scherbe an sein Auge.

Erst ist alles rot, dann entwickelt sich ein Schemen. Ein Zittern fährt durch seinen Körper, als er sein Spiegelbild im Glas erkennt. Was?
Die Fenster werden dunkel, die Scherben werden matt, vor dem Fenster geht die Sonne unter. Am Himmel schimmert umrisshaft der Mond. Kubkala steht auf und fegt die Scherben von der Tischplatte. Weich versinken sie im Teppich und hinterlassen keinen Laut.
Er steht auf und macht sich auf den Weg.


Die Stufen beachtet er nicht, als er die Treppe hinunterfliegt. Mit einem Ruck reißt er die Tür zum Laden auf und stürmt hinein. Das Zittern und Klirren des Glases übertönt er mit einem Schrei. Der Mann in seinem Stuhl zuckt diesmal nicht zusammen, er wirft die Hände in die Luft. Kubkala´s Augen flimmern krank und fieberhaft, er taumelt wie auf Schienen bis zum Tisch. Seine Worte stolpern und fallen wie Idioten. Alles ist ein wenig hilflos.

Der Mann schüttelt nur den Kopf und schweigt.

Kubkala schreit, das Glas bekommt Risse oder leblose Adern. Unter Hieben und Tritten fallen die Scheiben wie Blütenblätter, zerbersten in Scherbenwolken. Kubkala´s Augen sind voller Splitter oder Tränen.

Er schleudert seinen Schatten an die Wand und stürzt armerudernd auf die Straße.

Kubkala steht in der Nacht und blickt zu Boden, hebt den Kopf und erstarrt. Das Auseinanderbrechen geschieht lautlos. Der Mond zerfällt.

Blätter rauschen in den Bäumen. Es klingt nach Wind und Kristallen. Kubkala lauscht. Dann öffnet er die Augen. Im Ladenfenster betrachtet er sein Lächeln.

Irgendwann steigt der Ladenbesitzer über die Scherben nach draußen und deutet mit dem Finger auf den Himmel. Was übrig bleibt, ist ein Regen von Sternen. Die Scherben des alten Mondes, sagt er.

 

Wortgewaltig und ein wenig verwirrend...muß noch drüber nachdenken.
Lord

 

Hi

Verwirrend...ja, vielleicht. Nur welches?
"Was soll ich damit - verwirrend" oder das andere.

Die Bilder - zu dick?
Die Wende - zu unvermittelt?
Die Sprache - zu einfach?
Die Katastrophe - zu albern?

Schreibt einfach mal, was ihr denkt :)

Liebe Grüße

 

Hallo Wolkenkind!

Ich bin eigentlich sehr angetan von Deiner Geschichte, aber auch noch ziemlich verwirrt.
Ursprünglich wollte ich erst ein Statement abgeben, wenn ich die Geschichte „zu ende gedacht“ habe, aber dann bekommst Du gar nicht mit, dass man sich mit Deiner Geschichte beschäftigt und das finde ich zu schade.

Sprachlich hast Du jedenfalls genau meinen Geschmack getroffen. Man könnte sagen, Du malst in dezenten Farben, setzt hier und dar einen Akzent, ohne dass man aber vor lauter Farbe die Übersicht verliert.

Inhaltlich konnte ich die Geschichte noch nicht so richtig fassen. Es ist, als ob man versucht einen Regenbogen anzufassen...

Ich vermute, es geht im Kern um zwei Menschen, die für einander kein Verständnis haben oder ,wenn man einwenig generalisiert, um das Unverständnis der Menschen im allgemeinen für einander – für die Besonderheiten, Eigenarten eines Gegenübers (?). Das Mädchen kann keine Schönheit in einer Scherbe sehen und der Protagonist kann zunächst die gesammelten Geräuschen nicht hören.

