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Gewitter
"Mama, kann ich bei Dir schlafen?" Den kleinen Finger anknabbernd und mit ängstlichem Blick steht er vor mir.
In diesem Moment ist er wieder mein kleiner Junge, spüre ich wieder, wie sehr er meinen Schutz, meine Liebe braucht. Ich hebe die Bettdecke an. Flink krabbelt er hinein und schmiegt sich eng an mich.
Das Zimmer flackert hell auf und wird kurz darauf von grollendem Donner erschüttert. Ich zucke zusammen. Leise Wut breitet sich in mir aus. Immer noch, all die Jahre ... wird sie denn nie verschwinden?
Ich erinnere mich, als ich ungefähr so alt war, wie mein Kleiner jetzt. Wir wohnten damals etwas abgelegen vom Dorf. Meine Mutter war seit kurzem mit dem Bademeister verheiratet. Ich konnte im Sommer den ganzen Tag schwimmen und planschen. Ständig hatte ich Kinder um mich herum und erweckte überall den Anschein eines glücklichen kleinen Mädchens mit großen Flausen im Kopf.
Wenn man unser Haus betrat, so ging es vom Flur aus rechts in die Küche. Von der Küche gelangte man in das Schlafzimmer und von dort wiederum erreichte ich mein eigenes Reich. Wollte ich also mein Zimmer verlassen, so führten mich meine kleinen Füße durch den Raum, welcher meiner erste Kindheitserinnerung als dunkles Geheimnis verbarg.
Fast jeden Abend war meine Mutter im Ort arbeiten. Kellnerin war ein lukrativer Job im Osten und ermöglichte mancherlei zusätzlichen Luxus.
Damals, in jener Nacht, weckten mich Blitz und Donner, wie riesige Geister wirkten die Schatten an der Wand. Monster und unerklärliche Dinge wurden für Sekunden sichtbar und verschwanden wieder im Dunkel. Ich fürchtete mich. Zögernd wagte ich mich aus meinem Bett und rannte blitzschnell zur Tür. Ich riss sie auf und verschloss sie rasch hinter mir. Doch auch in diesem Zimmer war es düster. Vorsichtig suchte ich den Weg zum Bett meiner Mutter. Blitze zuckten auf, gaben den Blick auf den stöhnenden Bademeister frei.
Ich hob meinen Teddy in die Luft: „ Er fürchtet sich.“ „Ich fürchte mich auch“, war die gepresste Antwort. Ich fühlte mich auf einmal groß und stark, weil er mich bat, ihn zu beschützen. Ich stand direkt vor ihm, als der nächste Blitz das Zimmer erhellte. Unbekleidet lag er auf dem Bett. Meine kindliche Neugierde starrte staunend auf sein steifes Glied.
Er nahm meine Hand und legte sie um seine Erektion. Ich zuckte zurück, aber seine Pranke hielt meine kleinen Finger fest umschlossen. Ich versuchte, einen mutigen Eindruck zu erwecken, groß und stark wollte ich mich geben. Es ekelte mich, wie er meine Hand auf und abwärts bewegte, ich hatte das Gefühl, ein nacktes verknorpeltes Tier zu würgen. Doch hatte er Schutz bei mir gesucht, ein großes Mädchen war ich und ich wollte auf keinen Fall ausgelacht werden. Also biss ich die Zähne zusammen und zerquetschte meinen Teddy.
Eine warme klebrige Brühe lief über meine Hand. Der Schreck war stärker als meine Angst und ich schrie auf. Kein Wort sagte der Bademeister, aber er ließ meine Hand los, ich rannte aus dem Zimmer und verkroch mich in meinem Bett. Ich schämte mich so. Ich hatte meine Angst gezeigt, ich hatte verloren. Ich hatte verloren ...
"Mama, wein nicht! Ich pass auf Dich auf." Ein dankbares Lächeln auf meinem Gesicht. Ach mein Engel, für Dich ist ein Gewitter das was es ist - ein Gewitter.
Wie viele Nächte wird es noch in meinen Träumen blitzen und den Blick auf große ekelerregende, klebrige Würmer freigeben, welche auf mich zukrabbeln?
"Schlaf mein Kind, ich halte Dich fest ... schlaf."
[ 27.05.2002, 14:33: Beitrag editiert von: Bella_Xela ]