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gestern irgendwann
Gestern irgendwann
Als wir am Morgen aufwachten, wussten wir, dass es dazu nicht noch einmal kommen würde. Ich suchte nach keinem Grund, hatte keine Lust es anzuzweifeln. Es war einfach so und wir wussten es.
Wir starteten in den Tag, wie an den unzähligen Tagen zuvor.
Während Emma Kaffee kochte, ging ich ins Bad, duschte mich, rasierte mir die Eier und putzte Zähne.
Alles wie immer. Auch der Kaffee schmeckte wie immer. Ich trank ihn für gewöhnlich schwarz mit einer intoleranten Haltung gegenüber Menschen, die sich Milch rein kippen.
Emma und ich aßen, hörten beim Frühstück Musik, vorzugsweise das Flughafenalbum von Brian Eno.
Wäre es Samstag gewesen hätten wir Lsd genommen und im Klang der synthetischen Musik auf dem Teppich gefickt.
Leider war Mittwoch und wir verließen gleichzeitig das Haus.
Jeder musste seiner Wege gehen und trotz des nahenden Endes unserer Existenz, war uns das egal. Ich musste mit dem Zug circa zwanzig Minuten fahren bis ich in der Schule angekommen war.
Ich arbeitete dort als Lehrer und manipulierte die Schüler. Ich stellte den Kapitalismus auf eine Stufe mit Jesus und erzählte den Kindern Hitler hätte nur ein Ei gehabt, dafür aber ein sehr großes.
Emma arbeitete in einer Drogerie an der Kasse, was ein richtiger Drecksjob war, aber er gab ihr das Gefühl etwas nützliches für sich und die Umwelt zu tun.
Ihre Schicht ging bis sechzehn Uhr ich war schon um halb zwei zuhause und wichste auf dem Sofa. Ich hätte noch einige Tests meiner Schüler zu korrigieren gehabt, doch ließ es.
Als Emma nach Hause kam, begrüßte ich sie ausnahmsweise an der Tür. Ich küsste sie und schmeckte Lucky Strikes und Lippenstift heraus.
Ich zog ihr die Schachtel aus der Tasche, schenkte mir ein Glas Scotch ein und steckte die Zigarette an. So saßen wir am Esstisch, rauchten und tranken am letzten Tag, es lief wieder Brian Eno.
Nach einer Stunde ging Emma kacken und ich sprach mit Gott über Vergänglichkeit. Auch hier ist die physikalische Frage irrelevant. Es war so und ich hatte keine Lust es anzuzweifeln.
Ich steckte mir noch eine an, hielt ihm die Schachtel hin und fragte, ob er auch wolle.
Gott lehnte dankend ab.
Ich goss mir noch ein Glas Scotch ein, fragte Gott ob er auch wolle.
Auch hier lehnte er dankend ab.
Er fragte mich nach meinen Sinn des Lebens und ich entgegnete, dass ich keinen Sinn brauche.
Er wollte mir einen anbieten, doch ich lehnte dankend ab.
Er wollte wissen ob ich Emma liebe, und was sie mir bedeutete. Ich sagte ihm die Wahrheit.
Schon bald hörten wir das Kratzen der Nadel auf glattem Vinyl, und bei der Stille auch Emmas Scheiße, wie sie ins Klo fiel.
Gott stand auf, drehte die Platte um und setzte sich wieder neben mich.
Es war wie ein erstes Date, wir hatten keine Gesprächsthemen.
Ich fragte ihn nach seinen Top Ten Lieblingsalben und es stellte sich heraus, dass er gerne die Doors hörte.
Wir hörten die Spülung, Emma kam zurück und wir saßen wieder zu zweit am Tisch.
Ich wollte ihr zuerst von Gott erzählen, doch steckte mir lieber noch 'ne Zigarette an und schwieg.
Mit jedem Zug und jedem Stück Asche das herunterfiel, kamen wir unserem Ende näher.
Es war viel Zeit vergangen, und bereits dunkel draußen.
Plötzlich fing Emma an zu reden. Sie sagte wie gern sie doch nochmal den Grand Canyon sehen oder einen richtigen Neger ficken würde. Ich hoffte zwar, dass zumindest Letzteres ihr seltsamer Humor war, doch pflichtete ihr bei.
Sie redete jetzt ununterbrochen, meinte wie sinnlos doch unser Leben war, wie melancholisch das Ende doch ist und dass doch bitte die Sonne scheinen solle.
Ich pflichtete ihr bei.