Das Geräusche Sammeln des Mädchens konnte ich einfach als Besonderheit hinnehmen, obwohl (oder gerade weil) es eigentlich absurder ist, als Glasscherben zu sammeln.
Die Vorliebe des Protagonisten für Glasscherben nachzuvollziehen, hat mich dagegen mehr Mühe gekostet.
Für mich waren Scherben zunächst einmal stark negativ besetzt, da sie die Überreste eines zerbrochenen, zerstörten Ganzen sind. Jetzt, wo die Scherben durch Deine Geschichte funkeln, die Welt „eigenartig weich“ werden lassen, mischt sich ein sehr positiver Beigeschmack in den Scherbenhaufen und ich freue mich über diese herrliche Ambivalenz!

„Scherben sind wie Sterne. Sterne sind die Scherben des alten Mondes.“ Eine wirklich sehr interessante Aussage! Allein über diesen einen Satz könnte man noch seitenlang philosophieren.

Was Deine Geschichte so verwirrend für mich macht, ist schlicht und einfach, dass es sehr viele Aspekte gibt, die eine Flut von Gedanken ins Rollen bringen. Bei den Scherben angefangen, zu den gesammelten Geräuschen, die Rolle des Glasers (eine sehr schöne Figur übrigens!), das Mädchen, das keinen Namen bekommen hat, das Unverständnis der beiden für einander, die tragische Wende oder die quasi Resignation des Mädchens.... Von daher werde ich wohl noch eine Weile über oder mit Deiner Geschichte nachdenken.
Letztendlich muss ich von einer sehr positiven Verwirrung reden und deswegen halte ich deine Geschichte für äußert gelungen!

Liebe Grüße Dejanira

 

Hi Dejanira

Danke für deine ausführliche Antwort, freut mich echt.

Es ist, als ob man versucht einen Regenbogen anzufassen...

Selten was ähnlich Nettes gehört :)
Auch das mit dem Unverständnis der Menschen untereinander trifft die Sache ziemlich genau. Das soll nicht anklagend wirken, die Geschichte nimmt es hin, wie es ist.
Wichtig ist, dass beide Personen die Augen und Ohren vor der Welt verschließen. Das Mädchen sammelt Geräusche, um sie zu bewahren und der Prot schaut sich die Welt durch buntes Glas an, um dem grellen Licht, der Wirklichkeit zu entgehen. Der Glaser ist der einzige, der realistisch bleibt, der Preis dafür ist seine Kälte.

Glas ist etwas besonderes. Glas wird aus Asche gemacht, Glas ist durchsichtig, aber Glas kann auch leuchten, Licht brechen, verändern.
Eigentlich sollte die ganze Geschichte aus Glas sein, zerbrechliche Menschen, durchsichtige Worte und eine Handlung, die wie ein Glas zu Boden fällt, immer schneller wird und schließlich mit einem Knall aufschlägt und zerspringt. Die Hoffnung liegt im Kreis, der neue Mond steht schon bereit.
Ob das geklappt hat, müssen die anderen sagen.
Ich hoffe, das Ganze ist jetzt etwas durchsichtiger ;)

Schöne Grüße
wolkenkind

 

hat schon geklappt, soweit es mich betrifft...es sind die Bilder die du verwendest, die vergleichbarkeiten und verletzlichkeiten spiegeln, die erzählen von unverständnis und Hoffnung, von Enttäuschung und Wut... alles das war es wohl...
Lord

 

Hallo

So, hab noch einige kleinere Änderungen gemacht, manche Stellen klangen mehr nach Kopfsteinpflaster als nach glattem Glas :)
Mit der zweiten Hälfte bin ich trotzdem noch nicht ganz zufrieden, das ganze geht doch irgendwie zu schnell, da geht die Verzweiflung fast unter in der Wut.

Bitte um vernichtende Kritik :D

Liebe Grüße
wolkenkind

 

Servus Wolkenkind!

Ja – die Geschichte wird immer „durchsichtiger“. Allerdings glaube ich, dass sie das auch ohne Erläuterungen schafft, denn sie ist in sich sehr stimmig. Trotzdem ist es interessant zu lesen, was sich der Autor bei der Geschichte gedacht hat, und das dann mit den eigenen Gedanken zu vergleichen! Also Danke für Deine Hinweise!

