Ghostwriter
Ghostwriter
Matthias nahm sein Skript in die Hand und las es noch einmal. Er war sich sicher, das würde bestimmt der größte Flop seines ganzen Schriftstellerlebens werden. Doch seit einigen Wochen brachte er einfach nichts gutes aufs Blatt. Früher hatte ich einen Hit nach dem anderen gelandet und jetzt? Was ist nur passiert? Die ersten Zeilen waren ja nicht mal so schlecht. Die Kritiker würden ihn in Stücke reißen. Er nahm die gerade fertiggestellte Geschichte und warf sie in den Papierkorb. Er war immer der Meinung, Geschichten, die mit Füllfederhalter und Tinte geschrieben wurden, wurden die besten Geschichten. Doch seit ein paar Wochen war er sich da gar nicht mehr so sicher. Verdammt! Vielleicht brauch ich einfach mal eine Auszeit. Ein Urlaub. Das wäre jetzt genau das richtige!
Vier Tage später hatte er einen Entschluss gefasst. Matthias' Wagen (Ein 60er Jahre Mustang) stand in der Einfahrt und er brachte gerade seinen Koffer zum Auto. In der Küche blieb er stehen. Das weggeworfene Skript lag auf dem Tisch. Er konnte sich nicht erinnern, es dorthin gelegt zu haben. „Merkwürdig“ sagte er. Was ist nur los mit mir? Er nahm es in die Hand und nahm es dann kurzerhand mit ins Auto. Wer weiß, vielleicht konnte er es nochmal überarbeiten.
Die Fahrt würde ziemlich lange dauern und er musste sich beeilen, um nicht in den Feierabendverkehr zu kommen. Matthias stieg in sein Auto und fuhr los. Eine Stunde später war er auch schon auf der Autobahn. Er fuhr noch bis tief in die Nacht hinein, ehe er sich entschloss, in einem kleinen Hotel oder Motel zu übernachten.
Er checkte in einem kleinem Hotel namens „Hotel Maria“ ein. An der Rezeption fand er eine junge übermüdet aussehende Frau. Sie fuhr sich durch ihre blonden Haare und sagte „Hallo, ich bin Maria. Sie benötigen ein Zimmer?“ - „ Ja, genau“. Matthias gähnte. „Die Nacht kostet 14 Dollar“ sagte Maria und gab ihm die Schlüssel. Nummer 23. Da war doch etwas. Nummer 23. Matthias hatte gerade das starke Gefühl eines intensiven Deja Vú's und machte sich schnell auf den Weg in sein Zimmer.
Auf seinem Zimmer angekommen, packte er gleich die nötigen Sachen für die Nacht aus und ging gleich zu Bett. Er wollte ausgeschlafen sein und gleich früh weiterfahren.
In der Nacht wachte er auf. Matthias sah auf seinen digitalen Wecker, der anscheinend seinen Geist aufgegeben hatte, denn er blinkte die ganze Zeit: 88:88. Deja Vú. Er sah sich um. Was hatte ihn geweckt? Im ganzen Haus waren nicht die leisesten Geräusche zu hören. Doch dann hörte er es. Da war ein Pochen. Es hörte sich an wie ein Herzschlag. Matthias stieg aus dem Bett. Es schien vom Gang her zu kommen. Nachdem er sich draußen umgesehen hatte, konnte er immer noch nicht die Quelle der Geräusche ausmachen. Was ist das nur? Bilde ich mir das ein? Bin ich am Ende verrückt geworden? Er sah einen Schatten am Ende des Ganges vorbeihuschen. „Hallo?“ rief Matthias . „sind Sie das, Maria?“. Es konnte eigentlich nur sie sein, denn er hatte seit seiner Ankunft noch keine anderen Gäste gesehen. Der Schatten kam auf ihn zu. Es war Maria. „Gehen sie wieder zu Bett! Es ist nicht gut Nachts hier zu sein.“. Sie blickte ihn mit ihren blauen Augen an. Er konnte in ihren Augen Angst sehen. Die Angst vor etwas schlimmen. Blödsinn! Was soll es hier schon schlimmes geben? Ich bin einfach übermüdet. „Was meinen Sie damit?“ fragte er sie, doch Maria ging schon wieder den Gang hinunter.
Er sah sich noch ein wenig um, konnte aber nichts entdecken und irgendwann war dann auch das Pochen verschwunden.
Als Matthias wieder ins Bett gehen wollte fiel auf einmal der Strom aus. Die Lampen flackerten und Matthias war noch auf dem Gang und hatte seine Mühe, das Zimmer 23 wieder zu finden. „Ein Sturm zieht auf.“sagte hinter ihm eine Stimme. Er drehte sich um und sah Maria dastehen. Sie hatte eine Kerze in der Hand und es war ihm schleierhaft, dass er sie nicht bemerkt hatte. Ich war einfach zu beschäftigt um sie zu bemerken. Wo ist das verdammte Zimmer? „Was?“ fragte er sie. „Ein Sturm“ erwiderte Maria. „gehen Sie zurück auf ihr Zimmer!“ Da hörte Matthias hinter sich ein Geräusch. Er drehte sich schnell um, doch da war nichts. Hab ich mir das eingebildet? Mann, ich werde noch Wahnsinnig hier. Ich hau ab!
