Geständnis eines Schlafkranken
Wenn man an Schlafstörungen leidet, ist man die meiste Zeit des Tages wach, aber nie bei vollem Bewusstsein. Man sieht die Welt durch einen milchigen Schimmer, betört durch die anscheinend unerträgliche Langsamkeit der Welt um sich herum. Gefühle werden passiv empfunden. Sachorientiertheit und stilles Beobachtungsverlangen tritt in den Vordergrund, während ein paar Augenblicke später jede Belanglosigkeit dieser Welt eine berauschende Tiefsinnigkeit zu haben scheint. Und schließlich, wenn man abends im Bett liegt, fühlt man sich so wach, als hätte man Jahre lang geschlafen.
Man beginnt, stiller zu werden, meist unter dem Vorwand einer nachdenklichen Phase. Doch das ist alles nur Fassade. In Wirklichkeit fühlt man sich aufgrund der enormen Reizanflutung bei sozialer Kontaktaufnahme überfordert und kapituliert angesichts der schier unmöglich erscheinenden Aufgabe, sich einem Gespräch zu widmen, bei dem man gleichzeitig Informationen verarbeiten und wiedergeben muss.
In einer Phase von akutem Schlafmangel spielt sich alles innerlich ab. Auf einmal befindet sich die gesamte Welt in deinem Kopf und scheint es dort in sämtlicher Hinsicht bunt zu treiben. In der realen Welt verschwimmen derweil Gesichter zu Konturen, Straßen zu Landschaftslinien und ganze Gebäudekomplexe zu sinnlosen Legobauklötzen, die in der Gegend herumliegen.
Nein, wenn man an Schlafstörungen leidet, hat man es nicht immer leicht im Leben, ich denke, dass haben Sie mittlerweile begriffen. Doch nun entschuldigen Sie mich bitte, meine Spätschicht beginnt in 20 Minuten...