Ich finde, dass Du Deine Intension sehr gut umgesetzt hast.
Einerseits ist es wichtig, dass man bereit ist an seiner Geschichte zu arbeiten und offen für kritische Stimmen ist. Auch Selbstkritik und Selbstreflexion sind sehr nützliche Eigenschaften. Andererseits solltest Du aufpassen, dass Du es nicht übertreibst. Ich glaube, es gibt einen Punkt, an dem eine Geschichte einfach fertig ist, danach beginnt man sie zu „verkleiden“ und weicht wieder von ihrem eigentlichen Wesen ab.

„Kubkala steht in der Nacht und blickt zu Boden, hebt den Kopf und erstarrt. Das Auseinanderbrechen geschieht lautlos. Der Mond zerfällt.....“

Hier wirfst Du einfach nur noch ein bisschen “Ballast“ ab und machst diesen Abschnitt eine Idee “glatter“.

„. Am Fenster draußen klebt das letzte Licht, die Scherben auf dem Boden bleiben matt. Das Glas ist stumpf und schmutzig. Kubkala steht auf und läuft los.

An dieser Stelle reißt für mich ein roter Faden, der sich durch die Geschichte zieht, und ich stolpere an dieser Stelle.
Es ist das erste Mal, dass Du die negative Besetzung der Scherben ausspricht. Der negative Beigeschmack begleitet die Scherben ohnehin. Das Besondere, das so angenehm Verwirrende war für mich (unter anderem), dass Du die positive Seite betont hast und ich in einen inneren Konflikt geraten bin. Ich finde, dass die Hoffnung nicht erst im neuen Mond, sondern schon in den Scherben selbst liegt.

Da ich die ursprüngliche Version aber bereits ausgedruckt habe, kannst Du ruhig noch ein bisschen Schönheitschirurg spielen, ich bleibe vorerst bei der ersten Version!

Liebe Grüße Dejanira

 

Hi Dejanira

Der rote Faden ist mir in dem Abschnitt wohl auch aus der Hand gerutscht. Momentan ist die Geschichte wie gespiegelt, sie klappt einfach um und dann ist alles anders.
Allerdings muss die Wende bei den Scherben erfolgen. Es ist vielleicht noch nicht deutlich genug, aber das Mädchen bringt sich mit einer Scherbe von einem ihrer Gläser um. Der Prot hört, fühlt und handelt endlich. Die Scherben verlieren ihre Faszination. Leider ist dieser Wechsel noch zu gleichgültig, man erfährt noch zu wenig vom Prot selbst. Da ist noch zuviel Hast, alles zu dicht. Die Scherben habe ich hier als bloßes Zeichen für die Wende "missbraucht" :I.
Werde versuchen, das zu verbessern. :)


Liebe Grüße
wolkenkind

 

Servus Wolkenkind!

Meist versuche ich hinter den Geschichten das Verborgene zu fassen, sie in ihre Einzelteile zu zerfleddern um ihren Sinn aus dem Stein herauszumeißeln, ihn für mich greifbar zu machen.

Aber bei deinen Geschichten ist das ganz anders. Ich lese sie als wunderschöne Einzelbilder, verliere mich mal da, dann wieder dort. Nur das im Moment gelesene Teilstück möchte ich sehen, hören, spüren.

Wie du damit spielst, dem Licht, dem Wort, den Möglichkeiten die sich ergeben, wenn man beides verbindet oder auch trennt. Wie du es vermagst die Menschen durch Glasscherben zu betrachten oder Geräusche in Gläsern verschließt, das finde ich unglaublich gut. Zwei Stellen bezeichnen das so schön, zum einen der Mann der die Sonnenstrahlen auf seiner Haut zerreibt, zum anderen die Wörter die aus einem Mund fallen wie Idioten.