Als er sich wieder umdrehte war Maria verschwunden. Die Kerze stand am Boden. Matthias nahm sie mit, sie war ein Gottesgeschenk in dieser Dunkelheit. Er ging zurück und stolperte über etwas. Die Kerze fiel auf den Boden und ging aus. Ein greller Blitz zerschnitt die Dunkelheit in der er sich befand und für kurze Zeit war die Tür mit der Nummer 22 hell erleuchtet. Sie hatte recht. Ein Gewitter! Er sah sich um, um den Gegenstand, über dem er gestolpert war, zu sehen, doch er konnte nichts entdecken, da seine einzige Lichtquelle gegenwärtig die Blitze waren, die sich dann und wann am Himmel zeigten.
Mit Erleichterung sah er, dass die Tür vor die er gefallen war, die Tür mit der Nummer 22 war, das Zimmer Nummer 23 musste unmittelbar daneben liegen. Doch das tat es nicht. Neben Nummer 22 fand er 24 und gegenüber die Nummern 26, 27, 28. Er suchte den ganzen Gang ab, so gut es ging, doch sein Zimmer fand Matthias nicht. Scheiße, was ist hier los? Da entdeckte er am Boden eine Luke. Dass er sie vorher nicht bemerkt hatte, verwunderte Matthias nicht, denn er wusste mit Sicherheit, dass sie vorher noch nicht da gewesen war. Er öffnete sie und vor ihm tat sich ein dunkles Loch auf. Nicht ganz dunkel! Er konnte einen leichten Lichtschein entdecken. Langsam stieg er hinunter. Es war, als würde er eine andere Welt betreten. Die Wände waren nicht verputzt und daran hingen Fackeln, die aussahen, als ob sie schon seit dem 2. Weltkrieg dort hängen würden. Matthias kam sich fehl am Platz vor, als er mit seinem Jogginganzug und ohne Schuhe oder Socken den Gang entlang ging. Jeder vernünftige Mensch wäre spätestens jetzt gegangen, nein, gelaufen. Doch die Neugier war stärker als die Angst. Jedenfalls im Moment. Endstation! Matthias war enttäuscht. Er war am Ende des Ganges angelangt und sah vor sich nun eine schwere gusseiserne Tür. Sieht stabil aus. Da komm ich nicht durch! Er nahm den großen Griff der Tür in die Hand und zerrte daran. Zu seiner Verblüffung war sie nicht verschlossen und er konnte sie sehr leicht öffnen. So als würde jemand sie regelmäßig ölen. Er öffnete die Tür langsam und als Matthias sie ganz geöffnet hatte und sah, was sich dahinter verbarg, begriff er plötzlich. Das Skript! Nach der Erkenntnis kam die Angst. „Du hast dein eigenes Schicksal geschaffen!“ sagte plötzlich eine Stimme. Sie kam von Maria. Sie stand hinter ihm im Gang. Genau wie im Skript! Verdammt! Es wird alles wahr! „Nein!“ schrie Matthias. „Nein!“. Die Angst lähmte ihn vollkommen. Maria kam auf ihn zu und nahm Matthias bei der Hand. Er ließ es geschehen; er konnte sich nicht dagegen wehren. Sie führte ihn in den Raum hinter der eisernen Tür. Es war ein großer Raum, er war hell erleuchtet und in der Mitte stand, in groben Stein gehauen ein klobiger Altar. Bis ins kleinste Detail! Wie im Skript. Marias Hand fühlte sich kalt an. Nach wenigen Schritten waren sie beim Altar angelangt und Matthias sah, dass an den Ecken eiserne Fessel befestigt waren. Er wunderte sich nicht darüber, er hatte die Geschichte ja erfunden. Nachdem er sich auf den Stein gelegt hatte, fesselte Maria ihn daran. Erst jetzt wurde ihm richtig bewusst, was mit ihm geschehen würde und er versuchte, sich aus den Fesseln zu befreien. Nein! „Nein!“ schrie er. „mach mich los!“. Doch Maria sah ihn nur lächelnd an. „Du bist selbst verantwortlich für dein Schicksal!“ sagte sie. „Ich kann nichts dagegen tun.“ Eine Träne rann ihr die Wange hinunter. Sie hob ihre rechte Hand. Darin befand sich ein goldener lang gebogener Dolch. „Verdammt, Hilfe!“ schrie Matthias immer wieder. Niemand hörte seine Schreie als ihm bei lebendigen Leib das Herz herausgeschnitten wurde.
Ein alter Ford hielt vor „Hotel Maria“. Der 60er Jahre Mustang war längst verschwunden. Ein Mann stieg aus dem Ford. Er hatte einen Hut auf und eine zerrissene Lederjacke an. Der Mann beobachtete noch den Sonnenuntergang, und geht dann auf das Haus zu, dass sich ganz einsam am Rand der Autobahn befand. Er öffnete die Eingangstür und ging zur Rezeption, wo er eine übermüdet aussehende, blonde Frau fand. „Hallo ich bin Maria, Sie benötigen ein Zimmer?“ - „Ja, genau.“. Maria bemerkte, dass der Mann einen Stift in der Hemdtasche hatte. „Sind Sie Schriftsteller?“ fragte sie. „Ja, das bin ich. Was kostet bei ihnen eine Übernachtung?“ - „14 Dollar“. Maria gab ihm den Schlüssel mit der Nummer 23 und lächelte.