Stil, Wortwahl und die Fähigkeit das alles in wundervolle farbprächtige und auch vom Wind bewegte Bilder zu setzen veranlassen mich zu dieser schwärmerischen Kritik.

Lieben Gruß an dich - Eva

 

Hi schnee.eule

Du musst den Sinn einer Geschichte mit dem Meißel suchen, ist das nicht traurig, irgendwie? Was, wenn die Geschichte nachgibt, wenn sie weich ist? Greifen geht nicht mehr, man kann nur eintauchen.

Jedenfalls ist das die Wunschvorstellung ;)
Vielleicht lerne ich, wie es geht, irgendwann. Auf jeden Fall schön, dass manch einer bereit ist, nur für den Augenblick zu lesen. Vielleicht besteht die Geschichte wirklich nur aus Scherben, vielleicht ist sie zu selbstverliebt. Man kann die Welt nicht ewig durch bunte Scherben betrachten, verzerren, das will die Geschichte sagen und damit grenzt sie sich vielleicht selbst aus.
Vielleicht, ein viel zu schönes Wort.

Gruß
wolkenkind

 
Zuletzt bearbeitet:

Servus Wolkenkind!

Ich weiß nicht warum du so schwermütig reagierst, sicher hast du deine Gründe dafür. Deiner Geschichte braucht man ja nicht mit dem Meißel zu begegnen. Genau das wollte ich doch ausdrücken. Manche Geschichten sind kantig und steinern verfasst, man spürt nichts, muss erst seine eigenen Konturen schaffen um sie für sich verständlich, fühl- und sichtbar zu machen.

Deine Geschichten sind allesamt ganz anders. Diese hier ist meiner Meinung nach auch nicht weich. Sie ist. Und genau das macht sie ja so ergiebig und schön zu lesen.

Vielleicht hast du ein Ziel damit verfolgt, einen Sinn transportieren wollen. Z.B. wie Menschen die sich einem Teil des Seins verschließen durch Nichthörenwollen oder Nichtsehenwollen.

Ich aber hätte mich dem Schönen deiner Geschichte verschlossen, wäre ich einem roten Faden gefolgt. Gerade diese Fragilität, das Herannahende und Wegtreibende hat mir so gut gefallen.

Vielleicht kannst du damit was anfangen, besser verstehen was ich meinte damit, es würde mich freuen.

Lieben Gruß, Eva

 

Hi

Traurig finde ich nicht, dass du am Meißeln bist, sondern dass viele Geschichten genau dies erfordern, wie du schon sagst. Schwermütig bin ich eigentlich nicht, das sind die Worte, die noch zuviel Gewicht haben. Bilder, Musik, Filme können leichtfüßig sein, Texte selten.
Die Geschichte hat wohl keine eindeutige Aussage, am Anfang war nur der Gedanke an Glas und ein paar Wortschnipsel. Sicher keine professionelle Methode, aber mal was anderes. :)

Liebe Grüße
wolkenkind

 

Hallo nochmal!

Tja - wenn die Scherben ihre Fazination verlieren sollen, dann muss ich meine Kritik an der zweiten Änderung zurückziehen. Die Wende ist tatsächlich noch nicht ganz so deutlich.

Ich finde, man muss nicht immer "professionell" arbeiten. Wenn man einfach mal drauf losschreibt, entsteht manchmal etwas, mit dem man sich am Ende selber überrascht.
Ich persönlich finde es gerade gut, dass die Geschichte keine eindeutige Aussage hat, denn so lässt sie sehr viel Raum für eigene Gedanken. Vielleicht solltest Du die Geschichte, mit ihrer Eigenartigkeit, Zweideutigkeit, dem Un(an)fassbaren, dem Funkeln und Leuchten, einfach auf sich beruhen lassen und statt der ganzen Änderungen eine neue Geschichte schreiben!?

Gruß

Dejanira

 

Hi Dejanira

Ich hab die Wende noch mal bisschen überarbeitet, weiß jetzt leider nicht, von welcher Version du ausgehst, ich war auch der Meinung, dass da nicht alles ganz glasklar ist.
Glas hat auch die Eigenschaft, zu spiegeln, und das ist jetzt der Wendepunkt. Wichtig war eben vor allem, dass der Prot seine Flucht einsieht, er ist schuld, nicht die Scherben, die versinken jetzt friedlich im Teppich.
Das einfach Drauflosschreiben klappt glaube ich sehr, sehr selten, entweder ist die Geschichte ganz kurz oder man macht es wie Kafka, dem keiner seine Zweideutigkeiten übelnimmt. Außerdem ist Überarbeiten oft erst möglich, nachdem man an einer neuen Geschichte sitzt, nur so gewinnt man Abstand.
Deine Kritiken haben jedenfalls sehr geholfen, danke nochmal dafür :)

Liebe Grüße
wolkenkind

 

Hi

Ich hab Dir die Zweideutigkeit auf jeden Fall nicht übel genommen. Ich hätte allerdings die Geschichte noch mal lesen sollen, bevor ich munter drauf los plappere! Ich bin nämlich von der zweiten Version ausgegangen – sorry :( !

Die Spieglung gefällt mir sehr gut. Hier wird der Protagonist mit sich selbst und der Wirklichkeit konfrontiert. Insgesamt verlagert sich die Verantwortung auf den Protagonist und „meine armen Scherben“ sind nicht mehr so „unter Beschuss“ :D . Mit der Version kann ich mich anfreunden. Außerdem gefällt mir, dass Du die Abenddämmerung jetzt deutlicher herausgearbeitet hast, die in der ersten Version nur angedeutet war. Sie schafft noch mal zusätzlich eine „Endzeitstimmung“, unterstreicht die Wende, gibt aber zugleich Hoffnung auf etwas Neues.

Da Du selbst etwas perfektionistisch veranlagt sind, kann ich ja gleich noch einpaar Feinheiten ansprechen, die mir nicht so gut gefallen haben.

„Die Fenster werden dunkel, die Scherben werden matt, die Sonne ist am Untergehn.“

Ich finde, „ist am Untergehn“ liest sich holprig. Besser finde ich, „geht unter“ oder „ist dabei unterzugehen“ oder Ähnliches!

„Das Ganze ist ein kleines Leuchtfeuer.“

So eine Formulierung hattest Du schon in der ersten Version, aber in der Zweiten erfreulicher Weise ersetzt. Ich finde, „das Ganze“ klingt ein bisschen so, als wolltest Du das Leuchtfeuer unbedingt in der Geschichte haben, aber hättest keine Lust mehr gehabt, den Gedanken anständig in die Geschichte zu integrieren.

„Die Hand greift nach einer Scherbe. Kubkala weiß, dass sie scharf wie Messer sind. Dann der Biss, unmerklich und zärtlich wie der Wind.“

Wieso muss Du an der Stelle noch einmal betonen, dass die Scherben scharf sind. Spätestens wenn sie zubeißen, wird einem das schon bewusst! Ich finde, der Hinweis wirkt zu plump. Die Formulierung „dann der Biss“ gefällt mir auch nicht so ganz. Der bestimmte Artikel deutet an, dass man den Biss schon kennt. Ich kenne ihn zwar aus den anderen Versionen, aber ein anderer Leser ja nicht.

Dies sind wirklich nur einpaar Kleinigkeiten. Ansonsten gefällt mir diese Version sehr gut!

Schöne Grüße

Dejanira

 

Hallo nochmal

So, danke, habs verbessert, mir ist auch aufgefallen, dass ich es geschafft habe, dreimal in zwei Zeilen "dann" zu verwenden, ohne dass es jemand merkt :D
Plumpes steckt vielleicht noch mehr drin, liegt daran, dass ich mich noch manchmal zwischen den Schreibstilen verlaufe, aber bin ja nicht der einzige ;)

Grüße
wolkenkind

 

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